Schneider PC: die neue Dimension

512 KByte RAM, Farbgrafik, Maus; dazu MS-DOS und GEM-Software. Alles inklusive für weniger als 2000 Mark! Soviel kostet der brandneue MS-DOS-Computer von Schneider. Unsere Prognose: Wieder ein Volltreffer!

IBM-Kompatibilität ist das Stichwort, dem auch Schneider mit ihrem englischen Partner Amstrad in Zukunft Aufmerksamkeit schenken will. Der Einstieg erfolgt mit einem kompletten Programm. Insgesamt acht Versionen gibt es von dem neuen Schneider PC. Damit gelingt auf der einen Seite der Aufstieg in die Klasse der Bürocomputer und auf der anderen wird im Heimbereich den 68000ern Paroli geboten. Vier verschiedene Ausbaustufen jeweils mit Färb- oder mit Schwarzweiß-Monitor sollen alle Wünsche befriedigen.

Der Unterschied liegt in der Wahl der Speichermedien. Ein oder zwei Laufwerke stehen zur Verfügung oder ein Laufwerk und Festplatte (10 oder 20 MByte). Die Preise reichen von 1999 Mark für das Gerät mit einem Laufwerk über 2499 Mark für das Gerät mit Doppelstation bis hin zu 3499 Mark (ein Laufwerk mit 10-MByte-Festplatte) und 3999 Mark (ein Laufwerk mit 20-M Byte-Festplatte). Die Version mit Farbmonitor kostet in jeder Stufe genau 500 Mark mehr.

Schneider verkauft den Schneider PC — wie gewohnt — wiederum nur komplett. So ist auch das Netzteil im Monitor verschwunden. Vorteil: Kein Ventilator stört die Arbeit vor dem Computer. Der Nachteil liegt darin, daß man nur den Original-Monitor benutzen kann. Dieser ist zwar bedeutend besser als bei den kleinen Brüdern der CPC-Se-rie, aber immer noch nicht optimal. Allerdings ist sowohl der Färb- als auch der Schwarzweiß-Monitor in dieser Preisklasse unschlagbar. Zum Beispiel stellt auch der Farbmonitor 80 Zeichen pro Zeile sehr gut lesbar dar. Daß der monochrome Monitor schwarzweiß ausgefallen ist (und nicht grün, wie es bei der Einführung des CPC üblich war), liegt am derzeitigen Trend zu dieser Bildschirmfarbe. Einige arbeitsphysiologische Forschungsergebnisse sprechen für eine größere Augenverträglichkeit.

Im Gegensatz zu den meisten anderen preiswerten »IBM-Kompatiblen« besitzt der neue Schneider PC einen Intel 8086-Prozessor. Während das »IBM-Original« mit dem auf einen 8 Bit breiten Datenbus gestutzten 8088 arbeiten muß, besitzt die CPU im Schneider PC 16 Datenleitungen. Es leuchtet ein, daß diese Version bedeutend schneller arbeitet. So beträgt die Taktfrequenz auch 8 MHz statt der 4,7 MHz der »Kollegen«. Auf der Hauptplatine (Bild 1) befinden sich Sockel für insgesamt 640 KByte RAM-Speicher. 512 davon sind serienmäßig schon eingebaut. Für die restlichen 128 KByte sind 16 leere Fassungen vorhanden.

Aber auch viele Bausteine für Funktionen, die normalerweise bei Computern dieser Klasse nur mit Hilfe von Zusatzkarten erreicht werden, sind auf dieser Platine vorhanden. Die Bausteine für Farbe und Grafik erlauben die Wiedergabe von 16 Farben mit einer Auflösung von 640 x 200 Punkten.

Drei Grafik- und zwei Textmodi erlaubt der Schneider PC. Bei einer Auflösung von 320 x 200 Punkten sind nur vier verschiedene Farben gestattet, die man außerdem nicht frei auswählen darf. Man muß vielmehr eine der drei vordefinierten Farbpaletten benutzen. Die beiden hochauflösenden Modi stellen 640 x 200 Punkte dar und erlauben entweder zwei oder 16 Farben. Der Unterschied liegt im Speicherbedarf. Die beiden Ttextmodi stellen entweder 40 oder 80 Zeichen in 25 Zeilen dar. 16 Farben sind in beiden Fällen erlaubt.

Auf der Hauptplatine findet man ferner eine serielle und eine parallele Schnittstelle für Peripheriegeräte. Ein Lautsprecher mit Lautstärkenregler (beim Vorbild nicht vorhanden), eine batteriegepufferte Uhr (Datum und Zeit) und ein Sockel für einen 8087-Coprozessor (für beschleunigte Berechnung mathematischer Aufgaben) vervollständigen das Bild. Die Batterie puffert ferner einen speziellen RAM-Bereich, der die Konfigurationsdaten enthält.

Daß der Schneider PC nur drei voll IBM-kompatible Steckplätze (Bild 2) besitzt, ist kein Hindernis. Die Schnittstellen, eine Multifunktionskarte und die Farbkarte belegen bei anderen Computern drei Plätze. Der Schneider besitzt nach dieser Rechnung also sechs.

Als Eingabegerät dient die abgesetzte Tastatur und eine Maus. Die Tastatur (Bild 3) ist angenehm zu benutzen, wenn auch Höhe und Neigung nicht der DIN-Norm entsprechen. Umschalttasten wie beispielsweise CAPSLOCK und NUMLOCK zeigen mit Hilfe einer Leuchtdiode ihren gerade aktuellen Eingabezustand an. Die Funktionstasten und der Ziffernblock sind abgesetzt, so daß Fehleingaben erschwert werden. Die Tasten sind angenehm und ohne Kraftanstrengung zu betätigen. Zwei spezielle Tasten sind frei belegbar. Damit können die Maustasten oder der Feuerknopf des Joysticks simuliert werden (siehe Handbuch). Die Cursortasten übernehmen dann die Joystickfunktionen.

Die Tastatur verrät den Wunsch von Schneider auch den Heimanwender mit dem neuen Computer anzusprechen. Auf der Rückseite ist nämlich eine Joystickbuchse eingebaut. Und zwar eine, bei der wie bei Schneider üblich, zwei Joysticks angeschlossen werden können.

Die Microsoft-kompatible Maus wird an der linken Seite angesteckt. Sie bietet auch den einzigen Kritikpunkt an der Hardware. Zumindest die uns zum Test vorliegende Version zerfiel ab und zu in ihre Einzelteile. Das Problem ist zwar nicht schwierig zu beheben, aber vielleicht überlegt sich Schneider doch noch eine bessere Lösung. Die Bewegung wird durch eine Kugel übertragen. Der Ring, der diese festhält, lockert sich häufig und das Ganze fällt auseinander. Da außerdem das Design etwas altmodisch wirkt, kann man nur auf eine überarbeitete Version hoffen.


Bild 1. Die Hauptplatine des Schneider PC / Bild 2. Die Steckplätze sind leicht zu erreichen

Zur Verbindung zwischen dem Computer und dem Monitor dienen zwei Kabel — eins für die Videosignale (RGB) und eins für die Stromversorgung. Dadurch, daß das Netzteil (wie bei Schneider üblich) im Monitor eingebaut ist, entfällt der Ventilator. Die meisten MS-DOS-Computer arbeiten nur mit einem lästigen Rauschen des Lüfters. Ist der Lautsprecher ausgeschaltet, dringt beim Schneider PC noch nicht einmal ein leises Säuseln aus dem Gehäuse.

Die Steckplätze auf der Hauptplatine für Erweiterungskarten sind voll IBM-kompatibel. Aussage eines Fachkollegen der auf MS-DOS-Computer spezialisierten Schwesterzeitschrift »PC Magazin«: »Darüber kann man ja gar nichts schreiben — der ist einfach kompatibel.« Also alles klar für Festplatten, Netzwerke, CP/M-Karten und was es sonst noch alles für IBM-PCs gibt.

Und da es schon CP/M-Karten mit einem Z80-Prozessor gibt, ist auch eine CPC-Karte, die die Geräte aus der Schneider CPC-Serie auf dem PC simuliert, von der technischen Seite her theoretisch denkbar. Allerdings kann sie nur von Schneider angeboten werden, da das CPC-ROM eingebaut werden muß — und die Rechte an der im ROM verankerten Firmware besitzt nur der Hersteller. Solch eine Karte würde den Einstieg im Hobbybereich und für Umsteiger erleichtern. Das leidige Thema der passenden Spiele-Software wäre ebenfalls schlagartig gelöst. Anwendungsprogramme hingegen gibt es unter MS-DOS wie Sand am Meer.

Der neue Schneider PC hat alle wichtigen Funktionen auf der Hauptplatine. Drei speziell konstruierte Chips beinhalten die Funktion der meisten sonst eingebauten Chips. Durch diese hohe Integrationsdichte ist der Computer fast doppelt so schnell wie der IBM-PC.

Da keine Reduzierung der Taktfrequenz vorgesehen ist, gibt es mit einigen wenigen ganz speziell auf den IBM ausgelegten zeitkritischen Programmen Probleme. Diese werden einfach zu schnell bearbeitet. Allerdings wird heute die meiste MS-DOS-Software nicht mehr IBM-spezifisch geschrieben, sondern für alle MS-DOS-Geräte, wie zum Beispiel das Malprogramm »Art Studio«, das auf Seite 42 zu sehen ist. Mit ihm haben wir in der Redaktion (Bild 4) unter anderem die Grafik getestet.

Anders als viele andere Computer wird der PC aus Türkheim mit einem umfangreichen Software-Paket ausgeliefert. Auf den vier Disketten findet man zwei Betriebssysteme: MS-DOS 3.2 (die neueste Version, die auch netzwerkfähig ist) und DOS Plus, ein dazu kompatibles Betriebs- system, das auch CP/M 86 (die 16-Bit-Version von CP/M) versteht. Außerdem ist das noch kein Jahr alte DOS Plus multitaskingfähig. Es können damit verschiedene Dinge gleichzeitig bearbeitet werden. Während beispielsweise ein Pascal-Compiler noch den Quellcode übersetzt, steht die Textverarbeitung zur Programmbeschreibung schon zur Verfügung. MS-DOS soll diese Fähigkeit erst ab Version 5.0 bieten.

Für Umsteiger aus dem Heimbereich, die sich in CP/M auskennen, ist der Einstieg in die 16-Bit-Klasse dank DOS Plus sehr einfach. Viele Befehle sind gleichgeblieben und auch das viel geschmähte, aber unter CP/M unbedingt notwendige Programm PIP ist vorhanden.


Bild 4. Unsere Schneider-Spezialisten testen den neuen PC

Auf den anderen Disketten findet man die vom Atari ST her bekannte Benutzeroberfläche GEM. Mit der Maus und mit GEM wird die gesamte Arbeit auf dem Computer benutzerfreundlicher als es mit einfacher Befehlseingabe über die Tastatur je möglich ist. GEM-Desktop heißt das Programm dazu. Mit dem Grafikprogramm GEM-Paint und dem Loco-motive Basic 2 bekommt man zwei weitere hochinteressante Software-Produkte.

Das englische Handbuch für den neuen Schneider PC umfaßt weit mehr als 300 Seiten. Und dabei findet man in diesem Buch nur das Wichtigste um das Gerät in Betrieb zu nehmen. GEM, MS-DOS, DOS Plus und die Utilities werden relativ knapp — aber verständlich — beschrieben. Das Lehr- und Handbuch für Basic 2 wird extra vertrieben. Verständlich bei einem Computer, der zumindest im professionellen Bereich nicht mit Basic betrieben wird. Von Schneider wird ein deutsches Handbuch mit gleichem Inhalt zur Auslieferung kommen.


Bild 3. Die Tastatur ist gut — entspricht aber nicht der DIN-Norm

Das ROM auf der Hauptplatine enthält neben einer umfangreichen Selbsttestroutine (hier wird alles getestet was angeschlossen ist — oder auch nicht) die Standard-BIOS-Routinen, sowie ein Startprogramm mit dem Speichergröße, Uhrzeit und Datum beim Neustart angezeigt werden. Auch eine RAM-Disk läßt sich mit Hilfe dieses Bausteins einrichten. Die variablen Parameter dazu stehen in dem gepufferten RAM-Bereich.

Alle ROM-Mitteilungen liegen in insgesamt sieben Sprachen vor. Man sieht sofort, daß Schneider mit seinem englischen Partner Amstrad weltweit denkt.

Seit der Hannover-Messe in diesem Jahr sind die Preise für IBM-Kompatible (und auch das Original) drastisch gesunken. Gleichzeitig ist die Grundausbaustufe immer kompletter geworden. Aber dennoch ist Schneider mit seinem PC ein Produkt gelungen, das weder vom Preis noch von der Leistung her zur Kritik Anlaß gibt. Da auch MS-DOS-Software sich diesem neuen Preisniveau anpaßt (Markt & Technik bietet unter anderem Wordstar für MS-DOS-Computer für 399 Mark an), ist für den Heimmarkt (Leistung), den professionellen Markt (Preis) und Schneider (16-Bit-Computer) eine neue Zeitrechnung angebrochen.

(hg)

Name: Schneider PC
Mikroprozessor: 8086
Taktfrequenz: 8 MHz
Speicher: 512 KByte (auf 640 KByte aufrüstbar)

Tastatur: QWERTZ, erweiterte Schreibmaschinentastatur mit alphanumerischem Ziffer- und Funktionstastenfeld
Software: MS-DOS 3.2, DOS Plus, GEM, GEM-Desktop, GEM-Paint, Locomotive Basic 2

Komplett-Preis:

Ausstattung			S/W-(Farb-)Monitor
mit 1 Laufwerk		1999 (2499) Mark
mit 2 Laufwerken	2499 (2999) Mark mit 1 Laufwerk
10-MByte-Festplatte	3499 (3999) Mark mit 1 Laufwerk
20-MByte-Festplatte	3999 (4499) Mark

Die technischen Daten des Schneider PC



Aus: Happy Computer 10 / 1986, Seite 42

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