Relax - aktuelle Spiele

Amberstar

Hersteller: Thalion
Vertrieb: United Software

Zwei Jahre nach dem Überraschungshit "Dragonflight" schickt die Gütersloher "Weltenschmiede Thalion" ihr zweites Rollenspiel ins Rennen.

Aufgabe des Spielers ist es,mit maximal sechs Männlein oder Weiblein nach den dreizehn Teilen des Amberstars zu suchen, um so die Rückkehr des Erzmagiers Taros in sein Heimatreich Lyramion zu verhindern. Wie bei jedem guten Fantasy-Abenteuer steht zunächst die Erschaffung eines Charakters an. 19 Werte, von der Geschicklichkeit bis zur Intelligenz, verpassen dem Mitstreiter sein unverwechselbares Profil. Allerdings darf man nur einen Helden kreieren, die restlichen fünf muß man auf der Reise rekrutieren. Dazu besteht bereits in Twinlake, dem Ausgangsort der Saga, reichlich Gelegenheit. Außerdem lohnt sich ein Abstecher zu den Händlern vor Ort, die Waffen, Proviant und nützliche Ausrüstungsgegenstände feilbieten. Wer will, kann seine Gefährten auch in einer der diversen Gilden zum Meisterdieb oder Magier ausbilden lassen oder einen der zahlreichen Subquests annehmen. Wie das gesamte Spiel, erledigt man auch diese MiniAufgaben komplett mit Maus und Menüs. Während sich einem die Außenwelt in Ultimaähnlicher Vogelperspektive präsentiert, geht es in den unterirdischen Irrgärten wie in Dungeon Master dreidimensional zur Sache. Ein separater Kampfbildschirm, auf dem man mit Ritterrl und Fabelwesen in Echtzeit die Klingen kreuzt, ist ebenfalls mit von der Partie. hier sind auch die über 90 Zaubersprüche gut aufgehoben, die man im Verlauf seiner Alchimistenkarriere erlernt.

Trotzdem ist Amberstar kein plumpes Hau-Drauf-Rollenspiel wie beispielsweise Bard's Tale oder Champions of Krynn. Wo SSI mit Mini-Dungeons, ein paar Monstern und einer kurzen Story kleckert, klotzt Thalion mit einer gewaltigen Abenteuerwelt und cleveren Rätseln. In den über 100 Dungeons und der riesigen Außenwelt steckt auf Monate hinaus Spielspaß, nicht zuletzt wegen der abwechslungsreichen Mini-Aufgaben. Bei aller Quantität kommt auch die Qualität nicht zu kurz: Zwar ist die Gruppe beim Herumwandern durch Städte und Felder etwas klein geraten, dafür entdeckt man immer wieder kleine Grafik-Details, feine Animationen und lauscht dazu einigen von Jochen Hippels besten Kompositionen. Nur die umständliche Installation des Programms auf Festplatte bzw. Diskette (von den Originalen läuft gar nix!) gibt Anlaß zur Kritik. Ansonsten ist Amberstar der Traum jedes ambitionierten Rollenspielers: komplex, fantasievoll, abwechslungsreich, spannend!

Cruise For A Corpse

Hersteller: Delphine
Vertrieb: United Software

Lieblingsambiente für die Auflösung eines Kriminalfalles ist das klassische eingeschneite Landhaus à la "Mortville Manor".

In "Cruise For A Corpse" wird der Tat- und Aufklärungsort etwas variiert. Delphine Software wählte statt eines feudalen Landsitzes eine Luxusyacht. Die schreckliche Geschichte nimmt ihren Anfang im Jahre 1924 an der Küste Frankreichs, genauer gesagt vor der Wohnungstür des scharfsinnigen Inspektors Dusentier (bitte französisch betonen, sonst hört es sich so albern an!). Dort liegt ein Brief vom erfolgreichen Geschäftsmann Monsieur Karaboudjan, der den Kriminalisten zu einer Fete auf seinen bescheidenen Dreimaster einlädt. Dusentier hat das arbeitsreiche Festlandleben sowieso gerade satt und sagt zu. Voller Vorfreude auf einen zünftigen Törn klettert er an Bord. Er weiß noch nichts vom entsetzlichen Ereignis. Aber Sie haben es gewußt, geben Sie's zu - gleich geschieht ein Mord.

Wie gesagt, Dusentier ahnt nichts und richtet sich gerade in seiner Kabine häuslich ein, als der Butler des Gastherrn ins Zimmer platzt. Und gleich darauf weiß auch der Inspektor, was Sie zumindest intuitiv schon in Ihrem rheumatischen großen Zeh gespürt haben: Karaboudjan ist ermordet worden. Die Tatwaffe steckt noch zwischen seinen Rippen. Dusentier bekommt seinen Sherlock-Holmes-Blick und will der Sache auf den Grund gehen. Stattdessen geht er zu Boden, unfreiwillig, nach einer unsanften Berührung mit einem stumpfen Gegenstand am hochintelligenten Hinterkopf. So, und jetzt sind Sie dran! Damit Ihnen das Denken und Spurensuchen nicht so schwer fällt, ist alles schön bunt. Bunt ist völlig untertrieben: die Grafik scheint einem Trickfilm entnommen, zeigt tolle Animationen und nimmt Ihnen erstmal den Atem, Tief Luft holen und mit den Ermittlungen beginnen. Ihr Assistent ist die Maus. Sie klicken bloß auf den Schrank, zum Beispiel, dann auf "open" und schon ist das Möbel offen. Easy, hä? Daß Ihnen aus dem Wandschrank jetzt gleich dergeständige Mörderentgegenstarrt, das können Sie getrost vergessen. Meinen Sie, Delphine Software hätte dafür sechs Disketten mit Grafiken, Animationen, Sounds und Spieldaten vollgepropft? Genauer gesagt, es sind fünf, weil sich der grandiose Vorspann auf der gesamten ersten Diskette breitrnacht, Hören Sie, wie die Wellen gegen die Planken klatschen, wie Absätze auf dem Boden klackern und \Nie Türen unheimlich knarren. Diese digitalisierten Geräusche beleben die künstlich-digital heraufbeschworene Atmosphäre. Merken Sie die leichte Gänsehaut? Schauen Sie sich um, welche Indizien sich zwischen Heck und Bug der Segelyacht verbergen. Sammeln Sie Hinweise. Verhören Sie die anderen Gäste, bohren Sie nach Motiven. Fragen Sie sich, ob auch Butler und Zimmermädchen als Mörder in Frage kommen. Das Angebot an potentiellen Messerstechern ist auf die Anwesenden beschränkt; niemand konnte an Bord gelangen oder das Schiff verlassen. Nehmen Sie Ihr eigenes Brettvorm Kopf weg und untersuchen Sie die zugenagelte Tür im Gang. Schnüffeln Sie in allen Kabinen herum. Die Steuerung macht es Ihnen doch so leicht: erst ein Klick auf eine Person oder auf einen Gegenstand und dann ein Klick auf ein Verb aus der Liste der Handlungsmöglichkeiten. Daraufhin sehen Sie in einer Animation, wieder Held etwas tut beziehungsweise was mit dem Gegenstand geschiebt.

Haben Sie Geduld? Die braucht man hier nämlich nicht nur beim Ermitteln, sondern auch beim Nachladen der Grafiken. Jeder Wechsel zum nächsten Raum ist mit einem Ladevorgang verbunden. Dazwischendurch auch die Disketten gewechselt werden müssen, sollte man besservon der Festplatte spielen. Toll, Sie haben auch eine Harddisk. Dann können Sie ja endlich loslegen und den Fall lösen. Ein besseres Spiel wird Ihnen so schnell nicht wieder unterkommen. "Cruise For A Corpse" kreiert eine dichte, packende Atmosphäre um den Spieler herum. Es gibt haufenweise knifflige Rätsel, aufschlußreiche Verhöre und viele Überraschungen. Hätte es zu Zeiten von Agatha Christie Computer gegegeben: Madame hätte "Cruise for a corpse" gespielt.

Carsten Borgmeier

Titus the Fox: To Marrakesh and Back

Hersteller: Titus
Vertrieb: United Software

Sechzehn abenteuerliche Plattform-Levels muß Fuchsmann Titus bewältigen, um sein attraktives Foxinchen vor den Gelüsten eines polygamen Scheichs zu retten. Die kecke Füchsin reiste, offenbar unverschleiert, durch die nordafrikanische Wüste, um darüber einen Bericht zu schreiben. Kamen da doch ein paar Schurken mit Turban hinter einem Sandhaufen hervorgetobt, legten die rotblonde Fuchsdame in Ketten und verkauften sie in einen Harem! Da sitzt sie nun fest und übt Bauchtanz. Soweit, so schlimm.

Kommen wir also zum erfreulichen Teil. "Titus the Fox - To Marrakesh and Back" ist eins der besten und hübschesten Jump & Run - Spiele, die im Moment für Geld zu haben sind. Die schlauen Füchse von Hersteller Titus (noch einer!) haben hiermit sogar ihr hitparadenstürmendes Plattformspiel "Blues Brothers" übertroffen. Abgesehen davon, daß es mehr Levels gibt, ist darauf auch mehr los. Die Levels platzen fast aus den Nähten, soviele unterschiedliche Gegner lungern dort herum. Außerdem sind Szenarios und Handlungsmöglichkeiten vielfältiger. Zu Anfang der Jumperei ermutigen kinderleichte Levels. Kein Problem also, sich erst einmal mit den Böse- wichtern und Wurfgeschossen vertraut zu machen. Allmählich und unerbittlich steigt der Schwierigkeitsgrad im Spielverlauf. Anfangs bombardiert Titus seine Feinde nur mit umherliegendem Müll wie leeren Flaschen und Kartons. Er springt von einer Plattform zur anderen, duckt sich vorgeschossen, klettert und rennt weiter. Wohldosiert kommen immer weitere Probleme hinzu, etwa Mauern, die den Weg versperren, und natürlich massenhaft unrasierte Bösewichter und schlecht erzogene Tiere. Wespen greifen in Schwärmen an, Kampfhunde versuchen, ihre massigen Zähne in Titus' Fleisch zu graben. Sogar aus den Mülltonnen am Straßenrand droht Gefahr: ziemlich verkommene Gestalten unterhalten sich mit Hammerwerfen und zielen munter auf Titus.

All die beißenden, schießenden, stechenden und schlagenden Gegner sind bis in die Einzelheiten genau gemalt. Wie auch Landschaft, Häuser und Straßen haben die Spielegrafiker ihre Wesen und Unwesen im lustigen Comic-Stil gestaltet. Von den fast 50 Angreifern sehen viele echt witzig aus. Aber auch über Titus darf man ab und zu grinsen, beispielsweise, wenn er bäuchlings und auf allen Vieren durch den Screen robbt ganz anders als der Bausparkassenfuchs aus dem Fernsehen! Aber der peizige Befreier muß nicht immer zu Fuß gehen: ratterschnell auf dem Skateboard oder romantisch und märchenhaft auf dem fliegenden Teppich braust er seiner Liebsten entgegen. Ebenso vielfältig und abwechslungsreich sind die sechzehn Szenarios aufgebaut. Es gibt Levels, in denen Titus sich durch gepflegte Grünanlagen kämpft, in der Wüste zwischen Bohrtürmen sein Leben verteidigt oder sich in Slumgegenden mit Outlaws und Verbrechern prügelt. Umso gefährlicher sind da Hindernisse. Ganz fix muß Titus Eimer oder Kisten auftürmen, um ein solches Ärgernis schnell zu überwinden. Tja, oder man versucht einen Kraftakt, schnappt sich einen Burschen, wuchtet ihn hoch und katapultiert ihn außer Reichweite. Unangenehm für den Rüpel, hübsch anzusehen für den Spieler. Viel zu tun, denn das Spiel besteht aus 900 aufregenden Screens. Darin bewegt man sich höchst komfortabel fort. Anders als sonst, scrollt der Bildschirm nicht nur in Richtung Level-Ende, sondern auch rückwärts. So kann man immer noch umkehren, wenn man in irgendeinem Bild etwas vergessen hat. Habe ich da etwa Scrolling geschrieben. Völlig falsch! Die Grafik macht einen Riesen-Ruck, bis das nächste Bild erscheint. Das geht ziemlich auf die Augen und ist der einzige richtige Kritikpunkt an "Titus the Fox". Aber kehren wir doch zur Handlung zurück: Auf keinen Fall darf Titus Diamanten liegenlassen. Er soll sie nicht etwa aus Raffgier sammeln, sondern um sich damit ein Extraleben zu verschaffen - drei Leben sind halt unter den gegebenen Umständen nicht üppig viel.

Wer es nicht sofort schafft, Foxinchen zu befreien, sollte zumindest die umherliegenden Zauberlampen aufgehoben haben. Dafür bekommt man ein Paßwort für das entsprechende Level, kann bei einem neuen Spiel wieder an dieser Stelle einsteigen und die Gegend genauer erforschen. Unter anderem gibt es auch Geheimräume, in denen es Bonuspunkte hagelt, Punktesammeln macht da richtig Spaß, obwohl es darum eigentlich gar nicht geht: das Titus-Programm ist nämlich kein Leistungsspiel, wo einer den anderen übertrumpfen muß. Am wichtigsten ist der Spaß, am zweitwichtigsten, daß man überhaupt zum Spielende gelangt und alle Gefahren zumindest mit seinem letzten Leben meistert. Deshalb gibt es keine Highscore-Liste. Um festzustellen, wieviele Bildschirmleben noch verblieben sind, muß man über die Funktionstasten ein extra Statusfenster hervorholen. Zu allem schmettert der Lautsprecher heißen Rock aus dem Abendland oder flötet exotische Melodien aus dem Morgenland. Unglaublich aber wahr: Wüste und Slum, Action und Musik, Okzident und Orient, Kartons und Skateboards drängeln sich auf einer einzigen Diskette. Davon wird die Einkaufstüte nicht schwer.

Carsten Borgmeier

MicroProse Golf

Hersteller: Micro Prose
Vertrieb: United Software

Nach "F-19 Stealth Fighter" und "Silent Service II" versucht Micro Prose sich an einer ganz und gar unkriegerischen Simulation: Golf.

Bis zu vier Schlägerschwinger dürfen ihr Glück auf sechs verschiedenen Plätzen versuchen. Diese Kurse wiederum bestehen aus jeweils 18 Bahnen. Doch bevor die Gelterei auf dem Grün beginnt, wählen die Spieler ihre Sportgeräte, darunter eine Wedge, zwei Putter sowie neun Eisen- und fünf Holzschläger. Daraufhin zaubert das Programm eine Übersichtskarte des ersten Lochs auf den Bildschirm. Hierlegen Menüs die Stellung der Beine zum Ball, die Höhe und den Abschlagwinkel fest. Um die Schlägerwahl zu erleichtern, gibt eine weiße Linie den wahrscheinlichen Flugverlauf des Balles an. Dann geht es am Abschlag zur Sache: Durch rechtzeitiges Drücken des Mausknopfes legt man Stärke und Effet fest, dann heftet sich eine Kamera an die Flugbahn des Golfballs und verfolgt dessen Flug über Bäume, hohes Gras, Wasser und Bunker. Auf dem Grün gelandet, gilt es, Bodenunebenheiten und die Beschaffenheit des Grases einzukalkulieren, bevor es ans Einlochen geht. Wer möchte, darf ganze Partien und besonders gelungene Schläge als Zeitlupenwiederholung auf Diskette verewigen.

An Optionen mangelt es bei "Micro Prose Golf" nicht gerade, doch im Vergleich zu "PGA Tour Golf" kann es nicht mithalten. Vor allem die ungewöhnliche Grafik knabbert am Spielspaß: Schnell und funktionell mag die 3D-Polygon-Darstellung der Platzlandschaft schon sein, aber rechteckige Baumwipfel und kantige Rasenflächen haben mit Realismus oder gar Ästhetik nichts zu tun. Auch die zunächst eindrucksvollen Kamerafahrten über den Platz reißen keinen Betrachter vom Sokkel, sondern kosten nur unnötig Zeit. Simulationstechnisch liegt ebenfalls einiges im Argen: PGA-Golf-Profis werden Spezialschläge wie Chip, Punch und Fringe Shot vermissen, und das in der Praxis diffizile Einlochen hat Micro Prose unnötig vereinfacht. In Sachen Steuerung gibt es dagegen nichts zu kritisieren. Sie ist schnell erlernt und geht locker von der Hand.

Carsten Borgmeier



Aus: ST-Computer 05 / 1992, Seite 160

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite