Die Stimme, die aus dem Rechner kommt - Sound Sampling

Sound Sampling, das vollendete Klangerlebnis?


Bild 1: Der Sound Sampler

Das Vermitteln von menschlichen Eigenschaften an den Computer ist nicht nur eine Domäne der Science-Fiction-Schriftsteller, sondern auch von Computerspezialisten. Die Bemühungen reichen von menschenähnlichen Automaten, die dem Menschen schwere oder gefährliche Arbeit abnehmen, bis hin zur Simulation quasi intelligenter Vorgänge. Die Sprache und Musik, ein ständiger Begleiter des Menschen, bleibt bei all diesen Versuchen nicht verschont. Die noch immer junge Geschichte der Computer bietet uns zahlreiche Beispiele der Musik- und Sprachsynthese. Blieb diese Materie bis jetzt nur Großrechnern Vorbehalten, so sind die Hardwaremöglichkeiten von Personal Computern so weit fortgeschritten, daß solche Experimente heute auch auf diesen 'kleinen’ Rechnern realisierbar sind.

Die ATARI ST Rechner bieten ein Minimum der notwendigen Rechenleistung, die für solche Aufgaben erforderlich sind. Was noch fehlt, ist ein Aufnahme- bzw. Wiedergabe-Gerät, die Klänge und Geräusche dem Computer in einer für ihn verständlichen Form übermittelt. Solch ein Gerät wird nun von der Firma Computertechnik Zaporowski unter dem Namen Sound Sampler angeboren.

Doch was bedeutet überhaupt Sound Sampling?

Um das zu erklären, hilft nur ein wenig Theorie über die Funktionsweise eines A/D-Wandlers, dem Herzstück des Sound Samplers. Wir wollen uns hier jedoch sehr kurz halten, um in naher Zukunft auf dieses interessante Thema noch ausführlich eingehen zu können. Jeder Ton und jedes Geräusch besitzt von Natur aus einen wellenförmigen Verlauf (ähnlich Wasserwellen). Einen solchen stetigen (analogen) Verlauf können Computer aber nicht verarbeiten. Deswegen muß eine Umwandlung des analogen Signals in ein digitales, ein für den Rechner verständliches Signal durchgeführt werden. Um nun Klänge im Rechner speichern zu können, benötigt man einen sogenannten analog-digital-Wandler (A/D-Wandler). Ein solcher A/D-Wandler tastet das vorhandene Eingangssignal in seinem Verlauf ab und gibt an seinen Ausgängen (bei 10 Bit = 10 Ausgangsleitungen) dem Eingangssignal entsprechende Zahlenwerte (binär) aus. Die Qualität der Klangwiedergabe ist dabei stark abhängig von der Auflösung und Geschwindigkeit des A/D-Wandlers. Bei einer Auflösung von 10 Bit kann das Eingangssignal in 2'° = 1024 Werte unterteilt (zerlegt) werden. Bei 8 Bit Auflösung sind nur noch 2S = 256 Werte möglich. Die Geschwindigkeit eines A/D-Wandlers gibt an, wie oft er das Eingangssignal abtasten (in binär Werte zerlegen) kann.

Da jedes Signal zeitabhängig ist, ist die Häufigkeit der Messungen (Abtastungen des Eingangssignals) neben der Auflösung ein wichtiges Kriterium für die Qualität des Wandlers. Die Häufigkeit der Messungen wird auch als 'Sample Frequenz’ bezeichnet, je höher diese Frequenz ist, desto natürlicher können Töne aufgenommen bzw. wiedergegeben werden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, je besser die Auflösung (Bit) und je höher die Sample Frequenz (Hz) sind, desto genauer kann ein Signal abgetastet werden. Zum Vergleich sei erwähnt, daß bei den modernen CD-Plattenspielern ein 16 Bit A/D-Wandler und eine Sample Frequenz von über 40 KHz verwendet werden.


Bild 2: Rückansicht des Sound Samplers

Der hier getestete Sound Sampler besitzt eine Auflösung von 10 Bit, so daß ein Dynamik-Umfang von über 60 dB zur Verfügung steht. Die Hardware besteht aus zwei Teilen, einem kleineren Modul, das in den Modul-Port des STs eingesteckt wird, und dem eigentlichen Sound Sampler mit dem A/D-und D/A-Wandler. Auf der Frontseite befinden sich neben dem Ein/Aus-Schalter noch drei Regler mit folgenden Einstell-Möglichkeiten.

Mit dem Höhenfilter läßt sich, vor allem bei niedrigen Sample Frequenzen, ein störender metallischer Nebeneffekt ausblenden.

Auf der Rückseite befinden sich vier Buchsen, von denen zwei fünfpolige DIN Buchsen zur Aufnahme und Wiedergabe dienen und parallel geschaltet sind. Über diese kann der Sound Sampler direkt mit einer Stereo-Anlage oder einem Tonbandgerät, Radio etc. verbunden werden. Eine Centronics Buchse dient zur Verbindung mit dem Modul-Port. Über die vierte Buchse erfolgt die Spannungsversorgung des Gerätes. Mitgeliefert wird ein Adapterstück, das zwischen Netzteil und Rechner gesteckt wird und dort die nötigen Spannungen abgreift.

Nachdem alles ordnungsgemäß verkabelt ist, kann man die mitgelieferte Software laden. Zuvor sollten jedoch längere Deskaccessoires oder eine RAM-Disk gelöscht werden, um möglichst viel Speicherplatz zu erhalten. Leider war die uns zur Verfügung stehende Software noch eine Vorabversion und hatte noch so manchen Fehler. Gibt man einen Ton oder ein Musikstück auf den Eingang des Samplers, so flackert die Aussteuerungsanzeige (Level) auf dem Bildschirm im Takt der Lautstärke. Mit dem Pegel-Regler ist nun eine optimale Aussteuerung einzustellen. Nun hat man in der Menüleiste verschiedene Optionen zur Verfügung, so kann man zwischen 8-oder 10 Bit Auflösung wählen. Logischerweise bedeutet eine 8 Bit Auflösung eine Verminderung der Tonqualität, andererseits eine doppelt so lange Spielzeit. Der Aufnahme- und Wiedergabe-Speicherbereich kann durch Anklicken beliebig eingestellt werden. Das ermöglicht z. B. das Mischen verschiedener Musikstücke oder das Rückwärtsspielen eines Stückes. Die schon erwähnte Sample Frequenz kann zwischen 1 KHz und 70 KHz eingestellt werden, dies sowohl für die Aufnahme und Wiedergabe. Die maximale Spielzeit steht natürlich im direkten Zusammenhang mit der gewählten Sample Frequenz und wird rechts im Bildschirm immer den eingestellten Angaben zufolge angezeigt. So sind bei einem frei verfügbaren Speicher von 863 KByte (ST 520 + ) folgende maximalen Spielzeiten möglich:

Sample
Frequenz Auflösung max. Spielzeit
[KHz] [Bit]	[s]
70	10	6
70	8	12
30	10	14
30	8	29
1	10	441
1	8	883

Wie man erkennt, sind bei bester Klangqualität nur sechs Sekunden.speicherbar. Maximal lassen sich knapp 15 Minuten lang Töne speichern und wiedergeben. Allerdings ist die Qualität dann so schlecht, daß selbst langsam gesprochene Texte nicht mehr zu verstehen sind.

Einen weiteren Effekt kann man erreichen, indem man bei der Wiedergabe eine von der Aufnahme abweichende Sample Frequenz einstellt. Man hat damit die Möglichkeit, ein gespeichertes Musikstück extrem schnell oder langsam wiederzugeben, ähnlich einem Tonband, daß bei verschiedenen Geschwindigkeiten abgespielt wird. Einmal digitalisierte Musikstücke können auf Diskette abgespeichert oder von Diskette geladen werden.


Hardcopy 1: Das „Arbeitsfeld“ des Sound-Samplers

Leider erlaubte unsere Software das Abspielen eines Stückes nur über den im Sound Sampler eingebauten D/A-Wandler und einen externen Verstärker. Laut den Aussagen des Herstellers wird die zukünftige Software auch ein Abspielen über den Monitorlautsprecher, also ohne den Sound Sampler, ermöglichen. Eine Update-Version wird allen Käufern kostenlos zugesandt. Außerdem wird der Assembler-Source-Code für die zeitkritischen Wiedergabe- und Aufnahme-Routinen mitgeliefert, so daß sich jeder Programmierer seine eigene ’Sampler-Software’ schreiben kann.

Ein mögliches Einsatzgebiet dieses Sound Samplers ist seine Anwendung auf dem Gebiet der Werbung. Kleine und mittelständige Betriebe haben nun die Möglichkeit, ihre Computerwerbung phantasievoll mit Ton zu untermalen. Nicht zu vergessen ist natürlich der Freak, der Spaß hat, jedes beliebige Musikstück oder auch seine eigene Stimme aufzunehmen, zu manipulieren, mit anderen Stücken zu mischen und wieder abzuspeichern. Der Sound Sampler ist zum Einführungspreis von DM 398,- incl. MwSt. zu erwerben. (UB + MM)

Hersteller und Vertrieb: Computertechnik Zaporowski Vinckestraße 4 5800 Hagen 1
Vertrieb mit eigener Software: Print & Technik Nikolaistraße 2 8000 München 40



Aus: ST-Computer 10 / 1986, Seite 16

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