NVDI 3.0 & SpeedoGDOS 5.0: Thronfolge Teil 1

Nachdem sich jahrelang nichts als Stille im grafischen Ausgabesystem (GDOS) der ATARI-ST-Serie breitmachte, streiten jetzt gleich zwei Betriebssystemerweiterungen um die Gunst des Käufers. In der direkten Erbfolge des original ATARI-GDOS findet sich nach FontGDOS (GDOS 2.0), SpeedoGDOS 4.11/4.20 nun der neueste Sproß dieser Familie, SpeedoGDOS 5.0x, betreut und weiterentwickelt von der Firma Compo. Auf der anderen Seite bringt die Behne & Behne Software mit NVDI 3.0 einen vektorzeichensatzfähigen Nachfolger ihres schon für Furore sorgenden GDOS-Ersatzes NVDI 2.x auf den Markt.

Beide Software-Produkte versprechen dem ATARIaner den Einsatz der schon von SpeedoGDOS 4.x bekannten Vektorzeichensätze im Speedo-Format als auch der auf dem PC und dem Macintosh epedemieartig aufkommenden TrueType-Zeichensätze. SpeedoGDOS 5.0 wartet darüber hinaus auch mit der Kompatibilität zu den Postscript-Type-1-Schriften auf, denen aber allgemein wegen des hohen Preises (ca. 100 DM je Schriftschnitt) kaum eine Bedeutung im semiprofessionellen Markt zukommt.

Kleine Unterschiede

Die aktuelle Version des SpeedoGDOS wird auf 4 Disketten und mit einem 44seitigen Handbuch ausgeliefert. Die Installation des Paketes gestaltet sich in der Regel recht einfach und wird weitgehend von der Installations-Software benutzergerecht geleitet. Während dieses Programmlaufes werden alle Dateien von den Disketten auf die entsprechenden Ordner der Festplatte verteilt und ggf. die Steuerungsdateien (ASSIGN.SYS, EXTEND.SYS) angepaßt oder angelegt. Dadurch finden sich nach der Installation alle Druckertreiber und Zeichensätze (siehe Tabelle: Lieferumfang) im angegebenen Ordner (meist C:\GEMSYS) wieder. Da man aber in der Regel nicht mehr als einen, maximal zwei Drucker einsetzt, muß man, um Speicherplatz zu sparen, die nicht benötigten Treiber wieder von Hand löschen.

Sind so alle benötigten Daten auf die Platte aufgespielt, kann man mit den mitgelieferten Tools die Feinabstimmung im System angehen. Dazu bedient man sich der beiden mitgelieferten Programme DRIVERS und OUTLINE. Zunächst sollte man dann die Liste der Zeichensätze editieren und dann, um die Performance des GDOS zu steigern, die Cache-Einstellung optimieren. Die Faustregel: größerer Cache = mehr Geschwindigkeit hat auch unter Version 5 ihre Gültigkeit. Die Größe hängt sehr von der verwendeten Anzahl der Zeichensätze ab und sollte nach Änderungen an der Liste der zu ladenden Fonts immer mal wieder kurz beäugt werden, um die besten Einstellungen für das aktuelle System zu finden. Allerdings werden diese Arbeiten durch die unübersichtliche Oberfläche der beiden Programme nicht eben erleichtert.

Ist die Installation beendet, kann das System neugestartet werden. Beim diesem Startvorgang fällt dem aufmerksamen Beobachter eine Verzögerung ins Auge, die SpeedoGDOS dadurch verursacht, daß es sich alle angemeldeten Zeichensätze kurz ansieht, um die wichtigsten Informationen in interne Verwaltungsstrukturen zu übernehmen. Die Verzögerung fällt bei späteren Starts (ausgenommen, man ändert die Zeichensatzliste) weg, da sich Speedo die benötigten Informationen in einer eigenen Datei merkt und so alles auf einen Schlag einlesen kann. Da die Liste der Zeichensätze normalerweise nicht sehr oft geändert wird, kommt diese Lösung dem Benutzer sehr entgegen.

Bei einem ersten Streifzug durch die GDOS unterstützenden Applikationen, zeigt sich Speedo im allgemeinen recht kooperativ. Daß der Rechner sich dennoch ab und an mit Bomben verabschiedet, muß man nicht zwangsläufig SpeedoGDOS anlasten. Da sich aber dieselben Applikationen unter der Version 4.2 an diesen Stellen nicht zum Absturz bringen ließen, muß man das ganze doch noch recht kritisch hinterfragen. Da die Entwicklung von SpeedoGDOS ständig weitergeht -der nächste kleine Versionsschritt ist schon angekündigt - kann man allerdings davon ausgehen, daß die Betriebssicherheit noch steigen wird.

Wie die Vorversion 4.x gehört auch die aktuelle Speedo-Version nicht gerade zu den Sprintern, was die Behandlung der Ausgabegeräte angeht. Um aber wenigstens auf dem Bildschirm den Rechner nicht unnötig auszubremsen, empfiehlt es sich, das NVDI der Version 2.5x dem SpeedoGDOS zur Seite zu stellen. Wird NVDI im Autoordner vor SpeedoGDOS ausgeführt, so erkennt letzteres NVDI selbsttätig und unterstützt dessen schnellere Ausgaberoutinen direkt.

Besser als das Original?

Die Installation von NVDI 3.0 gestaltet sich vom Prinzip her ähnlich wie die des SpeedoGDOS. Auch hier werden mittels mitgelieferter Installations-Software die auf den Disketten gespeicherten Daten auf die Platte transferiert und entsprechende Anpassungen der Steuerdateien (ASSIGN.SYS/NVDI.INF) getätigt. Durch das wesentlich kompaktere Format (s.u.) spielt hier die Tatsache, daß alle verfügbaren Druckertreiber (insg. nur 30K) auf die Platte kopiert werden, keine wesentliche Rolle. Zum Lieferumfang gehören ein 28seitiges Manual sowie 8 Schriftschnitte (s. Tabelle: Lieferumfang).

Wesentlich besser als in der Speedo-GDOS-Release gelöst ist die Bestimmung der zu ladenden Zeichensätze. In der Konfigurationsdatei werden einfach nur die Pfade angegeben, die NVDI beim Start durchsuchen soll und aus denen alle Zeichensätze geladen werden. So kann man einfach durch Hineinkopieren oder Löschen der Font-Dateien (mit anschließendem Neustart des Rechners) festlegen, welche Zeichensätze aktiv sein sollen.

Leicht und übersichtlich läßt sich das System mittels CPX-Modulen (für ATARIs Kontrollfeld) an die eigenen Ansprüche anpassen. Aber auch hier kommt der Benutzer nicht um die Einstellung der Zeichensatz-Caches herum, die er nach seinen eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten konfigurieren muß.

CPX-Module machen das Leben leicht

Völlig neuartig ist das Konzept der Druckertreiber. Statt wie bisher für jeden Drucker einen speziellen Treiber anzubieten, stellt NVDI 3 Basistreiber (für Nadeldrucker, Seitendrucker und IMG-Grafikdateien) zur Verfügung. Zu jedem dieser Basistreiber existiert eine Liste mit Informationen zu speziellen Druckern oder Druckerfamilien, die per CPX dem Treiber zugeordnet werden können. Das spart lästige Umkonfigurierungen der ASSIG.SYS-Datei. Sollte der eigene Drucker nicht in dieser Liste verzeichnet sein, kann man mit Hilfe eines externen Programmes die passenden Parameter für diesen Drucker in der Informationsliste eintragen und später mit dem CPX auswählen. Es ist auf diesem Weg sogar möglich, während der Laufzeit des Systems einen anderen Drucker oder andere Auflösungen auszuwählen.

Ähnlich wie SpeedoGDOS ist auch NVDI darauf angewiesen, beim Start die Grunddaten der Zeichensätze zu erfragen, was sich je nach Anzahl der Zeichensätze schon mal etwas in die Länge zieht. Gleiches Problem, gleiche Lösung. NVDI legt ebenfalls eine Datei mit diesen Basisdaten an, die nur dann neu aufgebaut werden muß, wenn sich die Anzahl der zu ladenden Zeichensätze ändert.

Die Testapplikationen zeigten sich auch unter NVDI 3.0 willig zur Mitarbeit bereit und verursachten während der ersten Tests keinerlei Probleme. Auch wenn noch keine genauen Zahlen vorliegen, so kann man vorweg doch festhalten, daß auch NVDI 3.0 dem Ruf gerecht wird, den man sich mit den Vorläuferversionen erarbeitet hat.

Alles gleichzeitig

Ein wichtiger Tip für alle, die sich gerne unter multitaskenden Betriebssystemen aufhalten (MagiC, MultiTOS) und obige Erweiterungen einsetzen möchten: Fassen Sie alle System-Ressourcen auf einer Partition (am besten der Boot-Partition) zusammen, und achten Sie darauf, diese Partition so selten wie möglich zu sperren [hier denke man an Applikationen, die via Dlock() das Laufwerk für andere Anwendungen sperren müssen]. Ist das Laufwerk gesperrt, auf dem Ihre Zeichensätze liegen, kann auch die eingesetzte GDOS-Variante nicht darauf zugreifen, und es fehlen eventuell Zeichensatzinformationen. Unter NVDI 3.0 ist das nicht weiter kritisch. Die fehlenden Buchstaben werden einfach durch weiße Flächen ersetzt. SpeedoGDOS wird sie jedoch mit einem Absturz für diese Tat bestrafen.

Im zweiten Teil werden wir beide Betriebssystemerweiterungen noch ausführlicher auf Herz und Nieren prüfen. Im Vordergrund werden dabei besonders Geschwindigkeitstest, Speicherbedarf und Betriebssicherheit der Probanten stehen.

Bezugsquellen:

SpeedoGDOS 5.0: Preis: 129,- DM
Upgrade von 4.x: 69.- DM

Compo-Software
Vaalser Str. 540
52074 Aachen

NVDI 3.0: Preis: 129-DM
R.O.M. logicware
Raschdorff Straße 99
13409 Berlin

Lieferumfang

NVDI 3.0

Mitgelieferte Schriften

Name Schnitte
Dutch 801 4
Swiss 721 4
oder Life 4
Gothic 720 4

Druckertreiber für

Sondertreiber

SpeedoGDOS

Mitgelieferte Schriften

Name Schnitte
Monospace 821 1
More Wingbats SWC 1
Symbol Monospace 1
Ad Lib 1
Allegro 1
Amelia 1
American Garamond 4
Bitstream Cooper Black 1
Cataneo Bold 1
Dutch 801 4
Park Avenue 1
Swiss 721 4
VAG Rounded 1

Druckertreiber für
Atari:
 SLM 804/605
Epson:
 FX80 LQ 570, LQ 870, Stylus
Hew. Packard
 Laserjet, Laser jet 4, Deskjet 500er Serie (Farbe und Schwarzweiß), Paintjet
NEC
 P-Serie
Star:
 NB15, NX1000

Sondertreiber


Erik Dick
Aus: ST-Computer 11 / 1994, Seite 42

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