Cubase 3.0 - der Klassiker

Es wäre auch nicht mit rechten Dingen zugegangen, wenn aus dem Hause Steinberg nicht mal wieder ein Cubase-Update entsprungen wäre. Das Rennen wurde spannend genug gestaltet, bis wir nun endlich die Version 3.0 für einen Testbericht zur Verfügung gestellt bekamen. Aber was lange währt, das wird endlich ... Für alle, die von diesem Sequenzerprogramm noch nichts gehört haben (soll es geben), ein paar einleitende Worte zu diesem so viel umworbenen Programm.

Cubase ist ein 64-Spur-Software-Sequenzer, der mit einer internen Auflösung von 384 tpq (Ticks per quarter) arbeitet. Außer „normal“ aufzunehmen, stehen 4 verschiedene Editoren bereit, die eine komfortable Nachbearbeitung und einen perfekten Notendruck gewährleisten. Cubase läuft in Echtzeit und erlaubt daher das Editieren bei laufender Sequenz. Sogar Diskettenzugriffe sind erlaubt und verzögern das musikalische Werk nicht. Das Timing hat immer höchste Priorität. Selbst im Key-, Score-, Drum- oder List-Editor läßt Cubase ein Echtzeit- Handling zu. Bei eingestelltem Loop verändert man einfach ein paar Noten oder MIDI-Events, und das Ergebnis ist sofort zu hören. Einfacher geht’s nimmer. Die Bedieneroberfläche ist mit der Maus, aber auch über die Tastatur bedienbar. Die Tastenbelegungen und einige Bezeichnungen sind gegenüber älteren Versionen leider nicht in allen Bereichen gleichgeblieben, so daß eine kleine Umgewöhnung für alte Cubase-Hasen erforderlich ist. Einige Umstellungen, Erweiterungen und Erleichterungen, die für den Anwender nicht von Nachteil sein sollen, machten diese Maßnahmen erforderlich.

Das Arrange Window

Nach dem Laden eines Songs bzw. dem Programmstart befindet man sich im Arrange Window. Wer die ST-Computer regelmäßig gelesen hat, dem kommt der Aufbau sicherlich bekannt vor. Im Test des ATARI MIDI-Studios ging es unter anderem auch um Happy Music, ein Sequenzerprogramm der Firma Steinberg. Die Verwandtschaft beider Programme ist bei erster, aber auch bei näherer Betrachtung nicht zu leugnen. Da die globalen Parameter nahezu identisch sind, möchte ich darauf verzichten, auf alle Einzelheiten erneut einzugehen, und auf den Testbericht in ST-Computer 2/92 verweisen. In dieser Ausgabe beginnt eine dreiteilige Serie, in der auch das Sequenzerprogramm ausführlich beschrieben wird. Das Transportfeld am unteren Bildschirmrand scheint sich bei vielen Sequenzern als Standard einzubürgern und unterscheidet sich kaum in Aufbau und Bedienung. Warum sollte man das Rad neu erfinden?

Abb.1: Das Arrange-Window bietet einen guten Überblick des Song-Aufbaus und durch die Toolbox gute Nachbearbeitungsmöglichkeiten.

Der List-Editor

Im List-Editor besteht die direkteste Zugriffsmöglichkeit auf alle MIDI-Ereignis-se. Die Notenlängen. Velocity werte, Lautstärke, Programm Wechsel, Aftertouch, etc., können direkt verändert werden. Bestimmte Eventtypen die nicht gebraucht werden, oder eventuell stören, können einfach ausgeblendet werden, ohne sie zu löschen. Es ist sogar möglich ein Event zu maskieren, und nur dieses anzuzeigen, ohne daß die anderen Noten bei der Wiedergabe verloren gehen. Rechts neben der Liste befindet sich eine graphische Darstellung, die in horizontaler Richtung die Zeit, und in vertikaler Richtung die Events anzeigt. Diese Form der Darstellung nennt man auch Grid. Das war auch der ursprüngliche Name des vorliegenden Editors bei älteren Cubase-Versionen.

In diesem Editor besteht die Möglichkeit zu schneiden, zu kopieren, zu löschen, hinzuzufügen oder einfach durch Öffnen der Toolbox (rechte Maustaste festhalten) Events mit einem „Fußtritt“ zu verschieben. Sofern MIDI-Daten als Text darstellbar sind, ist dieser auch veränderbar. Das betrifft auch System-Exclusiv-Daten. Die Balkenanzeige neben dem Grid dient der Veränderung der Velocity-Werte. Fährt man mit dem Mauspfeil in diesen Bereich, so wird er zu einem Stift, mit dem die Einstellung vorgenommen werden kann.

Abb.2: Der List-Editor ermöglich das gezielte Bearbeiten jedes MIDI-Events.

Der DRUM-EDITOR

Ein weiterer nützlicher Editor ist der Drum-Editor, der der gezielten Bearbeitung der Schlagzeuginstrumente dient. Da die Drum-Belegungen verschiedener Drumcomputer oder Expander leider nicht immer identisch sind, bietet dieser Editor die Möglichkeit, die Namen, die Input- und die Output-Noten selbst zu programmieren. Eine selbst erstellte Drummap ist dann jederzeit wieder nachzuladen. Auch hier kann ausradiert, verschoben, kopiert und neu gesetzt werden. Die Toolbox (rechte Maustaste halten) ermöglicht das Setzen in Verbindung mit den Tasten Shift und Control. Dabei werden gleichzeitig 4 einstellbare Velocity-Werte gesetzt, die anschließend zum festen Bestandteil dieser Note gehören.

Der Grid muß nicht unbedingt seine voreingestellte Größe behalten. Entweder bedient man sich der Zoom-Funktion und schafft damit eine größere Übersicht, oder man verschiebt ihn einfach nach links oder rechts. Das Verschieben ist auf jeden Fall zu empfehlen, wenn alle Einstellungen wie Velocity, 1.Note, MIDI-Channel und Quantisierung gemacht worden sind. Zu Testzwecken lassen sich dann am linken Bildschirmrand einzelne Instrumente muten (stummschalten), um mit einem anderen Instrument die Aufnahme abzuspielen. Im Cycle-Mode lassen sich auf diese Art und Weise die tollsten Schlagzeugsoli programmieren ohne dabei den ganzen Groove riskieren zu müssen. Wer einmal richtig hinter die Fähigkeiten dieses Drum-Editors gekommen ist, will ihn bestimmt nicht mehr missen.

Abb.3: Komfortables Arbeiten und eine gute Übersicht sind das Motto des Drums-Editors.

Der KEY-EDITOR

Auch hier wird innerhalb eines Grids editiert. Die grafische Tastatur am linken Bildschirmrand dient der direkten Eingabe, genau wie auf einem Keyboard. Das direkte Eingeben und Bearbeiten mit den Werkzeugen ist ebenfalls möglich. Am unteren Bildschirmrand steht ein grafisches Eingabefeld zur Verfügung, in dem MIDI-Daten per Werkzeug (Toolbox) veränderbar sind. Ein Klick auf den Button links neben dem Feld öffnet eine Selector-Liste mit den benutzbaren Parametern.

Darunter befinden sich Pitch-Bend, Aftertouch, Velocity, Poly-Press, Program Change, Modulation, Breath Control, Foot Contr, Main Volume, Balance, Pan, Expression, Damoer Ped, unbekannte Controller, Control 0 und Modulations-Parameter. Wer hat sich nicht schon mal Gedanken darüber gemacht, wie man ein Stück ausblenden kann, ohne Controller 7 (Main Volume) von einem Keyboard aus ständig senden zu müssen? Oder zwei Sounds, die sich gegeneinander abwechseln, aber nicht bei voller Lautstärke überblenden sollen? Dies wird mit der grafischen Nachbearbeitung im Key-Editor bewerkstelligt. Ein Beispiel ganz anderer Art wäre das gezielte Modulieren einer einzelnen Note mitten in einem schnellen Part. In Realtime auf einem Keyboard bestehen nur geringe Chancen, dies auf Anhieb hinzubekommen. Alle Controller sind im Key-Editor gezielt einsetzbar, das erleichtert die Arbeit ungemein, da nichts mehr dem Zufall überlassen werden muß. Wie auch in den anderen Editoren, sind die Werkzeuge nahezu identisch und lassen dieselben Editieroperationen zu. Das Transportfeld und sogar die Diskettenzugriffe bleiben bei laufendem Sequenzer aktiv. Wem danach ist, mal gerade eine Diskette zu formatieren, der sollte dies einfach ohne Stoppen des Songs durchführen. Das Timing-Verhalten von Cubase wird dadurch nicht beeinflußt.

Abb.4: Am unteren Bildschirmrand zeigt ein Controller für jeden Zeitpunkt die Aktivität des MIDI-Kanals.

Verweis

Da es schade wäre, alle Möglichkeiten dieses Programms nur am Rande zu behandeln, haben wir uns entschlossen, einen zweiteiligen Bericht daraus zu machen und ihn in der folgenden Ausgabe fortzusetzen. Unter anderem werden dort der MIDI-Mixer, der IPS (Interactive Phrase Synthesizer), Satellite, der Score-Editor und der MIDI-Prozessor unter die Lupe genommen.

Bezugsquelle:

Steinberg Soft- und Hardware Eiffestr. 596 W-2000 Hamburg 26


Wolfgang Weniger
Aus: ST-Computer 07 / 1992, Seite 24

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