Die Datenschleuder: ICD FA-ST Streamer

Wer große Festplatten hat oder ständig Sicherheitskopien wichtiger Daten benötigt, braucht ein Medium, auf das schnell und einfach Daten kopiert und gegebenenfalls wieder zurückgewonnen werden können. Diese Prozedur soll nicht lange aufhalten und vor allem sicher sein. ICD verspricht, mit dem FA-ST Streamer diese Ansprüche zu erfüllen.

Ein Streamer ist ein Kassettenlaufwerk, auf das Daten gesichert werden können. Dabei sieht das Medium aus wie eine handelsübliche Audio-Cassette. Der einzige Unterschied ist, daß eine Streamer Kassette eine kleine Einbuchtung auf der Oberseite besitzt, so daß man diese zwar auf einem normalen Kassettenrekorder benutzen kann, eine normale Kassette aber nicht in einem Streamer. Eben diese Streamer-Kassetten benutzt der ICD FAST Streamer, um Daten abzuspeichern.

ICD liefert den Streamer in mehreren Ausführungen: ohne Festplatte oder mit eingebauter SCSI-Festplatte mit den Kapazitäten 40, 80, 105, 120, 170, 210 oder 320 MB. Wir testeten das Gerat ohne Festplatte, da es uns lediglich auf den Streamer ankommt. Auf das Streamer-Band passen jeweils 164 MB unformatiert und 155,7 MB formatiert. Das entspricht etwas mehr als 216 Disketten. Wer nicht gerade eine Datenbank oder gut laufende Mailbox sein eigen nennt, müßte mit dieser Kapazität problemlos auskommen.

Weihnachtsfreuden

Nach dem Auspacken glaubt man, es sei Weihnachten. In der Packung befindet sich nicht etwa eine, sondern gleich drei Disketten, auf denen verschiedene Hilfsprogramme sind, die normalerweise nur der Besitzer einer Festplatte benötigt. Mit IDCHECK läßt sich die ID von Festplatten prüfen, dabei werden sogar die Typenbezeichnungen der Controller ausgegeben. HDUTIL ist ein Festplattenprogramm, mit dem man einen Auto-Boot installieren, die Platte löschen oder schlechte Sektoren markieren kann. RATEHD dient zum Testen der Übertragungsgeschwindigkeit aller angeschlossenen Festplatten. TIMESET wiederum setzt die Uhrzeit, denn alle ICD-Geräte haben eine Echtzeituhr eingebaut (erkennbar an der Batterie auf dem Controller), ICDTIME liest die gesetzte Zeit wieder aus. Auch ein Programm zum Formatieren ist vorhanden: HDFORMAT. MAKEPARK und PARK parken Platten, ersteres allerdings nur SCSI-Platten. Mit CLEANUP schließlich lassen sich Ungereimtheiten wie falsche Dateinamen oder verlorengegangene Cluster korrigieren. Damit ist der Inhalt der großen Packung noch lange nicht ausgeräumt. Nach dem Auspacken des größten Pakets, dem Streamer selbst, stößt man auf weitere Inhaltsstoffe: zwei Anleitungen (eine 20seitige deutsche, eine 60seitige englische), ein Streamer Band von TEAC, ein DMA-Anschlußkabel, ein Stromkabel und etwas ICD-Werbung. Das ist eine sehr erfreuliche und umfangreiche Füllung.

Natürlich muß das Gerät sofort ausprobiert werden. Also wird es direkt angeschlossen. Bezeichnenderweise befindet sich auf der Rückseite ein SCSI-Anschluß, der mich dann doch etwas verwundert. Die Erklärung für diesen Anschluß befindet sich 6254 Bytes tiefer. Nach dem Anschluß wird das Programm “TAPE" gestartet, um mitteilen zu dürfen, daß man vor dem Start den ICD-Festplattentreiber starten solle. Nach einigen Bedenken, ob vielleicht mein Claus Brod-Treiber entfernt werden muß, starte ich einfach den Treiber und - siehe da - es funktioniert. Das Tape-Programm offeriert mir die Möglichkeit, ein Backup einer gesamten Partition, mehrerer Partitionen oder einzelner Dateien zu machen oder auf diese Art und Weise gesicherte Daten wieder zurück auf die Festplatte zu kopieren. Der Prospekt verspricht eine mittlere Übertragungsrate von 6,5 MB/Minute, die ich natürlich sofort überprüfen will. Partition C, die mit 10,2 MB recht gut belegt ist, wird sofort getestet. Zum Schreiben dieser Datenmenge benötigt der Streamer 113,9 Sekunden, das entspricht einer Übertragungsrate von 5,394 MB/Minute, also etwas niedriger, als der Prospekt es mir zu verstehen gibt. Ich möchte nicht lange um den heißen Brei herumreden; sehen Sie am besten in die beiden Tabellen, in denen die Übertragungsraten angegeben sind. Beim Schreiben auf das Streamer Band konnte ich eine durchschnittliche Rate von 4,908 MB/Minute feststellen, beim Lesen sogar nur 4,44 MB/Minute. Allerdings werden 10 MB in weniger als zwei Minuten gesichert, was sicher mehr als akzeptabel ist. Um die vorher gesicherten 10,2 MB vom Streamer Band wieder auf die Festplatte zu transportieren, benötigte ich 131,85 Sekunden. Das entspricht einer Übertragungsrate von 77,66 kb/Sekunde bzw. 4,659 MB/Minute. Zum Vergleich: Typische MS-DOS-Streamer besitzen eine Geschwindigkeit von 30 bis 40 kB/Sekunde bzw. 1,8 bis 2,4 MB/Sekunde. Der ICD-Streamer gehört also immer noch zur schnellen Sorte.

Die Programme

Das Programm zum Erstellen eines Backups ist recht komfortabel aufgebaut. Zum Sichern der Festplatte auf Band muß zuerst die Partition ausgewählt werden. Es können allerdings auch mehrere Partitionen auf einmal angegeben werden, die dann nacheinander auf das Band geschrieben werden. Wer keine gesamte Partition sichern will, kann auch einzelne Dateien angeben, von denen eine Sicherheitskopie gemacht werden soll. Auch Besitzer eines Spectre müssen nicht langer auf die Möglichkeit eines Backups warten, denn das Programm macht es auch möglich, eine Partition so auf das Band zu schreiben, wie sie sich auf der Festplatte befindet - also ohne Informationen darüber, ob und welche Dateien sich auf der Partition befinden. Natürlich können solche Partitionen auch nur komplett zurückgespielt werden. Zu jeder Partition lassen sich vier Zeilen Kommentar angeben, wodurch sich später z.B. her ausfinden läßt, von welchem Tag das Backup ist und was sich auf der Partition befindet. Zum Sichern kann angegeben werden, ob die Sicherungskopie an den Anfang des Bands geschrieben werden soll oder ob man sie lieber an das letzte auf dem Band vorhandene Backup anhängt. Auf diese Art und Weise können bei kleineren Platten auch leicht mehrere Backups auf ein Band gebracht werden; Backups mehrerer Benutzer, die sich eine Festplatte teilen, sind ebenso denkbar.

Das Programm ist in GEM eingebunden, es fehlen jedoch Menüleisten aller Art: Das Sicherungsprogramm wird komplett über Dialogboxen gesteuert. Dadurch wird die Bedienung zwar gewöhnungsbedürftig, ist aber trotzdem leicht zu durchschauen.

Das Zurückspielen eines Backups auf die Festplatte geht ebenso problemlos vonstatten wie die Erstellung. Partition auswählen, “OK" drücken, warten, fertig. Steht das Band nicht an der richtigen Stelle. muß man allerdings die korrekte Position selbst suchen. Dazu existiert ein “NEXT PARTITION“-Button, der automatisch bis zur nächsten Partition vorspult. Apropos Vor- und Zurückspulen: Der ICD-Streamer kann sich mit seiner Spulgeschwindigkeit durchaus sehen lassen! Für die gesamte 155 MB-Kassette benötigt das Gerät 88,65 Sekunden, ein repräsentatives Tapedeck dagegen schon 193,4 Sekunden - ein Walkman mit neuen Batterien gar 283,2 Sekunden! Auch hier also Werte, die einem Vergleich standhalten können.

Insgesamt zielt die Bedienung des Programms also voll darauf ab, immer nur einen Button anklicken zu müssen, um eine Aktion auszulösen. Menüleisten oder Tastaturkommandos fallen dabei gänzlich weg, lediglich die Eingabe der Partition-Informationen. die pro Backup möglich ist. muß per Hand erfolgen, wodurch allerdings ein Nachteil entsteht. Große Anwendungsgebiete eines Streamers sind die Programme, bei denen eine häufige Datensicherung verlangt wird oder sinnvoll erscheint. Solche Programme können z B. ein Mailbox-Programm oder eine Datenbank sein. Schön wäre es, wenn ein Backup automatisch gemacht werden könnte, indem nur ein Programm aufgerufen wird, dem eventuell noch einige Parameter wie Partition Namen oder Kommentare übergeben werden. Durch die eigentümliche Bedienung des Programms fällt diese Möglichkeit weg, denn die Maus läßt sich nur schwer ohne menschliche Hilfe beeinflussen.

Das Hauptmenü des Tape-Programms
Das Kopieren einzelner Dateien aus einer Auswahlbox

Ein Blick in die Tiefe

Natürlich sollte uns auch interessieren, welche Hardware im inneren des grauen Metallklotzes ihren Dienst verrichtet. Hier finden sich ein Netzteil, ein SCSI-Controller und ein Tape-Laufwerk. Sehr interessant für Bastler ist auch die Tatsache, daß sich im Gehäuse bereits ein fertiger Anschluß für eine SCSI-Platte befindet: ein Flachbandkabel für die Daten und ein Stromkabel, das nur noch aufgesteckt werden muß. Das ist auch der Grund dafür daß sich an der Außenseite ein SCSI-Anschluß befindet - er ist durchgeführt und erlaubt dadurch den problemlosen Anschluß weiterer Hardware. Ein dickes Lob an ICD! Weiterhin befinden sich auf der Rückseite DMA IN und DMA OUT für die üblichen, zu kurzen ATARI-DMA-Kabel. die übrigens auch bei ICD viel zu kurz geraten sind. Auf der Unterseite befindet sich ein Lüfter. Hier scheint man allerdings mitgedacht zu haben, denn von ihm hört man, im Gegensatz zu den ATARI-Platten, lediglich ein angenehmes Rauschen. Sehr geschickt ist auch die Umstellung der Geräteadresse realisiert worden. Zur Umstellung der Adresse etwa von 1 auf 4 wird lediglich ein Druckknopf dreimal gedrückt. Dieser befindet sich nicht etwa im Inneren des Geräts, sondern hinten außen. Zur Kontrolle ist sogar eine Anzeige ähnlich eines Kilometerzählers an gebracht, aus der sich die Gerätenummer des Streamers ablesen läßt. Unverständlicherweise kann die Geräteadresse der eingebauten Uhr nicht verändert werden; sie steht dauerhaft auf 6 und belegt damit immer einen Platz.

Eine weitere Überraschung befindet sich auf der Unterseite und sollte für viele andere Hersteller eine Anregung sein. Versucht man, die Gummifüße des Geräts zu entfernen, wird man bemerken, daß man sie etwa 10 Zentimeter herausschrauben kann, bevor sie sich endgültig vom Gehäuse lösen. Mit anderen Worten: Wenn man den Monitor auf das Gerät stellt, hat man durch die verstellbaren Schrauben einen hübschen Monitorständer kostenlos. Warum dieser Hinweis allerdings nicht in der Anleitung erwähnt wurde, ist unverständlich.

Die Anleitung

Die deutsche Anleitung, die bei unserem Gerät von der Firma Weide mitgeliefert wurde, läßt einiges zu wünschen übrig. Geht man beispielsweise nach der Anleitung, wird man kein Backup auf eine Kassette befördern können, da der Verschlußhebel nicht waagerecht liegen darf, sondern senkrecht stehen muß. Weiterhin wird auf eine “Busy'-Leuchte verwiesen, aber nicht beschrieben, wo diese zu finden ist. Auch soll eine Diskette eingelegt werden welche das allerdings ist, wird nicht gesagt. Für Besitzer einer Festplatte wird keinerlei Installationshinweis gegeben. Die Funktionen des Streamers selbst sind kurz und bündig beschrieben. Wer Englisch spricht, sollte allerdings das englische Handbuch benutzen, denn hier finden sich viele erläuternde Zeichnungen. die das Verständnis des Streamers wesentlich erleichtern.

Quintessenz

Der ICD FA-ST Streamer kann sich ruhigen Gewissens “FAST” nennen, denn er ist wirklich schnell, wenn man bedenkt, daß ein vergleichbares MS-DOS-Gerät mit 30 bis 40 kB/Sekunde arbeitet. Auch die Rückspulgeschwindigkeit ist vom Feinsten. 155 MByte reichen für 90% aller Anwendungen aus und sollten keinen Anlaß zum Meckern geben. Der Preis gibt keinen Anlaß für Freudensprünge, ist aber nur unwesentlich höher als der eines MS-DOS-Geräts: 2498,- DM. Mit 40 MB Festplatte kostet das Gerät DM 3498,-, mit 320 MB-Plalte schon DM 10998,-. Dafür hat man allerdings auch einen kompletten Anschluß für eine SCSI-Platte anbei und muß sie nur noch aufstecken. Ein 155 MB Tape kostet bei ICD DM 89,- und ist damit ebenfalls im Bereich des Bezahlbaren. Die Software ist komfortabel und genügt den meisten Ansprüchen, lediglich automatische Backups sind mit ihr nicht möglich. Wer das Gerät einmal benutzt hat, wird die Sicherheit eines schnellen Backups nicht mehr missen möchten.

MP

Bezugsadresse

Weide Elektronik GmbH
Regerstraße 34
4010 Hilden

Hier können Informationen über die Partition eingetragen werden.


Aus: ST-Computer 05 / 1990, Seite 172

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