Volker Ritzhaupt
430 Seiten, DM 49,-
erhältlich im Fach- und Buchhandel
ISBN: 3-9801834-3-2
„Es ist wieder einer von diesen Tagen..." beginnt der hintere Klappentext und stimmt uns ein in die obligatorische Rechtfertigung, warum dieses Buch geschrieben werden mußte. „Die Literatur zu Ihrem Rechner, die Sie bisher in der Hand hatten, hat nicht mal dazu getaugt, das übergelaufene Wasser unter Ihrem Kaktus aufzufangen..."
Volker Ritzhaupt, einer der „Köpfe“ von Application Systems Heidelberg (ASH), hat schon immer gerne zur Feder gegriffen, wenn es darum ging, komplizierte Zusammenhänge aufs Papier zu bringen. Nicht nur verschiedene Beschreibungen zu ASH-Programmen, auch u.a. ein dickes SIGNUM-Buch sind ihm zu verdanken. Warum setzt sich so jemand hin und bastelt in tagelanger Kleinarbeit ein sogenanntes „1*1“ zusammen, wo es doch Beschreibungen zu den ATARI-Geräten genügend gibt? Warten wir es doch mal ab.
Da liegen also 432 Seiten vor uns, die alles über unseren Rechner verraten sollen. Die ATARI-Original-Beipack-Spardokumentation haben wir längst anderen Funktionen (oder dem Altpapier) zugeführt. Also hinein in die Welt des Volker Ritzhaupt.
„Zur Einstimmung“ beginnt er wirklich bei „Adam und Eva“ und erklärt, was RAM und ROM, was der Unterschied zwischen Hardware und Software ist, und warum es so viele verschiedene TOS-Versionen gibt. Es folgt eine ausführliche Beschreibung der verschiedenen Desktops (bis TOS 2.xx und 3.xx), also der neueste Stand. Natürlich darf die Bedienungsweise der GEM-Fenster nicht fehlen. Auf ganzen 44 Seiten widmet er sich hingebungsvoll den verschiedenen Vorgehens weisen beim Kopieren von Dateien auf Massenspeicher und an Illustrationen wurde nicht gespart.
Um den Autoordner zu erklären reichen ihm allerdings gerade mal eineinhalb Seiten, für meine Begriffe ist das in einem Einsteiger-Umsteigerbuch etwas zu wenig. Dann gehen die Themen über „Encyclopaedia Mausannica“, „Cursor-Kunde“ und „Ikonographie“ bis hin zum verschiedenen Gestalten der Oberfläche („Buchmannscher Desktop“). Schließlich folgen eigene Kapitel über Fest- und Wechselplatte und was besonders bei deren Installation zu beachten ist. Natürlich dürfen dann die Beschreibungen zum neuen Kontrollfeld (XCONTROL), zum HDU-Programm (das von ASH stammt und inzwischen allen Original-ATARI-Festplatten beigelegt ist), zum CA-CHE90-PRG nicht fehlen, auch GDOS, Accessories und F-COPY werden kurz erwähnt. Die darauf folgenden Kapitel zu „Tips“, „warum es im Desktop kein Programmende gibt“ und was „Sie als Anwender“ betrifft, sind ein Erfahrungsschatz eines leidgeprüften Anwenders, der es seinen Nachfolgern einfacher machen möchte.
Dann geht Volker Ritzhaupt auf Themen ein, die man in einem hardwareorientierten Buch nicht vermuten würde: die Händler, was ist eine Raubkopie, der Support hinter einem Programm, was ist PD. Daß er bei der „kleinen Auswahl“ von Anwenderprogrammen sehr viele beschreibt, die aus dem Hause ASH kommen, mag wohl an seinem Arbeitsumfeld liegen. Es ist schade, daß er sich dieser Schleichwerbung nicht enthalten konnte und außer PHOENIX als Datenbankprogramm kein anderes zu beschreiben bzw. zu erwähnen wußte.
Es schließt sich ein reichhaltiges Glossar an (so wie es eigentlich überall sein sollte), das auf 54 Seiten alles zu sagen hat, was in der ATARI-Welt ein „Begriff* ist. Der „phonetische Führer“ beschreibt sogar ganz treffend, wie die einzelnen Fachwörter in Neudeutsch ausgesprochen werden: „Bäckapp“ für Back up, „Dschoistick“ für Joystick und „Jutilitie“ für Utility mögen als Kostprobe reichen.
Mir hat selten ein Buch soviel Spaß gemacht. Besonders wenn man die abschreckenden Beispiele an Literatortur aus den Geräteverpackungen kennt (und da macht kaum ein Hardware-Hersteller eine Ausnahme), ist man angenehm überrascht, wie einfach doch so ein Computer in Betrieb zu setzen ist. Man muß sich nur eine Mühe machen: erst lesen, dann einschalten (nur: die wenigsten tun’s wirklich).
Das Buch von Volker Ritzhaupt hat das Zeug ein Bestseller werden, wenn beispielsweise die Firma ATARI auf den (momentanen) unnützen Beschreibungsbeipack verzichten könnte und stattdessen die Käufer durch das beschriebene Buch beglücken würde. ATARI würde sogar gleich vier Fliegen mit einer Klappe schlagen: 1. hätte sie die Sorgen um eine sinnvolle Dokumentation los (und würde deswegen nicht ständig kritisiert werden), 2. würde das Werk nicht im mindesten soviel kosten wie die firmeneigene Kreation, 3. bekämen die Käufer viel reichliche und verwertbare Information an die Hand (was eigentlich auch im Sinne von ATARI ist), und schließlich 4. wäre Volker Ritzhaupt damit ein gutes Werk getan (war ironisch gemeint).
Für alle die, die nicht so lange warten wollen, und besonders Ein- und Umsteiger sind angesprochen, das Buch von Volker Ritzhaupt beschreibt alles, was Sie wissen müssen, um mit dem ATARI-Computer „eine Sprache zu sprechen“.
DK