Graphic Adventure Creator: Der Adventure-Macher (CPC)

center Adventures spielen ist nicht schwer — welche schreiben sehr viel mehr. Wem der Umgang mit Basic und Assembler zu schwierig ist, kann auf dem Weg zum eigenen Abenteuerspiel zu einem Hilfsprogramm greifen: Den »Graphic Adventure Creator« haben wir uns für Sie genau angesehen.

Falls Ihnen Begriffe wie »Get Sword«, »The Hobbit« und »Inventory« ein Begriff sind, dürften Sie mit einiger Sicherheit ein geübter Adventure-Spieler sein. Wenn man so manche Stunde in finsteren Höhlen herumtappte, nach verschollenen Schätzen suchte und liebliche Prinzessinnen oder gleich die ganze Menschheit rettete, erwacht oft die Lust, mal ein eigenes Abenteuerspiel zu schreiben. Selbst mit fortgeschrittenen Basic-Kenntnissen hat man aber seine liebe Mühe, ein lauffähiges Adventure zustande zu bringen. Wenn das Programm dann noch mit schmucken, hochauflösenden Grafiken garniert werden soll, ist oft Endstation Sehnsucht.

Doch haltet aus, kreative Abenteurer, denn ein Programm aus dem Land der Angelsachsen verheißt Hoffnung und Erlösung. Der »Graphic Adventure Creator« (kurz GAC genannt) ist für den Schneider CPC auf Kassette (89 Mark) und Diskette (99 Mark) erhältlich. Versionen für Commodore 64/128 und Spectrum sind bereits in Arbeit und sollen in den nächsten Wochen veröffentlicht werden.

Der Preis wirkt nur auf den ersten Blick recht hoch; schließlich handelt es sich um ein recht vielseitiges Anwendungsprogramm, das einiges leistet. Der GAC enthält einen kompletten Grafik-Editor, um schöne Abenteuer-Bilder zu entwerfen. Er arbeitet nur im mittleren Auflösungsmodus des CPC. Durch den Menüpunkt »Shading« dunkelt man die Grundfarben ab, womit sich ganz passable Effekte erzielen lassen.

Ansonsten hält sich der Komfort in Grenzen; viel mehr als Linien, Punkte und Kreise ziehen, sowie Flächen füllen kann man nicht. Vor allem eine »Zoom«-Funktion zum pixelgenauen Editieren eines Bildes geht diesem Unterprogramm ab. Das liegt aber nicht an der Schludrigkeit des Programmierers, sondern am Speicherplatz. Um möglichst viel Bytes für die Adventures übrigzulassen, wurde der GAC recht spartanisch programmiert. Für Ihr Abenteuerspiel verbleiben immerhin um die 25 KByte RAM, wenn der Generator geladen ist.

Mit etwas Geduld und Talent kann man dem Editor wirklich hervorragende Grafiken entlocken, die den meisten professionellen Abenteuerspielen absolut ebenbürtig sind. Leider ist der Bildaufbau nicht nur sehr speicherplatzsparend, sondern auch ausgesprochen langsam. Ungeduldige seien gewarnt: Bei einem detailreichen Bild kann es an die elf Sekunden dauern, bis die Grafik vollständig aufgebaut ist. Wer nun daraufhin auf den Augenschmaus verzichten will, kann die Grafikausgabe auch abschalten oder gleich reine Text-Adventures schreiben.

Bleiben wir gleich bei Text und Wortschatz. Hier überrascht das Programm angenehm. Je 255 Hauptwörter, Verben und Adverbien darf em Adventure enthalten. Vor allem der Einsatz von Adverbien ist eine respektable Sache. Man kann so mit dem GAC Adventures generieren, deren sprachliches Niveau über den Zwei-Wort-Parsern vieler professioneller Abenteuerspiele liegt.

Vor allem, wenn man mit deutschen Texten arbeiten will, sind die beiden folgenden Extras sehr nützlich. Im Vokabel-Speicher kann man Synonyme definieren, damit das angehende Adventure zum Beispiel sowohl »nehme« als auch »nimm« versteht, wenn Sie einen Gegenstand aufsammeln wollen.

Der Parser ist überhaupt ein recht verständiger Bursche. Viele Adventures erkennen bei der Eingabe von Wörtern nur die ersten drei oder vier Buchstaben. Das daraus resultierende Schlamassel ist, daß der Parser beispielsweise nicht zwischen »Schlüssel« und »Schlange« unterscheiden kann. Der Parser der GAC-Adventures achtet immerhin auf die fünf ersten Buchstaben, eine überdurchschnittliche Leistung, selbst im direkten Vergleich zu professionellen Abenteuerspielen und für die Praxis wirklich sinnvoll.

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Mit Geduld und Spucke...

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... gelingen stimmungsvolle Bilder

Den Spielablauf Ihres Adventures bestimmen Sie durch die Eingabe sogenannter »Conditions«. Das sind Befehle und Anordnungen, die man als eine Art Adventure-Basic bezeichnen könnte. Um damit zurecht zukommen, braucht man zwar keine Programmiersprachen-Kenntnisse, aber ohne etwas Tüftelei läuft gar nichts. Diese Feststellung soll jedoch niemanden voreilig abschrecken, aber etwas Gehirnschmalz und Geduld braucht man schon, um mit dem GAC ein leckeres Abenteuer-Süppchen zu kochen.

Die Spiele, die Sie mit dem GAC kreieren, laufen völlig selbständig ohne das Generator-Programm. Außerdem liegen jegliche Urheberrechte beim Anwender. Sie dürfen also ein Abenteuerspiel, das Sie mit dem GAC geschrieben haben, verkaufen und vermarkten. Die Herstellerfirma unterstreicht diese großzügige Copyright-Handhabung noch, und fordert alle Benutzer auf, ihre generierten Adventures einzuschicken. In Kürze will das Softwarehaus das beste Spiel als eigenständiges Programm auf den Markt bringen.

Von einigen unwesentlichen Schönheitsfehlern abgesehen, vermag das GAC zu überzeugen und ist vor allem dank der hohen Leistungsfähigkeit sowohl beim Text als auch bei den Grafiken, sehr empfehlenswert. Wer etwas Zeit und Mühe investiert, wird bald zum Schöpfer eigener Abenteuer-Welten, mit denen man dann auch Freunde erfreuen oder sogar seine Finanzen aufbessern kann, Auf die Frage nach der Qualität der angekündigten C 64-und Spectrum-Umsetzungen meinte Ian Andrew, der Pressesprecher der Herstellerfirma, selbstbewußt: »Sie werden mindestens genauso gut sein wie die Schneider-Version«.


Heinrich Lenhardt
Aus: Happy Computer 05 / 1986, Seite

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