Buchbesprechungen

Das ATARI ST-Profibuch

Schon vor einigen Monaten hielt ich zwei Bücher mit den Titeln ARBEITEN mit GEM ( Band 1, die AES-Bibliothek und Band 2, die VDI-Bibliothek ) in der Hand, um sie zu beurteilen. Damals befand ich diese beiden Bücher für durchaus brauchbar und arbeite auch heute noch damit. Allerdings behandeln sie ausschließlich den grafischen Teil des ATARI ST, das GEM. Die Betriebssystemteile GEMDOS, XBIOS, BIOS bleiben genauso unerwähnt wie die Hardware unseres liebgewonnenen Rechners. Oft wird die Frage gestellt, welches Buch man sich kaufen soll, um mit dem ATARI ST arbeiten zu können: Es fällt auf, daß es praktisch kein Buch auf dem Markt gibt, das alle Bereiche des ST bearbeitet, so daß man gleich mehrere Bücher empfehlen muß - ein teures und mühsames Unterfangen, die richtigen Bücher zu kaufen.

Jetzt hat die Firma SYBEX unter der Vielzahl ihrer Neuerscheinungen ein Buch mit dem Namen “ATARI ST-Profibuch” auf den Markt gebracht, das kurz betrachtet werden soll. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, daß die Autoren sich viel vorgenommen haben: Die Software wie das BIOS, XBIOS, GEMDOS, VDI und AES und die Hardware wie die CPU, das Grafiksystem, den Soundgenerator, den MFP, die Schnittstellen ( parallel, seriell, Floppy, DMA ) und vieles mehr - eine Menge an Information, die schwer in einem Buch unterzubringen ist, selbst wenn dieses über 730 (!) Seiten hat. Das Buch ist, wie in der obigen Aufzählung zu erkennen, in die verschiedenen Teile des ATARI ST untergliedert. Die Software-Schnittstellen, also die Befehle und Funktionen des Betriebssystems, sind in C dargestellt, der meistgebrauchten Programmiersprache in der Softwareentwicklung auf dem ST. Schön wäre es sicherlich gewesen, für jede Routine eine eigene Seite zu nehmen, wahrscheinlich hätte das Buch dann aber die Ausmaße eines Telefonbuchs der Stadt Berlin. Die wenig bekannten Routinen wie zum Beispiel fom_keybd und form_button, wie auch eine Beschreibung des Blitters und seiner Befehle sind auch vorhanden, leider ist die Beschreibung der beiden form-Befehle nicht sehr ausführlich. Auch die Hardwarebeschreibung kann man sicherlich als gelungen und ausführlich - es lebe das Schema und das Bild - bezeichnen, allerdings fehlen mal wieder einige Beispiele, wie man die erklärten Befehle -beispielsweise des Tastaturprozessors oder des FDCs - in der Praxis benutzt - schade.

Ein Lob dem Stichwortverzeichnis

Am Ende des Buches befindet sich ein Anhang von circa 80 Seiten, in dem Tabellen, Strukturen, Ablaufpläne, Pin-belegungen und vieles mehr zu finden sind. Den krönenden Abschluß bildet das Inhaltsverzeichnis. Viele wirklich gute Bücher schneiden bei der praktischen Benutzung äußerst schlecht ab, da man bestimmte Themen erst nach langem Suchen im Buch findet. Da bei guten Textverarbeitungen das Anlegen eines Stichwortverzeichnisses kein Problem mehr ist, stimmt diese Tatsache immer wieder nachdenklich. Hier möchte ich dem vorliegenden Buch ein großes Lob aussprechen ! Das fast 30 (dreißig ) Seiten umfassende Stichwortverzeichnis läßt den Leser in kaum einem Fall im Stich und wertet das Buch gegenüber anderen Büchern stark auf.

Resümee

Die oben genannten negativen Punkte sind in keinster Weise gravierend und sollten nur als Anregung zur nächsten Auflage dienen; auch wenn das Buch nicht optimal ist, sind diese Punkte auf keinen Fall ein Grund, es nicht zu kaufen, denn die Themen sind gut dargestellt. Obwohl dieses Buch den etwas prahlerischen Namen PROFIBUCH hat muß man feststellen, daß ein Arbeiten sehr einfach und informativ ist, allerdings ist es eher ein Nachschlagewerk (“Profibuch") als ein Lernbuch, aber beides in einem ist wohl kaum umzusetzen. Sollte mich jemand fragen, welches Buch ich ihm empfehle, werde ich dieses Buch nennen, denn ein Buch, das so umfassend ist und trotzdem nur 58,- DM kostet, sucht seinesgleichen...

Stefan Höhn

Hans-Dieter Jankowski, Julian F. Reschke, Dietmar Rabich
ATARI ST PROFI BUCH Düsseldorf 1987
SYBEX-Verlag GmbH, 760 Seiten
DM 58,-
ISBN .3-88745-501 -0

OCCAM - Das Handbuch

Nach Ataris Ankündigung, ein Transputersystem auf den Markt zu bringen (s. ST-Computer 1/88) und der Vorstellung von Kumas KMAX (s. ST-Computer 9/87) wird für Atari-Fans auch die Sprache der Transputer interessant: OCCAM. Der Entwickler der Transputer-Chips, INMOS hat inzwischen eine rege Veröffentlichungstätigkeit entwickelt, unter anderem die “Tutorial Introduction” zu OCCAM, die hier als deutschsprachige Übersetzung vorliegt.

Das Buch gibt eine Einführung in die OCCAM-Konzepte, die Prozesse und die sie verbindenden Kanäle. Das erste Kapitel beschreibt etwas allgemeiner die grundsätzlichen Überlegungen zu Parallelität. Synchronisation und Kommunikation. und wie sie in OCCAM wiederzufinden sind. Im zweiten Kapitel geht es dann zur Sache: von den primitiven Prozessen über die zentralen Sprachkonstrukte SEQ. PAR und ALT zu Typendefinitionen, Prozeduren und den Kommunikationsstatements in OCCAM. Hier findet sich das wirklich neue an OCCAM, die Programmiersprachliche Darstellung von Parallelität.

Der dritte Abschnitt beschreibt die arithmetischen Operatoren, Felder, getypte Kanäle und String- und Zeichenbehandlung. Daran schließen sich die fortgeschritteneren Möglichkeiten von OCCAM an, wie replizierte Prozesse, Timer-Typen, die Konfiguration eines Programms auf die reale Hardware und das Retyping, also die Veränderung eines Variablentyps während der Laufzeit. Das Kapitel “Die Praxis” geht auf allgemeine Probleme zu Programmtermination und -entwurf ein.

Abschließend wird die Syntaxdefinition aufgelistet und eine gut kommentierte Literaturliste geboten. Ein Register rundet das Buch ab. Der Text ist leicht lesbar und von vielen Beispielprogrammen (oder besser Prozessen) begleitet, wobei immer wieder auf Unterschiede zu bekannten Programmiersprachen hingewiesen wird. Das Buch ist mit der typisch anglophilen Lockerheit geschrieben, was nicht verwundert, wenn man weiß, daß Dick Pountain freier Mitarbeiter der führenden amerikanischen Computerzeitschrift BYTE ist.

Eigentlich fehlt ein kleines Kapitel über die grundsätzlichen Probleme der parallelen Programmierung. Begriffe wie Deadlock, Starvation oder theoretische Überlegungen zur Kommunikation von Prozessen sind dabei unabdingbar. Allerdings mögen diese Themen für Anfänger harte Brocken sein und füllen selber schon ganze Bücher. Insgesamt ein interessantes Buch über die Grundlagen der Softwareseite der neuen Transputer-Technik, die in den nächsten Jahren auch für den Hobbyisten erschwinglich werden wird.

Robert Tolksdorf

Dick Pountain / Ralph Rudolph
OCCAM - Das Handbuch
Hannover 1987
Heinz Heise Verlag
127 Seiten
DM34,80
ISBN 3-88229-001-3



Aus: ST-Computer 03 / 1988, Seite 32

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