Satzmaschinen: DTP-Software in der Übersicht

Desktop Publishing war in den letzten Computerjahren eines der großen Zauberwörter. Das Publizieren zu Hause am Schreibtisch, in einer Qualität, die sich immer mehr den hochwertigen Erzeugnissen der konventionellen Satz- und Reprotechnik näherte, wurde zumindest technisch für alle möglich. Inzwischen sind „DTP-Programme“ auf allen Rechnerplattformen zu finden, in allen Preisklassen und Qualitäten. Und was die Qualität der Software-Werkzeuge fürs DTP angeht, hat der ATARI ja Hervorragendes zu bieten.

In den Anfängen des Desktop Publishing war die DTP-Software ein mehr oder weniger leeres Programmgerüst, in dem lediglich die Endmontage einer Druckvorlage vorgenommen wurde. Texgestaltung, Rasterung und Separation wurden vom DTP-Programm übernommen, während die Texte selbst wie auch das grafische Bildmaterial von anderen, für diese Aufgaben spezialisierten Programmen übernommen wurden. Der Text kam also aus einem Textprogramm, die Grafik aus einem Zeichenprogramm und das Bild aus EBV-Software oder Malprogramm.

Aus diesen Anfängen stammt auch noch der Begriff des Desktop Publishing, obwohl sich viele DTP-Systeme mittlerweile auf den Schreibtischen großer Verlagshäuser, Werbeagenturen und Druckereifachbetrieben befinden. Inzwischen sind auch die Grenzen zwischen den einzelnen Programmtypen fließender geworden. Manch ein ausgereiftes Programm zur Textverarbeitung kann durchaus schon für DTP-Arbeiten genutzt werden, während sich in einigen DTP-Programmen mitunter auch alle reinen Textarbeiten erledigen lassen.

Wer braucht was fürs DTP?

Ein DTP-Programm ist besonders in der beruflichen Anwendung das letzte Software-Glied in der Kette, die bei der Textverarbeitung oder Scansoftware begann und beim fertigen Film für den Druck enden soll. Alle Produktionsschritte zum Erstellen einer Druckvorlage laufen in einem DTP-Programm zusammen, wobei inzwischen auch viele dieser Arbeiten direkt im DTP-Programm über zusätzliche „Module“, „Xtensions“ oder „Additions“ direkt im Layout ermöglicht werden. Diese zum Hauptprogramm zuladbaren spezialisierten Programmergänzungen ermöglichen dem Setzer und Grafiker Korrekturen an Gestaltungselementen direkt im Layout.

Im Desktop Publishing werden Druckvorlagen hergestellt. DTP ermöglicht dabei die Lieferung seitenglatter Filme für den Offsetdruck und eine Kontrolle über die Gestaltung des Layouts bis zur fertigen Druckvorlage, wobei neben weniger Streß auch geringere Kosten anfallen, da externe Montagearbeiten entfallen.

Ein wesentliches Kriterium, ob sich eine Software mit dem Kürzel „DTP“ aufwerten darf, ist die Qualität, mit der sie Textsatz mit hochwertigen Satzschriften zu bearbeiten und auch in hoher Qualität auszugeben in der Lage ist. „Hohe Qualität“ bedeutet in diesem Fall natürlich nicht nur den Ausdruck auf dem 300 oder 600dpi-Laserdrucker, sondern vor allem die Filmausgabe auf hochauflösenden Laserbelichtern bis 2540dpi für den Offsetdruck.

Hobby oder Gelderwerb?

Wer DTP als nur Hobby betreiben will, lebt bisweilen gefährlich. Nicht wenige der DTP-Agenturen sind auf diese Weise entstanden: mal einige Visitenkarten für den Bekanntenkreis, ein anderes Mal einige Handzettel und Zeitungsanzeigen für befreundete Geschäftsleute, und plötzlich findet man sich in einem gar nicht angestrebten neuen Berufsfeld wieder.

Aber auch die andere Seite ist natürlich vorhanden. Manch einer wittert vielleicht im „professionellen DTP“ das große Geschäft. Druckvorlagen werden ja ständig gebraucht, und Geld läßt sich damit auch nicht schlecht verdienen. Daß dann sehr viel Know-how in vielen unterschiedlichen Fachrichtungen entwickelt werden muß und für Fast-Food-DTP auf Dauer kaum Marktchancen bestehen, kann dann zu einer recht teuren Erfahrung werden.

Auch ein DTP-Programm bleibt selten allein. Neben dem Textsatz müssen Bilder und Grafiken im Layout montiert werden, die normalerweise in Fremdprogrammen gezeichnet oder gescant und bearbeitet wurden. Jedes DTP-Programm sollte inzwischen wenigstens rudimentäre Bearbeitungsfunktionen in diesen Bereichen enthalten und dazu die entsprechenden Im- und Exportformate für die gängigsten Bild- und Grafikformate auch anderer Rechnerplattformen kennen.

Desktop Publishing ist aber nicht nur das zentrale Arbeitsfeld für den professionellen Grafiker, der mit den digitalen Werkzeugen sein Brot verdient. Die vormals spektakulären Möglichkeiten der typografischen Bearbeitung am Rechner und deren hohe Ausgabequalität gehören inzwischen in fast allen DTP-Systemen zum selbstverständlichen Standard. Auch zum Aufbereiten von Dokumenten in einer eher textorientierten Bürosituation, im Seminarbetrieb einer Universität oder dem Monatsblatt von Sportverein und Kirchengemeinde, überall werden gestaltete Seiten und repräsentative Vorlagen benötigt. Und da diese Arbeiten hier oftmals von grafisch interessierten Laien übernommen werden, muß auch das Werkzeug DTP-Software in puncto Benutzerführung und leichter Anwendbarkeit überzeugen. In diesem Bereich eignet sich manchmal ein DTP-orientiertes Textverarbeitungsprogramm besser als eines der klassischen DTP-Programme.

Viele Wege führen zur fertigen Druck-Vorlage, und es hängt nicht zuletzt vom individuellen Betätigungsfeld des jeweiligen Anwenders ab, ob ein Profiwerkzeug gerade gut genug oder eine einfache Lösung schon alles ist, was man eigentlich benötigt.

DA’s Layout

DTP-Programme gibt es für ATARI-Rechner inzwischen gleich mehrere in den unterschiedlichsten Ausstattungen, Qualitäten und Preisklassen. Und natürlich gibt es auch mehr, als wir hier in diesem kleinen Überblick präsentieren können. Es fehlen beispielsweise „Publishing Partner Master“, „Timeworks Publisher“ oder „Wordflair 2“. Wir haben jedoch einmal ganz bewußt eine Grenze gezogen und nur diejenigen Layout-Werkzeuge ausgewählt, die zur Zeit mit aktuellen Neuentwicklungen aufwarten können. Darunter auch, zum Vergleich mit den immer auch textverarbeitenden DTP-Programmen, eine Textverarbeitung, ziemlich hart an der DTP-Grenze.


DA’s DTP-System

Ganz neu auf dem ATARI-DTP-Markt und doch zwei alte Bekannte. Mit „DA’s DTP-System“ erhält man gleich zwei eigenständige und sich ergänzende Programme, die fast den gesamten Bereich abdecken, mit dem man beim digitalen Publizieren und Gestalten in Berührung kommt: D A’ s Layout, den Nachfolger der Layout-Software „Didot Professional“ und „DA’s Repro“, bisher bekannt unter dem Namen „Retouche Professional“.

Daß die Programmierer von Digital Arts den ehemaligen ATARI-Slogan „Power without the Price“ weiterführen wollen, haben sie schon vor einigen Monaten mit ihrem Vektoreditor „DA’s Vektor“ bewiesen. Dieser Preispolitik ist es wohl nun auch zu verdanken, daß „DA’s DTP-System“, dessen Programme in der Farbversion noch vor Jahresfrist für einige Tausend DM verkauft wurden, nun weiterentwickelt und durch zusätzliche Features ergänzt für weniger als DM 1000 erhältlich ist.

Es ist sicher nicht möglich, diesem Paket in einigen Absätzen gerecht zu werden. Allein „DA’s Repro CD“ beinhaltet Features, die bis weit in den Bereich der professionell angewandten High-End-Bildretouche reichen. Doch hier soll uns ja auch vorrangig DA’s Layout beschäftigen, und das auch nur in einem kleinen und informierenden Überblick.

DA’s Layout

Fast immer wird ein Gestaltungsprozeß in der Anfangsphase durch Versuchen und Variieren entwickelt, wobei natürlich gerade das Werkzeug Computer eine schnelle Umsetzung auch von spontanen Einfällen hervorragend unterstützt. DA’s Layout versucht durch die Umsetzung manueller Arbeitsweisen des Grafikers in die elektronische Seitenbearbeitung die Arbeit am Rechner sehr nah an den Gegebenheiten Arbeitstisches zu bleiben.

Auf einer ca. 82x82cm großen digitalen Arbeitsfläche können Konstruktions- und Montagearbeiten durchgeführt werden, Seiten in unterschiedlichen Formaten für verschiedene Gestaltungsvorhaben angelegt und alle Textanlagen vektororientiert getätigt werden. Eine komplette Ausstattung, bestehend etwa aus Briefbogen, Formular, Visitenkarte, Prospekttitel und Aufkleber, findet übersichtlich geordnet auf der Arbeitsfläche Platz. Standardelemente der Gestaltung wie Logo, Layout und Typo können dann in der Gesamterscheinung bearbeitet und gegebenenfalls im konkreten Vergleich zur übrigen Ausstattung korrigiert werden.

DA’s Layout läßt sich sinnvoll nur auf Rechnern mit mehr als 2 MB Speicherkapazität einsetzen, eine Installation auf Festplatte ist dabei unumgänglich, wobei beim Entpacken der Programmdateien und Hilfstexte des gesamten Pakets auch mindestens 10MB freier Speicherplatz vorhanden sein müssen. Ein Großteil dieses Platzes wird durch die in digitaler Form vorliegenden Referenzhandbücher und Beispielbilder eingenommen. Schon bei der Installation und mehr noch beim für den Einstieg wichtigen Ausdruck der Referenzhandbücher lernt man DA’s Layout gut kennen.

Auch wenn der Preis des Software-Pakets fast schon in die unteren Regionen des „DTP-als-Hobby“ zielt, sollte eine gut ausgestattete Hardware schon vorhandenen sein, um die Arbeitstischatmosphäre der Software richtig nutzen zu können. Dabei lassen sich durch die hervorragende virtuelle Speicherkonzeption des Programms auch auf einem 4MB-Rechner sehr große Datenmengen im zweistelligen MB-Bereich, wie sie bei Farbbildern nun einmal auftreten können, problemlos bearbeiten.

Arbeiten

DA’s Layout läßt sich in 4 übergeordnete Programmbereiche unterteilen: Seitenbearbeitung/Textsatz, Vektoreditor, Bildmontage und Font-Editor. Bei allen vektororientierten Arbeiten zeigt sich die Entwicklung des Publishers aus einem Vektoreditor besonders deutlich. Ein normal gesetzter Text kann durch Knopfdruck als Vektorobjekt 1:1 kopiert und mit allen Vektor Werkzeugen weiter bearbeitet werden. Der gesetzte Text bleibt dabei erhalten. Diese Funktion, wie übrigens andere in der vektororientierten Arbeit auch, laufen in einer sehr hohen Geschwindigkeit ab.

Der Arbeitsweise im Vektoreditor liegt ein kluges Prinzip zugrunde: ein Doppelklick auf ein Objekt, und schon befindet man sich auf der Pfadebene, auf der die Grafik bearbeitet werden kann, mit dem entsprechend geänderten Bearbeitungsfeld. Die Konzeption: Klick auf ein Objekt und dadurch Wechsel auf die jeweilige Bearbeitungsebene ist auch bei Bildmaterial möglich, so daß in den meisten Fällen die Suche nach der jeweils benötigten Werkzeugleiste entfallen kann.

Problematisch ist die extrem unterschiedliche Programmoberfläche und die damit einhergehende gewöhnungsbedürftige Benutzerführung der Programme des DTP-Systems: wer mit dem einen warm geworden ist, muß beim anderen neu anfangen zu lernen. Ein einheitliches Konzept in beiden Programmen, wie man es in einem geschlossenen DTP-System eigentlich erwartet, ist leider nicht vorhanden.

Für den Textsatz können neben dem CFN-Format auch die Type-1-Fonts der anderen Rechnerwelten genutzt werden, die zu diesem Zweck über ein mitgeliefertes Accessory konvertiert werden können. Dadurch, daß Text in DA’s Layout nicht nur rahmenorientiert, sondern im Vektoreditor auch als Grafiktext gesetzt werden kann, können die umfangreichen Manipulationsmöglichkeiten einer Vektorgrafik auch auf Text angewandt werden. Pfadtext (der Cursor wandert über einen beliebig angelegten Vektorpfad) oder Kreistext sind nur einige der Vorteile, die der Vektoreditor für die Textgestaltung bietet. In Verbindung mit den Netztransformationen lassen sich Text- und Grafikobjekte auch auf frei editierbare Formen projizieren. Dreidimensionale Effekte sind hier komfortabel zu erstellen.

Allen Objekten, die in DA’s Layout angelegt wurden, kann auch eine Farbe zugeordnet werden. Maximal 8 Schmuckfarben können separiert oder in ein Layout mit Text- und Bildmaterial für eine 4C-Farbseparation eingebunden werden. Da DA’s Layout als Bildformate nur TIM (Bitmap), TIH (Halbton) und TIC (Farbbild) importieren kann, müssen IMG- und TIF-Formate über ein mitgeliefertes Accessory konvertiert werden.

Wie mit seinem Vorgänger „Didot Professional“ liegt auch mit DA’s Layout ein Farb-Publisher vor, der auf einem Farbmonitor nicht lauffähig ist! Das muß man erst einmal verdauen! Die einzige Möglichkeit, farbig angelegte Dokumentenseiten doch „bunt“ sehen zu können, besteht in der Zuschaltung eines zweiten (Färb-) Monitors, auf dem das Dokument dann in unterschiedlichen Größen dargestellt werden kann. Ein direktes Arbeiten im Farbmodus ist in DA’s Layout nicht möglich.

Fazit

Fehlende Funktionen aus dem Satzbereich (z.B. Indexanlage, Fußnotenverwaltung, Paginierung) zeigen schon, daß die Stärken von DA’s Layout eher im grafisch orientierten DTP liegen. Im Bereich der Druckvorlagenerstellung kann einem ja so ziemlich alles auf den Tisch flattern, von der Visitenkarte bis zur Pharmaverpackung, vom Handbuchtitel bis zum Kfz-Aufkleber usw. Oft genug ist es auch eine ganze Gestaltungsreihe, bei der das Firmenoutfit gleich für mehrere Anlagen in einem einheitlichen Konzept gestaltet werden muß. Genau hier liegt dann auch eine der Stärken von DA’s Layout. Zusammen mit der EBV-Software „DA’s Repro“ bekommt man ein „DTP-Paket“ für alle relevanten Situationen im Desktop Publishing.


Calamus

DTP auf dem ATARI ist schon seit Ende der 80er Jahre gleichbedeutend mit „Calamus“. Schaut man sich alleine die Marktpräsenz dieser Software an, scheint sich daran auch bis heute nicht viel geändert zu haben, im Gegenteil. Aber ein Marktführer hat’s auch immer etwas schwerer. Man schaut halt genauer hin und ist wohl immer auch ein wenig kritischer.

Diese Stellung des Calamus im ATARI-DTP hat natürlich auch seinen guten Grund. Mit der Calamus-Version 1.09 begann einst das DTP-Zeitalter auf dem ATARI. Die leicht zugängliche und gut strukturierte Benutzeroberfläche des Programms wurde schnell zum Vorbild für andere Software-Hersteller, deren Software dem Calamus zuarbeiten sollte und daher eine ähnliche Benutzerführung und Ikonisierung bekam. Manch einer Software sieht man diese Vergangenheit heute noch an, z.B. auch DA’s Layout, dessen Vorgänger „DIDOT LineArt“ noch vor 3 Jahren ein sehr guter Vektor- und Font-Editor für Grafiken und Schriften im Calamus-Format war.

Doch Namen sind im Rechner nur Bits und Bytes. Mit dem Calamus SL kam im Frühsommer ’91 eine Software auf den Markt, die mit den noch durchnumerierten Calami (nach der Version 1.09 kam noch 1.09N) bis auf die Benutzeroberfläche nur noch wenig gemeinsam hatte.

Für eine komplexe und für den professionellen Einsatz bestimmte Software muß ein dazugehöriges Handbuch mehr leisten als eine Art erweiterte Bedienungsanleitung: wo muß ich welchen Knopf drücken, damit was passiert? Der oft anzutreffenden Einstellung vieler Handbuchautoren: „Wir liefern Ihnen das Werkzeug - wie Sie damit am besten arbeiten, entnehmen Sie der Fachliteratur“ wird das SL-Handbuch in lobenswerter Weise nicht gerecht. So ist denn auch für den ersten Einstieg ins Programm ein Tutorial, eine kleine, beispielhafte Einführung in das Arbeiten mit dem SL vorhanden, das mit den grundlegenden Bedienungsmöglichkeiten vertraut macht.

Calamus SL

Calamus SL zielt in seinem Funktionsumfang deutlich auf den gehobenen Profibereich. Um seine Möglichkeiten adäquat zu nutzen, sollte die Hardware dann auch eine entsprechende Peripherie auf weisen. Ein Arbeitsspeicher von 4MB ist für normale Arbeiten im Akzidenzsatz oder mittelgroße Textmengen noch durchaus ausreichend. Wer des öfteren mit den immer sehr großen Datenmengen von Farbbildern arbeitet, sollte von vornherein für einen größeren Arbeitsspeicher sorgen.

Arbeiten

Beim ersten Start werden einige der mit-gelieferten Calamus-Module geladen und in die Oberfläche des Calamus eingeklinkt. Sie sind dann ein fester Bestandteil des Programms und benutzen neben den vorhandenen auch eigene, umfangreiche Sub-Menüs. Dieses Konzept entlastet eine komplexe DTP-Software wie den SL erheblich. Man hat so die Möglichkeit, sich für seinen individuellen Arbeitsbereich die benötigte Oberfläche zusammenzustellen, ohne daß selten gebrauchte Funktionen den Überblick erschweren und an den lange schon geplanten Erwerb einer Speichererweiterung erinnern. Wird trotzdem einmal ein sonst kaum benötigtes Modul gebraucht, kann es über die Menüleiste schnell nachgeladen werden.

„Modular“ ist im SL jedoch alles. Durch diese Programmstruktur ist also eine Mindestanzahl geladener Module notwendig, um überhaupt im Calamus arbeiten zu können. Die zum SL-Lieferumfang gehörenden Module gestatten neben allen zum Textsatz und zur Gestaltung gehörenden Arbeiten auch eine Konvertierung importierter Pixel-Grafiken und eine einfache Nachbearbeitung/Kolorierung. Auf einem einfachen Niveau kann also auch im Calamus SL direkt farbig gemalt und anschließend über das Modul „SpeedLine“ automatisch vektorisiert werden. Das gerade fertiggestellte Vektormodul „LineArt“ wird neben vielen anderen Funktionen nun auch den Textsatz auf Kreisen und Ellipsen, den Pfadsatz und Projektionen direkt im Calamus Layout ermöglichen.

Für die Gestaltung von Text ist reichlich Funktionalität vorhanden, so daß auch in der mikrotypografischen Arbeit kaum ein Problem ungelöst bleiben wird. Vektor-Fonts im Calamus CFN-Format gibt es inzwischen reichlich. DMC selbst vertreibt inzwischen mehr als 1000 Schriften renommierter Schriftenhäuser wie URW und Berthold, der Flying Fonts Verlag die von „Emigre“ und „Apply“.

Um diese Funktionalität in den Griff zu bekommen, kann über die StillistenVerwaltung jeder im Dokument verwendete Schriftstil auch nachträglich fürs gesamte Dokument verändert werden. Über einen Rahmenanker können dabei beliebige Rahmentypen mit bestimmten Textstellen verknüpft werden. Auch bei einer nachträglichen Änderung der Textmenge bleibt dann ein Bild an der gewünschten Stelle im Text.

Ein Modul zur 4-Farb-Separation ist im SL, im Gegensatz zur S-Version, integriert, und kann über Kennlinien editiert werden. Eine automatische Schmuckfarbenseparation ist erst für das nächste Update vorgesehen.

Der SL ist als ein offenes DTP-System mit einer Menge an Im- und Exporttreibern für die verschiedensten Text-, Bild-und Grafikformate auch anderer Rechnerplattformen bestückt. Weitere Exportformate bieten die optional erhältlichen Module „Dataformer“ und, ganz aktuell, das Bridge-Modul, das auch den Export von Calamus-Seiten ins Postscript-Format ermöglicht. Zum Lesen und Schreiben von am Apple Macintosh formatierten Disketten und Wechselplatten ist „MAC SEE“ erhältlich.

Fazit

Mit dem SL ist inzwischen ein DTP-System verfügbar, das diesen Namen wirklich verdient. Auch im Vergleich zu anderen professionellen Layout-Programmen anderer Rechnerplattformen wie „Quark Xpress“ oder „Pagemaker“ ist der Calamus SL eine klare Alternative. Der direkte, plattformübergreifende Vergleich wird noch in diesem Jahr mit der Markteinführung der Windows NT-Version des Calamus SL möglich sein.

Calamus S

Calamus S ist die kleinere Ausgabe des Calamus SL - so war es zumindest von den Entwicklern geplant. Inzwischen scheint sich die S-Klasse mehr und mehr dem SL anzunähern, zum Vorteil all derer, denen der SL zwar heb wäre, aber im Moment dennoch zuviel bietet, als sie ohnehin nutzen könnten.

Die Unterschiede zwischen beiden Programmversionen scheinen groß zu sein, wenn man sie aus dem Blickwinkel des professionell angewandten DTP betrachtet. Als da wären: die fehlende manuell kontrollierbare Farbseparation, der Bildanker oder die bis zur Belichterauflösung kontrollierbare Rasterung der fertigen Druck Vorlagen. Auch einige Module, wie derzeit das Maskenmodul, können lediglich in der SL-Version geladen und genutzt werden. Wer diese Funktionen häufig benötigt, greift sicher gleich zum SL.

Calamus S
Calamus 1.09N

Die Arbeiten zur Separation und Rasterung lassen sich von einem kompetenten Belichtungsservice aber auch aus einem S-Dokument über den Calamus SL direkt beim Belichter erledigen, da beide Dokumentenformate kompatibel zueinander sind.

Was für den Semi-Profi fehlen mag, ist vielleicht das Vektor-Modul mit „Speedline“, das letztendlich einen externen Vektoreditor überflüssig machen soll und automatische Vektorisierungen aller im Dokument angelegten Objekte in hoher Qualität direkt im Layout ermöglicht. Für den Calamus S ist dafür optional das entsprechende Modul „Paint & Draw“ erhältlich. Fast alle Module, die für die SL-Version angeboten werden, können aber auch vom Calamus S geladen und genutzt werden.

Das gut gemachte Handbuch ist weitgehend identisch mit dem SL-Handbuch. Es fehlen lediglich die SL-spezifischen Seiten, so daß bei einem Upgrade auf den SL lediglich die neuen Programmfunktionen „hinzugelernt“ werden müssen.

Calamus 1.09N

Inzwischen ist nicht nur der Calamus mit seinen S-Versionen „reifer“ geworden, auch die Anwender, die gerade im Profibereich immer etwas mehr von der zur Verfügung stehenden Hard- und Software verlangen müssen, als gerade technisch möglich ist, scheinen mit der Software gewachsen zu

Man muß sich das auch einmal vorstellen: mit der 1.09-Version des Calamus entwickelte sich Ende der 80er Jahre geradezu sprunghaft das DTP auf dem ATARI. Fremdfirmen entwickelten plötzlich Grafikkarten für Großbildschirme, der Belichtungsservice wuchs von Monat zu Monat - und das dafür verantwortliche DTP-Programm lief nur im Monochrommodus, konnte keine Halbtonbilder importieren, von einer Farbseparation ganz zu schweigen; und dennoch wurde professionell mit dieser Software gearbeitet. Der Mensch wächst halt mit seinen Werkzeugen - und die Software mit ihren Anwendern ...

Dieser „Nicht-Farb-Bereich“ des Calamus 1.09N ist aber auch heute noch das Betätigungsfeld, in dem die meisten DTPler ihre Arbeit machen müssen: Satzarbeiten, Geschäftspapiere, Anzeigen, Hauszeitungen - dort liegt immer noch der Hauptanwendungsbereich des Desktop Publishing.

Die Oberfläche des 1.09N ist im Grunde identisch mit der des Calamus S/SL (oder umgekehrt), was bei einem späteren Aufstieg genauso ins Gewicht fallen mag wie die Kompatibilität der 1.09N-Dokumente, die dann auch weiter genutzt werden können. Angeboten wird Calamus 1.09N derzeit mit verschiedenen Beispieldokumenten und den dazu passenden Vektor-Fonts. Gerade dem Einsteiger wird damit eine Hilfe geboten, mit den Möglichkeiten des digitalen Publizierens schneller vertraut zu werden.

Die Qualitäten, die dieses Programm einmal ausgemacht haben, sind ja immer noch vorhanden, wenn auch inzwischen der SL ganz andere Maßstäbe gesetzt hat. Durch die leichte Bedienbarkeit sowie die vielfältigen Möglichkeiten der Text- und Seitengestaltung ist die 1.09N-Version des Calamus aber immer noch eine leicht zugängliche „Einstiegsdroge“ ins professionelle Desktop Publishing.

Calligrapher

Calligrapher

Textverarbeitungen gibt es wie Sand im Baggersee. Einige wenige jedoch bewegen sich über die Standardfunktionen dieser Software-Gattung hinaus und ermöglichen auch eine qualitativ gute Aufbereitung von Text und Grafik. Sie sind eigentlich noch gute Textprogramme für jede Schreibsituation und haben doch auch schon einen Fuß im „DTP“, mit skalierbaren Vektor-Fonts, Montagemöglichkeiten von extern erstellten Texten und Grafiken und vor allem der Ausgabemöglichkeit auf hochauflösenden Laserbelichtern, womit sie sich also auch für die Druckvorlagenerstellung für den Offsetdruck nutzen lassen.

Ein solcher Büro-Publisher ist der „Calligrapher“. Die Software, die nunmehr in der Version 3.03 vorliegt, hat bereits eine längere und recht wechselhafte Entwicklungsgeschichte hinter sich, die ihr jedoch gut bekommen zu sein scheint. Schon auf der ATARI-Messe ’92 zeigte der neue Vertrieb „Working Title“, daß er mit dem Calligrapher einiges mehr im Sinn hatte, als „nur“ eine anspruchsvolle Textverarbeitung zu präsentieren. Auch die damals noch eher unsaubere GEM-Einbindung, die in der vorangehenden Version noch manch einem Anwender zu schaffen machte, ist in der vorliegenden Version beseitigt. Der Calligrapher läuft nun ohne GDOS, und auch wichtige Accessories wie NVDI können ohne Probleme genutzt werden.

Das umfangreiche und gut verständlich, geschriebene Handbuch ermöglicht einen leichten Einstieg in die vielfältigen Programmfunktionen. Über eine Online-Hilfe können kurze Erläuterungen zu den einzelnen Programmfunktionen aufgerufen werden. Die Menüeinträge sind dagegen etwas unverständlich strukturiert, wer vermutet da schon die Funktion für eine Seitenvorschau (Preview) unter dem Menüpunkt „Datei“ oder den ASCII-Import unter „Suchen/Extras“...?

Der Calligrapher ist eine Textverarbeitung, und als solche hat er auch mit Funktionen aufzuwarten, die in den DTP-Programmen erst gar nicht erwartet werden können. Serienbrieffunktion, Thesaurus, gleich mehrere Wörterbücher, die optional auch für etwas seltenere Sprachen erhältlich sind, und auch eine intelligente Gliederungsfunktion für längere Texte, die eine Textarbeit rein grafisch zu strukturieren hilft („Ideen-Prozessor“ genannt).

Die Texteingabe erfolgt im Calligrapher wahlweise in dem leichter zu lesenden System-Font oder auch direkt im Druckmodus, der den Text so darstellt, wie er nachher aufs Papier kommen soll oder auf den belichteten Film, denn das Programm ermöglicht auch die PostScript-Ausgabe auf Laserbelichtern.

Als Zeichensätze nutzt der Calligrapher Vektor-Fonts in einem eigenen Format, von denen zur Zeit 86 zusätzlich zu den zum Lieferumfang gehörenden 10 Fonts von Working Title angeboten werden. Alle Fonts sind übrigens lizenzierte Vektorschriften des renommierten Schriftenhauses URW.

Durch die das Programm ergänzenden Zusatzpakete kann der Calligrapher, fast modular, in viele Richtungen spezialisiert werden. Für die gestalterische Nutzung sind da natürlich die eher grafisch orientierten Zusatzpakete interessant. Hier ist es vor allem das „Business Paket“, mit dem sich neben der Labelerstellung und der vektoriellen Barcode-Generierung unter anderem auch der Textsatz auf Kreisen, Linien und Béziers realisieren läßt. Die Modifikation von Text für z.B. einfache Logoelemente ist somit auch direkt im Calligrapher möglich.

Man darf diese für eine Textverarbeitung recht außergewöhnlichen Funktionen natürlich nicht mit dem vergleichen, was die klassischen DTP-Programme in diesem Bereich zu leisten in der Lage sind. Es hängt aber immer auch davon ab, was man für seine eigene Arbeit in der Regel benötigt. Es wird sicher nicht wenige geben, die für ihre Gestaltungen auf einer „High-End-DTP-Software“ mit weniger besser bedient wären ...

Fazit

Der Calligrapher fristet sicher zu Unrecht ein Schattendasein. Schon als reine Textverarbeitung hat diese Software einiges mehr zu bieten, als in dieser kurzen Übersicht vorgestellt werden kann. Durch ihre Orientierung an einigen wichtigen DTP-Qualitäten kann sie für manch einen, der eine umfangreiche Textverarbeitung sucht, aber auch nicht ganz auf die Vorteile eines DTP-Programms verzichten möchte, durchaus eine Alternative zum „echten“ DTP sein. Mal anschauen!

JF

  DA’s DTP-System Calamus SL Calamus S Calamus 1.09N Calligrapher
Text
unterstützte Font-Formate CFN. Type 1,(DFN) CFN CFN CFN eigenes Font-Format
max Zeichengroße 999.9 Punkt/mm 9999999,9999 Punkt/mm wie SL 999.9 Punkt, bzw. mm 6-128 Punkt
Schriftgrad einstellbar nach Kegelhohe (Versalhöhe nur im Vektormodus) Versalhöhe. Kegelhöhe, Designerhöhe wie SL Kegelhöhe Kegelhöhe
Schriftstile + („outline" nur im Vektormodus) +++ +++ + (kein Komprimieren/ Schrägstellen) -/+, Standardfunktionen
Fonts im Lieferumfang 9 DFN-Fonts 16 CFN-Fonts 13 CFN-Fonts aus verschiedenen Font-Paketen wahlbar 10 URW-Vektorfonts
Sonstiges verformbare Textspalten Bild- u Rahmenanker Serienbriefe, optional Formeleditor
Importformate Text ASCII, eigenes (DTX) ASCII. WP, DOC. (CTX. CTD) wie SL ASCII, WordPerfect, 1st Word+, CTX ASCII. 1st Word+, RTF, DIF LIB
Exportformate Text ASCII, eigenes (DTX) ASCII, eigenes (CTD) wie SL ASCII, eigenes (CTX) ASCII, RTF
Wörterbücher nein Trenn- und Rechtschreibwörterbücher wie SL Ausnahmewörterbuch Silbentrennung ja
Thesaurus: nein nein nein nein ia
Tabellengenerator: nein nein nein nein ja
Makros ja ja ja ia ja
Layout
Benutzeroberfläche - ++ ++ -/+ -/+
max Seitengroße ca. 82x82cm bis ca. 100000x100000 cm wie SL bis ca 1000x1000cm Drucker/DIN-Formate
Doppelseitenbearbeitung nein (*1) ja ja nein, nur Preview nein
Mehrfachspalten nein ja ja ja ia
max Seitenanzahl 999 ca 1 Mio pro Dokument wie SL 9999 speicherabhangig
Preview (Seitenvorschau) nein (nur max Arbeitsfläche) nein nein nein, nur Doppelseiten ja. 1/2/8 Seiten
Lupenfunktion Zoom bis ca 1000%, mit Preview ja, bis ca 100000% wie SL Zoom bis ca 1000% nein
autom. Schnitt-/ Passermarken ja ja nein nein nein
Farbdarstellung nur Monochrom. Farbdarstellung auf zweitem Monitor alle Grafikkarten alle Grafikkarten nur monochrom mittlere ST-Auflösung, hohe ST/TT,Falcon
Farbmodelle/Paletten CYM (’2) RGB, IHS, CYM. CYMK, Euroscala, Focoltone RGB, IHS, CYM. CYMK, Euroscala
Grafik
Vektor-Editor ia, mit integriertem Fonteditor, Barcode-Modul ja optional nein nein
Pixel-Editor: nein ja optional nein nein
Autotracer ja ja optional nein nein
nachträgliche Bildbearbeitung nein (erfolgt über DA’s Repro) ja eingeschränkt nein nein
Grafische Grundelemente (Kreis, Dreieck. Rechteck usw) nein ja ja ja ja
Importformate (Bild/Grafik) CVG, GEM, RVP, TIM, TIH, TIC, Konverter für weitere Formate liegt bei AIM, CRG, Degas, ESM, IMG, GIF, IFF, MOC, NEO, RPS, STAD, TARGA, TIF, CVG GEM, HPGL, CVD wie SL IFF, CRG, IMG, STAD, Degas, CVG, GEM GEM, IMG (Degas, Neo, über beiliegenden Konverter)
Exportformate (Bild/ Grafik) CVG, GEM, RVP, TIF, TGA, CRG, P13, P11, PIC, Degas (nur ganze Seite) ESM, IMG, BMP, TIF, TIF 6.0, CVG, CVD wie SL IMG, CVG, GEM keine
Ausgabe
Farbseparation 4C, Schmuckfarben 4C nein nein nein
Rasterung einstellbar beiliegende Rastertabellen integrierter Rastergenerator für Druckerausgabe nein nein
Druck/Belichtung: direkte Belichtung über eigenen R1P, PostScript-Treiber, alle gängigen Laser- und Matrixdrucker direkte Belichtung über eigenen Rip alle gängigen Laser- und Matrixdrucker bis max 600dpi, alle gängigen Laser- und Matrixdrucker, Belichtung über Calamus SL möglich direkte Belichtung über eigenen Rip. alle gängigen Laser- und Matrixdrucker alle gängigen Laser- und Matrixdrucker PostScript-Treiber
Preis (DA’s Layout und ’s Repro)
Farbe DM 998,-
s/w DM 598,-
DM 1598,- DM 898,- DM 228,10 DM 418,-

(*1) für aktuelles Update vorgesehen (*2) CYMK für aktuelles Update vorgesehen



Aus: ST-Computer 11 / 1993, Seite 56

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