Grafikkarte Crazy Dots II: To be continued...

Mit der Grafikkarte Crazy Dots für den Mega- und VME-Bus setzte TKR bereits vor einiger Zeit neue Maßstäbe im Bereich der preiswerteren Grafikkarten. Obwohl am unteren Ende dessen angesiedelt, was der farbbegierige ATARIaner für eine Grafikkarte investieren muß, leistete die Karte bereits eine ganze Menge.

Bis zu 256 Farben in der Grundversion und mit einer kleinen Zusatzplatine sogar bis zu 32.768 Farben waren möglich, und dieWerte für Bildwiederholfrequenz und Auflösung standen den „professionellen“ Karten durch die Bank um nichts nach. Nun haben die Entwickler der Karte noch ein paar zusätzliche Features hinzugefügt, die wir hier im Test eingehend unter die Lupe nehmen wollen.

Nachbrenner

Als erstes ist zu erwähnen, daß die Crazy Dots neben einer eigenen Treiber-Software auch mit dem NVDI/ET4000 betrieben werden kann. Und obwohl die TKR-Treiber-Software bereits zu den Schnellen im Lande gehört, entfaltet die Grafikkarte erst mit dem Nachbrenner der Gebrüder Behne so richtig ihre Leistungsvielfalt: Auch in hohen Auflösungen mit vielen Farben (z.B. 1024768 Punkte in 256 Farben oder 800600 in 32768 Farben) ist auf dem TT immer noch ein absolut flüssiges Arbeiten mit der Grafikkarte möglich, ohne daß Programme auf unsaubere Tricks zurückgreifen müßten. Auf einem Mega STE muß man allerdings schon ein paar Einbußen in Sachen Geschwindigkeit hinnehmen, da der 68000er trotz des mit 16 MHz doppelten Systemtakts gegenüber den ersten STs bereits mit der Verwaltung des Bildschirmspeichers sehr gut ausgelastet ist. Wenn man die Auflösung aber verringert (zum Beispiel auf 800*608 Punkte) und sich mit 16 Farben begnügt, was für die tägliche Arbeit auch durchaus ausreichend ist, kann man auch mit einem Mega STE und der Crazy Dots II vernünftig arbeiten, ohne den Kaffeeverbrauch merklich ansteigen zu lassen. Schade ist, daß die Crazy Dots II nur noch für den VME-Bus und nicht mehr, wie der Vorgänger, auch für den Mega-Bus angeboten wird. Dadurch bleiben die Besitzer älterer Rechner bei den neuen Features der Karte außen vor. TKR hat allerdings angekündigt, für Besitzer der Mega-Bus-Karte eine spezielle Upgrade-Aktion mit den auf der Crazy Dots II nicht mehr benötigten High-Color-Erweiterungen anzubieten.

Farbaktiv

Diese High-Color-Erweiterungen werden bei der Crazy Dots II überflüssig, weil die Karte bereits von Haus aus in der Lage ist, Grafikmodi mit 32768 Farben gleichzeitig auf dem Schirm darzustellen. Dies wurde durch den Einsatz eines neuen Chips auf der Karte erreicht, der trotz gleicher Anschlußbelegung auch diesen Farbmodus und sogar die Darstellung von Echtfarben (16,7 Millionen Farben gleichzeitig) erlaubt. Gerade mit den hohen Farbzahlen bringt man jedoch den Grafikchip auf der Karte, einen Tseng ET-4000, wie er auch in höherpreisigen PC-VGA-Karten Verwendung findet, ganz ordentlich ins Schwitzen: So reicht der maximal Pixel-Takt der Karte gerade noch aus, um bei einer Auflösung von 800608 Punkten bei 32768 Farben eine Bildwiederholfrequenz von 62 Hertz zu erhalten. Der beim ET-4000-Chip maximal mögliche und auf der Karte auch vorhandene Bildschirmspeicher von 1 MB schiebt außerdem höheren Auflösungen in dieser Farbzahl einen Riegel vor; ebenso sind in Echtfarben maximal 512512 Punkte darstellbar. Man muß jedoch eindeutig sagen: Dies alles stellt kaum ein echte Einschränkung für die tägliche Arbeit dar, da man außer im Bereich der elektronischen Bildverarbeitung sowieso nur selten diese große Anzahl Farben gleichzeitig benötigt. Der normale Anwender ist mit 256 Farben meist schon überausgestattet, und die zusätzlich möglichen Farbmodi dürfen so gesehen als Bonbon betrachtet werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Grafikkarte durch diese neuen Modi nicht teurer bzw. gegenüber der alten Version mit High-Color-Modul sogar preiswerter geworden ist: Die Crazy Dots II kostet mit einem empfohlenen Verkaufspreis von 898,- DM genausoviel wie der Vorgänger mit 256 Farben und sogar 150,- DM weniger als das Pendant mit 32768 Farben.

Plug in and play?

Ganz so einfach wie in der Zwischenüberschrift, nämlich einfach einstecken und loslegen, geht es mit der Crazy Dots dann doch nicht. Während der hardwareseitige Einbau der Karte auch dank der umfangreichen und vor allem leicht verständlichen Beschreibung im Handbuch relativ schnell und einfach vonstatten geht, haben die Programmierer vor die Benutzung der Karte erst mal die Konfiguration der Software gesetzt, und die ist nicht gerade das, was man als ein Kinderspiel bezeichnen würde. Glück hat man, wenn sich in der inzwischen recht umfangreichen Monitorbibliothek ein Konfigurations-File für den eigenen Monitor findet, da dieses mit Sicherheit eine optimale Kombination aus Grafikkarte und Monitor gewährleistet. Ein Nachbearbeiten dieser Files ist wirklich nur in Ausnahmefällen nötig. Ärgerlich wird es hingegen, wenn man kein auf den eigenen Monitor passendes File vorfindet. Hier ist dann ein Nachmittag für Einstellen und Justieren der verschiedenen Parameter nötig, damit die Zusammenarbeit zwischen Monitor und Grafikkarte anschließend optimal vonstatten geht. Die optische Kontrolle der einzelnen Modi mittels eines Testbildes ist zwar eine angenehme Hilfe, kann jedoch auch verwirren, da dies auf modernen Multiscan-Monitoren mit Bildlagespeichern zu einer etwas seltsamen Darstellung führt, da hier für die gerade getestete Auflösung keine Bildlage gespeichert ist und der Monitor dann die Standardwerte einsetzt, die meist für die Auflösung 640*480 optimiert sind. Schwierig wird die Einstellung besonders dann, wenn man einen Grafikmodus ein-stellen möchte, der knapp an der Grenze dessen liegt, was der verwendete Monitor zu leisten vermag. Hierbei ist eine ganze Menge Insiderwissen vonnöten, um mit den Parametern für „Länge des Blank-Impulses“, „Länge der aktiven Display-Phase“ und der „Zeit vom Start des Blank-Impulses bis zum Sync-Start“, die an keiner Stelle im Handbuch näher erläutert werden, eine optimal die Möglichkeiten des Monitors ausnutzende Einstellung zu erhalten. An diesem Punkt muß auch dem Handbuch widersprochen werden, daß hierbei von einem „nur geringen“ Gewinn gegenüber den automatisch gesetzten Werten spricht. Eigene Experimente haben ergeben, daß gerade mit Veränderungen an diesen Werten erst die optimalen Resultate zu erzielen sind. Insbesonders bei Monitorresonanzen (einer bei einer bestimmten Kombination von Auflösung, Farbzahl und Bildwiederholfrequenz durch das Bild laufenden Welle, die ein vernünftiges Arbeiten dann fast unmöglich macht) kann man durch kleine Änderungen an diesen Werten Abhilfe schaffen. Ebenso kann man durch unsinnige Werte hier aber auch den Monitor völlig verwirren oder im Extremfall sogar beschädigen. Hier wäre eine bessere Dokumentation der Parameter und ihrer Wirkungen wünschenswert.

Aufrüstungsgespräche...

Auch an Besitzer älterer Crazy-Dots-Karten hat der Hersteller gedacht. Da der gesamte Unterschied zwischen der alten und der neuen Version in einem einzigen Chip steckt, der zudem auch genau auf das Platinen-Layout der alten Crazy Dots paßt, bietet TKR einen Hardware-Upgrade-Service an. Um in den Genuß der neuen Funktionen zu kommen, muß man lediglich seine Karte an TKR einschicken und einen Verrechnungsscheck über den Upgrade-Betrag beifügen, und nach wenigen Tagen erhält man eine aufgerüstete Crazy Dots II zurück. Die Preisgestaltung (228,- DM) mag auf den ersten Blick etwas utopisch anmuten, man darf aber nicht vergessen, daß dieser Chipaustausch von Hand vorgenommen werden muß und der Chip sich in SMD-Technik auf der Crazy-Dots-Platine befindet, was einen nicht zu unterschätzenden Aufwand beim Austauschen von Hand zur Folge hat. Aufrüsten läßt sich, wie oben gesagt, leider nur die VME-Bus-Version der Crazy Dots; für die der Mega-Bus-Version ist dies nicht möglich. Dafür möchte TKR diesen Kunden später evtl, die mit diesem Upgrade überflüssig gewordenen High-Color-Erweiterungen anbieten. Gleichzeitig mit dem Upgrade gibt es dann auch die neue Treiber-Software sowie einen Patch, um vorhandene NVDI/ET-4000 mit der Grafikkarte zu betreiben, bis man das Update dieser Software auf die Version 2.50 erworben hat. Ärgerlicherweise funktioniert diese neue Version jedoch auch noch nicht 100%ig mit der Grafikkarte, so daß dieses Patch-Programm weiterhin als erstes Programm im AUTO-Ordner liegen muß, was aber außer einem Speicherplatzverlust auf der Festplatte von wenigen hundert Bytes keine weiteren Folgen hat. Der Fehler tritt auch nur dann auf, wenn man von 32768 Farben auf 256 oder weniger Farben wechselt. Flier liegt also offenbar ein Fehler in der Initialisierung der Grafikkarte durch die NVDI-Treiber vor. Die Treiber-Software von TKR weist diesen Fehler nicht auf. Dafür hängt NVDI die TKR-Treiber-Software in Sachen Kompatibilität um Längen ab: Während mit den originalen Treibern doch manches Programm die Zusammenarbeit verweigerte, liefen unter NVDI selbst die meisten unsauber programmierten Anwendungen auf Anhieb fehlerlos mit der Karte zusammen. Spiele jedoch laufen bis auf ganz wenige Ausnahmen grundsätzlich nicht mit einer Grafikkarte zusammen, unabhängig von der verwendeten Treiber-Software.

Geschwindigkeit Crazy Dots (gemessen mit GEM TEST 2.0)

TT/030, TOS 3.06 gegenüber TT/030 mit TOS 3.01 und ST-Hoch, NVDI-Treiber-Software

  640 x 480 x 256 800 x 608 x 256 1024 x 768 x 256
Textausgabe: 512% 513% 557%
Linien: 337% 336% 277%
Rechtecke: 126% 126% 93%
Polygone: 126% 126% 104%
Kreise/Ellipsen: 261% 261% 251%
Rasteroperationen: 35% 35% 30%
Attributfunktionen: 698% 698% 700%
Auskunftsfunktionen: 579% 579% 580%
ESCAPES: 77% 74% 71%
BIOS-Ausgabe: 69% 65% 62%
AES-Objekt-Ausgabe: 267% 267% 255%

TT/030, TOS 3.06 gegenüber TT/030 mit TOS 3.01 und ST-Hoch, TKR-Treiber-Software

  640 x 480 x 256 800 x 608 x 256 1024 x 768 x 256
Textausgabe: 357% 357% 309%
Linien: 170% 170% 130%
Rechtecke: 93% 93% 66%
Polygone: 67% 66% 54%
Kreise/Ellipsen: 194% 194% 153%
Rasteroperationen: 20% 20% 19%
Attributfunktionen: 199% 199% 144%
Auskunftsfunktionen: 200% 200% 144%
ESCAPES: 25% 23% 20%
BiOS-Ausgabe: 34% 32% 27%
AES-Objekt-Ausgabe: 152% 152% 121%

Kartenspieler gesucht

Bleibt zum Schluß die Frage: Lohnt es sich, seinen Mega STE oder TT mit einer Grafikkarte auszurüsten? Zumindest für den TT läßt sich diese Frage eindeutig mit „ja“ beantworten, sind doch die angebotenen Grafikmodi bis auf TT-High nicht gerade ergonomisch und erlauben kein langes konzentriertes Arbeiten. Hier ist eine Grafikkarte mit hohen, flimmerfreien Bildwiederholfrequenzen ganz klar eine Lösung dieses Problems. Außerdem bietet eine Grafikkarte mehr Farben als der TT und bei entsprechenden Bildschirmen auch eine deutlich größere Arbeitsfläche, was besonders unter Multitasking-Umgebungen wie Mag!X oder MultiTOS sehr sinnvoll ist. Der Mega STE bietet mit der Auflösung ST-High wohl eine flimmerfreie Auflösung, jedoch sind 640400 Punkte heutzutage auch auf dem ST bereits das absolut unterste Ende dessen, mit dem sich vernünftig arbeiten läßt. Ein Öffnen mehrerer Fenster in einem Programm ist dabei zumindest mit dem normalen Systemzeichensatz nicht besonders sinnvoll. Auch das Arbeiten mit Multitasking-Umgebungen wird dadurch zumindest erschwert. Jedoch sollte man hier berücksichtigen, daß jede Erhöhung der Auflösung deutlich spürbar zu Lasten der Rechengeschwindigkeit geht und Auflösungen über 800608 nicht mehr sinnvoll sind. Die Crazy Dots II stellt jedenfalls eine durchaus interessante Erweiterung dar. Die Karte ist ausgereift, und besonders die Möglichkeit, ein speziell auf diese Karte abgestimmtes NVDI zu erwerben, macht sie zu einem interessanten Produkt. Wenn man die Hardware einmal gründlich auf den verwendeten Monitor konfiguriert hat, erweist sich der weitere Betrieb als völlig unproblematisch. Auch der Preis ist dem Leistungsumfang voll angemessen, selbst im Vergleich mit PC-Grafikkarten. Wer professionell mit seinem TT arbeiten und nicht gerade elektronische Bildverarbeitung in Höchstqualität betreiben möchte, ist mit dieser Karte jedenfalls bestens bedient.

Bezugsquelle:

TKR GmbH Stadtparkweg 2 24106 Kiel 1

Preis: DM 898,-
Upgrade Crazy Dots: DM 228,-
Crazy Dots 15: DM 148,-

Crazy Dots

Positiv:

Negativ:


Dirk Johannwerner
Aus: ST-Computer 10 / 1993, Seite 21

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