Der Druckgigant - Der 24 Nadler NEC P6

Bild 1: Dracaena marginata mit zwei NEC P6-Druckern

Schlechte Zeiten für die Drucker mit acht Nadeln: Seit sich die Nadelzahl am Druckkopf vervielfacht, geht diese Generation der Matrixdrucker wohl ihrem Ende entgegen. Harald Schneider testete einen Drucker neuester Bauart: Den NEC Pinwriter P6.

Schriftqualität

Bei der Beurteilung eines Druckers ist die Güte des Schriftbildes natürlich entscheidend. Auf Bild 1 sehen Sie eine kleine Zusammenstellung möglicher Schriftarten. Tatsächlich sind weitaus mehr Kombinationen möglich. So fehlt zum Beispiel die komplette Draft-Schrift, auf sie wurde aus Platzgründen verzichtet. Sie schaut trotzdem so ordentlich aus, daß manch anderer Drucker neidisch werden könnte. Die abgebildeten Schriften zeigen also die Fähigkeiten des P6 in Letter Quality (LQ) — möglich in vielen Größen und allen Schriftarten. Der P6 beherrscht drei verschiedene Schriftarten in LQ, hinzu kommen die Schmalschrift, zwei Breitschriften und eine Hochschrift. Auch Sub- und Superscript bringt das Gerät in LQ zu Papier. Der zweite Block zeigt diese Schriftarten kursiv. Der dritte und vierte Block stellen gewissermaßen die Krönung der Matrix-Druckkunst dar: Sie zeigen die gleichen Schriftarten in proportionaler Schrift. Wie aus Bild 2 ersichtlich, ergibt sich in Proportionalschrift ein ansprechendes Schriftbild als im Normalbetrieb. Auf Wunsch gibt der P6 diese Schrift auch eigenständig im Blocksatz wieder; er kann also als Korrespondenzdrucker eingesetzt werden.

Geschwindigkeit

Je nach der gewählten Schriftart, erreicht der P6 eine Druckgeschwindigkeit von 60 bis 216 Zeichen pro Sekunde. Diese Zeiten geben allerdings die reine Druckgeschwindigkeit ohne Zeilenvorschub und Druckkopfrücklauf an. In einem durchschnittlichen Text reduziert sich das Tempo etwa um den Faktor 0.8 bei LQ- und 0.6 bei Draft-Schrift - wie bei jedem Drucker. Die für Korrespondenzdruck geeignete Schrift erreicht immerhin 77 Zeichen pro Sekunde, etwa soviel, wie ältere Matrixdrucker in Draftschrift erreichten, und etwa dreimal so schnell wie ein 8/9-Nadeldrucker. Da ist es schon eine reine Freude, dem P6 beim Drucken zuzuschauen.

Die Hardcopy

Die Hardcopyfunktion des ST ist nur für 8 Nadeldrucker ausgelegt. Der P6 bringt deshalb keine Hardcopy zu Papier. Abhilfe schafft da ein von NEC geliefertes Treiberprogramm. Es wird einmal gestartet und ist dann durch 'Alternate + Help' aufzurufen. Eine besondere Option dieses Treibers ist, daß die Ausgaberichtung (Normal oder Querformat) und vielfältige Größen des entstehenden Ausdrucks eingestellt werden können, vom Vollformat bis hin zu Aufklebern für Streichholzschachteln.

Das Beste dabei: Dieses Treiberprogramm ist Public-Domain, also frei kopierbar und in unserer Public-Do-main-Sammlung erhältlich.

Das Äußere

Die Gestaltung des P6 ist ziemlich durchdacht. Neben den gängigen Bedienungsfunktionen für Zeilenvorschub, ON/OFF-Line und Formfeed, sind zusätzlich die Schriftarten wählbar und der Knopf für Leisedruck. Auch im Schnellmodus kann der P6 durchaus als leise eingestuft werden. Die gewählte Schriftart ist an einer LED-Anzeige ablesbar.

Die DIP-Schalter sind frei zugänglich und erfordern kein Zerlegen des Gerätes - eigentlich sollte das immer so sein. Gehäuse und Mechanik sind sehr robust und lassen auf langes Leben hoffen.

Was sagt der ST dazu?

Der Anschluß an den Atari ST ist, zumindest von der technischen Seite her, problemlos. Ein passendes Kabel, das der Händler hoffentlich gratis dazu-legt, und die Verbindung stimmt. Probleme gibt es leider bei der Hardcopy. Durch das Drücken der Tasten ' Alternate + Help' ist dem P6 nichts zu entlocken. Abhilfe schafft auch hier ein Treiberprogramm, das direkt von NEC geliefert wird.

Dieses Treiberprogramm wird einmal installiert und ermöglicht vielfältige Ausdruckformate: Von winzig klein bis riesig groß, Hoch- oder Querformat bis zu Farbe oder Schwarz-Weiß, beherrscht der P6 eine große Palette von Möglichkeiten. Die entstehende Hardcopy ist, deutlich gesagt, 'verdammt gut'. Leider benötigt sie ein wenig mehr Zeit als die herkömmliche Hardcopy, nutzt dafür jedoch die 24-NaM-Qualität.

Ein kleiner Nachteil, der aber eher auf Kosten, der 5oftware-Entwickler geht, ist die Tatsache, daß viele Grafikprogramme die 24-Nadel-Grafik nicht unterstützen, sondern nur im 8-Nadel-Betrieb drucken. Zum Glück kann der P6 auch diese Formate drucken, im 'EPSON Modus' sozusagen.

Zum Beispiel 1st Word

Die Anpassung an ein Textprogramm erfordert Überlegung: Erst damit werden die vollen Fähigkeiten ausgeschöpft. Da nicht bei jedem Drucker eine komplette Anpassung abgedruckt werden soll, will ich mich auf einige wichtige Punkte beschränken. Da 1st Word wahlweise in LQ oder Draft drucken kann, habe ich mich für eine schnelle Draft-Schrift und eine schöne LQ-Schrift entschieden.

Da es jammerschade ist, wenn man diesen Drucker nicht in Proportionalschrift und Blocksatz betreibt, habe ich beides verwendet. Eine Möglichkeit, den Drucker automatisch darauf zu initialisieren, sind jene Zeilen, die die Schriftarten (Bold, Underlined, ...) ausschalten, da diese vor Druckbeginn ausgeführt werden. Zur Initialisierung der Draft-Schrift schaltet man deshalb die LQ-Schrift aus und wählt die gewünschte Draft-Schriftart (hier Iw2 dpi). Bei LQ wird es etwas komplizierter. Zuerst wird die LQ-Qualität eingeschaltet, dann der Drucker auf Proportionalbetrieb und Blocksatz initialisiert, die letzte Codefolge schließlich setzt den rechten Rand (1B, 51," 40). Dadurch kann das Aussehen des Textes stark beeinflußt werden, denn er gibt die Blockbreite an, in der der Text zentriert wird.

1B, 1B, 2D, 0, 1B, 78, 0, 1B, 50 * Draft underline off 12 DPI

1D, 1B, 2D, 0,1B, 78, l, 1B, 70, l, 1B, 61, 3, 1B, 51, 40 * LQ underline off

Leider können bei 1st Word nicht alle Schriftarten berücksichtigt werden, da das Programm nur 6 Arten unterstützt. Was tun? Man wählt eben im vielfältigen Angebot aus und kann, falls erforderlich, mehrere Treiber entwickeln, die man bei Bedarf wechselt. An dieser Stelle möchte ich' von dem 'Mißbrauch' der digitalen Sonderzeichen als Steuerzeichen abraten — und zwar, weil das demnächst erscheinende 1st —Word Plus diese nicht mehr unterstützt.

Bild 2: Ein Blick in das Innere

Optionen

In der Grundausführung ist der P6 nur für Einzelblattverarbeitung ausgelegt.

Zwar kann man die Walze auch mit Endlospapier füttern, man muß dabei aber von Zeit zu Zeit das Papier korrigieren. Traktoren gibt es deshalb gleich zwei: einen unidirektionalen (160 DM) und einen bidirektionalen (438 DM). Auch beim Einzelblattbetrieb kann man zwischen einem halb- und einem vollautomatischen Papiereinzug wählen. Der automatische Blatteinzug (980 DM) ermöglicht es, ein ganzes Bündel Papier einzulegen, von dem sich der Drucker selbständig je ein Blatt nimmt. Der halbautomatische Einzug (36 DM) dürfte für den nichtgeschäftlichen Benutzer schon eher erschwinglich sein. Hier legt man ein Blatt auf die Auflage und bewegt den Drucker durch Betätigen eines Hebels dazu, das Blatt einzuziehen. Diese Methode ist sehr bequem und sei deshalb dem privaten Benutzer empfohlen.

Nachteile

Zwar überwiegen die positiven Seiten, doch kommt auch Kritik auf. Zu bemängeln ist der in der Grundversion nicht enthaltene Traktortransport. Zieht man Endlospapier mit der Walze ein, muß man das Papier sehr oft nachjustieren; ein Listing in voller Papierbreite erscheint häufig auf dem Papierrand. Der Drucker ist eben anders konzipiert, aber schade ist es schon. Immerhin muß man, von zusätzlichen Kosten abgesehen, die Transportvorrichtungen wechseln, wenn man neben langen Listings auch einen Brief ausdrucken will.

Der große Bruder

Anwendern, denen für bestimmte Zwecke der P6 zu klein ist, steht der P7 zur Verfügung, das breitere Modell, das es bei Normalschrift (10dpi) statt auf 80 auf 136 Zeichen pro Zeile bringt. Diesen Drucker gibt es unter der Bezeichnung CP6 / CP7 auch als Farbdrucker.

Bilanz

Insgesamt ist der P6 ein wirklich empfehlenswerter Drucker, der durch seine vielseitigen Leistungsmerkmale überzeugt. Der Preis von 2054,- DM ist zwar ein ganz schöner Brocken, kann aber demnach als günstig bezeichnet werden.

Zur Beschreibung aller Qualitäten des P6 reicht der Platz nicht aus. Vor einem Kauf empfehle ich auf alle Fälle die Begutachtung dieses und aller anderen Geräte beim Händler, denn manches ist Geschmackssache. Doch ich bin recht sicher, daß auch Sie mein positives Urteil teilen werden.

NEC Business Systems Klausenburger Straße 4 8000 München 80

(HS)



Aus: ST-Computer 12 / 1986, Seite 58

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