Platon 2.1: Platinen-CAD

In der Ausgabe 5/91 haben wir Ihnen eine kleine Auswahl an Layout-Programmen vorgestellt, die momentan auf dem Markt erhältlich sind. Das dort genannte Programm Platon ist nun in der Version 2.1 erhältlich und ist, im Vergleich zur Version 1.45, ein völlig neu gestaltetes Software-Paket mit zahlreichen Ausgabemöglichkeiten geworden.

Platon ist eigentlich nichts anderes als ein CAD-Programm, das speziell auf die Anforderungen beim Layouten von Platinen ausgelegt ist. Die Daten der Zeichunung (hier Platinen-Layout) werden nicht als Bit-Image oder dergleichen gespeichert, sondern als Elementbeschreibungen (z.B. Linie von Punkt 3,52 nach Punkt 3,200).

Platon wird mit einem ausführlichen Handbuch (DIN A5) im stabilen Ringordner geliefert. Um mit dem Programm flüssig arbeiten zu können, sind eine Festplatte und mindestens 2 MB Arbeitsspeicher erforderlich. Ein Großbildschirm erleichert die Arbeit ungemein, ist aber nicht zwingend notwendig.

Nach dem Start des Hauptprogramms befindet man sich auf der Arbeitsoberfläche, die dem GEM-Standard entspricht. Auch hielt sich der Programmierer an die standardisierten TastaturkUrzel, so daß nach einer kurzen Zeit der Einarbeitung die Bedienung Platons flüssig von der Hand geht. Bei eventuellen Problemen kann man (natürlich) den bewährten Griff zum Handbuch tätigen oder aber, à la Pure C, das Online-Handbuch zu Rate ziehen, das Uber einen Accessory-Eintrag anwählbar ist.

Oben sehen Sie die bereits erwähnte Arbeitsoberfläche. Alle Zeichenfunktionen sind Uber frei bewegliche Icons anwählbar, so daß ein zeitaufwendiges Umherhangeln in Drop-Down-Menüs nicht notwendig ist. Des weiteren findet man noch einige Icons zum Anwählen der darzustellenden Platinenl age (bis zu 99!). Der Anwender kann selbst bestimmen, wieviele Lage- und Zeichen-Icons er auf der Arbeitsoberfläche haben will. Da das Abspeichem der aktuellen Konfiguration Platons jederzeit unter verschiedenen Namen möglich ist, kann man sich für jedes Projekt sein individuelles Desktop gestalten.

Platon kann bis zu 6 Dateien gleichzeitig verarbeiten - auch hier gilt: für jede Datei ein Icon. Um nun eine Platine zu laden bzw. neu zu erstellen, klickt man entweder im Drop-Down-Menü den Eintrag „Platine laden“ an oder man betätigt über ein Platinen-Icon die rechte Maustaste. Hier offenbart sich ein weiterer Vorteil Platons: diePop-Up-Menüs. Sie unterstützen eine zügige, funktionelle Bedienung des Programms (Bild 1 beinhaltet eine Übersicht aller Pop-Up-Menüs).

Bild 1: Diese Pop-Up Menüs erleichtern den schnellen Umgang mit dem Programm.

Entflechtung

Um eine Platine optimal layouten zu können, braucht der Anwender (neben der Erfahrung) frei wählbare Cursor-Raster, verschiedene Darstellungsmodi (z.B. für feinste Feinheiten) und die gleichzeitige Darstellung unterschiedlicher Lagen, bei Color-Betrieb natürlich in verschiedenen Farben. Dann wäre eine umfangreiche, nach Belieben erweiterbare Bauteilbibliothek nötig, damit man nicht jedes Bauteil immer wieder neu aus einzelnen Elementen „zusammensetzen“ muß.

All dies ist mit Platon möglich. Einzelne Elemente (Lötpunkte und dergl.) können in Gruppen zusammengefaßt werden, die sich auch gesondert abgespeichem lassen. So ist es z.B. möglich, die für ein Projekt benötigten IC-Sockel eben mal aus der mitgelieferten Bibliothek auf die aktuelle Platine zu kopieren: Ist ein Bauteil geladen (Bild 3), muß es beschriftet werden (z.B. 74HCT245). Um die Bauteilnummern braucht man sich meist nicht zu kümmern, da sie von Platon beim Einfügen automatisch vergeben werden (was man zwar auch unterbinden kann, aber während der Testzeit nur ein- oder zweimal notwendig gewesen ist). Ist das ausgewählte Bauteil eingefügt, findet man auf dem Bestückungsplan (Bild 3) die entsprechende Nummer und/oder die zuvor vergebene Bezeichnung - je nachdem, wie man es unter „Darstellung" eingestellt hat (Bild 4).

Bild 2: Auch eine Bauteilebibliothek läßt sich verwalten.

Um nun Leiterbahnen zu ziehen, klickt man mit der Maus das entsprechende Icon an (die Liniendicke kann ebenfalls frei gewählt werden) und bestimmt den Start-und Endpunkt. Um Lötpunkte bzw. SMD-Pads auf der Platine unterzubringen, wählt man einfach die entsprechenden Icons aus und plaziert sie auf der Platine - einfacher geht es wirklich nicht. Weitere Zeichenfunktionen sind Kreis, Kreisausschnitt, Ellipse, Ellipsenausschnitt, Rechteck und Text (in acht Richtungen, frei wählbare Größe, Breite und Zeichenabstand, vier verschiedene Fonts).

Sollten Sie, nachdem Sie ein Element auf der Platine plaziert haben, dieses noch nachträglich verändern wollen, ist dies ebenfalls möglich, indem Sie es mit der rechten Maustaste selektieren. Beispielsweise kann man eine Leiterbahn von 0,3mm Breite auswählen, dann „gleiche selektieren“ an wählen und unter „ändern” die neue Breite (z.B. 0,5mm) einstellen werden. Nun sind alle Leiterbahnen, die voher 0,3mm dick waren, unserem Beispiel entsprechend 0,5mm dick.

Alle Selektieroperationen lassen sich konfigurieren. So ist es möglich, nur Leiterbahnen, Texte, Gruppen, Lötpunkte und die aktuelle Lage zu berücksichtigen. Der Rest wird nicht mit ausgewählt. So kann man z.B. alle Lötpunkte eines bestimmten Aussehens löschen. Oder man kann nur bestimmte Leiterbahnen auf einer Lage löschen. Um einen Bereich zu bestimmen, innerhalb dessen bestimmte Elemente selektiert werden sollen, wechselt man in den Gruppenmodus (kein Zeichen-Icon aktiv) und zieht mit der Maus ein Rechteck auf, wie vom normalen Atari-Desktop gewöhnt.

Da man während der Entflechtung einer Platine des öfteren Leiterbahnen löscht und wieder „anflickt“, kann man die Platine optimieren lassen: Der Arbeitsspeicher wird aufgeräumt (was immer damit gemeint ist), Elemente zusammengefaßt und (für Plotter) der Fahrweg optimiert. Des weiteren ist es möglich, die Platine auf Leiterbahnkreuzungen hin zu überprüfen.

Bild 3: Das Layer für den Bestückungsplan.

Platon eignet sich jedoch nicht nur zur Entflechtung von Leiterplatten, sondern auch zur Erstellung von Schaltplänen, wobei solch ein Unterfangen doch sehr gewöhnungsbedürftig ist: In der mitgelieferten Bibliothek befinden sichz.Zt. kaum Bauteile für Schaltpläne, wobei dieser Mangel bald behoben sein soll. Hinzu kommt, daß man Busstrukturen von Hand zeichnen muß und die Erstellung von Schaltplänen nach DIN-Norm (z.Zt.) nicht möglich ist.

Hat man sich jedoch durchgerungen und einen Schaltplan gezeichnet, kann man den Netzlistengenerator bemühen und aus dem Schaltplan eine Netzliste anfertigen lassen. Eine Netzliste ist nichts anderes als eine einfach Textdatei, in der jede Verbindung und jedes Bauteil vermerkt sind. Um bei derfolgenden Layout-Arbeit möglichst keine Fehler zu machen, kann man den Online Design-Check bemühen (der die Netzliste benötigt), der sich bemerkbar macht, sobald eine falsche Verbindung gelegt ist, Leiterbahnen zu schmal oder zu dick sind oder zu dicht nebeneinander liegen. Dies bezieht sich übrigens nicht nur auf Leiterbahnen, sondern auch auf alle anderen Elemente.

Bauteile erstellen

Natürlich ist es auch möglich, Bauteile für die Bibliothek selbst zu erstellen. Dazu positioniert man einfach die Lötpunkte, wechselt auf den Bestückungsplan, um das „Design" des Bauteils zu bestimmen, und definiert diese Einzelelemente als Gruppe. Jetzt muß man nur noch „bezeichnen“ anwählen, die Texte positionieren, das Bauteil ausschneiden und abspeichern - fertig.

Die Arbeit mit Platon hat sich als sehr angenehm erwiesen. Jedoch läßt die Geschwindigkeit des Programms, insbesondere bei größeren Platinen, bei einem normalen ST zu wünschen übrig (dieser Umstand ist übrigens der fehlenden Rechenleistung des Computers und nicht der Software zuzurechnen). Wer des öfteren größere Platinen entflechten will, sollte sich eines der vielen Turbo-Boards oder einen TT zulegen. Auch ist bei solchen Projekten ein Großbildschirm (möglichst zusammen mit einer Farbgrafikerweiterung) empfehlenswert.

Die Ausgabetreiber

Was wäre ein Layout-Programm ohne qualitativ hochwertige Ausgabemöglichkeiten? Platon hat hier viel zu bieten. Alle Ausgabetreiber sind externe Programme, die aus Platon heraus nachgeladen werden können. In Bild 5 finden Sie eine Übersicht der Drop-Down-Menüs. wobei unter „Programm“ die entsprechenden Treiber aufgelistet sind.

Papierausgabe

Die Qualität des Druckertreibers ist erstaunlich gut - für den Hausgebrauch reicht er auf jeden Fall. Da der Rechner die Vektordaten erst in Bitmaps für den Drucker umrechnen muß. dauert das Drucken immer eine Weile. Das Ergebnis jedoch rechtfertigt diese Wartezeit.

Bild 4: In diesem Dialog können diverse Parameter zur Darstellung der Bauteile gesetzt werden.

Der Druckertreiber läßt sich sehr großzügig konfigurieren. So ist eine hohe Kompatibilität zu der vorhandenen Hardware gewährleistet. Des weiteren ist auch ein Plotter-Treiber dem Software-Paket beigelegt. Da bereits eine Menge Konfigurationsdateien mitgeliefert werden, braucht der Anwender nur in den seltensten Fällen selbst eine Anpassung vorzunehmen.

Filme

Wollen Sie aber Ihre Platinen industriell fertigen lassen (vielleicht sogar in Feinstleitertechnik), so ist eine bessere Ausgabequalität nötig, als ein normaler Papierausdruck sie liefern kann. Man verwendet hierzu meist Belichtungen auf Folie. Platon bietet zwei Alternativen: zum einen die Ausgabe als Gerberdatei, so daß jede Platinenfirma einen Gerber-Plot ihrer Platine machen kann. Zum anderen kann man ein Postscriptfile schreiben lassen. Damit kann man zu einem normalen Belichtungsstudio gehen und erhält für wenig Geld eine hochqualitative Belichtungsvorlage.

Wir haben während der Testzeit eine Platine layoutet und von einer Firma problemlos industriell fertigen lassen. Daß der PostScript- und Gerbertreiber die verschiedensten Dateiformate ausgeben kann, erhöht die Flexibilität in der Zusammenarbeit mit anderen Firmen erheblich.

XYZ-Ausgabe

Haben Sie eine Fräsanlage, so dürften Sie die Fräs-/Bohr- und Outline-Treiber interessieren, die eine am ST/TT angeschlossene Anlage über die RS-232-Schnittstelle ansteuern kann. Für die verschiedenen Geräte werden entsprechende Treiber schon gleich mitgeliefert.

Metafile

Zu Dokumentationszwecken ist es möglich. von einer Platine ein Metafile schreiben zu lassen, das ohne größeren Aufwand z.B. in Calamus oder vielen Zeichen- und Malprogrammen importiert und nachbearbeitet werden kann.

Import

Platon kann mittels des HPGF-Konverters auch jene Dateien verarbeiten. Analog verhält es sich, was wohl viel wichtiger ist, mit dem Gerberkonverter. Wenn Sie also eine Gerberdatei von einem Freund oder einer Firma zur Nachbearbeitung bekommen, können Sie auch diese Dateien bearbeiten.

Fazit

Platon ist ein wirklich leistungsfähiges Handwerkszeug. Dies gewinnt umso mehr Bedeutung, wenn der interaktive Autorouter erhältlich ist. Allerdings hat Platon auch einige Nachteile: Manchmal „haken“ die Slider des Platinenfensters, und das Drehen von Blöcken (d.h. von Bauteilen, die aus der Bibliothek geladen wurden) ist etwas umständlich. So wäre es beispielsweise wünschenswert, daß man direkt nach dem Anklicken von „Einfügen“ den Block mit der rechten Maustaste in 90°-Schritten drehen könnte.

Abschließend bleibt das Bild eines guten Layout-Programms mit einigen kleinen Kinderkrankheiten, die aber im Laufe der nächsten Wochen beseitigt sein sollen. Wirklich sinnvoll ist die Aufteilung der Ausgabetreiber in externe Module: So kann sich jeder Anwender nur die Module kaufen, die er wirklich benötigt und für Updates der Ausgabetreiber muß nicht immer das komplette Programmpaket eingeschickt werden.

Die Preise im einzelnen:

Platon-Hauptprogramm 598.- DM
Netzlistengenerator und Design-Rule Check 398,- DM
PostScript-Treiber 128,- DM
Gerber- & Bohrdatenprogramm mit Gerberkonverter 198,-DM
HPGL-Konverter 98,- DM
Fräs-Bohrprogramm 598,- DM
Outline Programm 598,- DM

Zugegeben, ein Komplettpreis von gut 2.600 DM klingt für einen Privatanwender nicht gerade lukrativ. Aber gemessen an der Leistungsfähigkeit Platons erscheint mir der Preis angemessen. Im übrigen sollte man sich im klaren sein, welche externen Programme man braucht: So wird wohl nur eine Minderheit von Ihnen das Fräs /Bohr- oder Outline-Programm benötigen, die zusammen ja schon knapp 1.200 DM ausmachen.

Bezugsadresse: VHF Computer Daimlerstraße 13 7036 Schönaich

Bild 5: Alle Drop-Down-Menüs von Platon im Überblick

Robert Osten
Aus: ST-Computer 03 / 1992, Seite 54

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