Softwaretest: H & D Base

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Bild 1

H & D BASE © 1986 by Mirage Concepts, Inc. ist ein von C. Homes und O. Duckworth in FORTH geschriebenes für die ATARI ST-Serie entwickeltes relatives Datenbanksystem, das für 348,- DM auf dem deutschen Markt angeboten wird.

Datenbank- oder Dateiprogramme gibt es schon einige, manche sind sogar in GEM eingebunden. Für welche Anwendungen benötigt man also ein relationales Datenbanksystem, genauer gesagt, eine Datenbanksprache, mit der relationale Datenbanken zu erstellen sind?

Dazu sollte kurz geklärt werden, was eine relationale Datenbank ist. Eine relationale Datenbank besteht im Prinzip aus Tabellen, wobei die Zellen der Tabelle die Datensätze und die Spalten der Felder des Datensatzes sind. Die 'Relation' (Beziehung) zwischen verschiedenen Tabellen (Dateien) einer Datenbank wird über 'Schlüsselfelder' hergestellt, die in jedem Datensatz nur einen sonst nicht vorkommenden Inhalt haben (z. B. Kundennummer).

Relationsbeispiel eines Datenbankentwurfs:

Adressdatei (Kundennummer, Firma, Name, Straße, PLZ, Ort, Tel, Telex .... )
Produktdatei (Kundennummer, Produktname, Produktnummer, Einkaufspreis .... )
Umsatzdatei (Produktnummer, Verkaufspreis ,Eink.Menge, Verk. Menge .... )

In einer solchen Datenbank sind die Daten der einzelnen Dateien untereinander beliebig verknüpfbar, so daß z. B. statistische Auswertungen, Tabellenkalkulation und selektive Abfragen möglich sind (z. B. eine Liste aller Firmen, deren Produkte einen bestimmten Jahresumsatz erreicht haben).

Die Einrichtung einer solchen Datenbank erfordert nicht nur das Erlernen der Datenbanksprache, sondern auch eine sorgfältige Planung der Datenbank-Struktur, um Redundanzen und Fehler zu vermeiden.

Wer also eine Adressdatei, seine Videosammlung, seine Bücher und Zeitschriften oder ähnliches verwalten möchte, ist mit einem Datenbankprogramm wie z. B. DB Maste (siehe Testbericht ST 3.86) einfacher und komfortabler bedient.

Ein relationales Datenbanksystem wie H & D BASE ist eher für die professionelle Datenbankeinrichtung geeignet. Die Einsatzmöglichkeiten eines solchen - auf die individuellen Bedürfnisse anpaßbaren - Datenbankprogramms reichen von Lagerverwaltung, Finanz- oder Personalbereich bis Vereinsverwaltung u. a.

Wie der Name H & D BASE schon ahnen läßt, ist dieses Programm dbase II Befehlssatz- und Datencompatibel.

Letzteres konnte ich nicht testen. Es ist aber im Handbuch beschrieben, daß dbase II-Files mit einem Modern oder über die serielle Schnittstelle mit einem Kabel und entsprechenden Terminalprogrammen von einem anderen Computer auf den ATARI ST übertragen und mit H & D BASE weiterverarbeitet werden können.

Ein Grund zum Jubel also für alle, die ihre mit DBASE II unter CP/M auf einem 8-Bit-Rechner erstellten Dateien auf dem Atari ST unter 16 Bit weiterbearbeiten wollen.

Um eine bessere Vorstellung von den Einsatzmöglichkeiten des Programms zu entwickeln, hier einige technische Daten von H & D BASE im Vergleich zu dbase II:

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(*) Die Anzahl der Datensätze pro Datei wird nur durch die Kapazität des angeschlossenen Massenspeichers begrenzt.

Auf der Programmdiskette von H & D BASE befinden sich...

HDFORTH.FLD
FORTH-Erweiterung der Datenbanksprache

MAILLIST.FLD
Demo einer Adressdatenbank

ERRATA Fehlerkorrekturen des Handbuches

HDBASE.HLP
Helpdatei des PRG.

HDBASE.PRG
Datenbankprogramm (TOS-Applikation)

Nach dem Starten des HDBASE.PRG meldet sich der ATARI auf schwarzem Bildschirm und weißer Schrift mit...

H & D BASE Copyright (C) 1986 Mirage Concepts

Man befindet sich in der KOMMANDO-Ebene.

jeder eingegebene Befehl wird direkt ausgeführt und mit einem OK quittiert. Spätestens hier wird klar, daß das Programm eine reine TOS-Applikation ist. Eine Einbindung in GEM könnte dem Programmierer einige Tipparbeit ersparen. Um ein Directory zu listen, ist folgende Kommandozelle erforderlich.

ok
DISPLAY FILES ON A LIKE . < C R >

Zumindest wäre eine Belegung der FUNKTIONSTASTEN des ATARI ST mit häufig gebrauchten Kommandos wünschenswert!

Diskettenorientierte Datenbank

Wird mit dem Befehl CREATE eine neue Datei eröffnet, wird diese auf der Diskette/Festplatte angelegt und verwaltet. Dies hat den Vorteil, daß die Anzahl der Datensätze nur durch die Größe des Massenspeichers begrenzt wird. Als Nachteil ergeben sich bei größeren Dateien doch erhebliche Zugriffszeiten, die den Einsatz einer Festplatte nahelegen. Um bei größeren Dateien die Zugriffszeiten zu reduzieren, kann mit den Kommandos...

USE ADRESSD < C R >
INDEX ON Schlüsselfeld TO Indexfilename < C R >

eine Indexdatei angelegt werden. (z. B. INDEX ON Name TO IADRESD)

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Bild 2

In der mir zum Test vorliegenden Version von H & DBASE, kehrte das Programm nach einem Fehler bei der Struktureingabe (vgl. Bild 2) einer Datenbank, wieder in die Kommando-Ebene zurück, statt eine Wiederholung der Eingabe zu ermöglichen. Dies ist besonders ärgerlich, wenn man schon eine längere Liste eingegeben hat. Die Daten sind nämlich verloren.

Ferner führte die Benutzung des Befehls REPORT FORM ohne Angabe eines Namens kurze Zeit später zum Absturz!!!

Die Datenbanksprache

Die gegenüber dBASE II um ca. 50 Befehle erweiterte Datenbanksprache ist einer strukturierten Sprache wie PASCAL ähnlich und dürfte Anwendern mit Programmiererfahrung keine Probleme bereiten. Für die 'fortgeschrittenen' Programmierer (wie im Handbuch gelesen) ist in dem Ordner HDFORTH.FLD eine FORTH-Erweiterung der Datenbanksprache um 75 Befehle enthalten, (die eine Nutzung der GEM-Banksprache um 75 Befehle enthalten) die eine Nutzung der GEMRoutinen des ATARI ST ermöglichen sollen. Die GEM-Einbindung ist aber ohne das ATARI-Entwicklungspaket nicht möglich!!!

Mit dem Befehl...

HELP KOMMANDO < C R >

lassen sich alle möglichen Anwendungsstrukturen eines Kommandos der Datenbanksprache auflasten. (z. B. HELP DISPLAY < C R >) (siehe Abbildung 1)

Mit dem Befehl...

LIST STRUCTURE < C R >

werden alle wesentlichen Informationen über die Struktur einer Datenbank aufgelistet. (siehe Abbildung 2)

FLD: Feldnummer

WIDTH: Länge des Feldes

Name: Feldname (frei wählbar max. 10 Zeichen)

TYP: Variablentyp (C: Zeichenkette, N: numerische Var., L:boolen Var.)

DEC: Anzahl der Dezimalstellen (nur bei numerischen Feldern)

Die in der Datenbank gespeicherten Informationen lassen sich mit Hilfe eines in der Datenbanksprache erstellten Programms weiterverarbeiten (z. B. Tabellenkalkulation).

Wie solche Programme zu erstellen sind, ist den Beispielen im Handbuch bzw. etlichen Werken über die dbase-Programmierung zu entnehmen.

Die PROGRAMM-Ebene des Datenbanksystems

Mit dem Befehl...

MODIFY COMMAND Filename < C R >
wird der H& D BASE 'Command File Editor' aufgerufen.

Es handelt sich um einen einfachen, im Programm integrierten Texteditor, mit dem Masken, Datenverwaltungs- und Datenauswertungsprogramme in der Datenbanksprache erstellt werden können. Der so entstandene Command-File (z. B. MASKE.CMD) wird durch...

DO MASKE < C R >
zur Ausführung gebracht.

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Bild 3

Bei Programmfehlern wird eine Fehlermeldung ausgegeben. Der H & D BASE INTERPRETER zeichnet sich nicht gerade durch berauschende Geschwindigkeit aus, erlaubt aber ein komfortables, interaktives Programmieren. (Ein Beispiel für eine in der Datenbanksprache erstellte Maske zeigt Abbildung 3)

Das Handbuch

Die in Englisch abgefaßte Dokumentation führt den Benutzer gutgegliedert, übersichtlich und anschaulich durch Beispiele unterstützt auf ca. 285 Ringbuchseiten in die Datenbanksprache von H & D BASE ein. Ein Stichwortverzeichnis und eine Quick-Referenz-Card mit Kurzbeschreibungen aller Datenbank-Kommandos erleichtern das Arbeiten mit dem Handbuch. Es bleibt zu hoffen, daß für den deutschen Markt auch bald eine Übersetzung lieferbar sein wird.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß mit H & D BASE ein Werkzeug für professionelle Anwendungen zur Verfügung steht, mit dem sich nach Behebung der oben erwähnten Fehler sehr gut arbeiten läßt.

rw

Bewertung:



Aus: ST-Computer 06 / 1986, Seite 35

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