Twilight

Über den Sinn und Zweck von Bildschirmschonern mögen sich die Gemüter erhitzen: Selbst wenn Sie Ihren Monitor nicht im zwölfstündigen Dauerbetrieb einsetzen, kann ein besonders gelungenes Exemplar dieses Genres - TwiLight - ein sinnvolles oder zumindest erheiterndes Hilfsprogramm im tristen Alltag darstellen.

Dem ursprünglichen Konzept, den Monitor nach einer gewissen Zeit schwarz-/dunkelzuschalten, entsprangen in der Zwischenzeit die schrillsten Erweiterungen, die sich jedoch in der Praxis oftmals als hinderlich herausstellten. Inwiefern TwiLight trotzdem ein modernes Konzept besitzt, wird hier diskutiert.

Das Gesicht

Dem Anwender präsentiert sich TwiLight mit einer Übersicht, aus der heraus man neben den Modulen diverse Einstellungen in übersichtlichen und verständlichen Fensterdialogen wählen kann. So können beispielsweise die beim Schonen notwendige Rechenzeit stufenlos zugeteilt, eine Auswahl der betrachteten Schnittstellen getätigt, ein Hotkey zum Sofortschonen oder ein Paßwort definiert, der Sound oder die Aufwach- oder Schlafecke eingestellt werden. Gerade hier zeigt sich eine Stärke von TwiLight: neben den vielen Fallstricken des Betriebssystems (und diverser, angeblich sauber programmierter Applikationen), die von den Entwicklern meisterhaft umschifft wurden, läßt sich das Verhalten des Bildschirmschoners in weiten Stufen den eigenen Wünschen anpassen.

Modulkonzept

Ein Bildschirmschoner sollte seinen Zweck erfüllen, ohne dabei unnötig Rechenzeit oder Speicher zu verschenken. Beide Hürden meistert TwiLight mit Bravour: das ausgeklügelte Modulkonzept ermöglicht es, im passiven Zustand nur das Accessory und ein kleines TSR im Speicher zu belassen (diese Zweiteilung entspringt einer technischen Notwendigkeit des TOS). Erst wenn TwiLight den Bildschirm schonen will, wird eines der (auch zufällig) auswählbaren Module aktiv oder bei Speichermangel ein internes Modul, das die Darstellung abdunkelt oder zyklisch investiert.

Schon in der Grundausstattung liefert Delirium Art eine Unmenge an Modulen mit, die fast alle kleine, mehr oder weniger gelungene Animationen darstellen. Das Spektrum erstreckt sich dabei von simplen Kreis- oder Linienzügen über aufwendig berechnete, teilweise surrealistische Bilder bis zu kompletten Animationssequenzen. Da jedes Modul einen eigenen Einstellungsdialog anbieten kann, sind oftmals viele Varianten allein durch ein Modul abgedeckt. Aufgewertet werden diese Gimmicks durch teilweise sehr nützliche Module: Der Falcon-Speeder schaltet das Videosystem des Falcon aus, um damit die Busbelastung zu reduzieren und die Rechenleistung- wenn auch minimal - zu erhöhen; Magic-Picture berechnet beim Schonen Pseudo-3D-Bilder; ein schnell selbstentwickeltes Modul zeigt eine Nachricht aus dem Klemmbrett an (für die Kollegen in der Mittagspause). Denkbar - wenn auch noch nicht verfügbar - wären auch zeitaufwendige Raytracing-Berechnungen als Modul.

Bei Delirium Arts sind darüber hinaus weitere Module erhältlich, manche werden in unregelmäßigen Abständen in Mailboxen veröffentlicht ,Osterhasiii' oder Weihnachten naht' sei jedem dabei dringend empfohlen.

Das Handbuch ist übersichtlich aufgebaut und erklärt alle Funktionen ausführlich, ohne dabei hilfreiche Randbemerkungen zu vergessen. Die Installation erfolgt anfängerfreundlich mit einem Installationsprogramm, das alle benötigten Dateien korrekt einrichtet. Neben den Modulen werden auch reichlich Beispiele für die eigene Modulentwicklung beigelegt.

Da fehlt doch noch ...

Selbst Laien dürfte anhand der Beispiele und des ausführlichen Handbuchs die Entwicklung eigener Module leichtfallen - sofern Sie die Grundzüge von Assembler, C oder Pascal beherrschen. Module sind dabei vollwertige Programme, die fast alle Betriebssystemfunktionen aufrufen dürfen und zusätzlich von TwiLight mit für den Schonerbetrieb wichtigen Informationen und Routinen aufgerufen werden.

Als Profi bietet TwiLight dabei nicht nur diverse Cookie-Einträge und Bildschirmvariablen an, insbesondere die von jedem Modul aus nutzbaren Routinen sind von unschätzbarem Wert, wenn es mehr als Linienanimationen darstellen soll; teilweise werden diese dynamisch - je nach Bedarf - geladen! Neben der Farbpalettenmodifikation, einigen Zeitfunktionen und der komfortablen Tonausgabe stehen vielfältige Routinen zum Dithern und Animieren von vollwertigen Sprites inklusive Kollisionsbehandlung zur Verfügung einige Module wie Ballon oder die Pinguin-Party zeigen dies eindrucksvoll. Leider setzen diese Sprite-Funktionen einige Vorbereitungen voraus, die manchen Programmierer abschrecken dürften - trotz der gebotenen Flexibilität. Hier wäre ein Tool wünschenswert, das aus einem gegebenen Bild automatisch Sprites samt Maske ausschneidet und durch Code-Auszüge aufwertet - die aufwendige Arbeit des Sprite-Designs außer acht gelassen.

Aussichten

Einen Schritt näher zur Perfektion wollen Delirium Arts mit der für die proTOS neu angekündigten Version 2 von TwiLight gelangen. Über eine moderne 3D- Optik hinaus sollen nun auflösungs- und applikationssensitive Konfigurationen einstellbar sein. Das interne Modul wird um einen PowerSave-Modus für geeignete Monitore erweitert; schließlich soll das unhandliche Spritehandling mit einem Tool und einer neuen Routine verbessert werden.

Fazit

Das technisch sauber umgesetzte Konzept, die maximale Flexibilität sowohl für den Anwender als auch für den Modulentwickler, die ständige Pflege seitens der engagierten Entwickler, ein übersichtliches Handbuch und die einfache Installation führen zu einem völlig gerechtfertigten Spitzenplatz. Neben TwiLight gibt es inzwischen einige umfangreiche und höchst amüsante Module auf gesondert zu beziehenden Disketten bei Delirium Arts.

Bezugsquelle:
Delirium Arts
Peter Scheerer, Alvar Freude,
Dragan Espenschied GbR
Lauffener Straße 11
74226 Nordheim

Preis: 69 DM

TwiLight
Positiv:
saubere Implementierung
sinvolle Features
mächtiges Modulkonzept
viele Schoner mitgeliefert
hohe Flexibilität
Negativ:
-

Oliver Michalak
Aus: ST-Computer 01 / 1996, Seite 24

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