Wie geht's weiter bei Schneider?

Fred Köster, Leiter der Schneider Computer-Division, sieht die Zukunft der 8-Bitter gesichert, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Trotz der Verkaufserfolge der 68000-Computer setzt Schneider weiterhin auf die MS-DOS-Linie.

Auf einer Pressekonferenz anläßlich der Vorstellung neuer PCs am 29. Juni dieses Jahres präsentierte Schneider gleich ein ganzes Bündel Neuheiten (siehe Aktuell-Teil). Dabei räumten die Türkheimer gleich mit einigen hartnäckigen Gerüchten auf. So munkelte man schon fast seit Einführung der Schneider-PCs von einem AT-Kompatiblen aus gleichem Haus. Und nicht wenige warten auf eine neue Heimcomputer-Serie mit dem Motorola 68000 als Prozessor. Nun ist es offiziell: Im Herbst kommt der AT und ein 68000 ist bei Schneider kein Thema.

Wir sprachen mit Fred Köster, dem Leiter der Schneider Computer-Division über die Zukunftsperspektiven seines Unternehmens und die Einschätzung der allgemeinen Entwicklung.

Happy: Beginnen wir mit einem Thema, das vielen unserer Leser besonders am Herzen liegt: dem CPC. Die Preise der CPC-Serie sind derart drastisch gefallen, daß manchen die Befürchtung plagt, einem Ausverkauf beizuwohnen. Die Zurückhaltung der Zubehör-(Software- und Hardware-)Industrie in den letzten Monaten scheint diesen Trend zu bestätigen. Inwiefern sind diese Ängste berechtigt, welche Zukunftsaussichten haben die CPCs?

Köster: Diejenigen, die diesen Ausverkauf vermuten, werden sich furchtbar wundern. Wir werden nämlich eine erhebliche Stückzahl von CPCs in dieser Saison aktiv vermarkten. Diese Computer stellen nach wie vor einen wesentlichen Bestandteil unserer Produktpalette dar. Und eine Überraschung soll auch noch übrigbleiben.

Happy: Wie viele CPCs wandern denn heute noch monatlich über den Ladentisch?

Köster: In den letzten zwei, drei Monaten, wobei das eben das berüchtigte »Sommerloch« ist, verkauften wir von den CPCs jeweils zwischen 4000 und 5000 Stück. Und zwar 464 und 6128 etwa gleichgewichtig. Die neuen, niedrigen Preise (nach der CeBIT im März dieses Jahres, Anm. der Redaktion) führten zu einer spürbaren Belebung.

Happy: Können Sie unseren Lesern eine Einschätzung geben, wie aus Ihrer Sicht allgemein die Zukunft der 8-Biter aussieht, können Sie sich einen 8-Bit-Computer auf dem Ladentresen eines Händlers im Jahr 1990 vorstellen?

Köster: Ich glaube, daß der 8-Bit-Bereich schon noch eine Weile existieren wird. Bloß bin ich der festen Überzeugung, daß sich das bis zum Jahre 1990 in einen absoluten Low-Cost-Bereich hineinentwickeln wird, an dem außer dem Käufer niemand mehr Spaß hat. Wenn die Geräte unter die magische Grenze von sagen wir 100 Mark gehen würden, kann ich mir nicht vorstellen, daß Schneider hier, wo es nur noch um Marktanteile ginge, eine wichtige Rolle mitspielen würde. Dann kaufen Sie Computer wie heute einen Walkman und niemand kann mehr etwas daran verdienen und aus diesen Produkten Erträge erwirtschaften, die es erlauben, weitere neue Produkte zu bringen. Wir brauchen als Anbieter einen soliden Ertragsstand, um neue Schritte zu wagen, neue Geräte zu entwickeln und in den Markt einzuführen. Das kostet Geld! Ein 8-Bit-Computer für 100 Mark im Jahre 1990, der auch für einen Hersteller wie uns interessant sein könnte, ist schwer vorstellbar.

Happy: Welche Computersysteme werden dann mittel- oder langfristig Ihr Angebot bilden?

Köster flacht): Das ist eine gute Frage, denn langfristig kann man in diesem Markt schwer planen. Wenn Sie unsere Geschichte, die in diesem Herbst drei Jahre alt wird, anschauen, dann sehen Sie: Wir haben mit dem Heimcomputermarkt angefangen und sind heute noch dabei. Der nächste Schritt ging mit dem MS-DOS-Bereich und auch mit dem Schreibsystem Joyce hin zum professionellen Anwender; also Freiberufler und Selbständige, aber auch Universitäten und Schulen. Und wir gehen jetzt, im nächsten Schritt, in den Bereich der gewerblichen Anwender, indem wir auch den Ansprüchen von Betriebsräten an die Qualität der Bildschirmdarstellung und all diesen Details Genüge tun. Mit dem AT, den wir noch in diesem Jahr bringen werden, sehen Sie außerdem, daß die Entwicklung weiter nach oben geht. Wo und wie das letzten Endes mittel- und langfristig hinführt, wage ich heute nicht zu prophezeien, denn dazu ist der Markt zu starken Schwankungen unterworfen. Und es gibt einfach immer wieder unvorhersehbare technologische Sprünge, die ganz neue Perspektiven eröffnen. Wir wollen in jedem Fall in den Bereich des Systemverkaufs hinein; das ist das Ziel unserer neuesten Ankündigungen. Also Computer-Hardware, Peripherie, Software und Dienstleistungen aus einer Hand, nämlich von unseren qualifizierten Fachhändlern.

Happy: Bereits ein dreiviertel Jahr nach Erscheinen Ihres ersten PC bringen Sie nun schon dessen Nachfolger auf den Markt. Sehen Sie im PC 1640 eine neue Produktschiene oder lediglich ein in einigen Details verbessertes Update unter dem Stichwort »Modellpflege«.

Köster: Wir sehen darin eine neue Produktlinie. Wie Sie wissen, wird die Produktion des PC 1512 nicht eingestellt. Wenn man das Ganze einmal von der Anwenderseite her sieht, dann lokalisiert sich der PC 1512 mehr im Heimbereich, wo er nach wie vor ein außergewöhnliches Preis-Leistungsverhältnis bietet. Andere Anbieter bringen jetzt — oder reden zumindest davon — Konkurrenzprodukte zum PC 1512. Diese Geräte, die jetzt kommen sollen, werden es schwer haben gegen den PC 1512, weil er immer noch das bessere Preis-Leistungsverhältnis bietet. Insofern ist der PC 1640 kein Modell-Update, sondern eine neue Produktlinie, was auch dadurch unterstrichen wird, daß er über andere Händler vertrieben wird beziehungsweise nur über einen Teil der bisherigen Händler.

Fred Köster ist der Leiter der Computer Division bei Schneider

Happy: Mit dem Zubehörangebot zum CPC hat sich Schneider ja stets zurückgehalten und diesen Markt überwiegend anderen Anbietern überlassen. Wird das auch beim PC so bleiben oder beabsichtigen Sie hier bei der Soft- und Hardware, zum Beispiel mit Erweiterungskarten, mitzumischen?

Köster: Es ist im Moment nicht geplant, Erweiterungskarten zu bringen. Ansonsten wollen wir im Peripheriemarkt mitmachen. Das sehen Sie ja schon an unserem Druckerangebot und unseren heutigen Ankündigungen der PC-Software.

Happy: Wie denken Sie über die plötzliche Vielfalt der angebotenen und angekündigten Billig-PCs? Betrachten Sie diese Entwicklung unter dem positiven Aspekt »Konkurrenz belebt das Geschäft« oder fürchten Sie die Mitbewerber?

Köster: Wenn Sie sich einmal anschauen, wann das in richtigen Stückzahlen losging, werden Sie einen Zusammenhang feststellen mit dem Zeitpunkt, als eine gewisse Firma Schneider mit einem PC 1512 kam. Das heißt also, wir haben in diesem Fall den Impuls gegeben, und wenn Sie so wollen, sogar den Trend gesetzt. Das haben heute viele erkannt und viele probieren es; neben etablierten Anbietern auch »No-Name«-Importe. Ich halte das für ein Hinterherlaufen, für einen Versuch, sich vom großen Kuchen ein Stück abzuschneiden. Und deshalb sehe ich den Erfolg, insbesondere bei den No-Names, eigentlich nicht in nennenswertem Umfang. Vor allem weil der Käufer bei den Namenlosen gerade die Bereiche Support im Software-Bereich, Service und Qualität des Kundendienstes sowie der Produkte nicht in dem Maß erwartet, als wenn der richtige Name dahintersteht.

Happy: Wird der MS-DOS-kompatible PC (AT oder was auch immer) nach Ihrer Meinung der zukünftige Heimcomputer oder haben die Computer mit Motorola 68000-Prozessor die besseren Chancen?

Köster: Ich glaube, das Bewußtsein in der Bevölkerung, was ein Computer überhaupt ist, wird weiter zunehmen, auch im Berufsleben. Die Grafikfähigkeiten der MS-DOS-Computer sind im Vergleich zu der Zeit vor einigen Jahren super! Es gibt spezielle Grafikchips wie den Intel 82786, die die Grafikfähigkeiten noch weiter erhöhen. Ich könnte mir vorstellen, daß im nächsten Jahr durchaus Angebote MS-DOS-kompatibler Computer zu attraktiven Heimcomputerpreisen da sind.

Außerdem bin ich überzeugt davon, daß in Bezug auf das Bewußtsein der Computerei im späteren Berufsleben MS-DOS als Industrie-Standard eine Rolle bei der Kaufentscheidung spielt. Es gibt sicherlich eine nicht unerhebliche Fan-Gemeinde der Motorola-Maschinen. Ich glaube aber, daß sich langfristig der MS-DOS-Bereich durchsetzt; auch weil er im Preis noch drastisch herunterkommen kann. Das ist dann aber nicht mehr zu vergleichen mit dem gewerblichen Bereich. Hier wird es sicherlich eigene Gerätekonzeptionen geben, damit sich MS-DOS auch im Haushalt durchsetzt. Es wird zwar ein Nebeneinander geben, aber nach meiner Meinung wird sich wohl MS-DOS etablieren, denn die deutschen Anwender sind sehr ambitioniert und haben über kurz oder lang — wie das in der Umgangssprache heißt — keinen »Bock« mehr nur auf Spielen, sondern wollen auch etwas Ernsthafteres machen. Und aus diesem Grund setzen wir voll auf MS-DOS in diesem Bereich.

Happy: Bedeutet das vielleicht auch, daß Hersteller bei der Konzeption von MS-DOS-PCs für den Heim-Markt bald mehr Wert auf typische Heimcomputer-Ausstattungsdetails wie zum Beispiel Ton-Synthesizer legen werden?

Köster: Man wird sicherlich weiterhin auf MS-DOS-Kompatibilität achten, aber auch solche Dinge wie den genannten Tonerzeuger deutlich stärker ins Bewußtsein ziehen. Ich habe ja schon häufig gefordert: Man muß die Hardware anwenderorientiert sehen. Man kann nicht sagen: »Ich habe jetzt so ein tolles Gerät, nun muß es der Anwender auch wollen.«

Man muß also den Markt analysieren, worum es geht und was der Anwender will, und dann die Geräte entsprechend konzipieren. Das geht! Das haben wir gezeigt mit Joyce, und das können wir auch mit einem PC zeigen.

Happy: Peilen Sie mit Ihrer PC-Linie denn nun bewußt mehr auf den privaten oder auf den beruflichen Anwender?

Köster: Sowohl als auch! Wenn wir jetzt mehr als 50 Prozent der verkauften PC 1512 im privaten Bereich verkauft haben, dann heißt das doch: Dort haben wir eine klare Zielrichtung. Andererseits deuten die heute vorgestellten, neuen Gerätekonfigurationen an, daß der gewerbliche Bereich ganz klar in unserem Interesse liegt. Also: Das eine tun ohne das andere zu lassen. So wie wir das mit dem PC auch gemacht haben. Wir haben PCs gebracht und die CPCs trotzdem noch in der Produktpalette, genau wie den Joyce. Hier gibt es also mehrere Gerätekonzeptionen, die nebeneinander existieren und auch verschiedene Zielgruppen anpeilen können.

Happy: Wo sehen Sie physikalische Grenzen für den Preisverfall auf dem PC-Sektor?

Köster: Da muß man sicherlich unterscheiden zwischen bestehenden Konzepten und späteren Entwicklungen. Für zukünftige neue Produkte ist bei der ständigen technologischen Weiterentwicklung aus unserer Sicht wirklich noch eine ganze Menge Spielraum denkbar.

Happy: Sind die PCs als Heimcomputer Ihrer Meinung nach nur ein kurzwährendes Zwischenstadium zwischen 8-Bit-Computern und irgendwas?

Köster: Wenn Sie die Bezeichnung »die PCs« auf mehrere mögliche Konzeptionen ausdehnen, würde ich das schon als mittelfristig bezeichnen — ja, sogar mindestens als mittelfristig.

Happy: Bekanntlich landete Ihr erster Computer, der CPC 464, fast zufällig in Ihrem Vertrieb. Folglich übernahm Schneider ein fertiges Konzept des englischen Partners Amstrad. Bei den später erschienenen Geräten hatte Ihre Firma schon ein Wörtchen mitzureden. Und zum PC 1640 kamen sogar die entscheidenden Impulse aus Deutschland. Setzt sich diese Entwicklung fort; ist vielleicht eines Tages mit einem Schneider-Computer »Designed in Germany« zu rechnen?

Köster: Nehmen wir doch unsere Vorankündigung als Beispiel, den EGA-AT, den wir unmittelbar im Anschluß an die »Systems« 1987 zur Auslieferung bringen wollen. Er entstand nicht in Kooperation mit Amstrad, sondern wird, auf Basis unserer Design-Vorgaben, von einem anderen Hersteller produziert. Der Weg ist immer vom Produkt abhängig und kann sich durchaus in verschiedenen Bereichen unterscheiden.

Solange die Partnerschaft mit Amstrad weiterbesteht — und es spricht nichts dagegen, daß sie weiterbesteht — und wir beide dasselbe Produkt planen, werden wir uns auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Diese Zusammenarbeit war und ist sehr gut. Vor allen Dingen, was die Qualität angeht, denn darauf legen wir ein ganz besonders großes Augenmerk. Das war und ist auch weiterhin ein ganz klares Ziel von Schneider.

Happy: Eine Frage zu Ihren grundsätzlichen Marktstrategien: Bislang setzte Schneider immer auf eingeführte, bewährte Konzepte und brachte dazu Computer mit ausgereifter Technik und preiswerten Komplettangeboten. Befürchten Sie nicht, sich mit »neuen« Modellen auf einen Zug zu setzen, der schon bald die Endstation erreicht? Reizt es Sie nicht, einmal zu den Pionieren zu gehören und selbst Standards zu setzen, an denen sich dann andere orientieren?

Köster: Es reizt uns schon, zu den Pionieren zu gehören. Es ist aber andererseits so, daß wir uns nach wie vor als kleine Firma sehen. Und eine kleine Firma kann es sich unter Umständen gar nicht leisten, Pionier zu sein, denn die Marktdurchdringung kann eine kleine Firma kaum allein schaffen. Eine große Firma kann das unter Umständen. Außerdem bin ich der Meinung, daß es durchaus auch eine hervorragende Leistung der Techniker und Entwickler ist — auch eine technische Leistung — bewährte Technik zu neuen Preisen zu machen, denn dazu ist ein erheblicher Entwicklungsaufwand nötig. Und darüber hinaus erschließt man durch den neuen Preis völlig neue Zielgruppen, so daß es absolut nicht so ist, daß diese Produkte dann am Ende sind.

Schauen Sie, als wir mit dem CPC 464 kamen, war es so, daß viele gesagt haben: »8-Bit ist out«. Wir haben diesen 8-Bit-Computer trotzdem gebracht und inzwischen von der CPC-Reihe Geräte in der Größenordnung von knapp 300 00X) Stück verkauft. Und die laufen immer noch ordentlich.

Wir werden diesen Markt absolut nicht aufgeben, sondern auch hier schrittweise Neuerungen bringen. Für die Saison sind noch einige interessante Sachen in der Pipeline!

Happy: Wir dachten bei dieser Frage auch beispielsweise an Entwicklungen wie IBMs System/2. Wartet Schneider, bis dieser Standard fast wieder zum alten Eisen gehört und springen Sie erst dann mit preisgünstigen Modellen auf oder setzen Sie nach einer angemessenen Entwicklungszeit mit auf den Beginn dieser neuen Ära?

Köster: Dieser Standard wird sich erst dann zeigen, wenn das OS/2 verfügbar ist. Darüber hinaus hat das Modell 30 unseres Erachtens nicht so furchtbar viel im PC-Markt bewegt und das Modell 50 kann von der Leistungsfähigkeit her mit dem Modell 60 und 80 nicht mithalten. Als neuer Maßstab sind hier sicherlich das Modell 60 und das Modell 80 anzusehen.

Happy: Ist es also denkbar, daß Schneider zukünftig auf neue Trends im Computermarkt schneller reagiert?

Köster: Sobald die Trends eine deutliche Marktentwicklung abzeichnen: ja.

Happy: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch. (ja)



Aus: Happy Computer 09 / 1987, Seite 151

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