Hiker - Fußgängernetzwerk

Verschiedene Hersteller bieten bereits seit einiger Zeit leistungsfähige Netzwerke für ATARI STs und TTs auf Ethernet-Basis an. Bislang war dieses Gebiet den professionellen Anwendern vorbehalten, zum einen, weil entsprechendes Rechnermaterial vorhanden sein mußte, zum anderen ist eine Vernetzung mit Ethernet-Hardware immer mit hohem finanziellen Aufwand verbunden, der sich für den Heimanwender kaum lohnt.

Zum weniger aufwendigen Einstieg, quasi für den Fußgänger, bietet die Firma PAM Software, bisher bekannt durch sein Netzwerk PAM’s NET und die Entwicklung von MultiGEM2, eine reine Software-Lösung zur Vernetzung an. Zum Betrieb werden lediglich zwei MIDI- oder ein einfaches Nullmodem-Kabel benötigt. Doch wie gut ist die Software, die dahintersteht? Hiker (englisch: Wanderer, Fußgänger), so der bezeichnende Name des Netzwerkes, basiert von der Grundkonzeption her auf dem PAM’s Net. Lediglich die zusätzliche Hardware, die letztendlich die hohen Kosten einer Vernetzung verursacht, ist durch ein residentes Programm im Auto-Ordner ersetzt worden. Dieser Treiber übernimmt die Aufgabe der Schnittstellenkommunikation (MIDI, seriell) und sorgt softwaremäßig für die Einhaltung der Übertragungs-Protokolle.

Duett

Mit der augenblicklichen Version von Hiker lassen sich lediglich zwei ATARIs miteinander verbinden, weitere Rechner lassen sich leider nicht einbinden. Allerdings ist es sehr wohl möglich, sich via Hiker in ein bestehendes Ethernet einzuklinken, dies kann auch über ein Modem passieren.

Die Installation läuft recht einfach ab: in die AUTO-Ordner beider zu vernetzenden Rechner werden je zwei Programme, HIKER.PRG und NETL.PRG, kopiert. Im Wurzel-Verzeichnis der Boot-Partition finden das Accessory POPUP.ACC und die Konfigurationsdatei PAMSNET.CNF Platz.

Nach dem nächstem Reset erscheint eine Login-Abfrage, die sich glücklicherweise (für „Viel-Booter“) automatisieren läßt. Nach Eingabe eines Paßwortes tritt Hiker in den Hintergrund, und das gewohnte Desktop sowie ein paar zusätzliche Laufwerkssymbole werden sichtbar. Die Laufwerke entsprechen den eigenen und den Plattenpartitionen und Diskettenstationen des jeweils anderen Rechners. Mit diesem sogenannten transparenten Zugriff lassen sich Dateien vom einen zum anderen Platz einfach mit den normalen Desktop-Operationen kopieren, anzeigen, umbenennen usw. Selbst Programme lassen sich so über das Netz starten.

Book-freundlich

Besonders für Besitzer des ATARI-Notebooks ST-Book ist Hiker interessant: Statt jedesmal Ataris „ST-Trans“ aufrufen zu müssen, stehen sowohl für das Note-Book als auch für den Master die Dateien des jeweils anderen permanent zur Verfügung. Die Geschwindigkeit der Zugriffe liegt zwischen zwei und drei KBytes pro Sekunde, abhängig davon, ob das Netz via MIDI (31.25 KBaud) oder serieller Schnittstelle (19200 Baud) betrieben wird. Im Moment führt Hiker noch keine Datenkompression während der Übertragung durch. In späteren Versionen soll dadurch der Datendurchsatz nochmals gesteigert werden.

Kompatibilität

Vermutlich, weil Hiker auf der jahrelang entwickelten PAM’s-NET-Software basiert, traten kaum Kompatibilitätsprobleme auch mit unterschiedlichen TOS-Versionen oder anderen AUTO-Ordner-Erweiterungen wie NVDI oder MultiGEM auf. Selbst Unterbrechen der Verbindung durch kurzzeitiges Abstecken der Kabel oder Neustart eines Rechners führen nicht zu Datenverlusten. Nachdem die Verbindung wiederhergestellt ist, fährt Hiker normal mit der Operation fort.

Pop-Up-Accessory

Über ein GEM-Pop-Up-Menü, welches als Accessory installiert werden kann, lassen sich Nachrichten versenden und verschiedene Optionen einstellen. Hier kann auch eine Druckerauswahl vorgenommen werden. Hiker erlaubt die Druckerausgabe „sauberer“ Programme, die über das Betriebssystem drucken, über das Netz auf den zweiten Rechner umzulenken und an einem dort angeschlossenen Drucker auszugeben.

Auch die serielle Schnittstelle des anderen Rechners läßt sich (sofern das Netz über MIDI installiert ist) nutzen. Besitzer eines Faxmodems können mit Hilfe einer Faxsoftware (z.B. QFax/Net oder Tele-Office) Telefaxe automatisch übers Netz versenden, wobei mit dem Rechner während des Versands weitergearbeitet werden kann. Auch an dem Rechner, an dem das Faxmodem angeschlossen ist, kann mit gewissen Geschwindigkeitseinbußen weitergearbeitet werden. Die Netzoperation läuft also vollkommen im Hintergrund ab.

Fazit

Netzwerke haben in letzter Zeit stark an Bedeutung in Büro, Industrie und Forschung gewonnen. Wer Lust dazu hat, in die Welt der Computer-Netzwerke einzusteigen, außerdem zwei Ataris besitzt und den umständlichen Datenaustausch per Diskette satt hat, ist mit Hiker gut beraten. Da es sich um eine „abgespeckte“ Version des schon lange im Einsatz befindlichen PAM’s NET handelt, erscheint Hiker recht ausgereift. Leider lassen sich nur zwei STs, STEs oder TTs (Falcons) miteinander verbinden; besonders beim Einsatz der MIDI-Schittstelle wäre eine Vernetzung mehrerer Stationen einfach durchführbar und wünschenswert. Laut Auskunft der Firma PAM-Software arbeitet man aber bereits an diesem Punkt. Die Geschwindigkeit entspricht den Möglichkeiten der verwendeten Schnittstellen, man sollte sich allerdings darüber im klaren sein, daß Hiker keinesfalls als kostengünstiger Ersatz für eine Ethernet-Lösung herhalten kann. Zwar ist die Übertragungszeit bei kleineren Dateien recht gut, an ein tägliches Arbeiten wie in einem Ethernet ist aber nicht zu denken. Für 298,- DM bietet Hiker allerdings für den Heimanwender einen preiswerten Einstieg in die Netzwerktechnologie.

CM

Bezugsadresse:

PAM-Software Carl-Zuckmayer Straße 27 W-6500 Mainz-Drais

Hiker

Positiv:

benötigt außer Kabel keine externe Hardware
gute Transferraten
sichere Übertragung

Negativ:

nur Vernetzung von zwei Rechnern möglich



Aus: ST-Computer 12 / 1992, Seite 134

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