Seit einem Jahr hält Kollege Chaos die deutsche Sinclair-Vertretung in Bad Homburg besetzt. Nur dem Erfindungsreichtum einiger weniger Händler ist es zu verdanken, daß Sinclair-Computer hierzulande noch bekannt sind.
Nicht, daß Sie nun denken, die Computer taugen nichts. Sowohl der ZX81 als billiger Einplatinencomputer als auch der Spectrum als Spiele- und Programmierlern-Computer sind gute Heimcomputer. Der QL ist mittlerweile von allen technischen Mängeln befreit und in der britischen Version seit mehreren Monaten auch in Deutschland zu kaufen. Nun gibt es, nach rund einem Jahr Wartezeit, auch die deutsche Version. Sie besitzt eine Tastatur mit deutschen Zeichen und ein ROM mit deutschen Fehlermeldungen. Zur Vermeidung von Funkstörungen ist die Platine vollkommen abgeschirmt. Damit bringt der deutsche QL 300 g mehr auf die Waage.
Psion hat auch die mitgelieferte Software übersetzt und sogar noch verbessert. Selbst die Anschlußbuchsen auf der Rückseite, die sowohl für die V.24-Schnittstelle als auch für die Joysticks bei dem britischen QL mit eigentümlichen Steckern versehen waren, sind der hier üblichen 9poligen Norm gewichen. Fazit: auch der neue deutsche QL ist ein Heim-Computer für gehobene Ansprüche und mit Einschränkungen kommerziell in Kleinbetrieben einsetzbar.
Nein, das Problem der Marke Sinclair liegt woanders. Wenden wir uns also von der Hardware ab und betrachten die Personen dieses Verwirrspiels. Da war bis Ostern 1984 Jürgen Schumpich in Ottobrunn alleiniger Importeur für den im Juni 1983 geadelten Clive Sinclair für den deutschsprachigen Markt. Der tat seine Arbeit, soweit er von den Briten mit Computern versorgt wurde, nach einigen Anlaufschwierigkeiten recht gut. Im Sommer 1984 startete eine neugegründete Sinclair-Niederlassung in Bad Homburg eine aufwendige Werbekampagne. Aber bereits nach einem knappen halben Jahr wurde das Homburger Führungstrio wieder entfernt.
Ersatz war bisher nicht zu bekommen und so wird die deutsche Sinclair-Vertretung von Richard Horowitz, dem European Sales Manager, auf Weisung von dessen Vorgesetzten, dem Worldwide Sales Manager Charles Cotton, geleitet. Diese Interimslösung führte naturgemäß zu Problemen, die ihren Ursprung in dem anders gearteten und für Engländer wohl unfaßbaren deutschen Markt hat. Dies verwirrt sowohl den Handel als auch die Presse, die vor dem Problem steht, zu entscheiden, welche Meldung aus Bad Homburg nun Tatsache und welche Wunschdenken ist. In dieser Verwirrung blüht das Geschäft mit Importen, die von Händlern direkt getätigt werden und somit an Sinclair-Deutschland vorbeilaufen. Das schlägt natürlich für die Zentrale in Bad Homburg, die Gewinn machen muß, nicht gerade positiv zu Buche und verhindert zudem jede Preisstabilität.
Das Geschäft mit dem Rest der Welt lief im letzten Geschäftsjahr mangels kaufmännischer Fähigkeiten im britischen Mutterhaus so gut, daß eine Übernahme der Firma Sinclair von Robert Maxwell, dem finanzstarken Besitzer der britischen Mirror-Group (Zeitschriftenverlag), eine Pleite verhinderte. Für rund 50 Millionen Mark erwarb Maxwell 75 Prozent Sinclair-Anteile. Er wechselt hoffentlich an den richtigen Stellen das vorhandene Personal gegen fähiges Management aus. Genau in dieser Phase der Machtübernahme ist nun der QL in der deutschen Version vertriebsbereit. Weder das »alte« noch das »neue« Management ist bereit, sich der Presse und somit dem potentiellen Käufer zu stellen. Stellung beziehen bedeutet momentan offensichtlich in Deckung gehen. Somit bleibt nur die Unsicherheit darüber, wie es mit Sinclair in Deutschland weitergehen wird. Immerhin stehen drei Lösungen für Spekulationen zur Auswahl. Entweder bleibt die Bad Homburger Niederlassung bestehen und erhält Personal und Kompetenzen, oder es übernimmt wieder Schumpich das Ruder, oder ein anderer Generalimporteur wird gefunden. Bevor diese Frage nicht endgültig geklärt ist, ist auch kein vernünftiges Vertriebs- und Servicekonzept zu realisieren und solange bleibt es Ihrer Risikofreude überlassen, ob Sie sich für einen deutschen QL entscheiden oder doch lieber warten. Mit seinen vielfältigen Anwendungen ist der QL sicherlich nicht so »pflegeleicht« wie ein ZX81 oder Spectrum und vorerst nur dem zu empfehlen, der fit genug ist, um auf fachliche Hilfe seitens des Herstellers zu verzichten. (mk)
Seit dem 2. September 1985 wird der QL in England für 199,95 Pfund (zirka 800 Mark) angeboten. Nach neuesten Informationen wird auch der Preis für den deutschen QL auf zirka 1200 Mark gesenkt. Durch diesen drastischen Preisverfall entpuppt sich der bisher als Personal Computer angebotene QL doch als Heimcomputer.
Daß sich bei Sinclair eine Überraschung anbahnt, konnte man seit Mitte August ahnen. Für rund 50 Millionen Mark wollte die Mirror-Group 75 Prozent der Firmenanteile kaufen und Sinclair wieder auf den richtigen Kurs bringen. Dieser Plan ist nun gescheitert. Statt dessen hat eine Handelskette aus England einen Warenkontrakt über rund 40 Millionen Mark abgeschlossen. Der Millionenbetrag soll innerhalb eines Quartals umgesetzt werden. Aus diesem Grund wahrscheinlich gibt es jetzt die billigsten 16-Bit-Computer aller Zeiten auf den Markt.