Generationsfolge: P60 - neuer 24-Nadler von NEC

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Wir erinnern uns. 1986 erscheint der NEC P6 und läutet für den Home-Bereich die Ära der 24-Nadler ein. Mit ihm setzt NEC einen Maßstab für Druckqualität. Zwei Jahre später folgt ihm der schnellere und komfortablere P6plus. Auf der CeBIT '90 zeigt uns NEC die nächste Generation des wohl erfolgreichsten 24-Nadlers überhaupt. Lesen Sie im Folgenden, ob der P60 den Vorsprung sichert.

Bei so ruhmreichen Ahnen ist das für den P60 keine leichte Aufgabe. Beginnen wir mit den Äußerlichkeiten. Rein konzeptionell betrachtet hat sich gegenüber dem P6plus wenig geändert. Der wuchtige P60 bietet in seinem geräumigen Innern bekannte Technik. Endloszufuhr von hinten, der große Schubtraktor befindet sich unter einer Klappe hinter der Walze. Das Einzelblatt wird über die hochzustellende Rutsche eingeführt. Währendessen harrt das endlose Druckgut in geparkter Position des nächsten Einsatzes. Die Bedienung erfolgt über Tasten, als Anzeige dienen LEDs und ein zweistelliges LED-Display.

En Detail

Wenn auch der NEC P60 nicht solche eklatanten Unterschiede gegenüber seinem Vorgänger besitzt wie dieser noch zum P6, fallen beim zweiten Hinsehen doch Feinheiten ins Auge oder besser: in die bedienende Hand. Die beiden Hebel an der Gehäuseoberseite (für Druckkopfabstand und Papiersorten) sind z.B. größer geworden.

Der dritte Hebel beim P6plus noch zum Papiereinzug benötigt - ist durch die 'Load/Unload'-Taste an der Front ersetzt worden. Diese elegante Lösung wird dadurch ermöglicht, daß der Drucker keinen Andruckhebel mehr besitzt. Stattdessen befindet sich oberhalb des massiven Druckkopfes eine Reihe fester Rollen. Sie sehen diese auf dem Photo. Darunter manövriert die Mechanik das Papier beim Einzug. Die Rollen drücken das Blatt nicht nur an die Walze, sondern ziehen es auch ein wenig. Und beim Seitenvorschub schieben sie es ganz aus dem Druckwerk heraus.

Die Einzelblattrutsche rastet nun in der Arbeitsposition ein, beim Testgerät verhielt sie sich leider widerborstig. Die seitlichen Führungen auf ihr sind größer und geleiten das geschnittene Blatt sicherer ins Druckwerk als noch beim P6plus.

Das Gehäuse ist noch ein wenig größer, kantiger und im Farbton heller geworden. Wie Sie im Foto sehen, birgt es neben der soliden Mechanik auch viel Hohlraum. Die zweigeteilte Klappe an der Oberseite deckt die Öffnungen vollständig ab durchaus mit Erfolg, denn die Geräuschentwicklung des NEC P60 ist recht erträglich geworden.

Befehle empfängt der Drucker nicht nur über die Schnittstelle, sondern auch per Folientaste. Diese sind noch immer von wenig anheimelnder Natur - das Display in gut lesbarem Grün ist ein schwacher Trost. Die FormFeed-Taste zum Vorschub der ganzen Seite fehlt. Dafür muß die Feed- Taste 2 Sekunden gehalten werden. Fünf Zeilenvorschübe brauchen demnach fünfmal Tippen...

DIP Schalter gehörten bereits beim P6plus in den Bereich der Vergangenheit. Auch beim P60 werden die festen Einstellungen über ein Menü vorgenommen, wobei der Drucker auf dem Papier Frage und Antwort steht. Der Fortschritt besteht darin, daß dafür der Drucker nicht ausgeschaltet und die Einstellung nicht mehr explizit gespeichert werden muß. Trotzdem - bei einem Blick auf Drucker auch geringeren Preisniveaus - hätte ein alphanumerisches Display zur Konfiguration NECs jüngstem Kind besser zu Gesicht gestanden.

Au Travail

Bei der Arbeit fordert der P60 seinem Besitzer weniger Gewöhnung ab als seine Vorgänger. Das Einlegen von Endlospapier wie der Einzug der Einzelblätter sie funktionieren sauber und ordentlich, wenngleich nicht ohne hier und da zu häkeln. Manchmal ist man versucht, an dem verlockend schön geformten Walzenknopf zu drehen. Schade, daß das verboten ist. Das Handbuch mahnt, wie bei jedem Drucker, zur ausschließlichen Benutzung der Feed- und Load- Tasten.

Leicht geändert: Das Tastenfeld

Trotz der Jahre, die ins Land gingen: Der P60 besitzt im Einzelblattbetrieb immer noch die Unart, häufig auf die Walze zu drucken. Nach dem Auswurf eines Blattes braucht nur das nächste den Papier-Sensor zu betätigen - der Drucker läßt sich OnLine schalten. Obwohl dann noch kein Papier vor dem Kopf ist, arbeitet die Maschine und färbt für 12 Zeilen die Hartgummiwalze.

Die Papierparkfunktion glänzt dagegen durch reibungslosen Betrieb. Sie bedarf keiner weiteren Kommentierung. Hilfreich ist die Funktion der Tear-Taste. Einige Geräte bieten solche Abreißhilfe nur als Automatik: hier kann man sie per Fingerdruck anfordern. Dabei wird das Papier vorgefahren, damit man es an der nächsten Perforation abreißen kann. Kurz darauf wird es soweit zurückgefahren, daß beim nächsten Druck kein oberer Rand bleibt. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn man das Papier NIE zwischendurch abreißt, verlangt also Beherrschung. Ebenso hilfreich ist der Umstand, den Abstand der ersten Druckzeile vom oberen Papierrand einstellen zu können. Wählt man den Minimalwert, ist der P60 in der Lage, 67 (!) Zeilen auf ein DIN A4-Blatt zu drucken. Ein rekordverdächtiger Wert.

Massiv: Das Innenleben

Schwarz und Weiß

Widmen wir uns jetzt den gedruckten Ergebnissen, die den neuen NEC verlassen. Geliefert wird er mit sieben verschiedenen Letter-Quality-Fonts. Damit steht dem Besitzer bereits ein reichlicher Vorrat an Schriften zur Verfügung. Darunter befinden sich allerdings drei reine Proportional-Fonts. Benötigt man in seinen Werken verschiedene Zeichenbreiten, bleiben nur noch vier Fonts zur Auswahl. Diese allerdings sind nicht in Proportionalschrift verfügbar... Ein Umstand, der bereits beim P6plus Anlaß zur Kritik gab. Darüber hinaus stehen Font-Karten zur Verfügung, die jeweils zwei Schriften enthalten. Vom am Drucker eingesteckt, halten sie vor allem große Fonts und solche spezieller Art (technisch/mathematisch/Barcode) bereit.

Sie sehen die verschiedenen Schriftformen in der Abbildung. Allen ist gemeinsam, daß sie sauber und gut lesbar sind. Es sind dies die gleichen Schriften wie bereits im P6p1us und auch im Plplus. Dieses Detail ist für alle diejenigen interessant, die zum P60 auf- oder umsteigen wollen. Die äußere Form ihrer gedruckten Werke wird sich dann nicht ändern müssen.

Insgesamt läßt die Druckqualität des P60 wenig zu wünschen übrig. Das gilt vor allem für den Textdruck. NECs neuester erwies sich daneben als durchaus anschlagstarker Kollege. Zum Original auf selbstdurchschreibendem Papier druckt er noch locker vier lesbare Durchschläge. Betrachten Sie die Grafikprobe: Die senkrechten Striche sind leicht unscharf, die schwarze Fläche weist leichte helle Streifen auf. Ganz perfekt ist die Grafikqualität leider nicht.

Für den Druck in beiden Richtungen kann man im Menü des P60 den Versatz zwischen Druck von links und dem von rechts einstellen. Danach liefert er auch bidirektional gedruckte Strichgrafiken in akzeptabler Qualität. Darüber hinaus besitzt der P60 ein Feature, das besonders bei großen dunklen Flächen auffällt. Er ist nämlich in der Lage, sowohl dunkle Stellen in der Grafik zu erkennen als auch die Anschlagstärke der Nadeln zu steuern. Er vermindert diese dann und vermeidet so, daß sich das Papier wie für Nadeldrucker typisch - wellt.

Grafikprobe: NEC P60 360 x 180 dpi

Hochgeschwindigkeit

Neben der Qualität des Ausdrucks fasziniert am NEC P60 vor allem seine Geschwindigkeit. Der Maschine beim Drucken zuzusehen, ist eine Freude. Werfen Sie einen Blick auf die Tabelle mit den Meßwerten. Deutlich erkennbar ist die Leistungssteigerung, die der P6-Familie im Laufe der Generationen widerfahren ist. Das betrifft sowohl den Text- als auch den Grafikdruck.

Die Texttests sind hinlänglich bekannt. Das lange Testdokument bringt der NEC in einer Geschwindigkeit zu Papier, die in bedrohliche Nähe zu Profi-Geräten rückt, die fast doppelt so teuer sind. Daß Signum! grafisch druckt, hat sich auch herum gesprochen. Trotz höchster Auflösung ist der P60 so flink, daß er den DIN-Brief in fast der gleichen Zeit druckt, wie der kleine Kollege aus gleichem Hause, der P2plus, das in normaler Briefqualität tut.

Die Grafiktests beweisen es: Momentan gibt es in dieser Preisklasse keinen Drucker. der Bilder so schnell druckt. Der Vorsprung vor dem P6plus sinkt zwar bei dem großen Testbild auf Null. Doch ist das durchaus kein Makel, denn auch dieser war bereits der eiligste Bilderproduzent seiner Klasse.

Wie heißt es doch: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf. Tatsächlich bedarf es wohl einiger Maßnahmen, um einen Drucker so schnell zu züchten wie unseren Prüfling. Bei NEC ist man dabei über das plumpe Beschleunigen der Drucker- Hardware hinausgegangen. Wie die Spalte ‘Kopfbeschleunigung' in der Tabelle bereits zeigt, optimiert die Maschine bei Texten mit Leerzeichen sehr stark. Zur Erklärung: Bei diesem Test werden zwei Druckzeiten verglichen. Zunächst die für 60 Zeilen mit je 80 Zeichen. Danach die Zeit für den Druck von 60 Zeilen mit je einem Zeichen vom, 78 Leerzeichen und einem Zeichen am Zeilenende. Der Wert gibt den Geschwindigkeitszuwachs in Prozent an. Er ist ein Maß für die Fähigkeit des Druckers, einerseits Leerstellen überhaupt zu erkennen, andererseits dafür, die Kopfgeschwindigkeit heraufzusetzen.

Die Schriftprobe in Courier 10
Fontvielfalt: Die eingebauten Fonts des P60

Dieses Feature erklärt sicher einen Teil der Geschwindigkeit des P60. Zum anderen ist sein Betriebssystem so aufgebaut, daß er gleichzeitig Daten aufnimmt und druckt. Das dürfte gerade an der langsamen Centronics-Schnittstelle des Atari ST zum Zuwachs führen. So steht das Druckwerk nicht, während eine Zeile übertragen wird, was bei Grafik ja schon mal über 4 kBytes (!) sein können. Die Gewichtung, welche der Aufgaben vorrangig ist, scheint er ebenfalls je nach Druckart zu treffen. Zumindest deutet die längere Zeit der Datenaufnahme im Draft-Betrieb darauf hin, daß er dem schnelleren Ausdruck dann die Priorität gibt. Nebenbei erwähnt, verfügt der P60 über einen Eingangsspeicher von 80 kBytes. Dieser macht bei vielen Aufgaben den Spooler überflüssig und erklärt die minimalen Zeiten zur Datenabnahme.

Alle Jahre wieder...

...finden verschiedene traditionelle Feste statt. Bei NEC braucht's zwei, bis ein neuer Drucker auf dem Markt ist. Immerhin eine kurze Entwicklungszeit. Als auf der CeBIT ’86 die ersten P6 vorgeführt und kurz darauf geliefert wurden, betrug ihr Marktanteil im Herbst bereits 2,6%. Nach der Einführung des P6plus im Herbst ‘88 waren es bereits 4,9%. Mit Sicherheit wird der P60 auch dabei zulegen. bietet er doch wiederum ein Mehr an Leistung bei konstantem Preis (gegenüber den Vorgängern).

Doch die Konkurrenz hat in den letzten vier Jahren nicht nur zugeschaut, sondern bietet ihrerseits leistungsstarke 24-Nadler an, die mitunter vor allem komfortabler sind. Der Freak daheim schätzt wahrscheinlich vor allem die Leistung der Gerätschaften, mit denen er sich umgibt. Am Arbeitsplatz sieht das anders aus. Hier zählt die kurze Einarbeitungszeit, die Handlichkeit der Ausstattung. Denn die Motivation seiner Mitarbeiter kann man ganz einfach zerstören: indem man ihnen die falschen Werkzeuge gibt.

Geschwindigkeit ist also längst nicht alles. Bevor er begeistert zugreift, sollte der Kunde genau den zukünftigen Einsatz überdenken. Am NEC P60 überzeugen vor allem seine Geschwindigkeit und die robuste Verarbeitung; er birgt 10,5 kg solider japanischer Druckerbaukunst. Die Bedienung und Papierführung sind nach wie vor nicht über jede Kritik erhaben.

Bleibt schließlich nur zu erwähnen, daß für den Farbdruck eine Aufrüstung erhältlich ist. Für 570 DM mehr gibt es das breite Modell P70, das dann DIN A3-Format quer verarbeiten kann. Als Zubehör ist neben der automatischen Einzelblattzuführung auch ein Zugtraktor für schwieriges Druckgut (mehrlagige Durchschlagformulare etc.) erhältlich. NEC gibt auf seine neuen Modelle lobenswerterweise 12 Monate Garantie, die den Druckkopf mit einschließt.

IB

NEC P60 unverb. Preise lt. Hersteller:

Drucker: DM 2154.60
(P70: DM 2724.601)
Einzelblatteinzug DM 454.86
(P70: DM 586.86)
Zugtraktor DM 313.50
(P70: DM 340.86)
Colorkit: DM 225.72
serielle Schnittstelle DM 225.72
Font-Karten DM 169,86

Dokumentlänge Text: 33396 Bytes

Dokumentlänge Grafik: 32643 Bytes

Genannt: Zeit zur Datenabnahme / Gesamtzeit für Druck

Datenmenge des Signum!-Briefes: 123000 Bytes (360 x 180 DPI)

Datenmenge des Schwarzweißbildes: 282240 Bytes (360 x 360 DPI)

Drucker LQ-Einzel LQ-Endlos Draft-Endlos Grafik DIN 32751 Signum!-Brief Signum!(360) Bild 281KB Kopfb.
NEC P6 - 8:20/10:49 4:30 / 5:50 0:30 / 0:31 0:40 1:10 2:14 0%
NEC P6plus - 0:18/ 9:10 0:18/5:46/3:38* 0:16/0:20 0:34 0:30 0:57 2:27 51%
NEC P60 - 0:197/ 7:48 0:25 / 4:25 / 3:34* 0:17/0:18 0:30 0:26 0:47 2:27 89%
NEC P2plus - 10:13/11:32 5:27/6:10/4:52* 0:25 / 0:26 0:43 1:00 2:01 4:21 0%
OKI ML 390 - 5:20/ 7:53 2:20 i 3:27 0:24 / 0:25 0:28 1:43 3:25 3:44 0%

Zahlen lügen nicht: Der neue P60 im Kreise seiner Vorfahren. Zum Vergleich der ’kleine Bruder' P2plus und der Konkurrent von OKI.



Aus: ST-Computer 09 / 1990, Seite 52

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