ATARI TT - Neues von der „Butterdose“

Natürlich haben wir uns auf der CeBIT auch um den ATARI TT bemüht und konnten einiges Interessantes in Erfahrung bringen. Bereits in der Dezember-Ausgabe der ST Computer konnte man einiges Wissenswertes erfahren, daß hier ergänzt bzw. korrigiert werden soll. TT-Informationen haben leider die Angewohnheit, recht schnell von der Entwicklung überholt zu werden. Aus diesem Grund möchten wir gleich hier bemerken, daß die Informationen von der CeBIT, also Ende März, stammen. Zur Verfügung standen uns vorläufige Entwickler-Unterlagen von ATARI.

Ganz kurz wollen wir noch einmal auf die Hardware des TT eingehen, um denjenigen, die den Dezember-Artikel nicht gelesen haben, den Einstieg zu ermöglichen. Der TT hat einen mit 16 MHz getakteten 68030-Prozessor. Dieser verfügt über einen 32 Bit-Adreß- und einen 32 Bit Datenbus, wodurch eine deutliche Geschwindigkeitsteigerung gegenüber dem ST erreicht wurde. Ferner sind im 68030 zwei verschiedene Cache-Speicher enthalten: ein Befehls- und ein Daten-Cache, die ihren Teil zur Geschwindigkeit beitragen, aber gegebenenfalls auch Probleme mit ST-Programmen machen können, die z.B. mit speziellen Programmiertricks wie selbstmodifizierenden Maschinencode oder direkten DMA-Zugriffen arbeiten. Nach dem Start des TTs ist der Cache aber ausgeschaltet und läßt sich nachträglich über die Menüleiste im Desktop aktivieren.

RAM mal 3

Im Gegensatz zum ATARI ST finden sich im TT verschiedene Arten von RAM, die auch unterschiedliche Behandlung erfordern. Bei der Programmierung muß man dies auf jeden Fall berücksichtigen. „Serienmäßig“ sind derzeit 2 MB RAM im TT enthalten, das ST-kompatibel ist, weshalb hier auch von ST-RAM gesprochen wird. Es kann vom Prozessor, für die Bildschirmdarstellung, ACSI-DMA und DMA-Sound genutzt werden und soll in Zukunft bis auf 4 MB erweiterbar sein. Der TT besitzt übrigens den gleichen PCM-Sound-Generator wie der STE, mit dem sich auch der neu integrierte Lautsprecher des TT softwaremäßig abschalten läßt.

Bei der zweiten Art handelt es sich um das sogenannte TT-RAM, das lediglich von dem Prozessor und für SCSI-DMA genutzt werden kann. Es befindet sich auf einer speziellen Steckkarte, auf der sich ein Speicherkontrollbaustein (Memory Control Unit) und vier SIMM-RAM-Karten befinden. Derzeit sind maximal 4 MB möglich, was sich aber in Zukunft ändern kann, da man, sobald 4MB-SIMMs erhältlich sind, den Speicher noch einmal durch Austausch der SIMMs erweitern kann. Ähnlich wie beim STE dürften sich ganz normale, im Handel erhältliche SIMMs benutzen lassen, was wir aber noch nicht überprüfen konnten. Der Zugriff auf das TT-RAM erfolgt in einem schnellen Nibble-Modus.

Zu guter Letzt ist noch ein zusätzliches RAM über eine VME-Bus-Karte möglich. Da der VME-Bus 16 Bit breit ist, kann nur eine diesselbe Zugriffsgeschwindigkeit wie beim ST-RAM realisiert werden. Nur der Prozessor kann darauf zugreifen, da für SCSI-DMA ein 32 Bit breiter Daten-Bus notwendig wäre.

SCSI und ACSI

Mit dem TT bricht nun auch von Seiten ATARIs das SCSI-Zeitalter an. Bisher war man hier ja auf externe Anbieter angewiesen. Dadurch dürften jetzt entsprechende Festplatten, Streamer usw. ohne allzu große Probleme direkt an den TT anzuschließen sein. Allerdings benötigt man nach wie vor einen speziellen Treiber dafür. Der ATARI-Harddisk-Treiber HDX kann hier bei Festplatten im Wesentlichen weiterhelfen.

Auf der Platine befindet sich eine DIP-Schalterreihe, die vermutlich zum Einstellen der Geräteadresse dient. Im Innern des TT ist für eine 3,5“-Platte Platz, die über ein 50poliges Breitbandkabel angeschlossen wird. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit eine externe SCSI-Platte über einen 25poligen SCSI-Port anzuschließen. Zusätzlich gibt es auch noch den vom ST gewohnten ACSI-Port, mit dem vorhandene ST-Platten genutzt werden können.

Ebenfalls neu ist die serienmäßige Ausstattung des TT mit einem arithmetischen Coprozessor 68881. Beim ST muß man sich einen solchen „Mathe-Proz“ noch selbst nachrüsten.

Man schickt seriell

Hatte der ST noch einen lächerlichen seriellen Port, wartet der TT gleich mit deren vier auf, also drei zusätzliche neben dem ebenfalls vorhandenen ST-Port. Es befinden sich an der Rückseite des TT zwei sogenannte Modem-Ports (also seriell) und zwei serielle Ports in dem Öffnungsdeckel des VME-Ports. Letztere dürften also wegfallen, wenn man VME-Karten mit Buchsen nach Außen benutzt, obwohl sie direkt mit Breitbandkabel von der Platine zu dem VME Deckel angeschlossen sind. Doch zurück zu den vier Ports. Wie bereits oben erwähnt, gibt es zwei Modem Ports, die direkt vom Serial Communications Controler (8530 SCC) kommen und alle notwendigen Signale zur DFÜ mitbringen. Einer dieser Ports teilt seine Hardware mit dem Localtalk-kompatiblen LAN-Netzwerk-Port. Man kann bei einem Port also entweder LAN oder Modem benutzen, aber nicht beides gleichzeitig. Umgeschaltet wird mittels Offgibit(0x7f) für LAN- und Ongibit(=0x80) für seriellen Betrieb. Der andere neue serielle Port kommt vom MFP-Baustein (68901) und ist im Prinzip ST-kompatibel, verfügt aber nur über die Signale Transmit, Receive und Ground und läßt somit wichtige Modem-Signale vermissen. Mit Ausnahme des 68901-Ports werden XON/XOFF und RTS/CTS unterstützt.

Die TT-Tastatur: Auffällig ist die neue Form der Funktionstasten und die seitlichen Mausanschlüsse.

Schau mir in die Augen

Wie bereits im Dezember-Artikel beschrieben verfügt der TT über insgesamt sechs verschiedene Auflösungen, nämlich über die bekannten drei ST- und drei neuen TT-Auflösungen, die sich bis auf eine alle auf dem mitgelieferten VGA-Monitor darstellen lassen. Im Gegensatz zum ST läßt sich der ST-hoch Modus mit zwei Farben darstellen, also auch z.B. grün und blau. Die Auflösungen wollen wir noch einmal im einzelnen aufführen:

ST-niedrig 320x200 16 Farben
ST-mittel 640x200 4 Farben
ST-hoch 640x400 2 Farben
TT-niedrig 320x480 256 Farben
TT-mittel 640x480 16 Farben
TT-hoch 1280x960 monochrom

Die Farbpalette entspricht der des STE: je 4 Bits für Rot, Grün und Blau bei insgesamt 4096 Farben. Der TT verfügt über zwei Farbtabellen (Color Look-up Table, kurz CLUT): eine bei Adresse $FFFFH240 wie im ST und STE und eine neue bei $FFFF8400, die die 256 gleichzeitig darstellbaren Farben im niedrigen TT-Modus ermöglicht.

Um auf jeden Fall zu ST und TT kompatibel zu bleiben, sollte man in eigenen Programmen z.B. keine Getrez-Abfragen mehr vornehmen, sondern sich die Auflösung über das VDI mittels open Workstation holen. Noch ist in der derzeitigen Version des TT-TOS das Line-A voll vorhanden. Trotzdem sollte man es bei der Programmierung meiden, da es nicht sicher ist, ob es auch in Zukunft noch unterstützt wird.

À la TT-TOS: die derzeitige Version ist vom 1.März 90 und trägt die Versionsnummer 3,0. Bis zur endgültigen Auslieferung wird es aber garantiert noch Änderungen geben, die man dann nur mittels des Datums erkennen kann.

Neue XBIOS-Aufrufe

In der Dezember-Ausgabe waren auch einige neue XBIOS-Aufrufe angegeben, die hier zum Teil vervollständigt bzw. korrigiert werden sollen.

XBIOS 42 & 43 DMAread & DMAwrite

long DMAread(sector, count, buffer, devno)
long sector;
word count;
void *buffer;
word devno;

Liest bzw. schreibt einen Sektor in den Speicher. Arbeitet mit ACSI- und SCSI-Geräten. Funktioniert nicht mit TT-RAM. Gerätenummern sind:

0-7 ACSI-Geräte 8-15 SCSI-Geräte

andere Nummern sind für die Zukunft reserviert

Es wird ein BIOS-Fehlercode zurückgegeben.

Schema der „oberen“ Lage des TT-Innenlebens

XBIOS 44 Bconmap

long Bconmap(devno)
word devno;

Mit diesem Aufruf lassen sich die Bconin/out/stat/ostat-Geräte ein- bzw. ausschalten. Die Gerätenummern sind:

0 Drucker
1 aktueller serieller Port
2 Konsole
3 MIDI
4 Tastaturprozessor (IKBD)
5 Konsole ohne Terminalemulation
6 Modem 1 (ST-kompatibel, Default)
7 Modem 2 (SCC-Kanal B)
8 Seriell 1 (MFP nur 3 Leitungen)
9 Seriell 2 (SCC-Kanal A. Handshake)

Bconmap hat verschiedene Aufrufmöglichkeiten und Rückgaben:

-1 gibt aktuelles Gerät zurück
-2 Zeiger auf Gerätestruktur

Bei der Gerätestruktur handelt es sich um eine Tabelle, die für jedes Gerät eine Zeile enthält, die wiederum Zeiger auf die Routinen Bconstat/in/out,ostat, Rsconf und lorec enthält. Man sollte Bconmap auf jeden Fall vor dem Gebrauch dieser Routinen aufrufen.

XBIOS 80 _EsetShift

Setzt das TT-Shift-Modus-Register oder einfacher schaltet die Auflösung um. Das Register hat folgenden Aufbau:

S--H-MMM----BBBB

S       Sample & Hold
H       Hyper Mono
M       Modus
000     ST-niedrig
001     ST-mittel 
010     ST hoch 
100     TT-mittel
110     TT-hoch
111     TT niedrig
B       Bank der CLUT

XBIOS 81 _EgetShift

Gibt aktuellen Wert des Shift Modus-Registers zurück.

XBIOS 82 _EsetBank

Setzt die aktuelle Bank (0-15) der TT-CLUT.

XBIOS 83 _EsetColor

Setzt bestimmte Farbe in der TT-CLUT.

XBIOS 84 _EsetPalette

Wechselt aufeinanderfolgende Farbpaletten.

XBIOS 85 _EgetPalette

Kopiert aufeinanderfolgende Farbpaletten in einen bestimmten Bereich.

XBIOS 86 _EsetGray

Schaltet zwischen Farb- und 256-Graustufendarstellung um (0=Farbe, ungleich 0=Graustufen).

XBIOS 87 _EsetSmear

Setzt den Video-Verwisch Modus (0=normal, ungleich 0=Verwisch-Modus).

Soweit zu den aktuellen Informationen zum ATARI TT. Sobald wir von ATARI eine Maschine bekommen, werden wir Sie auch weiterhin auf dem Lauf enden halten.

HE



Aus: ST-Computer 05 / 1990, Seite 182

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