Die digitale Justitia - Anwaltssoftware im Überblick

Nach über 10 Jahren seit das Betriebssystem TOS das Licht der Welt erblickt hat, findet sich dies auch in verschiedenen Rechtsanwaltsbüros wieder. Trotz der Tatsache, daß die Anzahl der Kanzleien, die auf dem TOS-Betriebssystem arbeiten, gering ist, besteht erfreulicherweise bei einigen Programmierer genug Enthusiasmus, Anwendungen für Anwaltskanzleien oder anderweitige juristische Betriebe zu programmiere^.

Grundlagen

Komplettpakete für Rechtsanwaltskanzleien, wie sie für die Betriebssysteme DOS, UNIX oder neuerdings auch unter MacOS angeboten werden, gibt es z.Zt. noch nicht. Allerdings haben sich einige Programmierer bereits daran gemacht, mit einigen Programmen das anwaltliche Computerleben auf TOS zu erleichtern. Zu diesen Programmen zählen die getesteten, die für sich jedoch nicht Anspruch auf Vollständigkeit auf diesem Betriebssystem erheben. Getestet wurden daher die Programme BGH-DAT, LEXICOM und GELD_HER. Der Autor dieses Artikels weiß indes, daß durchaus auch noch andere Programme auf dem Markt existieren. Diese sollen, soweit sie noch weiter gepflegt werden, Gegenstand eines weiteren Berichtes sein.

Suchgeschwindigkeit al£

BGH-DAT - die Volltextdatenbank für Juristen

BGH-DAT

BGH-DAT wird auf 16 Disketten (!) in einem Ringordner als Handbuch geliefert. Das Handbuch selber beinhaltet nur 20 Seiten, wovon sich gerade 12 Seiten mit dem eigentlichen Programm beschäftigen.

Dies ist völlig ausreichend, da die Funktionen, die das Programm bieten soll, sowieso nur sehr gering, für den Zweck jedoch völlig ausreichend sind.

Die Installation des Programmes ist durchaus einfach, allerdings sehr aufwendig. Das Installationsprogramm fragt alle 16 Disketten ab. Bis diese jedoch durchgespielt sind, bedarf es jedoch einiges an Zeit und man kommt sich wie ein „Discjockey" vor. Nach etwa 25 Minuten ist die Installation erledigt und der Programmstart darf beginnen.

Hierbei ist vorab anzumerken, daß es sich bei dem Basis-Programm von BGH-DAT um das bekannte Programm 1st CARD handelt. 1st CARD ist eine multifunktionale Ideenbank, welche die Präsentation von Text, Grafik und Sound als Volltextdatenbank mit Querverweisen und Hypertext sowie die Einbindung beliebiger Programme ermöglicht. Das Faszinierende an 1st CARD und damit auch BGH-DAT ist, daß die Volltextdatenbank unter jeder Anwendung so schnell ist, daß die Suchzeiten praktisch kaum meßbar sind. Selbst komplexe Verschachtelungssuchen unter BGH-DAT lassen den Anwender kaum länger als 1-2 Sek. auf das gewünschte Ergebnis warten. Bemerkenswert ist hierbei insbesondere die Tatsache, daß die Daten nicht im RAM, sondern auf dem Massenspeicher gehalten werden, so daß die Suchzeiten nur dadurch erreicht werden konnten, daß eine Volltextstichwortliste im RAM gehalten wird, die blitzschnelle Verzweigungen auf den Massenspeicher ermöglicht.

Nachdem das Programm auf einem Rechner oder dem Betriebssystem TOS installiert worden ist, welcher mindestens über ein, optimal jedoch über vier MB RAM verfügt, darf der Programmstart beginnen.

Schwächen...

Unter einem Single-TOS-System gibt es nunmehr überhaupt keine Probleme. Das Programm wird gestartet und die BGH-DAT-Datei wird als Startdatei angemeldet. Sodann kann die Suche beginnen. Dies funktioniert ebenso unproblematisch unter dem Betriebssystemaufsatz MultiGEM sowie dem Betriebssystem MultiTOS. Unter MagiC! gibt es allerdings so große Probleme, daß BGH-DAT weder im Multitasking-Betrieb noch im Singletask-Betrieb ordnungsgemäß gestartet werden kann. Es erscheinen Fehlermeldungen, die eine Arbeit mit em Programm unmöglich machen. Hier ist eindeutig noch Programmierarbeit zu leisten, da es sich als sehr unpraktisch erweist, für die Nutzung von BGH-DAT MagiC! zu verlassen und als Singletask-System das Betriebssystem neu zu booten. Aufgrund dieser Einschränkung ist ungetestet auch zu vermuten, daß das Programm (leider noch) nicht unter MagiCMac läuft.

Da wir gerade bei der Kritik des Programmes sind, muß auch gleich erwähnt werden, daß das Programm leider nur eingeschränkt unter virtuellem RAM läuft. Zwar läßt sich das Programm „voll“ unter TT-RAM starten. Soweit jedoch TT-RAM nicht vorhanden ist und nur virtuelles RAM über die Programme OUTSIDE oder V-RAM simuliert wird, so ist BGH-DAT nicht in der Lage, dieses vorhandene RAM sinnvoll zu nutzen. Es erscheint hierbei eine Fehlermeldung, daß die Suchliste aufgrund Speichermangels nicht vollständig geladen werden kann und man dadurch mit Einbußen in der Geschwindigkeit zu rechnen habe. Allerdings funktioniert trotzdem der Umgang mit dem Programm problemlos, so daß diese Einschränkung nicht wesentlich ist.

... und Stärken

Nachdem das Programm gestartet ist, entfaltet es seine ungeahnte Stärke. BGH-DAT beinhaltet eine Zusammenfassung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes etwa seit dem Jahr 1985 mit Ausnahme der Entscheidungen der Familien- und Strafrechtsenate sowie der Entscheidungen der Senate in gewerblichem Rechtschutz und Urheberrecht. Mit Beinhalten ist gemeint, daß die Entscheidungen auf das Wesentliche zusammengefaßt wurden. So erhält man schnell einen Überblick des relevanten Urteils mit Verweisen und einer umfaßenden Sammlung der Fundstellen in den einschlägigen Zeitschriften. Bemerkenswert ist hierbei, daß es sich, wie bereits oben dargestellt, um eine Hypertext-Datenbank handelt. Die Konsequenz hieraus ist, daß jedes einzelne Wort einer Entscheidung mit der Maus angeklickt werden kann, und schon erscheint eine weitere Auswahl von Urteilen, die mit diesem Wort übereinstimmen. Hier ist natürlich der Anwender gefragt, daß er möglichst sinnvolle Worte wählt. Es ist daher unsinnig, daß man beispielsweise das Wort „und“ wählt, um dann Entscheidungen zu erhalten, die alle das Wort „und“ beinhalten. Es kann daher auch hier wieder festgestellt werden, daß ein Computer mit noch so schlauer Software auch nicht intelligenter sein kann als der Anwender, der sie bedient.

Austausch

Nachdem man nun seine Entscheidung hat, möchte man diese jedoch möglichst auch ausdrucken oder in die Textverarbeitung übernehmen. Auch das ist mit BGH-DAT kein Problem. So kann jede aktuelle Entscheidung vom Bildschirm über die bekannte Kombination Control-C in das Clipboard übernommen werden. Aus Gründen des Kopierschutzes ist es hierbei nicht möglich, zugleich alle gefundenen Entscheidungen in das Clipboard zu übernehmen. Der Grund hierfür liegt in einer Art „Kopierschutz“. Andernfalls könnte auf einen Schlag der gesamte Inhalt von BGH-DAT aus der komprimierten Form in das Clipboard als reiner ASCII-Text auf einmal kopiert werden. Damit könnte der Anwender BGH-DAT problemlos in seine eigene Datenbank übernehmen. Das soll jedoch vermieden werden. Die Form der Datenübernahme ist jedoch kein Problem, soweit der Anwender über einen Multitasking-Aufsatz (MultiTOS, MultiGEM) verfügt. In einem solchen Fall kann neben BGH-DAT die gewünschte Textverarbeitung gestartet und über Clipboard ein problemloser Datenaustausch der jeweils gefundenen Entscheidung durchgeführt werden. Im übrigen läßt sich die gefundene Entscheidung auch über die Funktion „Text drucken“ aus dem Desktop oder optisch schöner mit SPEEDO-Fonts bei dem Desktop-Ersatz „EASE“ drucken.

Das war soweit ein Überblick über die wesentlichen Fähigkeiten von BGH-DAT. Da es sich nur um eine eingeschränkte Version von 1st CARD handelt, können die sonstigen multifunktionalen Fähigkeiten des Programmes nicht genutzt werden. Da der Anwender beim Erwerb von BGH-DAT jedoch üblicherweise nicht auf die Erstellung einer eigenen Datenbank, sondern auf die Nutzung einer bereits bestehenden angewiesen ist, kommt es darauf jedoch nicht an. Schade ist allerdings, daß BGH-DAT nicht individuell erweitert werden kann.

Eine juristische Datenbank macht auch dann Sinn, wenn sie lediglich auf einen bestehenden festen Datenbestand zurückgreift. Allerdings ist der Anwender darauf angewiesen, daß die Datenbankregelmäßig aktualisiert wird. Auch hier bietet Logilex einen sehr positiven Service. Regelmäßig (etwa 2- bis 3mal im Jahr) erwartet den Anwender ein Update von BGH-DAT. Dieses Update ist zu einem Preis von ca. DM 150,- zu erhalten und ist im Hinblick auf die Aktualität und den Wert der Datenbank sein Geld allemal wert.

Zusammengefaßt kann festgestellt werden, daß BGH-DAT eine außerordentlich günstige Lösung für die wissenschaftliche Recherche in einem Anwaltsbüro oder für Studenten und Referendare ist. Selbstverständlich ist BGH-DAT auch für sonstige wissenschaftlich tätige Mitarbeiter in Universitäten und Rechtsabteilungen geeignet. Der Preis ist im Gegensatz zu vergleichbaren Produkten auf dem sog. Industriestandard unverschämt günstig. Für DM 398,- erhält der Anwender ein umfassendes Nachschlagwerk im zivilrechtlichen Bereich. Nachteilig ist jedoch zunächst noch, daß das Programm (noch) nicht unter MagiC! läuft und auch Probleme im Verhalten mit virtuellem Speicher aufweist. Diese beiden Punkte führen letztlich zur Abwertung. Trotz dieser Einschränkung ist das Programm auf alle Fälle zu empfehlen, da entsprechende Alternativen nur sehr kostenintensiv, auch im Hinblick auf die jeweiligen Updates, zu erhalten sind. Im übrigen gibt es auch für den Betrag von DM 50,- eine Schnupperversion des 2. und 11. Zivilsenates des BGH.

Bezugsquelle:
ESC GbR mbH Schulstr. 13 06108 Halle

BGH-Dat

Positiv:

umfangreiche Datenrecherche
hypertextverzweigung
einfache Bedienung
Datenaustausch via Clipboard

Negativ:

umständliche Installation auch der Updates
läuft nicht unter MagiC!
Probleme mit virtuellem RAM
nicht erweiterungsfähig

LEXICOM

Bild 1: Es können bereits bestehende Fälle in das Programm eingebunden werden.
Bild 2: Es kann auch eine Verrechnung nach dem Kreditverbrauchergesetz erfolgen.

Das Programm LEXICOM beinhaltet eine Hypertextsammlung der wesentlichen Gesetze. Das Programm entstammt der gleichen Feder wie BGH-DAT. Aus diesem Grund ist hinsichtlich der Programmfunktionalität als solcher auf das oben genannte zu verweisen. Der Unterschied liegt nur in der anderen Datenbankanwendung. LEXICOM beinhaltet die Gesetze: GG, BGB, StGB, OWiG, VwVfG, HGB, Gmb-HG, AGBG, ZPO, StPO, VwGO, GVG, ProduktHaftG, VerbrKrG, HaustürWG.

Der Vorteil einer elektronischen Gesetzessammlung gegenüber der textlichen liegt darin, daß wesentlich schneller über Stichworte gesucht werden kann. Darüber hinaus gibt das Programm überein Stichwort zugleich Fundstellen aus verschiedenen Gesetzen an. So kann man beispielsweise über den Begriff „Anfechtung" sowohl die zivilrechtliche Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB sowie die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nach GmbH- und Aktienrecht per Knopfdruck erhalten. Auf diese Weise erhält man schnell einen Überblick über die wesentlichen Gesetzestexte nebst deren Zusammenhang mit anderen Gesetzeswerken. Ein weiterer Vorteil liegt darin, daß über die Hypertext-Fähigkeit des Programmes ein beliebiges Wort in einem Gesetzestext angewählt werden kann, um die damit zusammenhängende weitere Gesetzesfundstelle aufzufinden. Diesen Vorteil kann natürlich kein gebundenes Nachschlagewerk bieten. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, daß mit LEXICOM die Möglichkeit des Datenaustauschs via Clipboard in die Textverarbeitung möglich ist, so daß umfangreiche Gen setzespassagen übernommen werden können. Der Zeitverlust durch Abschreiben bleibt dem Anwender dadurch jedenfalls erspart.

LEXICOM ist wie BGH-DAT, jedenfalls auf dem Atari-Markt, ein unerläßliches Tool für den juristischen Anwender. Die Einschränkung ergibt sich hierbei aus dem Begriff „auf dem Atari-Markt“. Auf alternativen Betriebssystemen gibt es bereits schon umfangreichere Gesetzessammlungen (Schönfelder Plus) auf CD-ROM. Auch diese Gesetzessammlung ist eine Hypertextlösung, die sogar umfangreicher ist als LEXICOM. Darüber hinaus bietet Schönfelder Plus auch mehr Gesetze, als die eigentliche Gesetzessammlung Schönfelder. Der Nachteil liegt allerdings darin, daß es Schönfelder Plus nur auf CD-ROM gibt, während LEXICOM auch auf der Festplatte installiert werden kann.

Ein weiterer Nachteil von LEXICOM liegt darin, daß es im Zusammenspiel mit BGH-DAT nicht als Anwendung zur gleichen Programmversion läuft, som dem als eine eigenständige 1st CARD-Applikation installiert werden muß. Das ist nicht unbedingt platzsparend auf der ohnedies meist überfüllten Festplatte. Der Autor versprach indes dahingehend Abhilfe, daß diejenigen Anwender, die Bezieher von BGH-DAT und LEXICOM sind, eine Version erhalten, die auf eine einzige 1st CARD-Version installiert werden kann. LEXI-COM ist daher auch für den Juristen eine wichtige zeitsparende Ergänzung im Büro und in der täglichen Anwendung. LEXICOM kostet DM 59,80 und die Profi-Version DM 128,-.

Bezugsquelle:
ESC GbR-mbH Schulstr. 13 06108 Halle

Lexicom

Positiv:

umfangreiche Datenrecherche
Hypertextverzweigung
einfache Bedienung
Datenaustausch via Clipboard

Negativ:

umständliche Installation auch der Updates
läuft nicht unter MagiC!
Probleme mit virtuellem RAM
nicht unter BGH-DAT anmeldbar
nicht erweiterungsfähig

GELD HER

Das Programm GELD HER unterscheidet sich wesentlich von den beiden vorhergenannten. GELD HER ist kein Programm für den Studenten, Referendar oder wissenschaftlich engagierten Mitarbeiter. GELD HER ist vielmehr „das" Programm für die Anwaltspraxis oder ein Inkassobüro. Das Programm bietet eine umfassende Abwicklungsmöglichkeit aller Inkassomaßnahmen, die bei derartigen Fällen anfallen. Mit GELD HER kann vom Eingang der Angelegenheit über die Erstellung von sämtlichen Mahnbescheiden bis hin zu allen Vollstreckungsformen ein Inkassofall abgewickelt werden.

GELD HER präsentiert sich als saubere GEM-Applikation, welche in allen Auflösungen ab ST-Hoch funktioniert und demnach auf allen Grafikkarten laufen müßte. Das Programm läuft problemlos unter allen Betriebssystemerweiterungen wie MultiTOS, MagiC und sollte auch auf MagiCMac funktionieren. Darüber hinaus läuft das Programm auch unter virtuellem Speicher, so daß bei 68030er-Prozessoren keinerlei Speichermangel auftreten sollte, wenn virtuelle Speicherverwaltungsprogramme installiert worden sind. Schließlich handelt es sich bei den meisten Dialogen auch um nichtmodale Dialoge, so daß eine problemlose parallele Anwendung während einer Hauptapplikation (Textverarbeitung oder Datenbank) durchführbar ist.

Installation

Ober die Installation des Programmes ist wenig zu sagen. Ein praktisches Installationsprogramm fragt nach Benutzerdaten und Anwendungspfad. Anschließend rattert das Installationsprogramm los und nach einer Bestätigungsmeldung sind alle Daten an den gewünschten Ort der Festplatte kopiert. Sodann kann GELD HER gestartet werden.

Einstieg

Das Programm verbindet verschiedene Einstiegsmöglichkeiten in einen Inkassofall. Zum einen können bereits bestehende Fälle in das Programm eingebunden werden, indem über Menüs die Grunddaten wie das laufende Prozeßaktenzeichen, der Name des Gläubigers und es Schuldners, die Art des Titels nebst Aktenzeichen und letztlich die verschiedenen Forderungsarten (Bild 1) abgefragt werden.

Die Buchungseingabe umfaßt so ziemlich alle Vorgänge, die dem geplagten Anwalt während eines Inkassofalles begegnen können. Darüber hinaus lassen sich beliebige Buchungseingaben unter dem Punkt „Sonstiges“ eingeben, wofür einerseits bereits ein Popup-Menü schon einige Vorschläge bietet. Weitere Buchungsvorfälle z.B. DM 35,- für die Zusendung eines Vermögensverzeichnisses, können jedoch durch die Edierbarkeit des Feldes problemlos eingegeben werden. In der Buchungszeile können dann auch gleichzeitig die Zinsen mit Zinslaufdatum angegeben werden. Hinsichtlich der Zinsangabe „zzgl. Diskont“ ist anzumerken, daß das Programm sämtliche Diskontsätze seit dem 01.11.1950 beinhaltet.

Insofern sind die (beispielsweise bei Scheck- und Wechselansprüchen) typischen Zinsberechnungen nach Diskontsatz kein Problem mehr. Die Diskontsätze sind im übrigen auch jederzeit durch den Anwender ergänzbar.

Zahlungsberechnung

Selbstverständlich lassen sich natürlich auch Zahlungen des Schuldners in die Forderungsaufstellung integrieren. Dies ist nicht ganz unproblematisch, da es durchaus verschiedene Berechnungsarten gibt, wie mit Zahlungen des Schuldners zu verfahren ist. Hierzu bietet „GELD HER“ drei Berechnungsmethoden an, mit denen alle Spielarten der Forderungsverrechnung beherrschbar sind. Selbstverständlich ist die Forderungsberechnung nach §§ 366,367 integriert. Andererseits kann auch anderweitig verrechnet werden, indem beim Anwählen von ungleich § 367 eingehenden Zahlungen des Schuldners erst die unverzinslichen Kosten, dann die verzinslichen Kosten berechnet werden. Letztlich kann auch eine Verrechnung nach dem Kreditverbrauchergesetz erfolgen, indem, im Gegensatz zu § 367, zunächst auf die Hauptforderung und dann erst auf die Zinsen der Hauptforderung eine Verrechnung erfolgt (vgl. Bild 2).

Vorarbeit

Vor einer jeden Inkassoerstellung ist jedoch noch ein wenig Vorarbeit notwendig. So sind zunächst die Anwenderdaten auszufüllen, die gleichzeitig dazu benutzt werden, in Vollstreckungsausdrucken oder Mahnbescheidserstellungen die notwendigen Angaben für den Prozeßbevollmächtigten zu liefern. Weiterhin kann von vornherein die Kopienanzahl für die verschiedenen Vollstreckungsarten angewählt werden, um sich ein anschließendes Kopieren zu ersparen. Die verschiedenen Formulareinstellungen für den normalen Standardmahnbescheid, den Computermahnbescheid und Vollstreckungsbescheid können weiterhin individuell festgelegt werden, um die mannigfaltigen Drucker auf dem Markt zu berücksichtigen. Im übrigen befinden sich bei dem Programm Druckertreiber für die meisten standardisierten Nadel-und Laserdrucker. Schließlich lassen sich die vorgefertigten Druckertreiber auch variieren und selber anpassen. Durch die Option der Erstellung eines eigenen Druckertreibers läßt das Programm alle Möglichkeiten offen. Schließlich läßt sich sogar auch eine Overlay-Datei erstellen. Diese Overlay-Datei bietet insbesondere für HP-compatible Drucker die Möglichkeit, den eigenen eingescannten Briefkopf als Vorab-Datei so zu senden, daß besonderes Briefpapier nicht mehr benötigt wird.

In dem Menüpunkt „Standardadressat“ läßt sich das für den Anwender meist genutzte Vollstreckungsgericht eintragen, so daß die ständige Angabe hierzu entfällt.

Bild 3: Die Auswahloptionen für einen Pfändungsanspruch
Bild 4: Hier lassen sich die Anwaltsgebühren leicht berechnen.

Der Menüpunkt „Mahnverfahren“ bietet umfangreiche Möglichkeiten, sämtliche Mahnbescheide und Vollstreckungsbescheide zu erstellen, auszufüllen und auszudrucken. Gerade für umfangreiche Inkassomandate bietet sich hierbei die Möglichkeit, Standardmahnbescheide anzulegen, die den Antragsteller nebst den zumeist benötigten Anspruchsdaten ständig bereit halten. GELD HER ermöglicht den paßgerechten Ausdruck auf den Standardformularen für alle Mahnbescheide. Soweit hier und da der Ausdruck ein Feld nicht hundertprozentig trifft, ist auch die manuelle Nachbearbeitung des Formulars mittels handelsüblichem Editor problemlos möglich.

Mit den Mahnbescheiden kann sowohl in einem laufenden Inkassofall ein Mahnbescheid erstellt werden, dessen Kosten in die Forderungsabrechnung übernommen werden. Weiterhin kann auch ein Inkassofall mit einem Mahnbescheid begonnen werden, worauf die entsprechenden Daten (Hauptforderung, Kosten) für eine neue Forderungsberechnung gebucht werden. Die Mahnbescheidsmasken lassen alle Möglichkeiten offen, die in der Praxis benötigt werden. So lassen sich nicht nur mehrfache Antragssteller, sondern auch mehrfache Antragsgegner eingeben. Gerade bei mehrfachen Antragstellern erhöht sich dann auch automatisch die Mahnbescheidsgebühr gemäß § 6 BRAGO. Im übrigen werden auch sämtliche Änderungen des neuen Kostenrechts-Änderungsgesetzes vom 01.07.1994 berücksichtigt. Schließlich läßt sich auch die Mahnbescheidsart im Sinne eines Urkunden-, Wechsel- oder Scheckmahnbescheides anwählen.

Wie bereits oben aufgeführt, berechnet das Programm nach Eingabe der Hauptforderung sämtliche Gebühren automatisch. Da in den Voreinstellungen auch die Gebühren Ost oder West angewählt werden können, gibt es auch in diesem Punkt kein Problem. In den neuen Bundesländern kann für Inkassobüros der Gebührenwert für Rechtsanwälte völlig unterdrückt werden. Die im Standardmahnbescheid üblichen Wahlmöglichkeiten sind natürlich auch alle durch Cross-Checked-Buttons berücksichtigt worden. Dasselbe gilt natürlich auch für Computermahnbescheide und schließlich auch für den Vollstreckungsbescheid. Hinsichtlich der Mahnbescheide ist natürlich zu bedenken, daß Laser- und Tintenstrahldrucker diese aufgrund der Durchschlagsformulare nicht nutzen können. Hier ist natürlich zu einem Typenrad oder Nadeldrucker zu raten. Aus diesem Grunde sollten für die Benutzung des Programmes Mahnbescheide für Computerdrucker, also mit Walzenrand, benutzt werden. Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, daß das Programm problemlos mit drei verschiedenen Druckern für die beiden Mahnbescheidsarten und den Vollstreckungsausdruck arbeiten kann. Hierbei brauchen Sie noch nicht einmal umzuschalten. Das Programm weiß nach entsprechender Angabe bei der Installation, welcher Drucker für welche Tätigkeit eingesetzt werden muß.

Los geht’s

Nachdem nunmehr sämtliche Daten für eine Inkassoberechnung über einen Mahnbescheid oder direkt ausgefüllt worden sind, zeigt sich der entscheidende Vorteil des Programmes. Es beherrscht so ziemlich alle Vollstreckungsmöglichkeiten, die von dem geplagten Anwender verlangt werden. Die verschiedenen Vollstreckungsarten beinhalten natürlich auch die mit der Vollstreckung anfallenden Rechtsanwaltsgebühren, die das Programm der Vollstreckung und Forderungsabrechnung gleich hinzusetzt. Also wird einerseits in die Forderungsaufstellung eine erneute Buchung für die Vollstreckungsmaßnahme eingefügt und im Ausdruck andererseits die genaue Berechnung der Vollstreckungsgebühr nach den entsprechenden Vorschriften der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vorgenommen. Das Programm ist hierbei so intelligent, daß es die einzelnen entstandenen Kosten zusammenrechnet und damit einen entsprechenden konkreten Streitwert bildet, der dadurch höher ist, als die eigentliche Hauptforderung.

Sehr praktisch ist übrigens auch die Möglichkeit, eine Teilbetragsvollstreckung durchzuführen. Diese Möglichkeit wird noch nicht einmal von Programmen für tausende von Mark beherrscht. Die Teilbetragsvollstreckung hat den Vorteil, daß Vollstreckungen bei Schuldnern, die den Anschein der Insolvenz erwecken, von den Kosten her gering gehalten werden. Sowohl die Anwaltsgebühren als auch die Gebühren der Gerichtsvollziehernachnahme richten sich nach dem Gegenstandswert. Wenn der Gegenstandswert durch eine Teiletragsvollstreckung auf einem vertretbaren Minimum gehalten werden kann, dann kann man jedenfalls feststellen, ob eine grundsätzliche Zahlungswilligkeit(-fähigkeit) des Schuldners vorliegt. Einer jeden Vollstreckung kann man übrigens auch einen eigenen kleinen Sondertext in einem Editor beifügen, der vor dem Ausdruck erscheint. Davor fragt das Programm jedoch noch nach dem Adressaten, da der Zweck des Ausdrucks ist, daß der Anwender sein Briefpapier direkt in den Drucker einschieben und der komplette Vollstreckungsvorgang darauf ausgedruckt werden kann.

Variationsreichtum

Als sehr vorteilhaft erweist es sich auch, bei bestimmten Vollstreckungsanträgen auch intern verschiedene Variationen anzubieten. So richtet sich ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß durchaus an verschiedene Vermögensbereiche. Wählt man daher im Menü des Vollstreckungsvorganges den Punkt PFÜB (Pfändungs- und Überweisungsbeschluß) an, so wird neben dem Adressaten für den PFÜB (Vollstreckungsgericht) auch die Anschrift des Drittschuldners verlangt. Nachdem der Drittschuldner eingegeben ist, wird weiterhin, wie in Bild 3 angegeben, der Pfändungsanspruch zur Auswahl gegeben. Unter dem Menüpunkt „speziellen Text laden“ öffnet sich der Fileselektor und der Anwender kann aus eigenen vorformulierten Texten einen für seinen speziellen Pfändungsanspruch ausgewählten Text ändern. Dadurch stehen dem Anwender unzählige Möglichkeiten zur Verfügung. Insbesondere ist hierbei auch darauf hinzuweisen, daß sämtliche Vollstreckungstexte in einem ASCII-Editor frei abänderbar sind. Hierbei können nicht nur die Texte, sondern auch die entsprechenden Attribute zu den Texten geändert werden. Es stehen hierbei fette, unterstrichene, 10-Punkt- und 12-Punkt-Schrift zur Verfügung. Soweit sich der Anwender mit seinem Drucker gut auskennt, steht es ihm frei, andere Schriften in die Texte mit einzubinden. Die entsprechenden Steueranweisungen werden in geschweiften Klammern im „Klartext“ ausgegeben. Dadurch kann auch der wenig geschulte Anwender seinen individuellen Vollstreckungsantrag erstellen und die entsprechenden Textpassagen zielgenau auf sein Standardbriefpapier plazieren.

Für den Gerichtsvollzieher ist es nunmehr einfach, aufgrund der von dem Programm errechneten Forderungsberechnung, die Vollstreckung durchzuführen. Insbesondere ist hierbei bemerkenswert, daß das Programm nicht nur die aktuellen Zinsen für die Hauptforderung und die Kosten zum Ausdruckdatum ausrechnet, sondern auch zusätzlich darstellt, welche Beträge für die täglichen Zinsen ab Ausdrucktag hinzukommen. Dadurch kann der Gerichtsvollzieher anhand der Differenz zwischen dem Vollstreckungstag und dem Vollstreckungsantragstag ausrechnen, welcher Betrag der errechneten Summe noch hinzuzufügen ist. Mit dem im Anhang beigegebenen Abkürzungsverzeichnis können auch die Kürzel in der Spalte Anmerkungen von jedem verstanden werden. Schließlich ist natürlich auch darauf hinzuweisen, daß das Programm nicht nur die Ausgabe auf den Drucker beherrscht, sondern auch die Ausgabe in eine Druckdatei, eine beliebige ASCII-Datei und natürlich auch die Übernahme auf das Clipboard. Damit ist der Weg offen, den ausgegebenen Vollstreckungsantrag mit der eigenen Textverarbeitung optisch zu verschönern, verfeinern oder sonstwie geschmackvoll anzupassen. Aufgrund der Möglichkeit des Ausdrucks in die Datei können auch speicherplatzarme Anwender den Ausdruck mit dem Programm ermöglichen oder die Datei auf externen Rechnern ausdrucken.

Gimmicks

Dem Programm sind noch weitere zwei Gimmicks beigelegt. Zum einen handelt es sich um einen äußerst praktischen Gebührenrechner für Rechtsanwälte. Mit diesem Gebührenrechner sind die im Zivilrecht üblichen Gebühren incl. der Kilometer- und Kopierkosten und verauslagte Gerichts- und sonstige Kosten zu berechnen. Aber nicht nur allein die Berechnung beherrscht dieser Gebührenrechner. Das errechnete Ergebnis kann auch via der bekannten Tastaturkombination Ctrl-C direkt auf das Clipboard übergeben werden, um, von der Textverarbeitung schnell zu GELD HER wechselnd, die errechnete Gebührenaufstellung in die Textverarbeitung wieder zu übernehmen. Soweit hierbei beispielsweise für 10/10 Gebühren (Bild 5) drei Gebühren angewählt werden, gibt das Programm in der Ausgabe die verschiedenen Gebührentatbestände des § 31, Abs. 1, Nr. 1 - 3 BRAGO aus. Die dazugehörige Textdatei kann im übrigen wie alle anderen Ausgabetexte auch mit einem Editor verändert und individuell angepaßt werden. Damit bleibt dem Anwender jedenfalls das lästige Nachschlagen in Gebührentabellen erspart.

Ein weiteres Gimmick ist der sehr praktische Zinsrechner, der neben dem Zinsbetrag auch die Zinstage berechnet. Frei nach dem Motto „Judex non calculat" erspart sich der Anwender dadurch Berechnungen, die erfahrungsgemäß ein Jurist gerade nicht beherrscht.

Fazit

Als Fazit kann festgehalten werden, daß das Programm sein Geld allemal wert ist. Davon abgesehen, daß allein der Stundensatz eines Anwaltes, der mit dem Programm erspart wird, bei einem einzigen Vollstreckungsversuch die Amortisation des Programmes ergibt, ist das Programm auch für Inkassogesellschaften oder Mahnabteilungen größerer Unternehmen wärmsten zu empfehlen. Das Programm lief im Test absolut stabil. Der Programmautor, selbst ein Rechtsanwalt, war auch bei Verbesserungsvorschlägen unverzüglich bereit, diese in das Programm einzubauen, so daß während der Testphase der Autor dieses Berichtes mehrere Versionsexemplare erhielt. Das Programm ist auch unter der Kombination mit der Janus-Karte unter Windows zu empfehlen. Selbstverständlich läuft es auch unter MagiCMac, so daß es für jeden Macintosh-Juristen unentbehrlich ist. Fehler haben wir, bis auf anfängliche Programmversionen, später nicht mehr entdecken können. Das Programm hat jedenfalls seinen festen Platz in der Kanzlei des Autors gefunden und ist daraus nicht mehr wegzudenken. GELD HER kostet DM 599,- und ist eine Bereicherung für das ATARI-Betriebssystem oder dessen verwandte Betriebssystemaufsätze.

Christoph Kluss (Rechtsanwalt in Frankfurt/Main)

Bezugsquelle:
Rechtsanwalt und Bauingenieur Sebastian Heene
Holzstr. 13
80469 München

Geld her

Positiv:

komplette Inkassoabwicklung
Ausdruck auf allen Mahnbescheiden
einfache Bedienung
Datenaustausch via Clipboard
Gebühren-/Zinsrechner
läuft auf allen Betriebssystemerweiterungen

Negativ:

-



Aus: ST-Computer 04 / 1995, Seite 75

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