ST-Term & Deluxe-Term: Eine Gegenüberstellung

In der Redaktion stapeln sich inzwischen Programme, die darauf warten getestet zu werden. Auch in der Sparte DFÜ- bzw. Terminalprogramme weitet sich das Angebot immer mehr aus. Die Spannweite der angebotenen Terminalprogramme für den ST reicht vom einfachen Low-Cost-Programm bis zur „Luxussoftware“.

In dieser Ausgabe werden zwei Terminalprogramme untersucht, die beide weniger als einhundert Mark kosten. Die Kandidaten heißen: „ST-Term“ (Franzis Software) und „Deluxe-Term“ (HIB). Wie sich im Test sehr schnell herausstellte, sind beide Programme völlig verschieden ausgelegt.

Minimalprogramm?

ST-Term wurde ausschließlich in Assembler programmiert und verzichtet auf alles was man üblicherweise als GEM-Benutzeroberfläche bezeichnet. Die Maus hat keine Funktion. Eine Menüleiste gibt es ebensowenig wie Pulldown-Menüs. Ergebnis dieses Konzeptes ist ein Programm mit weniger als 6000 Bytes Länge, das angeblich so schnell ist, daß man gleichzeitig eine Datei empfangen und eine Datei senden kann. Alle Einstellungen werden durch Funktionstasten vorgenommen. Die obersten zwei Zeilen dienen der Kommunikation zwischen Programm und Benutzer. Die „Help“-Taste bewirkt die Anzeige der Bedeutung aller Funktionstasten (Bild 1). Wie Sie sehen können, sind in „ST-Term“ nur die in einem DFU-Programm unbedingt notwendigen Features eingebaut. Einziger Luxus ist „F10“. Mittels dieser Taste kann eine vorher festgelegte Zeichenfolge abgeschickt werden.

„F1“
soll Ein- und Ausschalten des Modems bewirken. Als Nebeneffekt werden die „In Use“-Leuchtdioden beider Floppy-Disk-Laufwerke manchmal mit eingeschaltet.

„F2“ und „F3“
ermöglichen es dem Benutzer Dateien von der Diskette abzusenden, bzw. die empfangenen Daten in eine Datei zu schreiben. Nach Drücken von „F3“ werden alle ankommenden Daten auf Diskette gesichert. Bei der „Unmenge“ von brachliegendem Ram hätte es sich unbedingt angeboten, ankommende Daten im Speicher zu puffern. Man könnte z. B. beim Stöbern in einer Mailbox den Puffer auf Diskette sichern, wenn man entdeckt, daß etwas interessantes ankam.

Bild 1: Das Menü von ST-Term

”F4“
Alle üblichen Baudraten bis zu 9600 können eingestellt werden.

„F5“
Diese Funktion dient dem Umschalten der V24-Parameter Datenbits, Parität und Stopbits. In dieser Reihenfolge (Beispiel „7n1“) stehen einige Einstellungen zur Auswahl.

„F6“
ermöglicht die Kommunikation auch mit anderen Rechnern als mit STs und IBMs. Deutsche Umlaute werden beim Senden und Empfangen entsprechend umgewandelt.

„F7“
schaltet „XON-XOFF“ an und aus.

„F8“
„F9“
schaltet das lokale Echo an und aus.

„F10“
Siehe oben.

Einige Punkte verdienen besonders kritische Bemerkungen: Warum wird in den obersten zwei Zeilen nicht grundsätzlich das Menü angezeigt? Statt in der zweiten Zeile anzuzeigen, daß die Help-Taste das Menü auf den Bildschirm bringt, könnte doch wohl auch gleich das komplette Menü angezeigt werden!

Die Fehlfunktion beim Modemanschalten ist zwar nur ein Schönheitsfehler, aber sowas wäre allenfalls bei Public-Domain-Software entschuldbar.

Das Fehlen eines Standardprotokolls zur Fehlererkennung macht Übertragungen von Programmen zum Glücksspiel.

Bild 2: Die Drop-Down Menüs von Deluxe-Term

Luxusprogramm!

Alle Minimalfunktionen (siehe oben) kann Deluxe-Term auch (gleichzeitiges Senden und Empfangen von Dateien wurde nicht erprobt — wozu auch).

Während ST-Term sich von Terminalsoftware für „normale“ Computer weder in der Bedienung noch auf dem Bildschirm unterscheiden, hat der Programmierer von Deluxe-Term alle Register gezogen und ein typisches GEM-Produkt geschaffen. Es wurde aber auch an Benutzer gedacht, die meinen: „Wozu Mausbedienung in einem Terminalprogramm“. Bild 3 zeigt ein Help-Menü in dem die Bedeutung von Alternate-Tasten gezeigt wird. Die meisten Funktionen können also auch ohne Maus erreicht werden. Deluxe-Term gibt dem Benutzer noch eine dritte Möglichkeit der Programmsteuerung. In der dritten Bildschirmzeile werden Statusinformationen angezeigt. Durch einfaches Anklicken der Kürzel in dieser Statuszeile können alle angezeigten Einstellungen umgeschaltet werden.

Bild 3: Diese Kommandos sind per Alternate-Taste ausführbar

Weitere Extras, die zum Teil absolut ungewöhnlich sind: Xmodem-Protokoll, „Notizblock“, Soft-Scrolling, zwei Uhren, Empfangspuffer (editierbar), programmierbare Funktionstasten, zwei verschiedene Zeichensätze umschaltbar - weitere ladbar etc.

Für Besitzer eines Dataphon s21-23d wird Datenübertragung mit Protokoll bei 1200 Baud (halbduplex) möglich. Deluxe-Term schaltet die Koppler automatisch immer im passenden Moment um.

Die Funktionstasten sind in doppeltem Sinn programmierbar. Es lassen sich nicht nur Texte speichern, die dann abgesendet werden, wenn die Taste gedrückt wird. Ein „%“-Zeichen im Funktionstastenstring leitet einen Befehl ein. Befehle sind: Warten bis eine bestimmte Zeichenfolge empfangen wurde, Pause für xxx Sekunden und Auslösen einer anderen Funktionstaste. Insgesamt stehen 20 Funktionstasten zur Verfügung.

Bild 4: Terminaleinsteilung in Deluxe-Term

Beispiel: Wenn die Tasten „F1“ und „F2“ folgendermaßen belegt sind

„F1“ = %w/login please%f2
„F2“ = %p005jackintosh

bewirkt das folgendes: Deluxe-Term wartet bis „login please“ empfangen wurde, macht anschließend 0,5 Sekunden Pause und sendet dann das Passwort „jackintosh“ aus. Das läßt sich natürlich noch beliebig über insgesamt 20 F-Tasten fortsetzen und damit sollte vollautomatisches Einloggen in jeden Host-Computer möglich sein.

Bild 5: Der Notizblock - Speicher- und ladbar

Als einzigen „Nachteil“ von Deluxe-Term könnte man den Kopierschutz erwähnen. Hoffentlich ist er gut genug, eine längere Zeit nicht geknackt zu werden. Es wäre ausgesprochen schade, sollten die Entwickler von Deluxe-Term mangels (wirtschaftlichen) Erfolges die Lust verlieren, das Programm weiterzuentwickeln. Geplant sind die Einbindung einiger Terminalemulationen (unter anderem BTX!!!) und das das „Kermit“-Protokoll.

Wenn man bedenkt, daß Deluxe-Term ca. 20 Mark weniger kostet als ST-Term, sollte die Entscheidung keinem potentiellen Käufer schwerfallen.

Bild 6: Parametereinstellung in Deluxe-Term

Peter Gebhart
Aus: ST-Computer 02 / 1987, Seite 108

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