Fraktale Graf_IFS - Chaos regiert die Welt!

Überall um uns herum herrscht Chaos. Damit ist nun nicht das Aussehen Ihres Schreibtisches oder des Geldbeutels gemeint. Es gibt ganz banalere Vorgänge, die dem Chaos entspringen, was wir auf dem ersten Blick nicht vermuten würden.

Der aufsteigende Rauch einer Zigarette, der „Hurrikan in der Kaffeetasse“, nachdem Sie dem schwarzen Getränk einige Tropfen Milch zuführten, sogar das Durcheinander auf unserem Kopf, oder der Wuchs eines Blumenkohls, all das entsprang einem chaotischen System.

Immer dann, wenn eine Entwicklung nicht deterministisch (vorhersagbar) ist, spricht man von einem chaotischen System. Was zunächst dem Zufall entspringen mag, entsprang aber dennoch den Naturgesetzen gehorchenden Ereignissen. etwa einer Turbulenz.

Dennoch herrscht auch in einem chaotischen System eine gewisse Ordnung. Die fraktale Geometrie beschreibt solche Ordnungsprinzipien, die in einem chaotischen System herrschen. Wollen Sie wirklich alles über Fraktale wissen, sollten Sie sich das Buch zu Gemüte führen: Karl-Heinz Becker und Michael Dörfler. Dynamische Systeme und Fraktale. Vieweg-Verlag.

NEIIIIN, werden Sie wohl sagen, das Thema „Fraktale, Apfelmännchen und Mandelbrot“ ist doch schon unzählige Male breitgetreten worden - und nun schon wieder ein Programm zu diesem Thema? Da erscheint das Stan-dard-Apfelmännchen oder die Standard-Juliamenge auf dem Bildschirm, und wenn Sie Glück haben, können Sie sich langsam in die Tiefe zoomen. Wo nun hübsche und interessante Stellen liegen, bleibt Geheimnis der Eingeweihten. Nicht so bei den beiden Programmen von Dr. Klaus Fröhlich.

Kein bisher bekanntes Fraktal-Programm ermöglicht eine so umfassende Manipulation des Apfelmännchens. Das beginnt mit der Wahl der Darstellungstiefe, die es erlaubt, Teile der Struktur auszublenden. Man kann damit sehr hübsche filigrane Muster herausarbeiten. Durch Eingabe eines Startwerts der Konstanten „C“ bei der Mandelbrot-Menge lassen sich Verzerrungen und Änderungen der Perspektive erreichen. Durch Inversion lassen sich völlig andersartige Gebilde erzielen. Und probieren Sie mal andere Potenzen als das standardmäßige zA2! Verblüffend kann der Effekt bei negativen Potenzen sein. Da vermehren sich bei der Mandelbrot-Menge plötzlich die Männchen und bilden einen Reigen. Aber probieren Sie selbst.

So ist die Darstellungsgröße frei wählbar, entweder durch Aufziehen eines Rahmens oder durch Eingabe der entsprechenden Koordinaten. Aus dem Bild lassen sich Teile herausfischen und beliebig vergrößern. Sie können sich Ihre Lieblingsbilder auch in 3D darstellen lassen.

Immer dann, wenn die Apfelmännchen etwas zeitintensiv zu werden versprechen, kann das Programm als Accessory auch im Hintergrund rechnen. Das dauert zwar länger, aber jetzt können Sie endlich den Brief an Ihre Tante weiterschreiben. Ungeduldige können von Zeit zu Zeit nachsehen, wie weit das Werk gediehen ist.

In ähnliche Richtung geht „GRAF_IFS“, der Editor für sogenannte „Graftale“. Graftale sind wie Fraktale gekennzeichnet durch Selbstähnlichkeit und großem Formenreichtum bei geringfügiger Veränderung von Parametern. Allerdings gibt es für sie keine mathematischen Formeln, sie werden vielmehr über sogenannte Produktionsregeln erzeugt. Vielleicht kennen Sie eine der zahlreichen LIFE-Simulationen. Ähnlich, nur erheblich komplexer, wird auch bei den Graftalen verfahren. Eine vorgegebene Zeichenfolge wird in ein bestimmtes Bit-Muster transformiert, darauf werden Regeln angewandt, die wieder zu einer Zeichenfolge führen, usw.

Insgesamt sind die beiden Programme höchst interessant gestaltet, und die beiden Textdateien verraten auch viel Theorie zur fraktalen Geometrie.

DK

Fraktale Graf_IFS
ST-PD 487



Aus: ST-Computer 03 / 1992, Seite 179

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