Ein Trackball für den ST

Zur Maus als Eingabegerät gibt es Alternativen. Der folgende Artikel beschreibt den Umbau eines ATARI-Trackballs der 8-Bit Serie für den ST.


Bild 1: Trackball am ST

Ein grafikorientiertes Betriebssystem wie GEM benötigt ein flexibles Eingabegerät. ATARI hat für den ST die Maus vorgesehen, sie reagiert schnell und ist präzise. Dadurch empfindet man eine direkte Verbindung zum Zeiger auf dem Bildschirm. Schon nach kurzer Eingewöhnungszeit braucht man nicht mehr zu überlegen, wie man die Hand führen muß, um den Cursor auf einem beliebigen Punkt zu positionieren. Das ist ein Effekt, den man über die Tastatur nicht erreichen kann. Es kommt ein Grundprinzip von GEM zum Tragen: den Benutzer von unnötiger Denkarbeit zu entlasten.

Die Maus hat jedoch auch Nachteile:

Aus diesen Überlegungen heraus sind wir auf der Suche nach anderen Eingabegeräten auf den Trackball gestoßen. Vom Prinzip her ist der Trackball eine umgedrehte Maus. Ein leichtgängig gelagerter, massiver Ball überträgt seine Bewegung auf zwei im Winkel von 90 Grad angeordnete Wellen. Die Bewegung wird über an den Wellen befestigte Taktscheiben mittels Lichtschranken in elektrische Impulse umgesetzt.

Ursprünglich wurde der Trackball in der Flugüberwachung eingesetzt, um eine Position auf dem Radarschirm festzulegen (Engl.: track - Spur halten, verfolgen). Er fand dann Anfang der 80er Jahre in Spielhöllen (zumeist in ATARI Spielautomaten eingebaut) weite Verbreitung. Weiterhin wird er auch in professionellen CAD-Systemen eingesetzt.

Für einen Trackball treffen die für die Maus aufgeführten Nachteile nicht zu:

Von ATARI gibt es einen Trackball für die 8-Bit Serie, den vielleicht mancher ATARI-Freak noch von früher besitzt. Für die Bedienung von Telespielen gedacht, bietet er einen robusten mechanischen Aufbau zu einem günstigen Preis (Seit Markteinführung des Balls für ca. DM 200,- ist er bei manchen Händlern jetzt schon für DM 80,- zu haben). Der Ball ist wie eine Billardkugel. Die Wellen, auf denen er liegt, sind kugelgelagert. Mit dem Schalter an der Rückseite des Gerätes kann man zwischen Trackball-und Joystick-Funktion wählen. In der Stellung Joystick funktioniert er sofort am ST. Man kann ihn dann für Spiele usw. als Ersatz für einer. Standard-Joystick ohne Umrüstung benutzen. Zum Gebrauch als Maus ist jedoch ein kleiner Umbau erforderlich: nach der Messung der Signale vom Trackball stellten wir fest, daß die für den ST benötigten Signale nicht an dem 9-poligen Stecker herausgeführt sind. Wir haben sie jedoch nach kurzer Suche in fertig aufbereiteter Form auf der Platine des Balls gefunden.

Außerdem hat der ST eine extra Leitung für die rechte Maustaste. Zwei Tasten sind auch am Trackball vorhanden, sie führen jedoch auf eine gemeinsame Leitung.


Bild 2: umgelötete Platine

Stecker mit Anschlußbelegung

Die Umrüstung ist für jeden machbar, der schon einmal gelötet hat, und nimmt nicht mehr als eine halbe Stunde Arbeit in Anspruch. Für den Umbau gibt es 2 Möglichkeiten:

  1. Sie möchten den Ball nur als Maus und nur am ST benutzen. Dann benötigen Sie:

Vergewissern Sie sich beim Kauf des Kabels, daß alle 9 Kontakte durchverbunden sind, da die rechte Balltaste über eine extra Signalleitung herausgeführt werden muß. Der angegossene Stecker ist deshalb nötig, weil die handelsüblichen Metallstecker zu breit sind, um in den Mausport des ST zu passen. Eine günstige Lösung ist ein Joystick Verlängerungskabel, das für Videospiele usw. angeboten wird. Dabei ist darauf zu achten, daß auch alle Kontakte durchverbunden sind (lediglich der Pin 5 ist nicht erforderlich).

  1. Die Joystick-Funktion des Balls soll erhalten bleiben (gleichzeitig wird die Funktion als Trackball für ATARI XL/XE gewährleistet). Dann benötigen Sie:

Mit dem Schalter können Sie später zwischen ST- und XL-Kompatiblität umschalten.

An Werkzeug benötigen Sie:

Zusätzlich für die Umschalterversion:

Doch nun ans Werk. Zunächst entfernt man die angeklebten Gummifüße, sie lassen sich später einfach wieder andrücken. Darunter befinden sich die Schrauben, mit denen die Halbschalen des Balls zusammengehalten werden. Man löst sie und nimmt die obere Halbschale ab. Zum Vorschein kommt der Ball, der von einer Platine umrahmt wird (im Folgenden wird der Trackball so betrachtet, als ob er in Arbeitsposition vor uns stehen würde). Den Ball kann man herausnehmen. Die Platine hat an der hinteren Kante 7 Einschnitte, an denen Kabel der Zuleitung befestigt sind. Die einzelnen Anschlüsse sind mit Farbnamen beschriftet. Man zieht alle Kabelschuhe von der Platine ab. Das Kabel wird nur noch durch einen Plastikwinkel an der Zugentlastung festgehalten. Den Winkel hebelt man mir einem Schraubenzieher aus seiner Halterung. Damit hat man das Kabel gelöst. Man kann es z. B. als Reparaturkabel für Joysticks in die Bastelkiste legen. Auf der Platine befindet sich unter dem Kontakt des rechten Tasters eine vergoldete Kontaktfläche. Wenn der Taster betätigt wird, verbindet er die Masseleitung, die rings um die Platine läuft, mit Pin 6 des Steckers (mit BLUE auf der Platine bezeichnet). Linke und rechte Taste haben deshalb die gleiche Funktion. Mit einem Messer (evtl, eine Feile) wird die Leiterbahn des rechten Tasters vor dem nächsten Lötpunkt unterbrochen, um linke und rechte Taste zu trennen (Position A in Zeichnung 2).

Anschlussbelegung
Maus-PortTrackballstecker vor dem Umbau
1 XB / obenunten negiert
2 XA / untenunten
3 YA / linksrechts negiert
4 YB / rechtsrechts
5 nicht verbundennicht verbunden
6 linke Tastebeide Tasten
7 +5U+5V
8 MasseMasse
9 rechte Tastenicht verbunden

Zeichnung 1: Stecker mit Anschlußbelegung

Jetzt nimmt man sich das 9-adrige Verlängerungskabel zur Hand und schneideiet die Kupplung ab (die Kupplung ist das Ding mit den Stiften, das Männchen). Danach entfernt man die Ummantelung auf einer Länge von ungefähr IC cm. Die Enden der Litze werden abisoliert und verzinnt. Man nimmt einen Durchgangsprüfer (zur Not tut es auch eine kleine Stromquelle mit einem Glühbirnchen) und testet, welcher Pin des Steckers mit welcher Litze verbunden ist, das Ergebnis wird notiert.


Zeichnung 2: Anschlußplan ohne Schalter

Nun kann man die Anschlußleitungen auf der Platine festlöten.

  1. YELLOW an Pin 4
  2. RED an Pin 2
  3. VIOLET an Pin 7
  4. BLUE an Pin 6
  5. GRA an Pin 8
    Weiterhin sind drei Lötpunkte auf der Platine mit dem Stecker zu verbinden (Version ohne Umschalter):
  6. Punkt B. Die abgetrennte Signalleitung der rechten Taste wird auf Pin 9 des Steckers geführt.
  7. Punkt C. Pin 4 IC 1 an Pin 1 vom Stecker.
  8. Punkt D. Pin 12 IC 1 an Pin 3 vom Stecker.

Bei der Version mit Umschalter ist die Verdrahtung gemäß Anschlußplan vorzunehmen. Die Belegung der Anschlüsse ist im Prinzip die gleiche wie bei der Version ohne Schalter. In der Stellung XL werden lediglich die geänderten Signale auf ihren alten Platz zurückgeschaltet:

Ein freies Plätzchen für den Schalter läßt sich im geräumigen Gehäuse sicher finden, in unserem Gerät haben wir ihn rechts neben der Zuleitung eingesetzt. Beim Zusammenbau des Balls ist darauf zu achten, daß die Kabel im Inneren nicht mit beweglichen Teilen in Berührung kommen und auch beim Zusammenbau nirgendwo eingeklemmt werden (z. B. unter dem rechten Taster). Eventuell sind die Kabel mit etwas Klebeband zu befestigen. Auch eine Zugentlastung der Zugleitung wäre sinnvoll. Nach dem Zusammenschrauben des Gehäuses kann man die Gummifüße wieder andrücken.

Für ca. DM 90,- hat man sich ein exzellentes Eingabegerät gebaut, so daß man auf die Maus auch verzichten kann. Denn gerade in GEM und bei grafischen Anwendungen, wo es auf ermüdungsfreies Arbeiten und hohe Positioniergenauigkeit ankommt, bewährt sich der Trackball.

Bezugsquellen:
Trackball: Vobis
Kabel: Bühler Elektronik Versand


Michael Huelke
Aus: ST-Computer 07 / 1986, Seite 76

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