Datenbank einfach??? - Praxisbericht: "HIPPO-Simple"

Für den Preis von ca. 150,- wird nun auch in Deutschland das Datenbanksystem „Hipposimple" des kalifornischen Softwarehauses „Hippopotamus" vertrieben. Bei diesem Preis lohnt sich schon ein näherer Blick, obwohl ja an Datenbanken und Adressverwaltungen mittlerweile eine ganze Reihe von Programmen für den Atari ST angeboten werden. Um es vorweg zu sagen, mit einer „richtigen Datenbank" (nach dem Vorbild „D-BASE") kann es das Programm nicht aufnehmen, da die Größe des Datensatzes auf 16 Textzeilen beschränkt ist. Die Gesamtspeicherkapazität ist dagegen mit ca. 7 000 max. Datensätzen recht umfangreich. Mit diesen Eckwerten ist Hipposimple geeignet für Adressverwaltung, Literatur-, Video-, Anschaffungslisten etc.

Los geht's...

Das Programm in der leider noch englischsprachigen Version 1.0 wird auf einer einseitigen Diskette vertrieben. Auf dieser befinden sich neben dem Programm ein ausführlicher, ins Programm einladbarer Hilfstext, einige Beispiele für Datensätze und ein Werbetext der Firma Hippopotamus. Zum Lieferumfang gehört ferner ein winziges, ca. 60 Seiten umfassendes englischsprachiges „Handbüchlein", das wohl eher einem 'Daumenkino' ähnelt. Hat man dieses Handbuch 'verdaut', so kommt gleich das nächste Problem: das Programm ist kopiergeschützt! Um dem Käufer trotzdem ein Backup (Sicherheitskopie) zu ermöglichen, hat sich die Firma zu einem Kompromiß durchgerungen: das Programm muß zwar mit der Originaldiskette gestartet werden (auch in die RAMDISK!), danach kann jedoch zum Arbeiten (Speichern, Laden etc.) die Sicherheitskopie benutzt werden. Ich halte das gerade bei einem immer noch nicht richtig betriebssicheren Rechner wie dem AtariST für keine gute Sache. Eine Sicherheitskopie muß sein!

An dieser Stelle sei auch gleich darauf verwiesen, daß die englische Version (1.0) bislang keine deutschen Umlaute verarbeitet. Dies ist ein Manko, was dieses Programm mit vielen anderen Datenbanken teilt. Viele Softwareanbieter machen es sich hier wirklich allzu leicht! Man kann als wissenschaftlicher, kaufmännischer oder sonstiger ernsthafter Benutzer von „Anwenderprogrammen" auf die in der deutschen Sprache gegebenen Besonderheiten auch in der Text- bzw. Datenbearbeitung nicht verzichten. Eine Literaturoder Adressliste läßt sich nun mal nicht korrekt erstellen ohne deutsche Umlaute! Dies sei hier ein für allemal festgestellt.

Aufbau

Das Programm arbeitet mit Unterstützung der „GEM"-Benutzeroberfläche, also mit den bekannten „drop-down" Menüs und der Maus. Auch das Verschieben, Löschen oder Kopieren von Textblöcken funktioniert mausgestützt, wie man es z. B. von lst-Word her kennt. Die bereits erwähnten, zum Programm gehörenden Hilfstexte (sie sind weitgehend identisch mit dem Daumenkino von „Handbuch") lassen sich kapitelweise jederzeit ins Programm aufrufen. Das Programm hat nur ein „Fenstner". Dieses läßt sich auch nicht verändern. Die Größe des Fensters (ca. 2/3 Bildschirm = 16 Zeilen) legt vielmehr die max. Größe des Datenfeldes fest.

Hipposimple arbeitet nach dem Prinzip einer relationalen Datenbank. Das bedeutet in der Praxis, daß für die Dateneinträge kein fester Platz vorgeschrieben ist, um dieses Datum später wiederzufinden. So lassen sich z. B. verschiedene Dateien miteinander mischen („merge"), oder man kann innerhalb einer Datei mittels Suchwort („string") jeden beliebigen Eintrag finden.

Zweites Arbeitsprinzip des Programms ist die weitgehende Anwendung von Masken („templates"). Vier „Masken" steuern den gesamten Programmaufbau:

  1. „Field names": Hier werden auf recht einfache Weise die Felder benannt, in die ich Eintragungen vornehmen will. Will ich z. B. eine Liste meiner Atari-ST Programme erstellen, so wird einer der Feldnamen für diese Maske mit Sicherheit „Programmname=" lauten. An dem = Zeichen hinter dem Namen erkennt das Programm, daß es sich um eine Feldbezeichnung handelt. Wo und in welcher Reihenfolge ich diese Feldnamen plaziere, ist dem Programm (im Rahmen der zur Verfügung stehenden Gesamtfläche) völlig egal. Die max. Länge eines Feldes ist auf die ca. 80 Zeichen der Bildschirmbreite limitiert.

  2. „Input filter": Diese Maske kann benutzt werden, um aus einer Datenmenge eine Untergruppe zu einem eigenen Datensatz („report"), oder auch den gesamten Datensatz nach anderen Gesichtspunkten neu zusammenzustellen. Dort könnte ich z. B. eintragen„ daß alle Programme in meiner „software"-Liste, die nicht auf dem Atari ST laufen, aus der Liste rausfliegen. Diese Maske kann allerdings noch mehr logische Operationen durchführen. So kann nach kleiner als, größer als, ja, nein, gleich, ungleich, vorhanden, nicht vorhanden selektiert werden.

  3. „Field selector": Hier läßt sich bestimmen, nach welchen Feldern sortiert werden soll, bzw. falls Felder mit Zahlen vorhanden sind, ob und welche dieser Felder am Ende eines Datensatzes aufaddiert (summiert) werden sollen. Hierzu kann eine Sortierhierarchie mit bis zu 16 Ebenen eingegeben werden. Zu addierende Felder werden mit eine „#" markiert. Die Summen werden am Ende eines Datensatzes („report") als zusätzlicher Eintrag aufgelistet.

  4. „Output selector": Diese Maske läßt sich, ähnlich dem „Input filter", sehr flexibel handhaben. Einzelne Felder oder auch ganze Zeilen lassen sich in beliebiger Reihenfolge und Verteilung positionieren. Dazwischen können auch zusätzliche Informationen wie' Satzzeichen, Bemerkungen, Überschriften etc. eingegeben werden. Zahlenfelder können zusätzlich mit Anweisungen für Rechenoperationen (+, -, *, /) versehen werden. Man könnte Hipposimple damit auch als einfaches Tabellenprogramm nutzen. Weiterhin können in die Maske noch Steuerzeichen für den Druck (Zeilenvorschub, Leerzeilen etc.) eingegeben werden. Dies ist eine relativ umständliche, ber flexible Methode, verschiedene Ausdruckformate zu erstellen. Das Programm könnte allerdings ruhig noch einige Druckparameter (Schriftarten, Spaltendruck, Blattlänge etc.) mehr unterstützen. Das im Prinzip recht flexible System wurde hier etwas „verschenkt".

Eine so zusammengestellte Datenliste („report") läßt sich an Drucker oder Diskette schicken, kann aber auch auf dem Bildschirm besichtigt werden. Die Datenmasken „templates" lassen sich unabhängig von den jeweiligen Daten abspeichern, so daß mit dem gleichen Datensatz unterschiedliche Teilmengen oder Ausdruckformate erstellt werden können.

Praxis

Hat man das Prinzip der Datenbank „gefressen", so läßt sich recht schnell damit arbeiten. Einzelne Funktionen wie „laden", „speichern", „nächster Eintrag" etc. lassen sich sowohl über die „drop-down" Menüs, als auch über Funktionstasten steuern. Man kann Datensätze löschen, einfügen, sortieren, Doubletten ausscheiden und verschiedene Dateien mischen. Das Einlesen von Fremddateien (z. B. im „dBase" Format) ist im Prinzip möglich. Die Daten müssen jedoch „umgearbeitet" werden.

Fazit

Ein Vergleich mit anderen Datenbanken liegt nahe. Daß ein ernsthafter Vergleich mit „großen" System wie „dBase" nicht in Betracht kommt, hatte ich bereits erwähnt. Aber das zum vergleichbaren Preis angebotene „DBMaster" bietet eine Vergleichsbasis. Die Maskengenerierung, die Suchroutinen und die Ausdruckformatierung sind dabei bei „DB-Master" ungleich komfortabler gestaltet. Auch die speicherbare Datenmenge und Größe des Datensatzes spricht für DB-Master. Andererseits ist „Hipposimple" insbes. beim Ausdruck flexibler. Schließlich sind beide Programme derzeit nur „eingeschränkt" tauglich, da sie keine deutschen Umlaute darstellen können. Als Fazit bleibt demnach die bei nahezu allen derzeitigen (Anwender-) Programmen für den Atari-ST zutreffende Feststellung: Das Datenbankprogramm „Hipposimple" verwirklicht einige gute Ideen (ebenso wie „DB-Master"). Dem entgegen stehen Mängel wie schlechte Dokumentation, Nichtverarbeitung von Umlauten, begrenzte Datenfelder. Ein wirklich im umfassenden Sinn gutes Datenbankprogramm, das die Vorteile des Atari-ST (Schnelligkeit, GEM-Oberfläche, Speicherkapazität) mit den Fähigkeiten guter Datenbankprogramme (größtmögliche Flexibilität bei Datenlänge, -Menge, -Anordnung, Sortier- und Druckroutinen sowie Datenkompatibilität) miteinander kombiniert, steht bislang aus.

Bezugsquelle: ATARI
Preis: 149,- DM


Klaus Schönekäs
Aus: ST-Computer 09 / 1986, Seite 56

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