Route iT! & Circu iT! - Fahrplanmäßig

Die Möglichkeiten für einen Elektronik-Freak von einer Idee über einen Schaltplan zu einer Platine zu kommen, sind ziemlich vielfältig. Das am wenigsten Interessante ist wohl nach ersten Skizzen und einem „fliegenden“ Probeaufbau zu einer ordentlichen, nachbaufähigen Schaltung mit Platine zu kommen. Für ATARI ST und TT gibt es einige Programme, die einem diese Arbeit erleichtern. Nur wenige unter Ihnen ermöglichen aber die Nutzung des gesamten Arbeitsspektrums von der Schaltplanerstellung bis zur fertigen Platine. Die Programme Circu iT! und Route iT! ermöglichen das Arbeiten in dem zuvor genannten Arbeitsumfang.

Mit ca. 360 DM für die gesamte Software, die von der Think! GmbH in Nürnberg vertrieben wird, ist dieses Produkt, gemessen am Leistungsumfang, durchaus auch interessant für jemanden, der sich mit Elektronik nicht ausschließlich im profesionellen Bereich beschäftigt. Sofern ein ausreichendes Maß an RAM-Speicher vorhanden ist, arbeiten beide Teile des Programmpaketes Hand in Hand. Die Zusammenarbeit funktioniert am schnellsten und reibungslosesten, wenn Circu iT! als Accessory und Route iT! als Application gestartet wird. Dabei sind drei Arten der Kommunikation zwischen den Programmen möglich:

  1. Als grundlegendste Form der Zusammenarbeit bestimmt der Benutzer den Zeitpunkt der Übergabe vom einen an das andere Programm.
  2. Etwas fortschrittlicher sieht da schon die zweite Kommunikationsmöglichkeit aus, bei der Circu iT! automatisch Daten sowie Datenänderungen von Bestückungsplan und Netzlisten an Route iT! multitasking-ähnlich übergibt.
  3. Als Krönung der Kooperation der beiden Software-Teile ist dann der quasi synchrone Datentransfer untereinander anzusehen, wobei die Informationen vom Schaltplaneditor zum Platinen-Layouter fließen und umgekehrt.
Im Bauteileditor kann man eigene Kreationen entwerfen.

Allerdings, wie schon zuvor angedeutet, sollte bei einer solchen Betriebsart ein RAM-Speicher von mindestens 2 MB vorhanden sein. Bei einer Applikation alleine sollte 1 MB die untere Grenze für die Nutzung sein. Beide Programme sind programmiertechnisch konsequent in die GEM-Umgebung eingebunden und sowohl auf dem ST/STE als auch auf dem ATARI TT lauffähig. In diesem Zusammenhang ist auch die heute schon fast zur Selbstverständlichkeit gehörende Bedienung durch Tastenkombinationen für alle Menüpunkte positiv zu erwähnen. Die Nutzung des GDOS für die Zeichensätze wird ebenso unterstützt wie die darüber erfolgende Druckerausgabe. Somit werden alle Drucker unterstützt, von denen ein SYS-File zum ATARI-GDOS existiert.

Das Druckbild

Bei Route iT! führten, trotz aller Bemühungen, nur wenige Treiber in unserer Konstellation zu einem zufriedenstellenden Druckbild. Ohne Probleme waren PostScript- und FX80- (P6 soll auch funktionieren, konnte aber nicht getestet werden) Treiber. Eine Ausgabe über Plotter mit HPGL-Code und eine Ausgabe in dem beim Platinen-Layout weitverbreiteten Gerber-Format sind in Arbeit. Wer möchte, kann die Software auch mehrfarbig genießen - ab einer Auflösung von 640 * 200 Bildpunkten. Mit den meisten Grafiktreibern für Grafikkarten des STs, so auch mit Overscan, sollten diese Programme also zu betreiben sein. Höhere Auflösungen sind aber, auch wenn man die Anzahl der offenen Fenster sieht (im Quasi-Multitasking-Betrieb nämlich fünf), bestimmt kein Luxus. Die Nutzung mehrerer Farben ist für Route iT! beim Erstellen doppelseitiger Platinen ein nützliches Feature.

Die Bauteilbibliothek enthält auch die ATARI-Custom-Chips.

Schaltpläne entwickeln

Im Schaltplaneditor, wie der Name Circu iT! schon andeutet, haben die Autoren auf Vektorgrafik gebaut. Selbst eigene in den Schaltplan übernommene Grafiken müssen im GEM-Vektorformat zum Einbinden in den Schaltplan vorliegen, damit das Vergnügen des „zackenlosen“ Verkleinerns und Vergrößerns auch auf das selbstgezeichnete Logo und nicht nur auf Bauteile und Leitungen wirkt. Die Bauteile, die in diversen Gruppen wie z. B. TTL-ICs’ zu einer Bibliothek zusammengefaßt sind, können aus mehreren Teilen bestehen. Als Beispiel sehen wir uns einen 7400-IC an, der vier Zweifach-Nand-Gatter zum Inhalt hat. Also wird der IC als Multiobjekt mit vier Einzelteilen aufgefaßt. Das heißt, die Gatter können einzeln auf dem Schaltplan plaziert werden, sind aber auf dem Bestückungsplan als ein IC-Gehäuse zu sehen. Zu einem Bauteil werden zusätzlich Pin-Bezeichnungen (z.B. GND für Masse oder A15 für eine Adreßleitung), Löt-Pad-Koordinaten, Informationen, ob ein Teil als SMD oder als Standardteil verwendet wird, und teilweise Icons in der Library verwaltet. Jedes Icon, das in diesem Zusammenhang zu sehen ist, wird als GEM-Vektorgrafik verwaltet. Einziges Manko ist, daß die Grafiken mit einem Fremdprogramm wie z.B. GEM-Draw erstellt werden müssen. Aber das scheinbar umständliche Prozedere mit den vielfältigen Library-Daten lohnt sich, denn das Zeichnen der Schaltung wird dadurch an vielen Stellen vereinfacht. Nach der Wahl des Bauteils aus der Bibliothek läßt sich das Element per Mausklick auf dem Bildschirm plazieren. Die Verbindung von Anschlüssen zweier Bauteile ist nach Vorauswahl des entsprechenden Icons aus dem Werkzeugfenster durch Anklicken von zunächst dem ersten Bauteil und dann der Anwahl des Verbindungspunktes an einem weiteren oder demselben Bauelement zu erreichen. Meistens sind so gezeichnete Schaltpläne aber nicht rechtwinklig in der Leitungsführung. Ein „Werkzeug“ aus dem gleichlautenden Fenster erlaubt ein rechtwinkliges Ausrichten von Bauteilen und Zuleitungen zueinander, indem man ein Element festhält und das andere dazu ausrichtet. Bauteile lassen sich auf dem Schaltplan auch in vielfältiger anderer Weise manipulieren, wobei das Vergrößern, Drehen und Spiegeln hier exemplarisch genannt werden.

Bus zusammenfassen

Eine äußerst zeitsparende und praktische Einrichtung ist das Zusammenfassen mehrerer gleichartiger Signale zu einem Bus. Voraussetzung ist die gleiche Bezeichnung von Pins verschiedener Bausteine innerhalb einer Schaltung. Als Paradebeispiel solcher zusammengefaßter Signale sind Adreß- und Datenleitungen in Rechneranwendungen zu sehen. Die so vereinfacht gezeichneten Verbindungen werden aber als getrennte Signale in den Route iT!-Teil übernommen. Doch bevor man zum eigentlichen Routen auf der Platine kommt, müssen die Bauelemente in sinnvoller Art und Weise auf der Platine positioniert werden. Dies wird über den Bestückungsplan, der als Bindeglied zwischen Route iT! und Circu iT! fungiert und in beiden Teilen in einer Form vorhanden, ist durchgeführt. Hier können auch noch einmal, zum Beispiel aus Gründen der Lesbarkeit, Bauteiltexte relativ zu den Umrissen der Elemente verschoben werden. Nachdem dann die letzten Schönheitsbewegungen der Teile auf dem Bestückungsplan abgeschlossen wurden, beginnt die Restarbeit in Route iT!. Dieser Teil 1 des Programmduos, der für die Leiterbahnen und das Platinen-Layout verantwortlich ist, erzeugt die Platinengrafik nicht in Vektor-, sondern, wie die meisten anderen Software-Pakete in Pixel-Grafik. Das Programm beschränkt sich auf eine Auflösung von 1 /20' bei einer Größe von 20 * 25 cm, was für eine Vielzahl der entwickelten Platinen auch ausreichend ist. In der Auswahlbox der Werkzeuge des Platineneditors befindet sich eine ausreichende Anzahl an Hilfsmitteln, um ein Layout zu erstellen. Ob man die Platine, deren Verbindungen oder gar die Beschriftung derselben verändern will - je nach Auswahl des Bearbeitungsmenüs ändern sich die Werkzeuge im Fenster. Gehäuseformen wie das DIL-14-Gehäuse für ICs kann bei Route iT! als eine Lötpunktgruppe direkt plaziert werden. Sofern man von Circu iT! nicht bereits vorhandene Verbindungen einzelner Bauteile untereinander hat, lassen sich diese nachträglich mittels der beiden Maustasten erzeugen.

Auto-Router

Der Auto-Router überrascht mit brauchbaren Ergebnissen...

Eine bequeme Arbeitshilfe beim Entflechten der Leiterbahnen bietet der eingebaute Auto-Router. Daß eine solche Möglichkeit keine nicht immer wahre Wunder vollbringen und immer fehlerfreie Platinen erzeugen kann, sollte man bedenken. Allein wenn man an das Routen von Layouts für Hochfrequenzanwendungen denkt, fallen einem schon ausreichend Fehlerquellen auf, die ein solches Werkzeug mit sich bringt. Dennoch erzielt der nach dem Lee-Algorithmus funktionierende Auto-Router meistens recht brauchbare Ergebnisse. Dem Router können über verschiedene Buttons Präferenzkriterien wie Leitungslänge oder Ausrichtung vorgegeben werden. Nach den Voreinstellungen wird dann per Dropdown-Menüpunkt die Route-Funktion in Gang gesetzt. Auch Durchkontaktierungen werden dabei automatisch gesetzt. Bedenkt man, daß es sich bei der vorliegenden Grafik um eine Punktgrafik handelt, die von einem mit 8 MHz getakteten Prozessor errechnet wird, ist die Geschwindigkeit des Routers erstaunlich zügig. Bei Knicken in Leiterbahnen kennt das Programm die beiden für diesen Software-Bereich üblichen Verlegungswinkel von 45 und 90 Grad. Das Erstellen von Masseflächen ist durch Aufziehen von Rahmen eine relativ simple Angelegenheit, jedoch lassen sich auch Leiterbahnen, die sich in einem so ausgewählten Block befinden, global innerhalb des Rahmens manipulieren. In der durch die Auflösung von 1/20' gegebenen Umgebung ist sogar eine SMD-Bauteilverarbeitung möglich.

... und einer hohen Trefferqoute.

Fazit

Zusammenfassend gesehen muß man den in konsequenter GEM-Technik geschriebenen Programmen einen guten Funktionsumfang und stabile Arbeitsweise bescheinigen. Mängel sind allerdings in der Druckerausgabe des Route iT!-Teils zu erkennen sowie in der Verlegung einiger Leiterbahnen des Routers in der Nähe von Lötaugen (nach Angaben des Programmierers wird letzterer Fehler aber bereits behoben). Für ca. 360 DM ist die Software auf jeden Fall ihr Geld wert.

Karl-Martin Schmidt

Bezugsquelle:
Think! GmbH Scharnhorster Str. 40 W-8500 Nürnberg 20

Das Ergebnis eines Postscript-Ausdrucks kann sich sehen lassen.


Aus: ST-Computer 07 / 1992, Seite 46

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