Die Hardware des ATARI ST

Mit dem folgenden Artikel wollen wir Ihnen einen Überblick über die gesamte Hardware verschaffen. Dabei wird jede wichtige Funktionsgruppe des Rechners erwähnt und mit ihren Aufgaben beschrieben. Es kann daher nicht die Aufgabe dieses Artikels sein, die Funktion jeder einzelnen Leitung des Schaltplans zu beschreiben. Den kompletten Schaltplan des Rechners kann man übrigens für ca. DM 30,-von ATARI beziehen.

Das nebenstehende Blockschaltbild zeigt einem in übersichtlicher Weise das Zusammenwirken der einzelnen Bausteine des ATARI ST Systems. Fast alle Komponenten sind an drei Busse angeschlossen. Unter einem Bus versteht man den Verbund von mehreren Leitungen, die zur Datenübertragung oder zu Steuerzwecken dienen. Die wichtigsten Busse sind im folgenden kurz erklärt. Da wäre zuerst der 16 Bit breite bidirektionale Datenbus, der für den Datentransport zwischen dem Prozessor und den übrigen Bausteinen zuständig ist. Des weiteren wäre da der Adressbus, der 23 Bit breit ist und nur in eine Richtung betrieben wird. Er wird vom Prozessor dazu benutzt, die Speicherchips,.-sowie auch andere Peripheriebausteine, zu adressieren. Der Dritte im Bunde der wichtigsten Busse ist der Kontrollbus. Auf ihm werden die Kontrollsignale zur Selektierung und Überwachung der meisten Chips geführt.

Der RESET-Taster am Rechner (auf dem Blochschaltbild links Mitte) löst zum Beispiel ein solches Kontrollsig-nal aus. Durch diesen Impuls, der über einen sogenannten Timer-Baustein geleitet wird, wird verursacht, daß der Prozessor eine vollständige Initialisierung des Rechners durchführt. Anhand des Blockschaltbildes wollen wir jetzt von links nach rechts die einzelnen Bausteine und ihr Zusammenwirken aufeinander kurz beschreiben, bevor wir auf sie im Laufe der nächsten Ausgaben ausführlicher eingehen werden.

Der Multi-Function-Peripherie Baustein 68901, kurz MFP genannt, ist für die serielle Schnittstelle des Typs RS 232 C mitverantwortlich. Außerdem fängt er sämtliche Interrupt-Signale auf.

Der Soundchip YM 2149 (oder der baugleiche AY-3-8910) ist nicht nur für den Ton des ST zuständig, sondern auch für den parallelen Port (Drucker). Er erzeugt die Signale RTS und DTR für die serielle Schnittstelle. Außerdem verwaltet er, welche Diskettenstation und welche Seite der Diskette (Drive Select und Side Select) angesprochen wird. An dieser Stelle sei noch bemerkt, daß Tonsignale am „AUDIO-IN“ Eingang (siehe Monitorbuchse Pin 5) lediglich zum Ausgang „AUDIO-OUT“ hinzugemischt werden, also nicht durch den Rechner bzw. Soundchip bearbeitet werden können.

Die erste ACIA 6850 (Asynchron Communication Interface Adapter) ist nur zur Datenübertragung der MIDI-Schnittstelle zuständig. Die Zweite dagegen dient zur Kommunikation mit der Tastatur und bildet sozusagen den Interface-Baustein zwischen Rechner und Tastatur-Prozessor.

Die Tastatur des ST ist, da sie über einen eigenen Single-Chip-Rechner verfügt, eine sogenannte 'intelligente Tastatur. Dieser Prozessor überwacht nicht nur die Tasten, sondern zusätzlich auch noch die Maus und die Joysticks.

Der DMA-Controller ist einer der vier von ATARI hergestellten Chips und dient zur Ansteuerung für Floppies, sowie einer Harddisk oder anderer externer Massenspeicher. Er ist übrigens, neben dem Video-Shifter, der einzige Baustein, der mit 16 Leitungen am Datenbus hängt.

Das Blockschaltbild des ATARI ST

Der Floppy-Controller WD 1772 wandelt die acht Bit breiten Daten des Rechners in serielle Daten für die Floppy um und umgekehrt. Außerdem liefert er alle für die Floppy notwendigen Steuersignale. ATARI hat damit eine Standardschnittstelle für Floppies eingebaut. Dadurch, daß der Controler frei programmierbar ist, wäre es denkbar verschiedene Formate zu betreiben.

Der System-Haupttakt von 32 MHz, im Blockschaltbild rechts unten, wird durch einen sehr einfach gehaltenen, 2-Transistor-Quarzoszillator, erzeugt . Diese hohe Frequenz wird dann für die verschiedensten Zwecke von anderen Bausteinen heruntergeteilt.

Der Video-Shifter, der ebenfalls von ATARI speziell für die ST-Serie entwickelt wurde, ist für den Bildaufbau des Rechners zuständig. Die Bildinformation holt er sich aus einem reservierten Speicherbereich aus dem RAM (32 KByte) und gibt sie auf dem Monitor aus. Die Farbinformation wird ebenfalls von ihm erzeugt. Der Shifter ist dafür über einen sogenannten Speicher-Datenbus mit dem RAM verbunden.

Die nächsten beiden Blöcke werden mit vier Standard-TTL-ICs (2x 74LS373 und 2x 74LS244) realisiert. Sie stellen eine Verbindung des in High und Low geteilten RAM-Blocks über den Speicher-Datenbus zum System-Datenbus her. Kontrolliert werden sie dabei durch die MMU.

Der RAM-Speicher besteht aus dynamischen RAM-Chips, die jeweils 256 KBit speichern können. Der gesamte Speicher ist in eine High- und eine Low-Bank organisiert. Durch den MMU-Baustein werden die Speicher-Chips adressiert, sowie angesteuert. Je nach Modell ergibt sich ein Arbeitsspeicher von 512 Kilobyte bzw. 1 Megabyte.

Der nächste Baustein ist ein von ATARI entwickelter hochintegrierter Chip. Er heißt Memory Manager Unit (MMU), was soviel bedeutet wie Speicher-Verwaltungs-Einheit. Einer seiner Aufgaben besteht darin die Adressen für die RAMs zu multiplexen und den Bildschirmspeicher für den Video-Shifter zu selektieren. Eine andere wesentliche Aufgabe ist die Selektierung eines RAM Bereichs für den DMA-Betrieb.

Der Herz des ganzen Systems, ist der von Motorola entwickelte 68 000 Mikroprozessor. Er wird als einer der leistungsfähigsten Prozessoren der neuen 16 Bit Generation bezeichnet. Das alles ist einerseits auf die hohe Taktfrequenz von 8 MHz und andererseits auf seine 16/32 Bit Struktur zurückzuführen. Durch die großzügig angelegte Registerzahl kann bei der Datenverarbeitung der Zugriff auf die externen RAM-Speicher eingeschränkt werden. Dies erhöht die Arbeitsgeschwindigkeit enorm. Ein weiterer Pluspunkt des 68 000 Prozessors ist die hohe Anzahl an Maschinenbefehle, die man intern implementiert hat. Das kommt dem Anwender hilfreich entgegen. Der Prozessor steuert und überwacht fast alle Abläufe im Rechner.

Der GLUE-Chip gehört auch zu den vier Bausteinen, die ATARI selbst entwickelte und herstellt. Von diesen hat der GLUE die vielfältigsten Aufgaben im Rechner zu erledigen. Er hat sozusagen überall seine „Hände“ im Spiel, so daß er seinen Namen GLUE, zu deutsch Leim oder Klebstoff, zu recht erhalten hat. Zu seinen Aufgaben gehört die Erzeugung fast aller Chip-Selekt-Signale (Dekodierung) von RAM, ROM und Peripherie-ICs. Ferner erzeugt er durch interne Teilerketten die Taktfrequenzen für die ACIAs und den Soundchip. Für den Monitor erzeugt er unter anderem die Synchronisations- und Austast-Signale. Außerdem erzeugt der GLUE Signale für die Interrupt-Steuerung, sowie für den DMA-Betrieb. Nicht zuletzt durch den Einsatz solcher hochintegrierter Spezial-Chips, die eine Unmenge herkömmlicher Standard-ICs ersetzen, verdankt der ATARI ST seinen günstigen Preis.

Der ATARI ST ist intern mit sechs ROM-Steckplätzen (nur Lese-Speicher) ausgestattet. Jeder dieser Steckplätze kann ROMs bis zu 32 Kilobyte aufnehmen, so daß sich maximal 192 Kilobyte ROM im Rechner unterbringen lassen. Auch dieser ROM-Speicher ist in eine Low- und eine High-Bank unterteilt. Ein 16-Bit Datenwort ist also in zwei verschiedenen ROMs abgelegt, die unteren 8 Bit im Rom der Low-Bank und die oberen acht entsprechend im ROM der High-Bank. Zur Zeit sind jedoch nur zwei dieser Steckplätze mit je acht Kilobyte ROMs bzw. EPROMs (2764) bestückt. In diesen Speichern befindet sich das Boot-Programm. Wenn Anfang 86 das TOS im ROM lieferbar ist, wird der verfügbare ROM-Speicher mit diesem gefüllt werden. Es sei noch bemerkt, daß man durch den Modulschacht weitere 128 Kilobytes an ROM-Speicher anschließen kann.



Aus: ST-Computer 01 / 1986, Seite 7

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