Kopierschutz: Dongle gegen Datendiebe

Nach Software-Orgien in Sachen Kopierschutz ist jetzt die Hardware schwer im Kommen: Dongles, kleine Aufsätze für Schnittstellen, sollen den Raubkopierern das Handwerk legen.


Der streichholzschachtelgroße Dongle — der Schrecken aller Raubkopierer? Die Realität sieht anders aus.

Kaum ein Software-Hersteller bleibt verschont: Raubkopierer schlagen gnadenlos zu. Millionenumsätze gehen der Industrie mit den illegalen Kopien verloren, da nützt auch der raffinierteste Kopierschutz auf den Disketten nichts. Kaum ist ein neuer entwickelt, machen sich auch schon unermüdliche Raubkopierer daran, den Schutz zu knacken. Auf der anderen Seite ärgert sich der Anwender über Disketten, die wegen eines Schutzes nicht kopierbar sind, zu Recht: Wenn die Originaldisketten zerstört sind und er keine Sicherheitskopie anfertigen konnte, sind die Daten perdu. Findige Entwickler-Köpfe haben sich da etwas einfallen lassen. Die Rede ist von den Dongles, kleinen Aufsätzen für die parallele Schnittstelle des PCs in der Größe einer Streichholzschachtel, die für optimalen Kopierschutz sorgen sollen. In der Tat — Programme, die mitsamt Dongle ins Haus kommen, arbeiten nur dann, wenn der Baustein auch wirklich auf der Druckerschnittstelle steckt. Der Trick: Im Dongle befindet sich ein Chip, der einen Code gespeichert hat. Das zugehörige Programm fragt diesen Code ab und arbeitet dann nur, wenn die Überprüfung positiv ausgeht. Den Code im Dongle legt der Software-Hersteller fest. Um zu verhindern, daß beharrliche Raubkopierer den Dongle nun auch kopieren, arbeiten die Hersteller hier nicht mit Folgen aus Zahlen und Buchstaben, sondern mit Chiffriertechniken aus der Kryptologie (Lehre von der Verschlüsselung). Abstrakte mathematische Abläufe chiffrieren und dechiffrieren den Code, spezielle Programmteile übernehmen die Abfrage. Eine gute Lösung also für Industrie und Anwender, sollte man meinen: Die Hersteller haben den gewünschten Schutz, der Anwender kann seine Disketten nach Lust und Laune kopieren.

Aber leider: Die Dongle-Begeisterung blieb nicht von Dauer, die Industrie hat ihre Euphorie mittlerweile bremsen müssen. Raubkopierer sind heute bereits in der Lage, die Programmteile, die den Dongle abfragen, ausfindig zu machen, um sie dann zu eliminieren. Die Folge: Das illegale Kopieren geht munter weiter.

Dongle kontra Raubkopierer

Leider muß auch der gesetzestreue Anwender des Dongle im PC mit einigen Nachteilen rechnen. So kann es passieren, daß plötzlich der Drucker nicht mehr richtig funktioniert. Die Signale, die der Computer an den Drucker schickt, müssen zunächst den Dongle passieren, da der ja auf der parallelen Schnittstelle steckt. Das sollte kein Problem sein, die Daten gehen eben einfach durch den Dongle hindurch. Bösartige Dongles allerdings funken dem Anwender dazwischen: Der Drucker versteht den Computer nicht mehr.

Arbeitet man häufig mit mehreren derart geschützten Programmen, gibt es Platzprobleme: Man stelle sich den parallelen Ausgang mit fünf oder mehr aufgesteckten Dongles vor. Oder: Der Dongle arbeitet — wie z. B. bei dem Texterkennungsprogramm "Recognita" — nur dann korrekt, wenn auch wirklich ein Drucker angeschlossen und dieser eingeschaltet ist. Hat man also keinen Drucker, steht eine weitere Anschaffung ins Haus, um mit der Software arbeiten zu können. Zum Glück für den Anwender hält sich die Dongle-Wut der Software-Hersteller bisher in Grenzen. Lediglich Programme der Spitzen-Preisklasse wie AutoCad (rund 10000 Mark) wollen auf einen Dongle nicht verzichten. Verständlich, wenn man bedenkt, welche Entwicklungskosten hinter einem derartigen Produkt stehen. Im Falle AutoCad ist jede illegale Kopie ein empfindlicher finanzieller Verlust für den Hersteller. Leider müssen sich nicht nur professionelle Anwender wie Architekten oder Maschinenbauer mit dem Dongle-Problem auseinandersetzen, auch die Besitzer von Heimcomputern bleiben nicht verschont.

Kein Pardon für Dongle-Knacker

Superbase für den Amiga beispielsweise verlangt den Dongle am parallelen Port des Amiga, so auch das MIDI-Programm "Cubase" für den ST. Superbase ist übrigens ein Paradebeispiel dafür, wie schnell so ein Dongle geknackt sein kann: Kaum war das Programm, eines der ersten Anwendungsprogramme für den Amiga, auf dem Markt, da kursierten auch schon die ersten vom Dongle befreiten Raubkopien. Zu einfach sollte man sich das Entfernen der Dongle-Abfragen in einem Programm allerdings nicht vorstellen. Nur wenige Freaks sind in der Lage, komplexe Programmabläufe richtig zu entschlüsseln und dann auch noch korrekt zu manipulieren. Ganz davon abgesehen, daß der Dongle-Knack verboten ist: Man sollte besser die Finger davon lassen, um Schäden am Datenbestand zu verhindern, rf



Aus: Happy Computer 11 / 1989, Seite 68

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