PCs für ein Taschengeld

Der Preisverfall auf dem Computermarkt macht MS-DOS-Computer für den Heimanwender erschwinglich. Was bieten diese Geräte?

In der Geschäftswelt ist der Name IBM ein Begriff, nicht zuletzt durch Personal Computer, die heute in vielen Büros benutzt werden. Zu einer Zeit, als sich Computer als Arbeitsmittel im Geschäftsbereich durchzusetzen begannen, hatte der potentielle Computerkäufer angesichts der unsicheren Marktlage Probleme eine Kaufentscheidung zu treffen. Großrechenanlagen und Computer der sogenannten Mittleren Datentechnik (MDT) namhafter Hersteller waren zu unrentabel für einen Kleinbetrieb oder zu kostspielig, um mehrere Arbeitsplätze damit auszustatten. Computer niedrigerer Preisklassen mangelte es oft an der nötigen Leistung. Darüber hinaus traten Schwierigkeiten bezüglich der Kompatibilität untereinander auf. Obwohl nämlich bereits ein einigermaßen einheitliches Betriebssystem, CP/M, verbreitet war, gab es hin-sichtlich der Anpassung der Software an ComputermodeUe verschiedener Hersteller Schwierigkeiten. Angesichts der Kurzlebigkeit einiger Firmen auf dem Computermarkt (eine Firma, die kurz zuvor noch Spitzenumsatz machte, konnte wenige Monate später bereits vom Markt verschwunden sein) schreckte der Interessent oft vor einer größeren Investition zurück. In diese Marktlücke stieß der Hersteller mit dem größten Umsatz der Welt: IBM. Die Entwicklung eines Prozessors, der im Gegensatz zu den 8-Bit-CPUs der übrigen Mikrocomputer 16-Bit-Werte pro Taktzyklus verarbeiten und einen größeren Speicherbereich verwalten kann, revolutionierte die Entwicklung auf dem Bürocomputermarkt. Die Intel 8086 und 8088 waren Zentraleinheiten, deren Leistungsfähigkeit genau die Bereiche abdeckte, die bei der Modernisierung des Arbeitsplatzes gefordert waren. Schnelle Rechenzeiten und die Fähigkeit, aufgrund des großen Speichers auch umfangreichere Programme abzuarbeiten, folgten dem Gebot der Stunde. Der Name IBM gab den Investoren das Gefühl der Sicherheit und Beständigkeit, das ihnen bislang fehlte. Zumal bei den größeren Firmen meist ein Großrechner desselben Herstellers seinen Dienst tat.

Der IBM-PC mit Monochrom-Monitor, zwei Diskettenlaufwerken und abgesetzter, benutzerfreundlicher Tastatur verdrängte nach und nach die Schreibmaschine in der Textverarbeitung und machte darüber hinaus den Benutzer weitgehend unabhängig von den Bedienungszeiten der Großrechner. Dank des neuen, leistungsfähigen Werkzeugs wurde der Anwender produktiver und flexibler. Innerhalb kurzer Zeit konnte sich das Prinzip des unabhängigen Arbeitsplatzes durchsetzen. Auch kleinere Betriebe, für die bisher die Anschaffung eines Computers nicht rentabel war, hatten nun die Gelegenheit, mit einem relativ kompakten und, mit Preisen von ungefähr 15000 Mark, auch erschwinglichen System fast alle anfallenden Aufgaben von der Textverarbeitung über die Verwaltung von Kundenkarteien bis hin zur Kalkulation zu bewältigen. Der Markterfolg des IBM-PC zog eine Fülle von Zubehörentwicklungen nach sich. Waren es zunächst die Software-Firmen, die die Nachfrage an entsprechenden, optimalen Programmen (Textverarbeitung, Lohnbuchhaltung, Datenbank, Lagerverwaltung und andere mehr) befriedigten, so folgten bald die Anbieter von Zusatzkarten, die fehlende Hardwarelösungen nachlieferten. Zu diesem Bereich gehören Grafikkarten, Speichererweiterungen, Hardware-Uhren, Schnittstellen und Festplattencontroller. Aber auch andere Computerhersteller nutzten die Gunst der Stunde. Personal Computer, die kompatibel zum IBM-PC waren, aber wesentlich weniger kosteten, kamen auf den Markt und sicherten auch anderen Firmen ihr Stück vom Kuchen des Computermarktes. Unter der Bezeichnung MS-DOS brachte Microsoft ein zum PC-DOS der IBM kompatibles Betriebssystem auf den Markt und ermöglichte so die Nutzung der IBM-PC-Software durch die Computer der anderen Hersteller.

Viel Technik für wenig Geld

Bedingt durch die ständig sinkenden Preise der Bauteile sind einige IBM-PC-Kompatible heute bereits für weniger als 3000 Mark zu haben.

Die Ausstattung der Computer, in der Regel 256 KByte RAM, zwei Laufwerke à 360 KByte Kapazität und Monochrom-Monitor ist durchaus attraktiv und schlägt in der Preiswürdigkeit manchen Heimcomputer in vergleichbarer Konfiguration. Deshalb steht der (Heim)computer-Käufer nicht selten vor der Frage, ob der Kauf eines MS-DOS-Computers nicht sinnvoller wäre, als die ursprünglich geplante Anschaffung eines C 64, Atari ST oder anderer Geräte, die allein im Heimbereich zum Einsatz kommen. Welche Kriterien sprechen nun für oder gegen MS-DOS?

Der wichtigste Grund für alle diejenigen, die bereits im Beruf Personal Computer benutzen, ist die Gelegenheit, einerseits zu Hause arbeiten zu können, andererseits mit dem Computer vertraut zu werden und ihn immer weiter zu beherrschen sowie sich durch intensiven Umgang mit dem Gerät neue Berufschancen zu eröffnen. Darüber hinaus gibt es ein umfassendes Angebot an ausgereifter Software sowohl im Geschäfts- als auch im Freizeitbereich.

MS-DOS-Computer stellen mittlerweile einen Standard dar, so daß Computer dieser Bauweise nicht so schnell vom Markt verschwinden werden. Aus diesem Grund geht mit der Anschaffung eines solchen Gerätes eine gewisse Sicherheit einher, selbst in einigen Jahren noch einen verbreiteten und vielgenutzten Computer zu besitzen. Auch der Berufsanfänger wird in vielen Fällen mit diesen Geräten in Kontakt kommen und kann sich mit einem MS-DOS-Computer zu Hause bereits intensiv auf zukünftige Aufgaben vorbereiten und entsprechende Berufschancen nutzen.

Der geringe Preisunterschied zu Heimcomputern macht den MS-DOS-Computer für diejenigen interessant, die in erster Linie professionelle oder semiprofessionelle Anwendungen betreiben wollen. Semiprofessionell bedeutet, daß die Anwendung zwar nicht berufsmäßigen aber dennoch »ernsthaften« Charakter hat. Ein Beispiel ist die Verwaltung eines Vereins, sei es nun der monatlich zusammenkommende Kegelclub oder die örtliche Fußballmannschaft. Sehr wahrscheinlich ist, daß die Preise der Spitzenprogramme, die derzeit teilweise über 1000 Mark liegen, der Nachfrage folgend ebenso purzeln werden, wie es die Preise der Computer selbst längst getan haben.

Aber auch »kleinere« Geschäftsleute können nun mit verhältnismäßig geringem finanziellen Aufwand einen Computer erwerben, der ihnen die Arbeiten erleichtert, die sie bislang »von Hand« ausführen mußten. Sei es das Verfassen von Geschäftsbriefen, die Verwaltung der Kundenkartei oder die monatliche Bilanz, all das kann nun durch einen Computer unterstützt werden, ohne das Geschäftskapital zu sehr zu belasten.

Der eine hat's, der and're nicht

Auch die Programmierfreaks haben hier die Gelegenheit, durch Einstieg in die 8086/8088-Welt noch manche Mark zu verdienen. Durch eine Verbreitung im Heimbereich wird eine Nachfrage nach preiswerten Utüities, Anwendungen und Dienstprogrammen entstehen, genauso, wie bereits geschriebene Programme gegebenenfalls angepaßt und neu konzipiert werden müssen.

Dem Aufsteiger aus dem 8-Bit-Bereich bieten sich hier die Chance, auf einen leistungsfähigeren Computer umzusteigen, der mit Blick auf seine berufliche Entwicklung mehr zu bieten hat, als ein Computer mit einem Prozessor, der im Arbeitsbereich nicht oder kaum mehr eingesetzt wird.

Wer den Computer jedoch hauptsächlich in der Freizeit zur Unterhaltung, zum Spielen, Malen oder Musizieren einsetzen will, braucht keinen MS-DOS-Computer. Obwohl die grafikfähigen IBM-PC-Kompatiblen Qualitäten besitzen, die manchen Heimcomputer in den Schatten stellen, sei es die teilweise höhere Auflösung oder die Prozessorgeschwindigkeit, die beispielsweise den Flugsimulator II zu einem ganz neuen Erlebnis werden läßt, bietet der C 64 dem Spielefreak allein schon aufgrund des größeren Softwareangebots und der Soundfähigkeiten mehr. Und darüber hinaus: Einen Brief schreiben kann man auch mit Vizawrite, und das — sogar mit Farbmonitor — zu einem günstigeren Preis.

Den Computern mit 68000-CPU wird jedoch im Entertainment-Sektor mit die Zukunft gehören. Deshalb sind diejenigen, die über Pioniergeist verfügen und immer dem Neuesten und Aufregendsten an Soft- und Hardware auf der Spur sind, Kandidaten für den Atari ST oder den Amiga. Grafik- und Soundfähigkeit dieser Computer sind, gemessen am Preis, absolute Spitzenklasse. (ue)



Aus: Happy Computer 07 / 1986, Seite 126

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