Aida - Die neue Shell-Dimension

Die Firma “MK SOFT EDV” wirbt mit “Gib AIDA eine Chance” für Ihre Shell für den ST. Mag man sich auch über den Werbespruch aufregen; wir haben AIDA eine Chance gegeben - das Programm hat sie auch gut genutzt.

AIDA ist sowohl eine grafische Shell als auch ein Command-Line-Interpreter für den ST. Wen hat die karge Benutzerführung mit den überaus informativen Monologen des ST (“Diese Anwendung kann das angegebene Objekt nicht finden “Drucker streikt ?!?") schließlich noch nicht gestört? AIDA (“Advanced Integrated Desktop Application”) versucht nun geschickt, dieses Manko abzubauen.

Der Start

Nachdem AIDA gestartet ist, präsentiert es sich wie in Bild 1. Die Oberfläche scheint zwar auf den ersten Blick bekannt zu wirken, hat aber einige entscheidende Verbesserungen erhalten. Zum einen können endlich auch Programme auf das Desktop gelegt werden, um sie von dort aus starten zu können. Doch damit nicht genug: Man kann jedem Programm auch ein Tastaturkürzel zuweisen, mit dem es gestartet werden kann - Tempus mit ALT-T zu starten, ist schon eine ungeheure Erleichterung.

Doch nicht nur Programme, sondern auch (fast) alle gewohnten Desktop-Operationen können mit Tastaturkürzeln, diesmal jedoch mit Control, durchgeführt werden.

Sogar Disketten können sich durch einen Tastaturdruck formatieren oder kopieren lassen. Die Wahl der Codes ist dabei allerdings etwas unglücklich geraten, da die Kürzel nicht sehr leicht zu merken sind (Formatieren = CTRL-A, Objekt anmelden = CTRL-L), doch mit ein wenig Übung hat man die Hürde gemeistert.

Ja, wo laufen sie denn?

Beim Blick auf das neue Desktop (Bild 1) fällt auf. daß nirgendwo ein Laufwerkssymbol zu finden ist. Wie läßt man nun aber ein Window mit einem Inhaltsverzeichnis anzeigen? Kein Problem, dazu stehen dem Benutzer drei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder durch einen Druck auf CTRL-O. worauf man dann das Laufwerk auswählen kann. Mag man lieber die Maus, genügt auch ein Doppelklick auf das graue Desktop. Auch hier ist dann das Laufwerk auszuwählen. Wenn Sie lieber Kommandos eingeben, können Sie äquivalent auch "dir c:*.*” eintippen, um somit beispielsweise Laufwerk C: anzeigen zu lassen. Anhand des Kommandos “dir' läßt sich schon erahnen, daß AIDA bei seinen Befehlen an MS-DOS angelehnt ist. So stehen ebenfalls die Befehle cd, copy, dir, erase, label, move, quit, restart, stop, chdir, date. diskcopy, formal, md. path, ram, size, type, cls, del, echo, goto, mkdir, print, rename, status und wait zur Verfügung, mit denen sich schon recht vernünftig arbeiten läßt. Bis zu 10 Befehle, die in der Kommandozeile eingegeben wurden, werden zum nochmaligen Abruf oder zur Verbesserung im Speicher gehalten. Sie können mit den Cursor-Tasten wieder auf den Bildschirm gebracht und ediert werden - eine Freude für Tastenakrobaten.

Popup-Menü inklusive

Für die unverbesserlichen GEM-Liebhaber existiert auch ein Popup-Menü (Bild 2), mit dem ebenfalls wichtige Funktionen wie “Datei anzeigen”, “Datei drucken”, “Info zeigen” etc. ausgeführt werden können. Da das Popup-Menü überein (mitgeliefertes) Accessory gesteuert wird, kann es in (fast) jedem Programm aktiviert werden (Bild 2).

Einige GEM-Operationen haben sich bei AIDA etwas verändert, so daß man viele gewohnte Arbeitsgänge umstellen muß. So wird bei AIDA durch Druck auf das Schließsymbol eines Fensters nicht eine Directory-Ebene höher gewechselt, sondern sofort das gesamte Fenster geschlossen. was ja eigentlich auch logisch ist bei einem Schließsymbol. Eine Directory-Ebene höher gelangt man. indem man auf das Verzeichnis klickt oder CTRL-Up drückt. War man es gewohnt, beim Druck auf das “Full”-SymboI eines Fensters sofort mit einem Riesenfenster übermannt zu werden, freut man sich bei AIDA angenehm: Das Fenster wird hier auf eine sinnvolle Größe gebracht. Der waagerechte Slider, der im normalen Desktop bislang schmerzlich fehlte, ist nun auch endlich vorhanden.

Ein anderes Manko, das bislang in fast jedem ATARI-GEM-Programm nervte, war, daß man zwar eine Selektion in einem Fenster machen konnte, diese jedoch rückgängig gemacht wurde, sobald beispielsweise das Fenster verschoben wurde. Diesem Übel bereitet AIDA den Garaus und bietet dabei sogar noch mehr. Sind schon Dateien selektiert, kann auch dann noch mit dem Gummiband gearbeitet werden: neu selektierte Dateien werden hinzugefügt, doppelt selektierte Dateien werden deselektiert. Danach kann das Fenster natürlich auch verschoben werden, die Selektion bleibt bestehen. Lediglich beim Öffnen eines neuen Fensters werden alle selektierten Dateien wieder deselektiert. Vorteilhaft: durch Doppelklick in den leeren Bereich eines Fensters wird alles selektiert.

Batch-Dateien

Die von MS-DOS und anderen Betriebssystemen her bekannten Batch-Dateien, die einen vollständigen Arbeitsprozeß steuern können, sind auch bei AIDA möglich. Dabei können alle Befehle genutzt werden, die auch im Command Line-Editor eingegeben werden können. Außerdem kann in den Batch-Dateien selbst mit Labels gearbeitet werden, die bedingt oder unbedingt angesprungen werden können. Natürlich können einer Batch-Datei auch Parameter übergeben werden. So ist es dann beispielsweise möglich, eine Textverarbeitung aufzurufen, der gleich der Name der zu bearbeitenden Datei übergeben wird. Man könnte zum Beispiel auch beim Verlassen der Textverarbeitung gleich alle “.DUP” bzw. ".BAK"-Dateien löschen, damit die Festplatte immer übersichtlich bleibt. Bis zu fünf Batch Dateien können ineinander verschachtelt werden.

Mehr!

Wenn Ihnen auch diese Funktionen noch nicht genügen, soll noch eine genannt sein. Ist es Ihnen auf dem Desktop noch nicht passiert, daß Sie sich eine Datei mit 0 Bytes Länge anzeigen lassen wollten? Was passiert, ist bekannt: ST grüßt Manitou. Mit AIDA kann Ihnen das nicht mehr passieren, da alle Dateien, die Sie sich anzeigen lassen, in einem Textfenster angezeigt werden. Der Vorteil liegt auf der Hand: Sie können Weiterarbeiten, während das Textfenster geöffnet ist. Dadurch ist es möglich, ständig auf den Text zurückzugreifen. Ein kleiner Nachteil sollte allerdings erwähnt werden: das Scrolling im Textfenster ist wesentlich zu langsam. Ein weiterer Nachteil: Wenn Sie eine 28()k-Textdatei einladen und den horizontalen Slider dann an das untere Ende des Rollbalkens schieben, dauert es knapp eine Minute, bis der untere Text erscheint. Das ist das einzige grundlegende Manko, das ich Ihnen nennen kann.

Für wen?

Natürlich ließen sich auch alle Möglichkeiten kombinieren. So ist es möglich, eine Batch-Prozedur per Tastendruck aufzurufen. Aus diesen Möglichkeiten, die längst noch nicht alle sind, ist bereits zu ersehen, daß mit AIDA sehr gut zu arbeiten ist. Wenn Sie allerdings kein Freund von vielen Tastendrücken sind und lieber mit der guten, alten Maus arbeiten, sollten Sie sich lieber nach einer anderen Shell umsehen. Die Benutzung von AIDA ist tatsächlich nur sinnvoll, wenn man lieber mit der Tastatur arbeitet, obwohl es auch hier manchmal nerven kann, hin und wieder zur Maus greifen zu müssen. AIDA kostet DM 147,-. Der Preis ist für das Programm angemessen, für sein Geld bekommt man auch Leistung geboten.

MP

Bezugsquelle:

MK SOFT EDV Beratung GmbH Suäetenstraße 59 6H42 Bürstadt



Aus: ST-Computer 01 / 1990, Seite 47

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