Bunter Pixel-Strom

Atari hat die Rechnermodelle STE und TT nicht gerade mit üppigen Grafikmodi ausgestattet: Vor allem bei Farben und Graustufen zeigen sie sich deutlich unterbelichtet, wie ein Blick nicht nur in die DOS-Welt zeigt. Gleichwohl fand der VME-Bus als Erweiterungs-Port in beiden Rechnern Platz. Naheliegend, daß es mittlerweile ein reichliches Angebot an Grafikkarten für diesen Erweiterungs-Slot gibt.

Der immer stärkere Einsatz von Bildverarbeitung und DTP macht die Ausgabe der Werke auf dem Monitor in 256 und mehr Farben oder Graustufen notwendig. Wir haben uns daher Karten herausgesucht, die dem STE/'TT in dieser Hinsicht Zuwachs bescheren. Das sind die sechs Modelle COCO (Matrix), Crazy Dots (TKR), Imagine (Wittich), MEGA-Vision (Sang/Trade iT), Spektrum (Wilhelm) und TC1208 (Matrix). Die immer wieder angekündigte Chroma (Omega) stand uns zum Zeitpunkt des Tests nicht zur Verfügung. Bei der Crazy Dots und der Imagine handelt es sich um an den VME-Bus angepaßte VGA-Karten, bei den anderen Modellen sind sowohl Layout der Hardware als auch die Software Eigenentwicklungen der jeweiligen Hersteller.

Konzept

Genaugenommen handelt es sich bei den Karten um Grafiksubsysteme. Denn es wird dem Rechner nichts von seiner ursprünglichen Fähigkeit genommen. Ein Monitor, der am Rechner bereits angeschlossen ist, kann dort bleiben und weiterhin genutzt werden. Im VME-Slot steckt die Karte, die auf Wunsch weitere Grafikmodi zur Verfügung stellt. An sie ist ein (ggf. zweiter) Monitor angeschlossen.

Wie stellt nun das Betriebssystem fest, daß die Ausgabe auf einen anderen als den normalen Monitor zu erfolgen hat, besser gesagt: daß der Bildschirmspeicher an anderer Stelle liegt sowie anderen Aufbau und Größe besitzt? Zwischen Karten und Betriebssystem steht immer ein Treiber, der für die nötige Verständigung sorgt. Er dient dazu, die Ausgaben der verschiedenen Anwendungen auf den rechten Weg zu leiten.

Für diese Treiber gibt es unterschiedliche Konzepte. Bei der Crazy Dots beispielsweise werden lediglich drei Treiber-Dateien in den GEMSYS-Ordner kopiert und in der ASSIGN.SYS-Datei angemeldet. Ein kurzes Steuerprogramm im Auto-Ordner läßt die Wahl der Farben und der Auflösungsgrößen zu. Bei der COCO und der TC1208 von Matrix werden ein eigenes BIOS, eine angepaßte Version des AMCGDOS und ein entsprechendes Steuerprogramm im Auto-Ordner benutzt. Fast alle Konzepte brauchen also ein installiertes GDOS; teils nehmen sie mit dem etwas schnelleren NVDI-GDOS vorlieb.

True-Color-Darstellung mit 16,7 Millionen Farben. Optimale Darstellung mit maximaler Schärfe.

Darüber hinaus gibt es während des Betriebs der Karten einige Einstellungen zu tätigen. Das sind natürlich die Farbpaletten, für deren Kontrolle allen Produkten ein entsprechendes Accessory beiliegt. Aber auch Bildlage und evtl. Dunkelschaltungen wollen gesteuert werden. Dafür stehen ebenfalls ACCs zur Verfügung. Leider sind diese nur bei der Spektrum platzsparend als CPX-Module ausgebildet.

Die Treiber sind im allgemeinen VDI-Treiber, denn das VDI stellt die unterste Schicht des grafischen Teils des Betriebssystems dar. (Darüber liegt das AES, das sich der vom VDI zur Verfügung gestellten Funktionen bedient.) Das VDI ermöglicht die Ansteuerung grafikorientierter Ausgabegeräte. Da jede, ordentliche1 Grafikausgabe auf dem ST über das VDI geht, muß der Treiber die VDI-Funktionen auf die Grafikkarte abbilden, deren Hardware ja nur er kennt. Mehr steht darüber in [1].

Dieser in 16,7 Millionen Farben eingescannte Handschuh wird in den verschiedenen Darstellungsmodi der Grafikkarten auf den Schirm gebracht.
Die Darstellung in 32.768 Farben zeigt nur geringe Verfälschungen.

Lücken

Wie ein roter Faden zieht sich die VDI- und Treiberproblematik durch diesen Test. An djeser Stelle liegen die Ursachen für (fast) alle Probleme, die man mit einer Grafikkarte so haben kann; z.B. daß bestimmte Anwendungen nicht oder nicht richtig laufen. Dann bedienen sie sich vermutlich nicht nur der VDI-Funktionen, sondern schreiben direkt in den Bildschirmspeicher. Diese Art Programm scheidet für den Betrieb mit einer der hier getesteten Karten sofort aus.

Häufig verrichtet ein Programm seinen Dienst, erkennt aber z.B. die Echtfarbfähigkeit des Grafiksystems nicht und gibt die Bilder in 256 statt in 16 Millionen Farben aus. Der Grund dafür liegt darin, daß im VDI nicht mehr als 32.768 Farben verwaltet werden. Jede Karte, die mehr beherrscht, muß ihre Fähigkeit auf anderem Wege kundtun. Meist tut sie das über einen Cookie-Eintrag. Doch die Applikation muß darauf vorbereitet sein. D.h. daß jedes Programm, das ein Echtfarbbild ausgeben will, sämtliche Cookie-Einträge kennen muß, also auf jede Karte angepaßt werden muß. Nur so ist eine hundertprozentige Sicherheit gewährleistet. Dieses schwere Los haben uns die Väter des GEM aufgebürdet, indem sie es nicht zeitgemäß erweitert haben.

Nun besteht kein Grund zur Panik, denn die gängige Software zur Bildverarbeitung (Cranach, Calamus, ReproStudio, SciGraph) wird angepaßt, und über ein Update ist die Lauffähigkeit auf allen Karten gewährleistet. Allerdings besteht eine Grauzone von Problemen, die nicht immer eindeutig sind. Da wird z.B. der Texthintergrund beim Texteditor mit einem Male schwarz, woran weder der Kartenhersteller noch der Programmautor schuld sein wollen. Da hilft nur Warten auf ein Update oder der Umstieg auf ein Programm, das GEM-konformer verfaßt ist. Unter den Text Verarbeitern ist das mit Sicherheit Script, bei den Texteditoren z.B. Edison.

Darstellung in 256 Farben. Farbverfälschungen sind deutlich erkennbar.
Geditherte Darstellung in 256 Farben. Das Bild wird leicht unscharf.

Die wahre Farbenpracht

Die hier getesteten Karten bieten allesamt 256 und mehr Farben. Das heißt, sie können jedem Bildschirmpunkt eine von 256 verschieden Farben zuordnen. Das können auch Grauabstufungen sein, dann spricht man von 256 Graustufen. Dieser Modus empfiehlt sich bei der Bearbeitung gescannter Bildvorlagen, die aus Graustufen-Scannern stammen. Bei 256 Farben benötigt jeder Bildschirmpunkt den Speicherplatz von einem Byte (Wertebereich 0-255).

Ein sogenanntes Echtfarbbild trägt auf jedem Bildschirmpunkt die Informationen von 256 Abstufungen jeweils für die Grundfarben Rot, Grün, Blau. Für jeden Bildpunkt werden demnach drei Bytes benötigt, es ergeben sich 16,7 Millionen verschiedene Farben. Sind diese auch tatsächlich mit der Grafikkarte darstellbar, spricht man von ,True Color’. Aus dem PC-Bereich stammen eine Reihe weiterer Grafikmodi, die teils irreführende Bezeichnungen wie ,Real Color' besitzen. Verwendet man fünf Bit je Grundfarbe, sind 32.768 Farben darstellbar. Diese häufig als Hi-Color bezeichneten Karten tragen hier den Zusatz ’32k’. Mehr über die Grafikmodi finden Sie in [2].

Stellt man Farbbilder, die 16,7 Millionen verschiedener Farben besitzen, auf einer Karte mit 256 Farben dar, ergibt sich ein Effekt, wie Sie ihn im Bild mit dem Handschuh sehen können. Da es zu einer Reduzierung der Information kommt, werden beieinander liegende Farben des ursprünglichen Bildes einer einzigen im dargestellten Bild zugeordnet. Gerade im Bereich der nuancierten Übergänge macht sich dieser Effekt störend bemerkbar.

Daher bedient sich die Software eines Verfahrens, das ,Dithering' genannt wird. Durch Rastermuster werden aus verschiedenen Farben Zwischentöne gebildet -natürlich lassen diese Raster das Bild unschärfer wirken. Zudem kostet das Verfahren teils erheblich Rechenzeit, die bei jedem Neuaufbau des Bildes anfällt. 32.768 Farben lassen auch ohne Dithering bereits eine sehr getreue Farbdarstellung zu, lediglich in sehr seichten Übergängen treten störende Verfälschungen auf. In der True Color-Darstellung muß das Bild nicht gedithert werden, und keinerlei Paletten sind mehr für die Zuordnung der Farben zuständig. Dadurch ist diese 16,7-Millionen-Farben-Darstellung interessanterweise nicht langsamer als die mit 256 Farben plus Dithering.

Handarbeit

Kehren wir zu unseren Testkandidaten zurück und betrachten kurz den Vorgang der Installation. Nachdem die Karte in den VME-Slot gestöpselt wurde, heißt es, die Treiber-Software richtig zu installieren. Wie bereits erwähnt, ist dies eine unterschiedliche Anzahl von Programmen, Accessories und Parameterdateien, die in den richtigen Pfaden der Boot-Partition stehen müssen. Da kommt DOS-Feeling auf, und nicht immer greifen dem Hilflosen etwaige Installationsprogramme unter die Arme. Und selbst wenn, so installieren sie zumeist selbstherrlich ihre Version der ASSIGN.SYS, anstatt sie nur anzupassen. Lediglich auf der Diskette zur Crazy Dots und bei den Karten von Matrix fand sich ein Boot-Selektor. Der ist auch dringend nötig, will man nicht permanent auf der Karte arbeiten, sondern vielleicht auch noch mit anderen GDOS-Installationen. Da ist besonders XBOOT hilfreich, denn das kopiert ja auch die ASSIGN.SYS um.

Sind dergleichen Hilfen nicht gegeben, muß in mühsamer Handarbeit kopiert werden. Ist die Karte erst in Betrieb, so bieten Einstellprogramme die Möglichkeit, Auflösung und Anzahl der Farben zu verändern. Dabei müssen die Werte der horizontalen und vertikalen Auflösung, der jeweiligen Ränder, Pixel-Frequenzen und Farbenanzahl sowie - falls möglich - die Größe der virtuellen Auflösung bestimmt werden. Näheres zu diesen Werten in [2], Bis auf die MEGA-Vision bieten alle Treiber die Möglichkeit einer virtuellen Auflösung. Dabei wird dem Rechner ein viel größerer Bildschirm vorgegaukelt, als tatsächlich vorhanden ist. Wird der Rand des tatsächlichen berührt, scrollt der Treiber mittels Hardware-Scrolling weiter, was sehr schnell geht. So spart man sich lästige Redraw-Zeiten bei der Arbeit.

Parameter für verschiedene Geräte werden mitgeliefert, doch oft genug fehlt genau die für den heimischen Monitor, oder man möchte aus der eigenen Röhre das Letzte herauskitzeln. Die Lösungen, zu eigenen Werten zu gelangen, differieren dabei erheblich. Optimal sind die Programme, die eine interaktive Zwei-Schirm-Lösung bieten. Auf dem normalen Monitor wird dabei das Programm-Menü gezeigt, ein Testbild auf dem Monitor, der an die Karte angeschlossen ist, kündet vom Erfolg der Einstellungen. Überzeugen können dabei die Programme zur Imagine und zu den beiden Matrix-Karten.

Vor dem Kauf der Grafikkarte sollten Sie einen Blick ins Handbuch Ihres Farbmonitors werfen: Handelt es sich um einen echten Multiscan, der sich automatisch auf die ihm gelieferten Frequenzen einstellt, oder ist es ein VGA-Schirm, der feste Frequenzen benötigt? (Daß er evtl, ein ,Multi' im Namen trägt, muß nichts bedeuten!) In jedem Fall sollte die Grafikkarte die Bereiche der Horizontal- und Vertikalfrequenz abdecken, die der Monitor synchronisieren kann. Ist das nicht der Fall, verschenken Sie Leistung. Zum Beispiel bietet die MEGA-Vision Pixel-Frequenzen bis zu 110 MHz, während ein Standard-VGA-Monitor wie der Atari PTC 1426 lediglich 30 MHz verkraftet. Diese Karte wäre für wesentlich leistungsfähigere Monitore (siehe in [2]) geeignet, auch in 16- oder 17-Zoll-Größe.

Bis auf die COCO bieten alle Karten fein gestufte Pixel-Frequenzen, so daß die Anpassungen an jeden Monitor möglich sein sollten. Eine Überlastung des Monitors mit zu hohen Frequenzen kann bei älteren Geräten und dauernder Überlastung bleibende Schäden hervorrufen, doch dafür sind in allen Einstellprogrammen Schutzmechanismen vorgesehen.

Serviceleistung

Sind die jeweils optimalen Einstellungen für Karte und Monitor gefunden, steht der Farbenpracht nichts mehr im Wege. Schwierigkeiten liegen dann - wie oben bereits erwähnt - auf der Software-Ebene. Da einige der getesteten Produkte relativ neu am Markt sind, bedürfen die Treiber hier und da der Nacharbeit. Updates sind häufig vonnöten, wofür die Firmen Sang, Wilhelm und TKR eigene Service-Mailboxen unterhalten. Wer ein Modem besitzt, kann sich dort jederzeit die aktuellen Treiber beschaffen.

Kriterien

Entscheidungsgrundlage beim Kauf sollten, wie gesagt, ein evtl. bereits vorhandener Monitor und seine Leistungsfähigkeit sein. Darüber hinaus spielt selbstverständlich eine Rolle, welche Anwendung auf der Karte laufen soll. Handy-Scanner, auch mit 256 Graustufen, ermöglichen heute einen preiswerten Einstieg in die Graubildbearbeitung. Programme wie Repro-Studio, Cranach oder Charly bieten Retuschiermöglichkeiten für diese Bilder, für die eine Karte mit 256 Farben vollkommen ausreicht.

Wer hingegen farbig gescannte Bilder bearbeiten möchte, die mit professionellem Anspruch in 16,7 Millionen Farben vorliegen, sollte die Anschaffung einer Karte mit 32.768 oder gleich 16,7 Millionen Farben in Erwägung ziehen. Denn die zeit- und qualitätsintensive Dither-Methode verdirbt schnell die Freude. Zu beachten ist allerdings, daß die MEGA-Vision und die Spektrum in ihren True-Color-Modi lediglich eine Auflösung von 640x480 Bildpunkten ermöglichen, da sie nur über 1MByte Speicher verfügen.

Die Testergebnisse, die Sie zu den einzelnen Karten finden, wurden mit dem GEM_TEST.PRG ermittelt, das sich im Lieferumfang des Bildschirmbeschleunigers NVDI befindet. Das Programm mißt die Geschwindigkeit verschiedener Bildschirmausgaben und vergleicht sie mit der normalen ST-Hoch-Auflösung des TT. Die Angaben sind prozentuale Abweichungen gegenüber diesem Schwarzweißmodus. Entscheidend bei der Bewertung des Tests ist dabei weniger die absolute Geschwindigkeit jeder einzelnen Karte, sondern die Relation untereinander. Wie Sie sehen, differieren die Ergebnisse sehr stark. Alle Karten wurden auf einem TT mit TOS 3.06 im 256 Farben-Modus bei einer Auflösung von 800x600 Bildpunkten und einer Bildwiederholfrequenz über 70 Hz getestet. Einzige Ausnahme: die COCO, die derartige Auflösungen (vernünftig) nur in 16 Farben darstellen kann.

Geschwindigkeit macht sich allerdings nicht nur in Meßwerten bemerkbar. Wesentlich entscheidender ist der subjektive Eindruck bei der Arbeit mit dem Rechner. Dafür sind die von GEM_TEST beurteilten Punkte ,Linien“, ‚Text‘, ,Rechtecke“ und ,AES-Ausgabe’ entscheidend. Eine Karte, die in diesen Punkten gut abschneidet, hinterläßt auch subjektiv einen schnellen Eindruck. Auffällig an den Testergebnissen ist, daß die BIOS-Ausgabe fast immer langsamer ist als die (ebenfalls schleppende) des normalen TT-Hoch-Modus. Das liegt daran, daß die VDI-Treiber, obwohl sie dafür ja eigentlich nicht zuständig sind, diese Ausgaben ab-fangen und in Grafik wandeln müssen. Außer der ,Anzeigen‘-Funktion des Desktops wird diese Art der Textdarstellung aber ohnehin von keinem ordentlichen Programm benutzt.

Karte COCO Crazy Dots 32k Imagine 32k MEGA-Vison 300 Spektrum 1TC TC1208
Hersteller Matrix, Oppenweiler TKR, Kiel Wittich, Abensberg Sang, Essen/Trade iT Roßdorf Wilhelm, Lünen Matrix, Oppenweiler
Video-RAM 1 MB 1 MB 1 MB 1 MB 1 MB 2 MB
max. Farben 256 32.768 32.768 16,7 Millionen 16,7 Millionen 16,7 Millionen
Pixelfreq. 16/25/28/50 MHz 14 Frequenzen zwischen 14 und 65 MHz 25/32/40/45/52/ 65/72/75/80/90 MHz 5/7/14/28 MHz sowie 25-110 MHz in 5 MHz-Schritten 25/28/32/36/40/45/ 56/60/65/80/84 MHz 5-132 MHz
Preis (unverb. Empf. laut Hersteller) 1099 DM 1198 DM (256-Farbversion 998 DM) 998 DM (256-Farbversion: 798 DM) (Upgrade 248 DM) 1498 DM 1398 DM (32.768-Farbversion: 998 DM) (256-Farbversion 748 DM) (Upgrades möglich) 3990 DM (1-MB-Version: 2490 DM)
Software:
virt. Auflösung ja ja ja nein ja ja
ACC zur Einst, der Farben und der Bildlage ja ja ja nur Farben ja, als CPX-Modul ja
ext. Programm zur Anpassung neuer Monitore ja ja ja nein, in Vorbereitung ja ja
Bewertung:
Geschwindigkeit - + + - o +
Bildqualität + + o o o +
Software + + + - + +
Ausstattung - + + - o +

Ferner wurde noch ein Test im Monochrombetrieb durchgeführt. Denn wer lediglich mit einem Monitor arbeiten möchte, wird nicht umhinkommen, auf einfarbigen Betrieb zu wechseln. Es gibt eine Reihe Programme, vor allem Textverarbeitungen, die zwar in jeglicher Auflösung, aber nicht in Farbe laufen. Da heißt es vor jedem Start, neu zu booten. Lediglich die Imagine verfügt über ein Programm, das in der Lage ist, abhängig von der gestarteten Anwendung Auflösung und Anzahl der Farben so einzustellen, daß z.B. auch Signum!2 darauf läuft.

Trotzdem sei dem Vielschreiber an dieser Stelle davon abgeraten. Kein guter Multiscan an einer der Grafikkarten kann die Bildqualität erzeugen, die die ST-Hoch- und TT-Hoch-Auflösungen mit den entsprechenden Atan-Monitoren liefern. Das liegt schlicht daran, daß ein Farbmonitor wegen seiner Lochmaske immer unschärfer sein muß. Die Bildqualität der Grafikkarten selbst ist bei (fast) allen gut, sie ist aber auch abhängig von der Kombination Monitor/Karte. Ganz entscheidend für die Beurteilung der Karten, die Sie in der Übersichtstabelle finden, waren ferner die Qualität der Einstellprogramme, der Treiber sowie der Umfang des sonstigen Zubehörs.

Im folgenden lesen Sie kurze Kritiken zu den einzelnen Grafikkarten, die Vor-und Nachteile jedes Produktes beleuchten. Betrachtet man das gesamte Testfeld, bilden sich drei Gruppen:

  1. Die beiden preiswerten Karten. Die auf VGA-Systemen basierenden Crazy Dots und Imagine. Sie besitzen den bekannten ET4000-Chip von Tseng, der in der Lage ist, einfache Grafikoperationen selber durchzuführen und so erhebliche Zeitvorteile bringt. Beide sind sowohl in der 256- als auch in der 32k-Version erhältlich. Ihnen kann das beste Preis/Leistungsverhältnis zugesprochen werden.
  2. Die COCO, die MEGA-Vision und die Spektrum, deren Geschwindigkeit teils niedriger ist, da sie nicht über , intelligente1 Grafikprozessoren verfügen. Sie bieten aber - mit Ausnahme der COCO - wesentlich flexiblere Grafikmodi als die VGA-Kollegen.
  3. Die Spitzen’gruppe' bildet die TC1208 allein. Geschwindigkeit, Ausstattung und Qualität sind hier optimal vereint. Allerdings distanziert sich der Stolz des Hauses Matrix auch preislich klar vom Rest des Tests und weist eindeutig in den professionellen BiIdverarbeitungsmarkt.

IB

Literaturhinweise:

[1] Jankowski, Rabich, Reschke: Atari Profibuch ST-STE-TT, Sybex Verlag.

[2] Augenweide Farbbild - 11 Multiscan-Monitore im Test, ST-Computer 4/92 S.20ff

Farbe
Auflösung/Farben
COCO
800x600x16
Crazy-Dots
800x600x256
Imagine 32k
800x600x256
Mega-Vision 300
800x600x256
Spektrum 1TC
800x600x256
TC-1208
800x600x256
Textausgabe [%] 92 288 311 128 125 478
Linien [%] 153 128 226 68 93 222
Rechtecke [%] 46 71 57 33 50 123
Polygone [%] 52 44 75 22 49 124
Kreise/Ellipsen [%] 116 127 184 101 35 139
Attributfunktionen [%] 253 143 488 178 227 135
Auskunftsfunktionen [%] 249 143 479 159 242 164
ESCAPE [%] 33 189 47 0 0 15
BIOS-Ausgabe [%] 53 157 47 22 * 24
GEMDOS-Ausgabe [%] 58 120 49 29 * 31
AES-Objekt-Ausgabe [%] 132 115 205 91 135 131
Monochrom
Auflösung
COCO
800x600
Crazy-Dots
800x600
Imagine 32k
800x600
Mega Vision 300
800x600
Spektrum 1TC
800x600
Textausgabe [%] 93 1150 410 125 1182
Linien [%] 62 260 168 98 265
Rechtecke [%] 73 149 143 106 159
Polygone [%] 84 229 120 24 231
Kreise/Ellipsen [%] 91 353 188 148 355
Attributfunktionen [%] 89 956 290 182 949
Auskunftsfunktionen [%] 90 684 267 161 704
ESCAPE [%] 61 190 107 0 '197
BIOS-Ausgabe [%] 69 164 85 29 166
GEMDOS-Ausgabe [%] 69 597 81 38 625
AES-Objekt-Ausgabe [%] 86 313 221 122 317

100% entsprechen der Grafik-Leistung eines normalen ATARI STs

COCO

Das farbige Low-Cost-Angebot aus dem Hause Matrix heißt ,COCO‘, was keinesfalls mit tropischen Früchten zu tun hat, sondern für ,Color Controller‘ steht. Der saubere Aufbau, ein Markenzeichen des schwäbischen Herstellers, fällt sofort ins Auge. Bei der COCO handelt es sich um eine komplette Eigenentwicklung von Matrix. Der Grafikchip, der auf der Karte zum Einsatz kommt, kennt allerdings nur Pixel-Frequenzen bis zu 50 MHz. Und in dieser Frequenz kann er keine 256 Farben mehr darstellen. Die nächstniedrigere Frequenz beträgt dann nur noch 28 MHz, was wiederum bei z.B. 800x600 Bildpunkten keine vernünftigen Bildwiederholfrequenzen zuläßt. Mit anderen Worten: Auflösungen mit mehr als 640x480 Punkten können bei erträglichen Wiederholfrequenzen nur mit 16 Farben benutzt werden.

Die Treiber-Software ist stabil und ausgereift, die Einstellmöglichkeiten über ein ACC sind gut. Die Erstellung neuer Monitordaten funktioniert auf sehr anschauliche Art und Weise. Es fehlt zu einem abgerundeten Bild ein Installationsprogramm, denn sogar ein Boot-Selektor ist mit in Matrix-Software integriert.

So ist die Hand-Installation ein mühseliges Unterfangen und wegen der vielen Dateien und Ordner recht unübersichtlich. Eine Deinstallation dürfte für den Laien sehr schwer sein. Das Handbuch ist dabei leider nur eine dürftige Hilfe, denn es gilt für das gesamte Produktspektrum von Matrix gleichermaßen.

Trotz der guten Qualität ist der Preis von 1099,- DM für die COCO einfach zu hoch, wenn man bedenkt, daß sie relativ langsam ist und die Fähigkeiten des TT nur unwesentlich verbessert.

MEGA-Vision 300

Die MEGA-Vision 300 ist ein relativ neues Produkt von Sang aus Essen, das die Roßdorfer Trade iT-Leute erst seit der diesjährigen CeBIT im Vertrieb haben. Es handelt sich dabei um eine eigene Entwicklung, deren Grafikmodi bis hin zu True Color reichen.

Die MEGA-Vision 300 kommt mit nur einem einzigen Treiber im GEMSYS-Ordner aus, allerdings muß bei der Installation noch einiges andere kopiert werden. Ein Installationsprogramm gibt es leider nicht. Ebenso fehlt ein Programm, mit dem neue Monitore angepaßt werden können. Laut Entwickler ist dieses aber in Vorbereitung. Die mitgelieferten Monitordaten sind äußerst dürftig und nicht dokumentiert.

Bei den Grafikmodi bietet die MEGA-Vision ein von den anderen Anbietern abweichendes Konzept. Man definiert drei Auflösungen, wobei eine als Ersatz für die normale Atari-Auflösung gedacht ist, eine zweite der Farbauflösung entspricht, für die man die Karte verwenden will, und eine dritte eine True Color-Auflösung bietet, deren sich nur darauf vorbereitete Programme bedienen können. Dieses Konzept bleibt leider weitestgehend im Dunkeln, und die Veränderung der Auflösungen ist sehr schwierig.

Der Treiber, der keinen virtuellen Bildschirm kennt und von dem Sang momentan wöchentlich ein Update liefert, bietet leider weiteren Anlaß zur Kritik. Denn neben einer Reihe von Problemen mit ansonsten korrekt arbeitenden Programmen (GemDraw, SciGraph) ist er zum Teil quälend langsam (so z.B. das Scrollen bei Script). Mit Calamus SL hingegen gibt es keine Probleme, und dort ist auch die Geschwindigkeit erträglich. Die Entwickler verweisen auf die hohe Sicherheit, die den Treiber so bremse.

Trotz der offensichtlich leistungsfähigen Hardware hinterläßt die MEGA-Vision 300 ein ungutes Gefühl. Im ihrem momentanen Entwicklungsstadium ist sie etwas für geduldige Naturen und zudem teuer.

Crazy Dots 32k

Eines der ersten Grafiksubsysteme für den Mega ST war die Crazy Dots von TKR aus Kiel. Mittlerweile hat sie ein Schwesterchen bekommen, die Crazy Dots VME, um die es hier geht.

Eine besonders einfache Installation stimmt den Anwender freundlich, und das gute Handbuch steht mit Rat und Tat zur Seite: drei Treiber in den GEMSYS-Ordner kopiert, die ASSIGN.SYS angepaßt, ein Programm in den Auto-Ordner, und es kann losgehen. Mit von der Partie sind ein Boot-Selektor sowie ein Bildschirmschoner aus dem Shareware-Bereich. Der ,Video Mode-Generator’ dient zur Anpassung neuer Monitore, braucht aber nicht in Betrieb gesetzt zu werden, da reichlich Monitordaten vorhanden sind. Alles in allem eine erfreulich komplette Ausstattung.

Der Treiber erwies sich als ausgereifter Vertreter seiner Art. Lediglich GDOS-Schriften machen ihm Probleme, doch ist dieser Fehler laut TKR mittlerweile behoben.

Die ,verrückten Punkte’ vertragen sich auch mit dem GDOS von NVDI, wodurch ein leichter Geschwindigkeitszuwachs zu erzielen war. Aber auch ohne NVDI gehört die Karte zu den ganz schnellen im Test, das gilt auch für den Monochrommodus. So ist sie sehr gut geeignet für alle, die mit nur einem Monitor arbeiten wollen. Wer zunächst nur mit 256 Farben arbeiten möchte, kann seine Karte später auf 32k Farbe nachrüsten. Nach der Atari-Messe soll es eine N VDI-Version geben, die speziell auf die Farbmodi der Crazy Dots angepaßt ist. Dabei sollen laut TKR weitere Geschwindigkeitsgewinne von 200 bis 300 Prozent möglich sein.

Die Crazy Dots ist ein ausgereiftes und schnelles Produkt zu einem günstigen Preis, das vor allem Einsteigem ans Herz gelegt werden kann.

Imagine 32k

Erste Verblüffung macht sich nach dem Öffnen der Verpackung breit: Mit der Imagine halten wir die Grafikkarte am (Flach-)Band in den Händen. Doch der Zweck heiligt halt die Mittel. Und wie der Hersteller Wittich versichert, hat er damit ein modulares Konzept geschaffen, das es ihm ermöglicht, bald noch leistungsfähigere VGA-Karten an seinen VME-Adapter anzubinden.

Die Imagine bedient sich ebenfalls des bekannten VGA-Chipsatzes von Tseng, was ihr erhebliche Geschwindigkeitsvorteile bringt. In Farbe wie in Monochrom gehört sie zu den Schnellen im Test. GDOS braucht sie nicht unbedingt, es geht auf Wunsch auch ohne, was kaum etwas an der Performance ändert. Im Paket befinden sich neben dem Installationsprogramm auch viele Monitordaten, die eine Anpassung fast überflüssig machen.

Trotzdem sollte man sich das Anpassungsprogramm nicht entgehen lassen, es ermöglicht auch dem Laien schnell, das Bestmöglichste aus seiner Röhre herauszuquetschen, ohne ihr Wohlbefinden dabei aufs Spiel zu setzen. Mit dem Treiber der Imagine gibt es keine Probleme, auch er gehört zu den ausgereiften. Auf der Testkarte waren Unschärfen zu bemängeln, die aber laut Hersteller nun nicht mehr existieren sollen.

Viel Wert haben die Wittich-Programmierer darauf gelegt, auch unsaubere Programme auf der Karte lauffähig zu machen. So liegt ihr das ,RESWITCH.PRG‘ bei. Das Programm schaut nach, welche Applikationen gestartet wurden und schaltet entsprechend den Eintragungen in einer Steuerdatei in die richtige Auflösung und Farbanzahl. Beim Wechsel zwischen Calamus SL und Tempus Word ist somit kein Booten mehr notwendig. Für ganz harte Vertreter der unsauberen Software-Zunft gibt es einen Emulator, der permanent den Originalbildschirmspeicher auf die Karte kopiert.

Diese Features, das sehr gute Preis-/Leistungsverhältnis, der stabile Treiber und die hohe Geschwindigkeit lassen auch die Imagine attraktiv für eine Ein-Monitor-Lösung erscheinen. Prädikat: für den Einstieg bestens geeignet!

Spektrum 1TC

Ebenfalls neu und aus westdeutschen Landen kommt die Spektrum 1TC des Lünener Herstellers Wilhelm Mikroelektronik. Die Karte ist gleichfalls eine komplette Eigenentwicklung, und auch sie verfügt über keinen, intelligenten4 Grafikprozessor.

Neben einem ausführlichen Handbuch gehören zum Lieferumfang der Spektrum auch ein Installationsprogramm sowie die Einstell- und Anpassungs-Software als CPX-Modul. Das sollte Schule machen. Leider ist der Platz im neuen Kontrollfeld recht beengt, so daß die Übersichtlichkeit leidet. Vermißt haben wir Monitordaten für andere als den Atari-PTC-Monitor.

Der Treiber zeigt hier und da noch Schwächen, besonders was GDOS-Schriften betrifft. Die BIOS-Textausgabe muß noch implementiert werden, sie erfolgt zur Zeit über den ROM-Bildschirmtreiber auf den normalen Atari-Monitor. Während des Tests erreichten uns neue Treiberversionen, die stets an Fehlern verloren und an Geschwindigkeit gewannen. Kurz vor Redaktionsschluß durften wir noch einen Blick auf eine Version werfen, die einige Funktionen bereits doppelt so schnell bewerkstelligt. Mittlerweile sind auch gängige Anwendungsprogramme auf den True-Color-Modus der Spektrum vorbereitet, der aufgrund des Speichers nur 640x480 Punkte groß sein kann.

Die Spektrum verfügt neben den genannten 256-, 32k- und True Color-Modi noch über eine Gangart mit 65536 Farben, bei der volle 16 Bit genutzt werden, indem Grün sechs und Rot und Blau je fünf Bit Farbtiefe erhalten.

Von der Spektrum gibt es noch zwei kleinere Versionen: Eine verfügt lediglich über 32k Farben, die andere nur über 256. Ein Upgrade von einer zur anderen ist gegen entsprechende Zahlung möglich. Geht man davon aus, daß der Treiber in Kürze wesentlich schneller und komplettiert sein wird, ist die Spektrum 1TC ein sehr interessantes Angebot. Vor allem wegen ihres True-Color-Modus’, den man nirgendwo so preiswert bekommt.

TC1208

Der Stolz des Hauses Matrix hört momentan auf den Namen TC1208. Die True-Color-Karte für höchste Ansprüche läßt die Profis unter den Bildverarbeitern nicht länger warten. Mit zwei Megabyte Videospeicher und Pixel-Frequenzen bis 132 MHz lassen sich auch Monitore von 17-und 19-Zoll-Format vernünftig ansteuern.

Die Installation der Software war bei der von uns getesteten Vorversion noch von Hand durchzuführen und dementsprechend kompliziert. Mittlerweile aber soll es laut Hersteller dafür Automatismen geben. Wie auch bei der COCO, so macht das Installieren neuer Video-Modi bei der TC1208 Spaß, dem Einstell-ACC ist die langjährige Erfahrung von Matrix anzusehen.

Im Betrieb zeigte der Treiber kaum Mängel, er glänzte im Zusammenspiel mit der TC 1208 durch Geschwindigkeit. Hier ist nur der 256-Farben-Modus abgebildet; es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß der Betrieb im True-Color-Modus nur unwesentlich langsamer ist. Mit dem Calamus SL oder Cranach ergeben sich sogar Geschwindigkeiten, die wesentlich höher liegen als bei 256 Farben, einfach weil die Software nicht mehr zu di them braucht.

An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, was natürlich für alle Grafikkarten gilt: die Geschwindigkeit der BIOS- und GEMDOS-Ausgabe sowie der ESCAPES haben keinerlei Einfluß auf die Gesamt-Performance der Karten, da GEM-Programme diese Funktionen nicht nutzen. Wer ernsthaft und täglich mit großen Datenmengen aus dem Scanner zu tun hat, wird aus Geschwindigkeitsgründen nicht um Matrix’ TC1208 herumkommen. Aber nicht nur deshalb, auch wegen des ausgereiften Treibers führt für Profis kein Weg an ihr vorbei. Verschwiegen werden sollte allerdings nicht, daß für diese Karte nebst entsprechendem Monitor (19 Zoll) fast eine fünfstellige Summe veranschlagt werden muß.



Aus: ST-Computer 09 / 1992, Seite 24

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