Musikmesse Frankfurt: Neue Soft- und Hardware für den ST


Die Aussteller- und Besucherzahl war so hoch wie nie zuvor, doch wirklich sensationelle Vorstellungen blieben weitgehend aus. Für uns war es dennoch spannend, denn es gab jede Menge neuer Programme für den ST. Wie sieht es zur Zeit auf dem Software-Markt für Musiker aus? Dies- und jenseits des Atlantiks gibt es zwei verschiedene Märkte. In Amerika ist nach wie vor Apples Macintosh konkurrenzlos, in fast jedem Studio steht ein Mac und es gibt eine Menge Software, fast ausschließlich aus amerikanischer Produktion. Stark ansteigende Tendenz zeigen IBM-kompatible Rechner, für die es inzwischen ebenfalls Software gibt, sowie in jüngster Zeit der Atari ST, der auch den Amerikanern durch seine eingebaute Midi-Schnittstelle sehr geeignet erscheint. IBM-und MacIntosh-Software aus Amerika ist in Europa nicht einfach zu bekommen und sehr teuer. Bei der ST-Software ist das anders, weil sie zum größten Teil ohnehin aus Europa kommt. Für den Amiga war auf der diesjährigen Musikmesse kein einziges Programm zu sehen. Allerdings waren die amerikanische Software-Hersteller kaum vertreten, so auch nicht Digi-design oder andere Hersteller von Mac-Software.

Auf dem europäischen Markt spielt der Macintosh wegen Apples Preispolitik praktisch keine Rolle. So ist es nicht verwunderlich, daß die deutschen Musik-Softwarehäuser sich in erster Linie auf den ST konzentriert haben. In Deutschland hat der Atari schon jetzt die Nachfolge des C-64 als führender ’Musikrechner’ eingenommen. In diesem Licht muß man die nun folgenden Produktvorstellungen sehen.

Von der Hamburger Firma Steinberg Research stammt das an dieser Stelle bereits ausführlich besprochene Sequencerprogramm Twenty-four. Dazu war der Update auf die Version 2.0 zu sehen, der bereits ausgeliefert wird und einige neue Features besitzt:


Bild 2: Bildschirmfoto von Steinbergs Masterscore

Ab April wird es für den Twenty-four ein Notendruckprogramm namens Masterscore geben. Es übernimmt Song-Files vom Twenty-four und druckt sie in sehr guter Qualität aus. Auf der Messe konnten Probeausdrucke mit dem Drucker Star SG-10 gemacht werden, deren Qualität erstaunlich war. Es können auch Texteingaben vorgenommen sowie einzelne Noten gelöscht oder eingefügt werden. Selbstverständlich können Schlüssel und Vorzeichen für jede Stimme eingegeben werden und Blöcke von Noten kopiert, vertauscht oder transponiert werden. Darüberhinaus bietet das Programm noch einfache Features für das Seitenlayout. Weitergehende Editiermöglichkeiten sind (noch) nicht vorgesehen, später sollen sie auch die vollständige Eingabe von Stücken im Masterscore ermöglichen. Mit Hilfe des im Twenty-four eingebauten Noteneditors kann das Stück jedoch quasi voreditiert oder eingegeben werden. Die Qualität des Ausdrucks ist wirklich gut, Druckertreiber für Laserdrucker sind in Vorbereitung.


Bild 3: Ausdruckprobe von Masterscore mit einem Star SG-10 Drucker

Für diverse Soundsampler gibt es Editoren, bereits lieferbar für den Ensoniq Mirage und Akai S-900, in Vorbereitung für Sequential Prophet 2000 und Emu-Systems Emax. Die Programme enthalten, soweit man das nach der kurzen Messe-Betrachtung sagen kann, alles, was man für die Bearbeitung von Samples braucht. Die Mirage-Version bietet darüberhinaus FM- und AM-Wellenformgenerierung. Die Programme könnten eine echte Konkurrenz für den Soundesigner von Digidesign sein, dessn ST-Version leider auf der Messe nicht präsentiert werden konnte und vermutlich noch auf sich warten läßt.

Die Hardware-Erweiterung Soft-Machine macht aus dem ST einen Drumcomputer, mit dem man selbst Klänge digitalisieren und (bis zu sechs gleichzeitig) wiedergeben kann. Im Speicher haben 32 Samples Platz, mit insgesamt 12 Sekunden Länge bei einem 1-Megabyte-Rechner. Umfangreiche Editier- und Komponiersoftware für Schlagzeugparts und -sounds wird mitgeliefert.

Schließlich gibt es bei Steinberg noch Anschluß an den Musik Mail Service, eine Mailbox für Musiker mit internationalen Verbindungen: Wirklich interessant, aber leider nicht billig.


Bild 4: Der „Softworks“-Editor für den Akai S-900 Soundsampler

Vertrieb: TSI GmbH Neustr. 12 5481 Waldorf

Music Mail Service: Steinberg GmbH Billwerder Neuer Deich 228 2000 Hamburg 28

Ebenfalls aus Hamburg kommt die Firma C-LAB, wie Steinberg bereits bekannt wegen ihrer hervorragenden C-64-Software. Von C-Lab kommt ein völlig neuer Sequencer mit dem Namen Creator. Die Features dieses Se-quencers scheinen wirklich umwerfend, und ich möchte mir die Aufzählung für einen späteren Test aufsparen. Nur en paar Daten:

Außerdem bietet das Programm natürlich alle anderen Features, die zu einem leistungsfähigen Sequencer gehören, wie z. B. Quantisierung, Spurdelays, Midi-Filter. Unbedingt antesten!


Bild 5: Der „Creator“ von C-lab

Ein weiteres C-Lab-Programm ist der X-alyser. Dieses Programm ist ein DX-7 Editor mit einigen ganz besonderen Bonbons. Über das Editieren hinaus kann das Programm eine beliebige Anzahl von Sounds wie eine Datenbank sortieren und ordnen. Eine Funktion zur Suche ähnlicher Sounds existiert ebenfalls (!). Für Besitzer von Samplern dürfte allerdings ein anderes Feature noch wichtiger sein, nämlich die Möglichkeit, DX-7-Sounds direkt in Wellenformen umzurechnen und zum Samplingkeyboard zu übertragen. Auf diese Weise steht die riesige DX-7-Soundbibliothek (inclusive der Möglichkeit, eigene Sounds zu kreieren) auch den Nichtbesitzern eines DX-7 zur Verfügung. 1000 Sounds werden mitgeliefert.

Vertrieb: C-LAB Postfach 710446 2000 Hamburg 71


Bild 6: Der X-Alyser

Die amerikanische Firma Hybrid Arts war auf der Messe mit einigen schon lange angekündigten Produkten zu sehen.

Eines der interessantesten Produkte für den ST ist das ADAP-Soundrack, von uns in einer früheren Ausgabe bereits als Sensation angekündigt. Dabei handelt es sich um einen echten 16-Bit-Stereo-Sampler, der mit seinen technischen Daten CD-Qualität erreicht. Nachdem ich das Gerät nun erstmals sehen konnte, scheint mir die Euphorie der früheren Ankündigung sehr berechtigt. Besonders wichtig für Besitzer anderer Sampler: Das ADAP liest Disketten aller momentan auf dem Markt befindlichen Sampler mit 3,5 Zoll-Laufwerken, womit dem Gerät eine fast unendliche Fülle von Klängen zur Verfügung steht. Darüberhinaus versteht das ADAP auch noch das Digi-design-Fileformat, was den Austausch von Klängen mit Luxus-Samplern wie dem Kurzweil problemlos möglich macht. Sämtliche Editiermöglichkeiten für Samples sind vorhanden. In der Prototyp-Version fehlte lediglich ein Auto-Loop, der aber in der Verkaufsversion auf alle Fälle eingebaut sein wird. Die Samplingzeit ist nur durch die Speichergröße des Rechners und des angeschlossenen Massenspeichers begrenzt. Der Listenpreis beträgt 4.495,— DM (!). Aus Platzgründen möchte ich auch bei diesem Produkt alles weitere auf einen späteren Test verschieben. Vor Juni wird das Gerät wohl auch nicht lieferbar sein; für Verschiebungen ist Hybrid Arts ja wohlbekannt.


Bild 7: Hybrid Arts Produkte für den Atari. Rechts das Adap-Soundrack, links der Smpte-Track Sequencer

Von Hybrid Arts wurden außerdem zwei Sequencer vorgestellt. Beide sind ab sofort lieferbar. EZ-Track wendet sich vor allem an Hobby-Musiker, was sich in dem günstigen Preis von ca. 150 DM bemerkbar macht. Er bietet 20 Spuren und die wichtigsten Features, die ein Sequencer braucht. (Siehe Test in diesem Heft).

Für professionelle Musiker ist dagegen der Smpte-Track Professional gedacht. Er kostet inclusive SMPTE-Synchronisierungshardware nur 1.295,— DM. Für diesen Preis bekommt man einzeln keinen SMPTE-Synchronizer. Dieser Sequencer hat 60 Spuren und vielseitige Editierungsmöglichkeiten. Stücke können wie bei einer Drummaschine aus Einzelteilen zusammengesetzt werden. Wir werden über diesen Sequencer berichten, sobald er uns vorliegt. Er scheint jedenfalls interessant zu sein, durch das SMPTE-Interface gerade auch für Filmmusikkomponisten. Mitgeliefert wird ein universelles Dump-Accessory namens GenPatch ST, das Module für fast alle verbreiteten Synthesizer enthält (insgesamt 47). Es ist auch möglich, eigene Anpassungen für ungebräuchlichere Geräte zu schreiben. Dieses Programm, das auch einzeln erhältlich ist, erlaubt unter anderem das automatische Laden aller angeschlossenen Synthesizer. Ein wirklich lang erwartetes und mit 340 DM relativ billiges Utility.


Bild 8: Der „Transform“-Editor für den FB-01

Vertrieb: Hybrid Arts Deutschland GmbH Lindenscheidstraße 1 6230 Frankfurt/Main 80

Zurück in den deutschen Norden: Aus Kiel kommt das Transform-Musiksystem vom Beam Team. Dieses geschlossene System besteht aus Sequencer, Notendruckprogramm und Editoren für verschiedene Synthesizer. Alle diese Teile können von einer Menüleiste aus aufgerufen werden. Leider waren auf der Messe Sequencer- und Notendruckmodul noch nicht zu sehen, aber die Editormodule haben mir sehr gut gefallen. Das Konzept, alle unterschiedlichen Aufgaben in ein einziges Programm (bzw. eine Shell) zu packen, ist wirklich gut: Es erspart das ständige Verlassenund Neu-Laden häufig benötigter Programme. Die Bedienung ist einfach und übersichtlich. Wenn Sequencer und Notendruck genauso überzeugend gelingen, wird das Transform-System sehr interessant werden.

Vertrieb: Beam Team Sophienblatt 42a 2300 Kiel 1

G. C. Geerdes aus Berlin liefert diverse Editoren für den ST. Besonders gelungen scheint mir der PSE 900 ST-Editor für den Akai S-900 Sampler. Die Features dieses Editor sind wirklich toll. Besonders verblüfft die Arbeitsgeschwindigkeit des Programms: Es ist ungefähr doppelt so schnell wie jedes andere mir bekannte Editierprogramm für Sampler. Samples können über Midi oder direkt von Diskette gelesen werden oder über harmonische Synthese auch selbst erzeugt werden. Sämtliche Parameter des S-900 können editiert werden. Die Bedienung des Programmes, das auch für andere Sampler erscheinen soll, ist einfach und übersichtlich. Wer einen Editor für den S-900 sucht, sollte es unbedingt anschauen!

Außerdem wird von GCG noch ein Bankloader für DX-7-Synthesizer an-geboten, der besonders für die komfortable Bedienung des TX-816-Racks oder anderer großer DX-7 Setups geeignet ist. Daneben gibt es einen komfortablen Editor für den Korg DW-8000-Synthesizer.

Vertrieb: G. C. Geerdes Guerickestr. 43 1000 Berlin 10

Das bisher teuerste ST-Produkt überhaupt bietet die Münchner Firma Amadeus an. Es handelt sich dabei um ein professionelles, für das Verlagswesen geeignetes Notensatzsystem unter UNIX, das schon seit einiger Zeit auf Basis einer PDP-11 existiert. Zwei Versionen sollen erscheinen: Eine mit dem vollen Leistungsumfang der PDP-11 Version und eine etwas abgespeckte und damit billigere. Die Preise liegen zwischen 25.000 und 37.000 DM inklusive Rechner. Das System kann direkt an Fotosatzgeräte angeschlossen werden.

Vertrieb: Music Software Kurt Maas Rohrauer Str. 50 8000 München 71

Schließlich wäre noch das C-Mix Fader Automation System von JMS zu nennen. Dieses Mischpult-Automatisierungssystem kann nachträglich in jedes Mischpult eingebaut werden. Maximal können 64 Kanäle bearbeitet werden. Die Software erlaubt Aufnahme, Wiedergabe und Editierung von Mischvorgängen.

Vertrieb: JMS Martener Hellweg 40 4600 Dortmund



Aus: ST-Computer 04 / 1987, Seite 72

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