SKYPLOT: Der ATARI als Fernrohr

Die Astronomie übt wie die Astrologie auch eine gewisse Faszination aus. Sie sind jedoch entgegen der weit verbreiteten Meinung zwei völlig unterschiedliche Wissenschaften. Während sich die Astrologie mit der Stern- und Planetendeutung in bezug auf den Menschen beschäftigt, liegt der Astronomie die globale und nüchterne Physik des Weltalls zugrunde. Die Astronomie basiert auf rein logischen Zusammenhängen und meint die Stern- bzw. Himmelskunde. Mit der Astronomie beschäftigt sich auch unser Testkandidat: SKYPLOT.

Das Astronomie-Programm hat mittlerweile die vierte Generation erreicht und wird jetzt in der Version 4b ausgeliefert. Geliefert wird SKYPLOT auf drei Disketten mit einem fast 600 Seiten starken deutschen Handbuch. Es wird in zahlreichen unterschiedlichen Versionen angeboten, wobei grundsätzlich unterschieden wird, ob sie einen arithmetischen Coprozessor unterstützen oder nicht. Für alle ATARI-Rechner, die keinen Coprozessor besitzen, ist eine „Normalversion“ gedacht, für STs oder STEs mit einer 68881-FPU ist eine „Spezialversion“ erhältlich. Für TT-Rechner mit 68882-Coprozessor und mindestens einem 68030-Prozessor wird eine spezielle Version angeboten. Des weiteren existiert für alle bisher genannten Versionen noch eine Celestron-Computer-Teleskop-Unterstützung (CTT). Diese Versionen besitzen zusätzliche Funktionen, sind aber im großen und ganzen mit den „Nicht-CTT-Versionen“ identisch.

Zum Test standen der Redaktion eine „Normal“ und eine „TT-Version“ zur Verfügung. Die „Normalversion“ rechnet intern mit einer Genauigkeit von 32 Bit, dadurch kann es bei kleinen Zeitdifferenzen zu Ungenauigkeiten kommen. Mit einem arithmetischen Coprozessor gehören sie der Vergangenheit an, zudem ist die Geschwindigkeit des Programms wesentlich höher. Beispielsweise ist die „TT-Version“ bis zu 10mal so schnell wie die „Normalversion“, was allerdings nicht nur an der FPU liegt, sondern auch auf den speziellen 68020-/30-Code zurückzuführen ist. Wenn Sie sich das Programm zulegen wollen, sollten Sie darauf achten, die richtige Version zu erwerben. Allerdings besteht die Möglichkeit, bei entsprechender Aufrüstung seines Rechners ein Upgrade auf die neue Rechnerkonfiguration in Anspruch zu nehmen.

Hardware-Voraussetzungen

SKYPLOT benötigt mindestens 1 MByte RAM. Allerdings werden 2 MByte empfohlen, um den vollen Leistungsumfang nutzen zu können. Bei 1 MByte RAM können Sie nicht alle Daten der Standardeinstellung gleichzeitig nutzen. Die Bildschirmauflösung kann beliebig sein - es müssen aber mindestens 640 x 400 Punkte bereitstehen. Ferner darf die maximale Farbanzahl 256 nicht überschreiten.

Die Installation

Die Installation von SKYPLOT ist einfach. Wenn man kein glücklicher Besitzer einer Festplatte ist, sollte man sich die Originaldisketten kopieren und mit den Kopien arbeiten. Festplattenbesitzer können sich SKYPLOT nach Anlegen eines entsprechendes Ordners einfach auf Platte kopieren. Grundlegend ist gegen das Arbeiten mit einem Diskettenlaufwerk nichts einzuwenden, allerdings gestaltet sich das Arbeiten mit einer Festplatte komfortabler und bequemer.

Die Darstellung des Sternenhimmels, wie ihn ein Beobachter von der Erde sieht.
Übersichtskarte des Himmels

Nach dem ersten Start von SKYPLOT dauert es eine ganze Weile bis man sich im Hauptmenü befindet. Das liegt daran, daß die SKYPLOT-Daten im ASCII-Format vorliegen und intern in ein anderes konvertiert werden müssen. Besonders auf einem normalen ST kann das schon eine geraume Zeit in Anspruch nehmen. Abhilfe schafft das Abspeichern der Daten in komprimierter Form - da/u steht ein eigener Menüeintrag bereit. Beim nächsten Start geht die ganze Angelegenheit wesentlich schneller vonstatten. Momentan stehen Daten von 613 Sternen. 1057 Nebeln und 15383 Z-Sternen zur Verfügung. Die Daten können jederzeit erweitert werden, da sie in ASCII-Form vorliegen, so daß neue Objekte einfach mit einem Texteditor beigefügt werden können.

Das Hauptmenü

Vom Hauptmenü lassen sich die zahlreichen Funktionen von SKYPLOT steuern. Weiterhin werden die aktuellen Einstellungen auf dem Bildschirm ausgegeben. Sie geben dem Anwender Auskunft über das eingestellte Datum, das Julianische Datum, Welt-, Orts-, Stern- und Zonenzeit, die geografische Breite und Länge, den Gradnetzabstand, die Grenzgröße (Helligkeit der Objekte), die Kartenhöhe, die Himmelsdarstellungsart und die darstellbaren Himmelsobjekte. Durch das Anwählen des jeweiligen Textes verzweigt das Programm in ein Untermenü, wo sich entsprechende Änderungen durchführen lassen. Äquivalente Menüeinträge stehen ebenfalls bereit. Mit dem Feld „Aktuelle Einstellungen“ hat es eine besondere Bewandtnis: nach dem Anwählen mit der Maus wird die eingestellte Himmelsansicht ausgegeben, und zwar, ohne daß Sterne, Planeten und Objekte neu gezeichnet werden. Das hat zur Folge, daß die Himmelsansicht sehr schnell ausgegeben wird. Der Hauptbildschirm ist, wie man meinen könnte, kein Bildschirm, sondern ein Fenster. Wenn SKYPLOT unter MuliGEM oder MultiTOS arbeitet, erscheint in der linken oberen Ecke ein Fenster-Close-Button. der das Schließen des Fensters und damit verbunden einen einwandfreien Multitasking-Betrieb gestattet.

Himmelsansichten

Kernstück von Astronomieprogrammen ist mit Sicherheit die Darstellung des Sternhimmels. SKYPLOT unterstützt eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Zunächst ist „sichtbarer Himmel“ voreingestellt. Der Himmel wird als kreisförmiger Ausschnitt gezeigt, dessen Rand dem Horizont des Himmels entspricht. Der Himmelszenit ist in der Mitte des Kreises zu finden. Diese Ansicht ist mit den drehbaren Sternkarten zu vergleichen, wie sie in der Hobbyastronomie weit verbreitet sind. Die Darstellung der Sterne wird durch verschieden große Symbole (Punkte, Kreuze oder Sterne) symbolisiert. Die Größe der Symbole ist gleichzusetzen mit der Helligkeit der Himmelsobjekte. Planeten lassen sich zusätzlich mit dem entsprechenden Planetensymbol darstellen. Nebel können unterschiedlich dargestellt werden, am trefflichsten finde ich, die Nebel als Scheiben auszugeben, dadurch fällt es dem Anwender leichter, eine Unterscheidung zwischen Fixstern. Planet und Nebel zu treffen. Bei der „sichtbaren Himmel“-Darstellung läßt sich der Ausschnitt durch Drücken von „Zeit-“ und „Gradfelder" anpassen. Wählt man mit der Maus ein Himmelsobjekt an. wird eine Informationstafel ausgegeben, die unter anderem den Namen, die scheinbare und absolute Helligkeit, die Spektralklasse, das zugehörige Sternbild, die Entfernung und etliches mehr ausgibt. Bei einigen Objekten (insbesondere Planeten, aber auch Nebeln) wird zusätzlich eine Grafik ausgegeben insgesamt werden 17 Grafiken mitgeliefert. Auch hier steht es dem Anwender offen, eigene Grafiken beizufügen. Weiterhin existiert eine Art „Online-Information“, die sofort Informationen anzeigt, sobald sich die Maus über einem Objekt befindet. Neben der Mausbedienung existiert auch eine Tastatursteuerung, beispielsweise lassen sich Nebel, Galaxien, bestimmte Sterne oder Radioquellen beliebig ein-/ausschalten. Wechselt man zur Darstellungsart „Übersichtskarte“, kann man in einen beliebigen Himmelsabschnitt zoomen. Befindet sich ein Planet im Zoom-Bereich, wird er ab einem bestimmten Zoom-Faktor so dargestellt, als ob man ihn durch ein Fernrohr betrachten würde.

Die Menüs im Überblick
Der Hauptbildschirm von SKYPLOT

Neben den beiden erwähnten Darstellungsarten unterstützt SKYPLOT noch einige weitere, die ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen möchte. Je nachdem, welche Darstellungsart gewählt ist, wird die Rektaszension und Deklination angepaßt.

Das Programm SKYPLOT läuft auf jedem ATARI ab einer Auflösung von 640 x 400 Punkten. Der TT oder Falcon030 bieten eine höhere Auflösung auch farbig an. Selbst darauf ist SKYPLOT zugeschnitten. Neben einem monochromen (2 Farben) unterstützt das Programm auch einen Graustufen- und Farbmodus, wobei jeweils 16 Farben zur Auswahl stehen. Prinzipiell ist der Graustufen- mit dem Farbmodus gleich, lediglich die eingestellten RGB Werte der 16 Farben besitzen die gleichen Werte. Die vordefinierten Farben finde ich etwas unglücklich gewählt, allerdings lassen sie sich den eigenen Bedürfnissen anpassen. Das geht zwar recht umständlich vonstatten, aber es ist möglich.

Diverse Anzeigen

Neben der Himmelsdarstellung besitzt SKYPLOT noch einige weitere Darstellungsmodi, beispielsweise die „3D-Anzeige“. Sie stellt eine dreidimensionale dreh und zoombare Anzeige der Sonnenumgebung dar. Hochinteressant ist die Möglichkeit, den Beobachtungspunkt im Sonnenumkreis von 100 000 Parsec (Entfernungseinheit, die von der Parallaxensekunde abstammt, das entspricht einer Entfernung von etwa 31 Billionen km oder 3.262 Lichtjahren bzw. 206 000 mal der Entfernung Erde - Sonne) frei zu wählen (Menüpunkt „Himmel auf...“). Dadurch ist es möglich, vom Mond die Erde oder vom Fixstern Alpha Centauri unsere gute alte Sonne und deren Umgebung zu betrachten.

Die Anzeige „Sonnensystem“ gestattet das Darstellen des Sonnensystems in verschiedenen Ansichten und Maßstäben. Der „Planetenlauf“ gibt die Planeten „animiert“ aus, wobei die Bewegungsgeschwindigkeit variabel sein kann.

Der Menüpunkt „Bewegung“ ist eine hilfreiche Funktion, mit ihr lassen sich die Bewegungsbahnen von Planeten und Kometen in beliebige rechteckige Karten oder Polarkarten einzeichnen.

Der Modus „Strichspuren“ gibt den Sternenhimmel so aus, als würde man den Himmel mit einer langen Belichtungszeit fotografieren, ohne daß der Apparat mit der Erdumdrehung mitwandert. Daraus resultiert ein Strichmuster, dessen Regelmäßigkeit nur durch die Planetenbewegungen durchbrochen wird.

Der Anzeigemodus „Finsternisverlauf“ gibt Aufschluß über den Verlauf einer Sonnenfinsternis. „Auf- und Untergang“ speichert oder gibt die Sichtbarkeit der Planeten in einem Tagesprofil aus, „Sichtbarkeit“ gibt im Jahresverlauf aus, wann die Planeten zu sehen sind. „Bewegung zur Sonne" zeigt die relative Bewegung eines inneren Planeten während eines Monats oder Jahres auf. Interessant ist die „Stellarstatistik", die nach der Darstellung des Himmels eine Sternenstatistik anzeigt. Das Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) wird von Astronomen herangezogen, um physikalische Eigenschaften und daraus Informationen abzuleiten, auch diese Darstellung beherrscht SKYPLOT. Das „Dämmerungsdiagramm" kann lokal oder global gewählt werden. Es gibt Aufschluß über die Himmelshelligkeit über das Jahr bzw. den Monat gesehen.

Die Auf- und Untergänge der Planeten
Das Helligkeitsdiagramm der Planeten

Ausgaben

Das Informationsangebot von SKYPLOT ist groß. Was nutzen einem die Informationen, wenn man sie nur auf den Bildschirm, aber nicht zu Papier bringen kann? SKYPLOT läßt einen hier nicht im Regen stehen, jede sinnvolle und nützliche Funktion läßt sich auf Papier verewigen. Dabei kann die Ausgabe in eine Datei, auf einen Plotter, Laser- bzw. Nadeldrucker unter Berücksichtigung diverser Parameter erfolgen.

Grundsätzlich druckt SKYPLOT invertiert, d.h. die Sterne werden schwarz und der Himmel weiß gedruckt. Farbige Ausdrucke sind ebenfalls möglich.

Das Wirrwarr am Himmel ist groß - auch kundige Astronomen haben des öfteren Schwierigkeiten, einen bestimmten Fixstern am Firmament auszumachen - ein komplexes Suchmenü greift dem Anwender bei SKYPLOT unter die Arme. SKYPLOT bietet folgende Suchbegriffe an: Ort, Stadt, Sternbilder, Objekte, Ereignisse, Zentralpunkt, Sonnen-, Mondfinsternisse und Sternbedeckungen.

Neben der Möglichkeit, direkt von SKYPLOT aus zu drucken bzw. zu plotten, werden einige Zusatzprogramme mitgeliefert, die es beispielsweise ermöglichen, große Bitmaps zu Papier zu bringen. Ab der Version 4b druckt SKYPLOT jetzt auch über Postscript aus neben der GDOS-Ausgabe oder Bildschirm-Hardcopies, können auch EPS-Dateien (Encapsulated PostScript) erzeugt werden.

Hilfen

Ein komplexes Programm wie SKYPLOT wirft oft irgendwelche Rätsel auf. Meistens hilft einem das Handbuch weiter, doch auf welcher Seite stehen die gewünschten Informationen? SKYPLOT läßt den Anwender nicht alleine. Auf Wunsch kann man sich bei jeder angewählten Funktion einen Handbuchverweis (Seitenzahl) und eine kurze Beschreibung der gewählten Funktion ausgeben lassen. Besonders am Anfang weiß man diese Option zu schätzen. Weiterhin lassen sich jederzeit die Tastaturbelegungen anzeigen. Sehr hilfreich ist die Erklärung von Fachbegriffen, besonders Anfänger werden diese Funktion des öfteren an wenden - oder wissen Sie, was HRD, Ephemeriden, Deklination, Rektaszension, Parsec oder topozentrisch bedeutet?

Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit von SKYPLOT hängt stark mit den verfügbaren Daten zusammen. Grundlegend läßt sich aber feststellen, daß die Geschwindigkeit auf einem normalen ATARI ST meiner Meinung nach schneller sein könnte. Oft wartet man schon eine geraume Zeit, bis der Himmel dargestellt oder eine Berechnung fertig ist. Natürlich läßt sich zur Entschuldigung anfügen, daß die Berechnungen, speziell in der Astronomie, sehr komplex sind, trotzdem beweisen ähnliche Programme auf anderen Rechnersystemen, daß es auch schneller geht. Trotz alledem läßt sich auch mit einem normalen ATARI ST recht zügig arbeiten. Richtige Performance ist allerdings nur auf einem TT festzustellen.

Das Hertzsprung-Russell-Diagramm

Bedienung

SKYPLOT wird sowohl mit der Maus als auch mit der Tastatur gesteuert. Ferner hat der Autor Frank P. Thielen versucht, SKYPLOT unter GEM zu programmieren. Im Prinzip ist es ihm gut gelungen, schließlich arbeitet SKYPLOT einwandfrei unter MultiTOS und MultiGEM. die eine saubere GEM-Programmierung voraussetzen. Accessories sind ebenfalls uneingeschränkt anwendbar. Allerdings hält sich SKYPLOT nicht an die GEM-Bedienungsrichtlinien. Das bezieht sich auf die etwas konfus sortierten Menüeinträge und setzt sich mit der Anordnung zahlreicher Dialogboxen fort. Eine sauberere Gliederung wäre anzuraten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich mich aber auf die etwas unkonventionelle Darstellung und Anordnung eingestellt.

Fazit

Sieht man einmal von der gewöhnungsbedürftigen Bedienung ab, muß ich dem Autor großes Lob zollen. Die Möglichkeiten, die in SKYPLOT stecken, sind vielfältig und gehen weit über die Bedürfnisse eines Hobbyastronomen hinaus. Besonders lobenswert sind die umfangreichen Ausgabemöglichkeiten, das Hilfesystem und das 600 Seiten starke Handbuch. Daß der Sterndatenstamm fast beliebig erweiterbar ist, macht das Programm für jeden Astronomen interessant. Der Autor bietet gegen einen kleinen Unkostenbeitrag einen größeren Datenbestand an. Allerdings sollten Sie vor Erwerb bedenken, daß Ihr Rechner auch mit genügend RAM gesegnet sein muß. sonst verweigert SKYPLOT die Annahme, bzw. der Datenstamm muß gesplittet werden.

AK

Bezugsadresse:

Heim Vertag GmbH
Heidelberger Landstr. 194
W-6100 Darmstadt

Preis:

SKYPLOT PLUS IVb: DM 198,-
SKYPLOT Coprozessor: DM 248,-
SKYPLOT TT: DM 298,-

SKYPLOT PLUS IV

Positiv:

zahlreiche komplexe Möglichkeiten
große Dateninformationen
umfangreiches Handbuch
zahlreiche Ausdruckfunktionen
Hilfesystem

Negativ:

konfuse Bedienung



Aus: ST-Computer 04 / 1993, Seite 50

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