ST-Tuning: Speichererweiterungen für den ST

Während Atari die neuen Mega-Modelle mit 2 und 4 Megabyte Speicherkapazität ausliefert, bieten gleich mehrere Hersteller solche Speichererweiterungen für die „alten“ STs an. Wir testeten vier unterschiedliche Lösungen, die den ST in einen Speicherriesen verwandeln. Wozu soviel Speicher?


Viele Anwender mögen sich fragen, wozu ein RAM-Speicher mit 1, 2 oder sogar 4 MByte Kapazität überhaupt notwendig sei. Doch die Zeiten, in denen ein Rechner mit 48 oder 64 Kilobyte seinen Benutzer in größtes Erstaunen versetzte, sind längst vorbei. Gerade beim Atari ST mit seiner grafischen Benutzeroberfläche (GEM) und der Möglichkeit, Accessories (Hilfsprogramme) ständig im Speicher parat zu haben, muß man umdenken - zumindest, was die Programmlänge und den damit verbundenen Speicherplatzbedarf angeht. Bestimmte Anwendungen machen einen Speicher von mindestens 1 MByte sogar unbedingt erforderlich: Zum Beispiel computerunterstütztes Zeichnen (CAD), Desktop Publishing (bildschirmorientiertes Satzsystem), bewegte Grafiken (Animation), digitale Ton- und Bildverarbeitung (Sound Sampling, Bilddigitalisierung) und anderes mehr. Natürlich werden auch diejenigen Programmierer, die ein komplettes Programmiersystem mit Compiler, Linker usw. auf einer großen RAM-Disk betreiben, einen entsprechend großen Speicher zu schätzen wissen. Schließlich lassen sich hochauflösende Grafiken auf dem ATARI-Laserdrucker nur mit mindestens einem 2 MByte-ST ausdrucken, da der Drucker nicht über einen eigenen Speicher verfügt. Wie Sie sehen, gibt es also zahlreiche Anwendungen, die ein bequemes und sinnvolles Arbeiten erst bei einem Arbeitsspeicher ermöglichen, der größer als 1 MByte ist.

Welche Lösung bietet sich an?

Eine Erweiterung des Speichers auf 2 oder sogar 4 MByte im Selbstbau, ähnlich unserer Bauanleitung in Heft 1/86, in dem wir die Aufrüstung von 512 KByte auf 1 MByte ausführlich beschrieben hatten, erscheint uns hier nur für den sehr versierten Elektronik-Bastler geeignet. Zudem sind die Preise der Megabit-RAMs für den „Normalverbraucher“ bei kleinen Stückzahlen zur Zeit noch sehr hoch, so daß sich ein Selbsteinbau schon aus dieser Sicht kaum lohnt - ganz zu schweigen vom Risiko einer eventuellen Rechnerreparatur nach einem gescheiterten Umbauversuch. Beschränken wir uns also auf die käuflichen Speichererweiterungen.

Grundsätzliches zur Speicherverwaltung im Atari ST

Die Atari-Modelle 520 ST, 260 ST sowie der 520 STM verfügen standardmäßig über 512 KByte Speicherkapazität. Die Modelle 520 ST + und der 1040 STF besitzen jeweils einen RAM-Speicher von 1 MByte. Heute werden nur noch der 520 STM, der 1040 STF sowie natürlich die neuen Mega-Mo-delle ST2 und ST4 produziert. Dieser Systemspeicher von 512 KByte bzw. 1 MByte wird von einem der vier Atari-eigenen Custom-Chips, der sogenannten MMU (Memory Management Unit oder Speicherverwaltungseinheit) verwaltet. Die angeschlossenen RAM-Bausteine (Random Access Memory, Speicher mit beliebigem Zugriff) sind dabei in zwei Bänke mit je 16 RAM-Chips organisiert. Es ist möglich, beide Bänke mit unterschiedlichen RAM-Bausteinen zu bestücken, doch muß jede Bank für sich mit Chips derselben Art ausgestattet sein. Folglich ist es nicht möglich, eine Bank mit z. B. acht 256 KBit-Chips und weiteren acht 1024 KBit (1 MBit)-Bausteinen zu bestücken. Welche Bausteine in einer RAM-Bank verwendet werden, erkennt der Rechner beim Kaltstart (Systemstart) automatisch und programmiert ein Register der MMU ($FF8001) entsprechend. Die MMU kann bei voller Bestückung mit den neuen Mega-Chips maximal 4 MByte RAM-Speicher verwalten.

Beim guten „alten“ 520 ST wurde eine RAM-Bank mit den 256 KBit-Chips bestückt, so daß dieser Rechner einen nutzbaren Speicherraum von 512 K-Byte erhielt. Diese Kapazität erwies sich bald als nicht ausreichend, so daß bei den Nachfolgemodellen, dem 520 ST+ und dem 1040 STF, auch die zweite RAM-Bank mit sechzehn 256 KBit-Chips bestückt wurde. Dadurch verdoppelte sich der Speicherraum auf 1 MByte. Eine weitere Vergrößerung des Speichers mit 256 KBit-Chips ist, bedingt durch die MMU, die nur zwei RAM-Bänke verwalten kann, nicht vorgesehen.

Lange Wartezeiten

Wie erwähnt, prüft der Rechner -besser gesagt, das TOS - beim Systemstart, wieviel RAM-Speicher vorhanden ist. Dabei wird jede Speicherzelle der RAMs geprüft, was natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Man muß sich also bei einem 4 MByte-Rechner auf eine deutlich längere Bootphase als bei einem normalen 260 ST mit 512 KByte Speicher einstellen. Doch nicht nur das Booten (Einschaltphase) dauert länger, sondern auch das Laden von Programmen — wobei natürlich nicht die Übertragungsgeschwindigkeit zwischen Floppy und Rechner gemeint ist. Vielmehr wird der gesamte Speicher vom Ende des eingeladenen Programms bis zur Speichergrenze mit einem Bytemuster gefüllt. Warum das TOS jedesmal den freien Speicher füllt, ist leider nirgends zu erfahren. Aber diese Tatsache hat nichts mit den getesteten Speichererweiterungen zu tun, sondern ist eine „normale“ Eigenschaft des Betriebssystems. Zum Glück ist diese störende Eigenart im TOS der neuen Mega-STs verschwunden.

1.) 2 und 4 MByte-Erweiterung von Rhothron


Bild 2: 4 MByte Erweiterung von Rhothron für den 260 ST

Die Firma Rhothron bietet eine 2/4 MByte-Erweiterung für alle ST-Model-le außer den 520 STM an. Dabei unterscheiden sich das Platinenlayout der Erweiterung für den 1040 STF (siehe Bild 1) und das für die Modelle 520 ST, 260 ST und 520 ST+ (siehe Bild 2). Die zuletzt genannte Version könnte aus elektronischer Sicht auch am 520 STM betrieben werden, es gibt jedoch Platzprobleme, da der HF-Modulator des 520 STM einen Teil des von der Speicherweiterung benötigten Platzes belegt. Abhilfe könnte der Einbau des Rechners in ein anderes Gehäuse oder die Auslagerung der Speichererweiterung schaffen. Die Platine dieser Erweiterung ist für die 2 bzw. 4 MByte-Version identisch, sie unterscheidet sich nur durch die Zahl der RAM-Bausteine. Die 2 MByte-Version ist mit sechzehn, die 4 MByte-Erweiterung mit 32 CMOS-RAMs bestückt. Verwendung finden die modernen Megabit-Chips. Da die zweite RAM-Bank der 2 MByte-Erweiterung voll mit Sockeln bestückt ist, können die fehlenden sechzehn Chips jederzeit nachgerüstet werden, so daß der Rechner nachträglich auf volle 4 MByte erweitert werden kann. Durch den Einsatz der Mega-Chips wird die Speichererweiterung vollständig vom Betriebssystem unterstützt, d. h. für den Betrieb ist keine Bootsoftware notwendig. Ein weiterer Vorteil ist, daß auch die 4 MByte-Erweiterung in jedes normale Atari-Gehäuse paßt (mit Ausnahme des 520 STM).

1 MByte + 2 MByte = 2,5 MByte!

Die 2 bzw. 4 MByte-Erweiterung stellt keinen komplett zusätzlichen Speicherplatz dar, sondern ist vielmehr ein Ersatz der im Rechner bereits vorhandenen Speicher-Chips. Das bedeutet, daß ein Atari ST, der bisher mit 2x512 KByte (l MByte) bestückt war, nach der Aufrüstung mit der 2 MByte-Erweiterung nicht 3 MByte, sondern „nur“ 2,5 MByte freien Speicher besitzt. Eine der vorhandenen RAM-Bänke muß also der Erweiterung weichen. Sinngemäß gilt das gleiche für die 4 MByte-Erweiterung, hier ergibt sich bei allen Modellen ein frei verfügbarer Speicher von 4 MByte. Die bereits im Rechner befindlichen RAMs müssen alle deaktiviert werden.


Bild 1: 4 MByte Erweiterung von Rhothron für den 1040 STF

Der Einbau

Laut Aussagen des Herstellers ist die Erweiterung im Sinne einer hundertprozentigen Funktionssicherheit nicht steckbar, sondern es müssen 17 Leitungen sowie die Spannungsversorgungskabel auf der Rechnerplatine angelötet werden. Außerdem müssen einige Leiterbahnen der Rechnerplatine durchgetrennt werden. Ein mitgelieferter Zwischensockel, der zwischen den Videoshifter und dessen Sockel gesteckt wird, stellt über ein Flachbandkabel die restlichen Signale zur Verfügung. Die mitgelieferte bebilderte Anleitung umfaßt 15 Seiten (DIN A5). In ihr wird der Einbau der 2/4 MByte-Speichererweiterung für alle ST-Modelle knapp, aber gut verständlich beschrieben, so daß der geübte Bastler die Erweiterung auch selbst einbauen kann, obwohl im Preis der Einbau durch die Firma Rhothron enthalten ist. Dazu muß man seinen Rechner an die Firma schicken, man bekommt ihn dann aufgerüstet und mit sechs Monaten Garantie auf die Speicherchips zurück. Im Lieferumfang ist eine Diskette mit diversen Programmen enthalten. Neben einer RESET-festen RAM-Disk wird ein Programm mitgeliefert, das den frei verfügbaren Speicherbereich ausgibt und ihn fortlaufend durch Schreib- und Lese-Operationen überprüft. Die 2 MByte-Aufrüstung kostet einschließlich Einbau 898,- DM, die 4 MByte-Aufrüstung 1598,— DM.

2.) Das Megaboard von ECKL electronic

Die Firma ECKL electronic bietet ebenfalls eine 2 bzw. 4 MByte-Speichererweiterung für alle ST-Modelle an. Auf einer schmalen Platine (siehe Bild 3) finden 16 1-Megabit-Chips Platz, so daß sich eine Kapazität von 2 MByte ergibt. Bei der 4 MByte-Version werden einfach, und dies kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, weitere 16 RAMs „huckepack“ auf die vorhanden Mega-Chips aufgelötet. Dadurch ergibt sich eine sehr kompakte Lösung, die in alle ST-Rechner eingebaut werden kann. Beim Einbau wird eine Bank der bereits im Rechner befindlichen RAMs entfernt und stattdessen die Platine mit den Megabit-Chips eingelötet. Bedingt durch einen anderen Abstand der RAM-Bausteine im 1040 STF zu den restlichen ST Modellen wird für diesen Rechner eine andere Platine benötigt, die aber im Prinzip mit der auf Bild 3 abgebildeten Platine für den 260 ST (520 ST, 520 ST+ und 520 STM) identisch ist. Ferner werden für den 1040 STF bei einer Aufrüstung auf 4 MByte 2 Platinen 2 MByte benötigt, da bei diesem Rechner die zwei RAM-Bänke nebeneinander liegen. Aufgrund dieser Tatsache ergeben sich auch unterschiedliche Speicherkapazitäten nach dem Einbau der 2 MByte-Erweiterung beim 1040 STF im Gegensatz mm 520 ST+, bei dem ja die zweite RAM-Bank huckepack, also über die erste gelötet ist. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht:

verfügbarer Speicher nach Einbau der
Rechner
1040 STF
520 ST+ 260 ST 520 STM

Das Megaboard ist abschaltbar


Bild 3: Das Megaboard mit 4 MByte RAMs

Das Megaboard wird nur von diversen Atari-Fachhändlern bzw. direkt vom Hersteller eingebaut, da mindestens 16 der im Rechner befindlichen RAMs ausgelötet werden müssen. Zwar muß man ein paar Tage auf sein Gerät verzichten, erhält dafür aber einen funktionstüchtigen Rechner mit sechs Monaten Garantie auf den neuen Speicher. Zum Einbau gehört ein kleiner Schalter, der in die Gehäuserückseite des Rechners eingebaut wird. Mit diesem Schalter, der übrigens nur beim Megaboard vorhanden ist, können Sie dann wahlweise zwischen 512 KByte und 2 MByte bei der 2 MByte-Version, bzw. zwischen einem und 4 MByte bei der 4 MByte-Version umschalten. Damit ist sichergestellt, daß auch bereits vorhandene Software weiterhin eingesetzt werden kann. Das Umschalten kann aber nur in ausgeschaltetem Zustand erfolgen, da der Rechner sonst abstürzt. Auch das Megaboard benötigt kein externes Netzteil und wird vom System automatisch erkannt, so daß keine Software zum Betrieb notwendig ist. Das Megaboard kostet inklusive Einbau in der 2 MByte-Version 998,— DM, die 4 MByte-Version für den 260 ST, 520 ST bzw. 520 STM kostet 1848,— DM und die gleiche Version für den 1040 STF 1995,- DM.

3.) Steckbare 2 MByte-Erweiterung von Weide-Elektronik

2 MByte im Selbstbau

Weide-Elektronik bietet nach altbewährtem Rezept eine 2 MByte-Speichererweiterung an, die Sie ohne Löten in den Rechner einstecken können. Uns stand die 2 MByte-Erweiterung für den 260 ST (520 ST und 520 ST+) zur Verfügung (Bild 4), die bestückt mit 16 1-MBit-Chips auf die Rechnerplatine aufgeklebt wird, an die Stelle, an der damals der HF-Modulator geplant war. Für die Rechnermodelle 1040 STF und den 520 STM existiert nach Angaben der Firma eine weitere Platine, die ebenfalls durch bloßes Einstecken installiert werden kann. Die benötigten Signale werden durch einen Zwischensockel vom Videoshifter und durch eine kleine Adapterplatine, die auf die MMU gesteckt wird, abgenommen. Zur Spannungsversorgung dienen zwei Krokodilklemmen, mit denen Masse und +5 Volt an der Rechnerplatine abgegriffen werden. Die 15seitige bebilderte Einbauanleitung (DIN A5) beschreibt den relativ einfachen Einbau für alle ST-Rechner recht gut.

Erreichte Speicherkapazität

Zum Betrieb der Erweiterung muß eine der beiden RAM-Bänke deaktiviert werden (ähnlich wie bei dem System von Rhothron), so daß Ihnen nach dem Einbau der Erweiterung immer 2,5 MByte freier Speicher zur Verfügung steht — egal, ob Ihr Rechner zuvor 512 KByte oder 1 MByte RAM-Speicher hatte. Auch diese Erweiterung benötigt zum Betrieb keine zusätzliche Software, da die MMU beim Kaltstart die Erweiterung erkennt.


Bild 4: Steckbar 2 MByte Erweiterung von Weide-Elektronik

4 MByte in Vorbereitung

Nach Angaben von Weide-Elektronik ist eine 4 MByte-Erweiterung für den Herbst geplant. Auch diese Erweiterung wird dann allein durch ein Stecksystem installiert werden. Wahrscheinlich wird diese neue Platine die bisherige 2 MByte-Erweiterung ablösen und dann je nach Bestückung als 2 bzw. 4 MByte-Erweiterung Verwendung finden.

4.) 1 und 2 MByte-Erweiterung mit 256-KBit-Chips

Bei den bisher genannten Systemen erfolgte die Erweiterung des ST-Hauptspeichers mit den Megabit-Chips. Die nun beschriebene Speichererweiterung von G. Dantrimont Systementwicklung benutzt die 256 KBit-Chips, wie sie auch in den bisherigen Atari-Rechnern benutzt werden. Dadurch bedingt sind auf der Erweiterungsplatine nicht nur die RAM-Bausteine vorhanden, sondern zusätzlich eine Steuerelektronik, die der MMU gewissermaßen die Megabit-Chips simuliert. Durch diesen „Kunstgriff“ ergibt sich nicht nur ein günstiger Preis, sondern es können auch alle im Rechner vorhandenen RAMs weiterbenutzt werden. Um dies zu verdeutlichen, sind in der untenstehenden Tabelle die Speicherkapazitäten zu den drei lieferbaren Erweiterungen mit Preisen angegeben.

Da ein Speicherausbau über ein MByte eigentlich nur mit Megabit-Chips gedacht war (siehe oben), kennt das GEM auch nur bestimmte Speicher-Ausbaustufen, welche auch bei der Verwendung von Megabit-Chips erreicht werden könnten. Der Rechner erkennt daher beim Systemstart nur die folgenden Ausbaustufen: 0,5 MByte; 1 MByte; 2 MByte; 2,5 MByte und 4 MByte. Die in der Tabelle aufgeführten Zwischenstufen (mit einem Stern gekennzeichnet) müssen dem Rechner erst durch das mitgelieferte RAMTOP. PRG-Programm mitgeteilt werden. Befindet sich dieses Programm in einem AUTO-Ordner, so wird beim Booten dem Rechner der tatsächliche Speicherraum mitgeteilt.

Grundspeicher verfügbar 1 MB Karte verfügbar 1,5 MB Karte verfügbar 2 MB Karte
1 MByte 1040 STF 520 ST+ 2 MByte 2,5 MByte 3 MByte*
512 KByte 260 ST 520 ST 520 STM 1,5 MByte* 2 MByte 2,5 MByte
Preis: unter DM 600,- unter DM 800,- unter DM 1000,-


Aus: ST-Computer 09 / 1987, Seite 50

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