PCB-Layout: Platinen-Layout mit dem Atari

Fragt man einen Elektroniker, der sich mit dem Entwurf von Platinen-Layouts auf dem Rechner befaßt, mit welchem Programm er arbeitet, sind dies sehr häufig MS-DOS-Programme. Eine ganze Weile lag das daran, daß die Erstellung solcher Programme auf dem ST ein Stiefkind war. Die Möglichkeiten der Layoutsoftware für den ATARI ST wurden allerdings im letzten Jahr um einiges erweitert.

Als nennenswerte Änderung ist hier der Autorouter zu nennen, der zwar kein Allheilmittel, aber häufig eine große Hilfe für den Anwender ist. Freudig überrascht ist man dann auch, wenn man sich die Preise der Platinenlayout-Programme des ST im Vergleich zur Software ähnlicher Machart bei der Konkurrenz Big Blue anschaut. Auf dem ST reicht das Preisspektrum von ungefähr 170 DM bis ca. 800 DM. In der Welt der 640-KB-Rechner (MS-DOS) sind vierstellige Preise keine Seltenheit.

Daß bei solchen Preisunterschieden innerhalb eines Rechnertyps auch Leistungsdifferenzen der Programme festzustellen sind, versteht sich von selbst. Als Repräsentant dieser Art Software haben wir verschiedene Versionen des Programms PCB-layout des Autors Praefke getestet. In vier Ausbaustufen von 200 bis 700 DM ist PCB-layout erhältlich, wobei bereits die kleinste Ausbaustufe in monochromen Auflösungen bis zu 896x640 Bildpunkten arbeitet. Die Ausbaustufen beziehen sich dann auf den Autorouter, die Großbildschirmfähigkeit sowie auf die Möglichkeit, Platinen in 6-Lagen-Multilayer-Technik zu entwerfen.

PCB wird im üblichen A5-Schuber ausgeliefert, mit einem 152 Seiten starken Handbuch, das optisch ein gewisses „Calamus-Flair“ vermittelt. Die Anleitung, die sich in einen PCB-layout- und einen PCB-layout-plus-Teil gliedert, beschreibt zunächst die Funktionen des kleineren Programms PCB-layout und dann die der „plus“-Version.

Die PCB-layout-Programme arbeiten segmentorientiert, das heißt, daß in einem quadratischen Segment mit der Kantenlänge 1/20" ein aus einem speziellen Zeichensatz entnommenes Zeichen abgelegt werden kann. Der Zeichenvorrat enthält sowohl die möglichen Leiterbahnen (gerade Stücke/diagonale Bahnen, Lötaugen usw.) als auch Zeichensätze zum Beschriften der Platinen. Durch dieses Konzept arbeitet das Programm einigermaßen zügig, hat jedoch den Nachteil, daß Platinen mit höherer Auflösung oder anderen Rastermaßen (z.B. ROM-Port-Slot-Leiste) nur umständlich oder gar nicht zu zeichnen sind. Bedenkt man, daß SMD-Bauteile von Grund auf im 1/20"-Raster liegen und diese Bauteile selbst im Hobbybereich Einzug halten, so wäre eine höhere Auflösung von z.B. 1/80" durchaus wünschenswert, wenngleich diese Veränderung des Programms eine erhebliche Geschwindigkeitseinbuße mit sich bringen würde.

Hier wird der Vorher-Nachher-Effekt demonstriert.: Vor dem Autorouter...

In der Handhabung kommt PCB-layout dem Benutzer durch angenehme Features wie die Icon-Leiste am linken Fensterrand entgegen. Aus dieser Leiste lassen sich platinenrelevante Objekte wie Leiterbahnen und Lötaugen schnell erreichen. Die Löt-Pads werden einzeln oder als „Ein“-beziehungsweise „Zweireiher“ für Pfostenleisten und ICs auf der Zeichnung plaziert. Als Hilfe werden wichtige Lötaugenkombinationen der Reihen DIL 14 oder DIL40 in der oberen Fensterleiste während des Aufziehens der Lötpunktreihen angezeigt. Bereits die kleinste Ausführung der „Software-Familie“ hat einen kleinen interaktiven und konfigurierbaren Autorouter. Dieser „Zeichenknecht“, der nach dem Lee-Algorithmus arbeitet, ist eine angenehme Unterstüzung beim Routen der Layouts von Hand, ersetzt allerdings nicht das Mitdenken bei der Entflechtung der Platine. Er ist auch nicht in der Lage, Durchkontaktierungen zu legen und arbeitet nur auf dem aktiven Layer. Einfachere Platinen lassen sich hiermit jedoch sehr schnell erstellen. Viele der unter der Menüleiste versteckten Features sind per Tastaturkür-zel erreichbar, so daß auch für tastaturgewohnte User die Funktionen schnell zu benutzen sind.

Der Autorouter

Bei der „plus“-Version des Programms ist in der Icon-Leiste ein weiteres Symbol hinzugekommen. Hinter diesem verstecken sich einige Funktionen rund um den neuen Autorouter. Hier lassen sich aus einer Bibliothek Bauteile mit der Maus auswählen, in 90°-Schritten ausrichten und dann plazieren. Sie sind sogar mit Bestückungsaufdruck und für Eingabefaule auch automatischer Numerierung sowie den Löt-Pads zu versehen. Erstellt werden die Bauteile und Gehäuseformen mit eigenen zum Lieferumfang gehörenden Editoren, welche allerdings nicht aus dem Hauptprogramm heraus aufgerufen werden. Vorausgesetzt, man hat sich vorher einen vernünftigen Schaltplan gemacht, ist es möglich, durch Klicken auf einzelne Lötaugen gummibandähnliche Verbindungen zwischen solchen Punkten herzustellen. In der oberen Fensterleiste wird dabei dokumentiert, um welchen Anschluß eines Bauteils es sich handelt [z.B. IC2 Pin: 13 (->xl) 74LS153], Die hierdurch entstehenden Verbindungen und Potentiale können auch in getrennten Dateien gespeichert werden. Aus Fremdprogrammen, die solche Listen im Calay-Format ablegen. können ebenfalls die notwendigen Gummibänder erzeugt werden. Selbst wenn man nach der Verdrahtungsarbeit erst erkennt, daß das ein oder andere Teil ungünstig plaziert ist, läßt es sich nachträglich umsetzen, wobei sämtliche Verbindungen mitgenommen werden. Erst nach dieser Aktion kann der Autorouter die Arbeit aufnehmen, wobei man ihn noch mit einigen Einstellungen wie Vorzugsrichtungen und Anzahl der Route-Ebenen beeinflussen kann. Das Ergebnis des Routers in bezug auf gefundene Verbindungen bei verschiedenen Probe-Layouts konnte sich durchaus sehen lassen, auch das Tempo, in dem die Verbindungen gelegt wurden, war recht flott. Als Beispiel diente eine Schaltung auf einer Europa-Karte die mit 18 ICs und 255 Verbindungen versehen war. Nach 50 Sek. hatte der 8-MHz-ST seine Arbeit geleistet und hatte 99% der Verbindungen gelegt. Die fehlende Bahn konnte dann ohne Schwierigkeiten von Hand verlegt werden. Nachträglich sind auch ein „Design-Rule-Check“, was hier einer Überprüfung auf Kurzschlüsse von Potentialen entspricht, und eine Kontrolle über die Vollständigkeit der verlegten Verbindungen möglich. Wem diese Funktionen zum Bearbeiten der Platine nicht genügen, der kann mit einer auf der Diskette beschriebenen C-Schnittstelle seinen Ansprüchen und Programmierkünsten freien Lauf lassen.

... und danach, ein fertiges Layout ist produziert.

Für die so gewonnenen Platinendaten stehen verschiedene Ausgabemöglichkeiten zur Verfügung. Für den „Hobbyelektroniker" ist wohl die Druckerausgabe das Gebräuchlichste. Die wichtigsten 24-Nadel- und Laserdrucker lassen sich für das Programm installieren, wobei die Ausgabe sich noch vielfältig manipulieren läßt. Die Variationsmöglichkeiten reichen von den Graustufen der Leiterbahnen über die Wahl des Ausgabekanals (seriell, parallel, Disk) bis hin zu Vergrößerungen und Spiegelungen. Auch wer einen Plotter sein eigen nennt, kann seine Ergebnisse zu Film bzw. zu Papier bringen - und wem das noch nicht reicht, der legt noch einmal 200 DM auf den Tisch und erhält dafür einen Gerber-Foto-Plotter-Treiber. Das Gerber-Format ist zwar schon etwas betagt, aber in den Industriezweigen, die Leiterplatten herstellen, weit verbreitet. Genauso lassen sich die Daten aber auch im Calamus-, IMG- oder Bitmap-Format abspeichern und dann weiterverarbeiten. Auch für die mechanische Bearbeitung der Platine werden vom Hersteller noch Möglichkeiten angeboten - zum Beispiel die Ausgabe der Bohrdaten im ASCII-oder Excellon-Formal. Mit Hilfe einer optionalen Programmerweiterung können sogar CNC-Daten gewonnen werden, aus denen dann direkt die Fertigung eines Prototyps möglich ist.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, daß es sich bei PCB-layout-plus um eine recht vielfältige Layoutsoftware handelt, die durchaus professionellen Ansprüchen genügt. Besonders hervorzuheben sind hierbei die einfache und praxisorientierte Bedienung und die vielfältigen Ausgabeformate und Möglichkeiten. Auch in bezug auf das Preis/Leistungsverhältnis schneidet das Programm gut ab. Wer jedoch mit SMD-Bausteinen arbeitet, wird mit der 1/ 20"- und der unkomfortablen 1/40"-Auflösung nicht zufrieden sein.

Bezugsquelle: Dipl. Ing. Thomas Praefcke Holzvogtkamp 55 W-2302 Flinkhek


Karl-Marlin Schmidt
Aus: ST-Computer 03 / 1992, Seite 52

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