Die heimlichen Helfer: 1st Speeder, 1st Freezer

Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Besonders schnelle Diskettenzugriffe freuen jeden Atari ST-Besitzer. Kleine Hilfsprogramme realisieren den Traum von Geschwindigkeit. Ein anderer Traum wird auch Realität: Sicherheitskopien von kopiergeschützten Original-Programmen.

Die beiden Neuerscheinungen »1st Speeder« und »1st Freezer« von Tommy-Software, heben sich von anderen Utilities ab. Denn 1st Speeder ist ein Floppy-Speeder mit ungewöhnlicher Programmiertechnik, 1st Freezer ein Programm, das andere Programme nicht nur anhalten und fortführen kann, sondern diese auch aüf Diskette speichert.

Jeder, der häufig Daten lädt und speichert, kennt das Problem: Die Schreib- und Lesezeiten des Diskettenlaufwerks sind sehr lang. Viele Beschleuniger setzen zum Beispiel die Steprate des Schreib-/Lesekop-fes höher (die Zeit, die der Kopf braucht, um von einer zur nächsten Spur zu wechseln), um mehr Geschwindigkeit zu erzielen. Es geht aber noch schneller. Wenn Sie mal eine RAM-Disk installiert haben, wissen Sie, wie schnell ein Dateizugriff doch sein könnte. In eine RAM-Disk passen aber nicht immer alle Programme rein. Ein Zwischending zwischen RAM-Disk und Diskettenlaufwerk wäre eine ideale Lösung: Ein Pufferspeicher, der die Programme, die man öfters braucht, im RAM des Computers hält.

Die Lösung: Cache — der Pufferspeicher

Das Zauberwort lautet »Cache«. Hier wird einfach ein Teil des Arbeitsspeichers als Pufferspeicher genutzt. Die Daten, die vom Diskettenlaufwerk geladen werden, kopiert der Speeder gleichzeitig ins Cache. Bei einem zweiten Zugriff greift der Computer nicht mehr auf das Diskettenlaufwerk zu, sondern auf die Kopie im schnellen RAM.

Natürlich braucht man dazu auch ein schnelles Programm, das die Dateien im Cache verwaltet. Die Programmierer haben diesen Cache-Verwalter »intelligent« gemacht, das heißt, er legt eine Statistik über den Zugriff auf Dateien an. Das Programm hält dann nur die Dateien im Cache, die am häufigsten gebraucht werden. Dies ist wichtig, wenn der Cache nicht so groß ist.

Der Vorteil von 1st Speeder liegt auf der Hand: einmal installiert, braucht man sich nicht mehr darum zu kümmern. Unsere Testversion hatte allerdings noch den Nachteil, daß man bei jedem Neustart des Computers auch die Konfigurationsdaten (man legt damit die Größe des Puffers fest) neu eingeben muß. Der Hersteller versicherte aber, daß eine automatische Konfiguration in der neuen Version integriert sein wird. Der zweite Fehler liegt in erster Linie am Betriebssystem des ST: es erkennt nicht jeden Diskettenwechsel. Bei einem Schreibzugriff auf die Diskette, kann dies fatale Folgen haben, weil dann der Computer das falsche Inhaltsverzeichnis auf die Diskette schreibt. Damit sind die Daten auf der Diskette nicht ohne Diskmonitor und -doktor zu retten.

Auch dieser recht hartnäckige Fehler ist in der neuen Version behoben, dann kann man per Tastendruck dem Speeder mitteilen, daß die Diskette gewechselt wurde.

Der Einsatz von 1st Speeder ist sinnvoll bei Dateien, die mehr als nur einmal geladen werden und großer als etwa 20 KByte sind. Sind sie kleiner, dann dauert der Ladevorgang mit dem Speeder länger. Der Cache-Verwalter überprüft nämlich zuerst, ob ein Programm im Cache-Speicher noch dem neusten Stand entspricht und noch vollständig vorhanden ist oder erst auf Diskette zugreifen muß.

Entscheidend für eine hohe Geschwindigkeit ist auch die Größe des Pufferspeichers, die man bei der Konfiguration einstellt. Je kleiner er ist, desto geringer ist die Geschwindigkeitsausbeute.

Am geeignetsten ist der Einsatz in Verbindung mit einem Entwicklungssystem, zum Beispiel einen C-Compiler, ST-Pascal Plus oder bei verschiedenen Spielen. Bei »Bards Tale« wird zum Beispiel immer die komplette Bilddatei gelesen, was einige Sekunden dauert, obwohl ein Bild nach dem ersten Laden im Speicher bleiben könnte. Der 1st Speeder spart hier eine Menge Zeit, da nur beim ersten Laden auf Diskette zugegriffen wird. Danach steht die komplette Bilddatei im Pufferspeicher des Computers.

Bevor man den Speeder gewinnbringend einsetzen kann, muß man ein bißchen experimentieren, sonst kann es zu bösen Folgen kommen, weil der ST abstürzt, wenn der Arbeitsspeicher plötzlich für eine Anwendung zu klein ist. Bei unserem Test haben wir 1st Speeder mit 100 KByte Cache konfiguriert. Die Geschwindigkeitsausbeute war fast nicht meßbar, teilweise war der Speeder sogar langsamer.

Als nächstes haben wir einen 400 KByte großen Cache ausprobiert. Diesmal trat ein Fehler auf, wobei wir nicht feststellen konnten, ob der Fehler vom Compiler oder vom Speeder stammte. Deshalb vergrößerten wir den Cache auf 500 KByte. Der Compiler wurde zwar geladen, aber dann nicht gestartet.

Anschließend — der Verzweiflung nahe — haben wir den Cache mit 300 KByte konfiguriert. Endlich funktionierte alles wie gewünscht. Beim ersten Durchgang gab es erwartungsgemäß keine Steigerung der Geschwindigkeit. Aber der nächste zeigte dann seine Wirkung.

Erheblich schneller im zweiten Lauf

Plötzlich dauerte der Ladevorgang des Compilers nur noch drei Sekunden, und das bei einer Länge von 145 KByte. Der gesamte Compilier- und Linkvorgang wurde nach dem zweiten Mal erheblich beschleunigt. Die gemessenen Werte entnehmen Sie der Tabelle.

Beim Mega-ST ist 1st Speeder gut einsetzbar, da man hier viel Speicher zur Verfügung hat. Man stellt beispielsweise 1 MByte als Pufferspeicher ein und hat trotzdem noch mindestens 1 MByte Arbeitsspeicher übrig. Eine ideale Kombination, da man eine ganze Diskette puffern kann und trotzdem alle Programme genügend Arbeitsspeicher zur Verfügung haben.

Insgesamt ist zu sagen, daß der Einsatz des 1st Speeder mit einer Festplatte keinen wesentlichen Gewinn bringt. Mit dem Diskettenlaufwerk allerdings und der richtigen Konfiguration, zeigt sich der Cache von seiner besten Seite. Sind die kleinen Fehler wie versprochen beseitigt, dann lohnt sich die Investition von 89 Mark für dieses nützliche Hilfsprogramm.

Quellprogramm mit Speeder ohne Speeder
2.5 KByte 1min 1s 1min 18s
3.5 KByte 34 s 1min 38s

Die Compilierzeiten von ST-Pascal Plus variieren teilweise sehr stark

Das zweite Utility von Tommy Software ist 1st Freezer, ein Programm, das andere Programme einfriert und anschließend auf Diskette speichert. Jedoch muß man einige Einschränkungen machen: Erstens läuft 1st Freezer nur auf STs mit 1 MByte Speicherausbau. Zweitens erlaubt es nur 512 KByte lange Programme. Drittens funktioniert dieses Programm nur mit etwa 70 Prozent aller Spiele.

Man kann mit 1st Freezer also Sicherheitskopien von geschützten Programmen machen, oder aber einen Spielstand auf Diskette speichern, wenn ein Spiel keine Speicher-Funktion besitzt. Für Highscore-Jäger also ein wichtiges Hilfsmittel, wenn man zwischendurch auf die Taste drückt und das Programm auf Diskette gespeichert wird. Später fährt man dann an der unterbrochenen Stelle fort.

Auch 1st Freezer wird als neue Version geliefert, die auf den Mega-STs mit über 1 MByte Speicher läuft.

Mit 148 Mark und dem eingeschränkten Einsatzbereich ist der 1st Freezer wohl eher etwas für den eingefleischten Spielefreak, der hinter Highscores herstürmt, als für den Anwender, der sich gelegentlich mal ein Spiel genehmigt, (kl)

Auf einen Blick

Name: 1st Speeder
Lieferumfang: Diskette mit Anleitung
Preis: 89 Mark
Uns gefällt: einfache Handhabung und hohe Geschwindigkeitssteigerung
Uns gefällt weniger: Installation nach jedem Booten neu einstellen Wertung: • • • o o o

Name: 1st Freezer
Lieferumfang: Diskette mit Anleitung
Preis: 148 Mark
Uns gefällt: einfache Handhabung Uns gefällt weniger: funktioniert nur mit 512 KByte Speicher Wertung: • • o o o o

Die Wertung bedeutet:
sechs Punkte - Ausgezeichnet
null Punkte (sechs Kreise) = ungenügend


kl
Aus: Happy Computer 05 / 1988, Seite 114

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