Phase 4 Teil 3: Xenomorph

Rendern für den schmalen Geldbeutel

Als ich den zweiten Teil des Phase-4-Tests zusammengepackt und in die Redaktion übertragen hatte erreichte mich ein Anruf der Firma Lexikor aus den USA und man versprach, mir die neuesten Versionen der Produkte per DFÜ zu übertragen. Ein paar Tage später lagen die Neuheiten dann vor. Immerhin stimmte man mir beim Fazit des zweiten Teils zu, daß die Farbfähigkeiten des Phase-4-Paketes nicht überzeugen können. Als ich die Archive entpackt hatte, lagen diverse Neuerungen vor, die ich in diesem Nachtragbericht gerne der Leserschaft darlegen möchte.

Bevor ich auf die Änderungen und neuen Programme eingehe, möchte ich noch eine Ergänzung zum Programm Chronos machen. Durch das Studium aller Handbücher und wegen diverser Schwierigkeiten während der Testphase zu den Teilen 1 und 2 ist mir ein wichtiger Punkt im Programm Chronos entgangen. Es handelt sich um das Morphing. Morphing ist die Möglichkeit, ein Objekt in einer Bildersequenz in ein anderes Objekt übergehen zu lassen. Bestens bekannt ist dieser Effekt seit dem Film Terminator 2, wo das neuere Modell aus dem Fußboden herauskommt und vor dem Getränkeautomaten steht. Dank der Firma Lexikor, die mir einen Morphing-Film zukommen ließ, haben wir ein paar Bilder aus dieser Animation herausgeschnitten und abgedruckt.

Die Bilder wurden mit dem neuen Prism Paint 1.5B ausgeschnitten. Es ist wesentlich erweitert worden, so daß ein komfortableres Arbeiten möglich ist. In dem File-Menü befindet sich ein Punkt namens Merge Animation. Damit ist es möglich, zwei Filme übereinanderzulegen - sehr sinnvoll, um in einer Ecke ein Logo oder ein Copyright-Symbol darzustellen. Des weiteren existieren ein paar neue Funktionen fürs Clipboard. Wurde ein Bildausschnitt mit Hilfe von Copy oder Lasso ins Clipboard kopiert, kann man die Grafik jetzt horizontal oder vertikal spiegeln. Ein Verdrehen in der Horizontalen und Vertikalen kennt man schon von Chronos. Des weiteren kann man «vergrößern, verkleinern und rotieren. Insgesamt kann man dem Prism Paint in der neuen Version eine bessere Wertung geben, nämlich 3 Mäuse.

Xenomorph

Als Ergänzung zum Phase-4-Paket bietet Lexikor inzwischen das Programm Xenomorph an. Nach einem Namenverwirrspiel (zuerst Phönix, dann IRIS-Render, schließlich Xenomorph) scheint nun das Produkt fertig zu sein. Man konnte es bereits auf der CeBIT '93 am Stand von Richter Distributor begutachten. Richter hat auch dafür den Vertrieb übernommen. Xenomorph ist eine Art Mischung aus Chronos und Render 24 aus dem Phase-4-Paket. Das Programm läuft in der mittleren und hohen Auflösung und wird, wie auch schon die anderen Lexikor-Produkte, in zwei Versionen ausgeliefert: einer normalen und einer Version für Rechner mit 68882-Coprozessor. Auf der CeBIT lief Xenomorph auch problemlos auf dem Falcon030. Nach dem Starten werden die altbekannten 3D2-Files eingeladen. Durch die Merge-Funktion ist zudem ein Hinzuladen von 3D2-Files gewährleistet. Ein kleines Manko für die Käufer von Xenomorph ist die Objekterstellung. Im Lieferumfang ist leider kein Editor enthalten, so daß die 3D2-Files von DynaCADD oder Cybersculpt erstellt werden müssen. Letzeres ist ebenfalls bei Richter Distributor für 69 DM erhältlich.

Xenomorph hat auch ein eigenes File-Format, in dem alle Informationen, wie z.B. Kamera- und Lichteinstellungen, mit Bezug auf die Objekte gespeichert werden. Dieses Format nennt sich RD1. Wer also mit Xenomorph sofort loslegen will, dem bleibt der Weg zur Objekterstellung mit anderen Programmen nicht erspart, es sei denn, er bestellt sich bei Richter Distributor eine Wechselplatte mit ca. 30 MB Daten, die für den schnellen Einstieg gedacht sind. Der Preis von 498 DMfür die Lizensierung scheint auf Anhieb etwas hoch, bei genauerem Überlegen und Abwägen allerdings ist die Bibliothek, die unter anderem Möbel und Tiere enthält, ihr Geld wert. Wer seine Wechselplattenmedium schickt, zahlt nur die Lizensierung, ansonsten kann aber auch ein Medium für ca. 150 DMmit erworben werden.

In dem File-Menü wird Xenomorph konfiguriert, oder besser gesagt, die Bildergebnisse werden im Vorfeld beeinflußt. In der linken Hälfte des Dialoges (Bild 2) wird die Bildauflösung mit den Farben eingestellt. Unter dem Punkt Image-Resolution befinden sich auch zwei Falcon030-Auflösungen. Wird der "Current-Button selektiert, werden die aktuellen Bildschirmwerte übernommen, durch Klick auf "Custom" lassen sich die Daten von Hand eingegeben. Somit ist eine Erstellung von Bildern für Grafikkarten möglich, ohne diese selbst zu besitzen. Die meisten Leser ahnen sicher schon, warum hier diverse Bildeinstellungen vorgenommen werden können. Xenomorph ist, wie anfangs erwähnt, eine Mischung aus Chronos (dem Animator) und Render 24. Während der Render-Vorgang im Render 24 quälend langsam war (1 Woche kam schon mal vor), überschlägt sich Xenomorph fast.

Render-Zeiten von 1 bis 2 Stunden sind bei nicht allzu komplexen Berechnungen keine Seltenheit.

Bei der Farbgebung für die Objekte hat man es sich meiner Meinung nach etwas zu einfach gemacht. So stehen dem Anwender lediglich drei verschiedene Oberflächen zur Verfügung: eine holzartige Maserung, eine Marmorstruktur und das sogenannte Image-Mapping. Beim Image-Mapping (Bild 3) wird zunächst das Objekt gedreht und skaliert, bis es in der gewünschten Größe und an der richtigen Position steht. Nun wird einfach ein GIF-, Targa- oder SPC-File eingeladen, und Xenomorph projiziert das Bild auf den Körper. Für Anwender mit Scanner oder Digitizer ist dies sicher kein Problem. Aber für alle anderen bleibt hier leider nur der Blick in die bekannte Röhre.

Gut, besser, am besten

Zurück zur Xenomorph-Oberfläche (Bild 1). Nach dem Einladen eines Files (3D2, RD1) befindet(n) sich das oder die Objekt(e) in einem großen weißen Fenster. Gewöhnungsbedürftig sind die fünf(!) Slider rechts und unter dem Fenster. Hiermit ist die Sicht auf das Objekt veränderbar. Beim Betätigen der Slider tut sich zunächst nichts. Erst nachdem die Einstellungen den Wünschen entsprechen, wird durch einen Klick ins Fenster die veränderte Darstellung gezeichnet. Rechts oben befindet sich das Scene-Outline-Fenster. Es dient zur besseren Übersicht über die gesamte Szene. Die Lichtquellen werden dabei als Stern und die Kamera als Quadrat dargestellt. Die Blickrichtung wird durch eine dünne Linie symbolisiert. Somit muß man nicht lange mit Zahlen experimentieren und diverse Render-Versuche starten, um die Einstellungen zu überprüfen. Eine schneller Check kann auch durch eine direkte Bildberechnung geschehen, allerdings sollte man dann bei Shading-Choices aus Geschwindigkeitsgründen nur "Polygon" oder "Gouraud" anwählen. Eine exakte Berechnung der Farbverläufe mit Schatten findet nur bei "Phong" statt. Soll zusätzlich ein Schattenbild geworfen werden, muß "Phong/Shadows" selektiert werden.

Während des Renderns kann man durch Betätigen der Space-Taste einen Blick auf das Bild werfen. Bei Bildern, die für einen größeren Bildschirm gedacht sind, wird nur der darstellbare linke obere Teil gezeigt. Das gleiche gilt nach der Fertigstellung des Bildes für die Darstellung durch Klick auf das kleine Bild links neben Render-Scene.

Als die Bilder laufen lernten

Der Menüeintrag Animation verheißt zunächst Gutes, und so dürfte manch einer enttäuscht sein, wenn er feststellt, daß Xenomorph eigentlich keine Filme erstellt. Es legt jedes berechnete Bild als einzelne Datei auf dem Datenträger ab. Als klug erweißt es sich, die Bilder als GIF zu sichern, um daraus mit einem weiteren separaten Programm einen Film zu erstellen. Das für die Animation kreierte RUN-File kann auch vom VDO-Maker eingelesen werden, so daß zum Schluß doch noch ein Film entsteht. Nur bei mir tat er das nicht, als er automatisch 350 GIF-Bilder zusammenfügen sollte. Es handelt sich bei dem VDO-Maker um eine Beta-Version, und so ist die automatische Zusammenstellung noch nicht empfehlenswert. Das einzelne Einladen der Bilder klappte allerdings sehr gut.

Fazit Xenomorph

Für 169 DMwird dem Käufer einiges geboten, aber auch einiges vorenthalten, denkt man z.B. an die Möglichkeiten von Chronos. Xenomorph ist sein Geld wert, da es nicht nur stabil läuft und gute Ergebnisse hervorzaubert, sondern auch von diversen Programmen auf dem Markt flankiert wird. Ein paar der Programme werden im Anschluß noch beschrieben. Für einen Anwender, der bei Null anfängt, bleibt es leider nicht bei der Ausgabe von 169 DMfür Xenomorph, sondern er benötigt außerdem entweder die Bibliothek aus 3D-Dateien oder einen Objekteditor, der das 3D2-File-Format schreibt.

Cybercolor

Cybercolor ist ein Programm zur Bearbeitung von 3D2-Objekten. Wie der Name schon suggeriert, können die Objektfarben geändert werden. Dies geschieht durch einfaches Auswählen der Farbpalette und einen Klick mit der linken Maustaste auf die gewünschte Fläche. Sehr große Flächen können mit einem Klick der rechten Maustaste gedrittelt werden. Das ist sehr nützlich, unfeine gleiche Flächenanzahl mit einem anderem Objekt zu bekommen, was wiederum Voraussetzung für den Morphing-Effekt in Chronos ist.

Als Beilage zu Cybercolor erhält man Cybertrace. Mit Cybertrace können Degas-Bilder vektorisiert werden. Das Ergebnis wird als TMP-File gesichert, das dann in entsprechenden Programmen extrudiert werden kann. Allerdings sollte man daran nicht allzu hohe Erwartungen stellen, da hier keine Bezier-Kurven verwendet werden. Aber immerhin ist es damit möglich, einen Schriftzug relativ schnell als 3D2-Objekt zu erhalten. Cybercolor läuft grundsätzlich in jeder Auflösung, kann aber die Objekte nur bearbeiten, wenn die Anzahl der Farben übereinstimmt. Cybercolor kostet 149 DM und ist für eine Farbnachbearbeitung von Objekten unersetzlich.

Genesis, die Entstehung

Ein weiteres Zusatzpaket ist Genesis. Es beinhaltet mehrere Programme, die auf "planetarische Effekte" abzielen. Das ist für all die interessant, die ein Raumschiff durchs All fliegen lassen wollen.

Mit Magrathea, dem Planeten-Builder, können Planeten nach bestimmten Vorgaben erschaffen werden. Neben der Anzahl der Planquadrate und der Angabe von Breiten- und Längengraden werden auch prozentuale Angaben für die Menge an Ozeanen und Land sowie Bergen und Polareis benötigt. Die Farben für Land, Ozean, Berg und Eis können durch Angabe von RGB-Werten farblich beeinflußt werden.

Terraine ist eine Ergänzung zu Magrathea. In Terraine läßt sich ein Degas-Bild auf ein Raster legen, welches mit drei Angaben konfiguriert wird. Das Ergebnis ist ein einfarbiges Relief, das in Cybercolor weiterbearbeitet werden kann. Das Programm Star Track dient zur Erstellung eines Sternbildes. Hierbei kann man die Anzahl der Sterne und deren Farben im Dialog einstellen. Anschließend wird aus den Angaben ein Film erstellt und auf der Festplatte gespeichert. Soll der Sternenfilm mit einem anderem Film zusammen gespeichert werden, sollte man die Overlay-Funktion selektieren. Der Effekt eignet sich besonders, um einen großen Planeten im All zu positionieren und den Hintergrund mit Sternen auszufüllen. Warp ist die logische Weiterentwicklung von Star Track. Hier stellt man ebenfalls die Anzahl der Sterne und deren Farben ein, zusätzlich dazu gibt es noch den Speed-Parameter. Die Sterne bewegen sich dann konzentrisch vom Bildschirmmittelpunkt nach außen und verändern ihre Größe. Dadurch wird ein Flug im All simuliert.

Wieder sind es diverse Einzelprogramme, die zu einem Paket zusammengefaßt werden. Den einen mag es stören, der andere arbeitet lieber mit vielen einzelnen Utilities. Mein Geschmack geht allerdings eher in die Richtung eines alleskönnenden Programms, das alle möglichen Funktionen zusammenfaßt. Das ganze Paket "Genesis" kostet 79 DM und ist durchaus sein Geld wert. Alle Science-Fiction-Fans und User, die Gefallen an Animationen gefunden haben, werden Genesis als unverzichtbar empfinden.

Xenomorph

Positiv:

niedriger Preis
einfache Bedienung
schnelles Rendern

Negativ:

geringe Auswahl bei Objektoberflächen
kein Objekteditor im Lieferumfang

Cybercolor

Positiv:

saubere GEM-Einbindung
einfache Handhabung
auflösungsunabhängig

Negativ:

langsamer Bildschirmaufbau bei größeren Objekten

Genesis

Positiv:

sauber in GEM eingebunden (außer Terraine)
nützlich für Science-Fiction-Fans
günstiger Preis

Negativ:

unübersichtlich durch vier einzelne Programme



Aus: ST-Computer 07 / 1993, Seite 38

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