Phasenwechsel: Neue optische Massenspeicher

Optische Massenspeicher sind aus dem Computerbereich nicht mehr wegzudenken. Nachdem die CD-ROM schon vor einigen Jahren ihren glanzvollen Siegeszug begann, wurden auch auf dem Gebiet der wiederbeschreibbaren optischen Massenspeicher Fortschritte gemacht.

Das magnetooptische Verfahren erwies sich dabei als das stabilste und praxistauglichste System, so daß die ersten Geräte für den Massenmarkt nicht lange auf sich warten ließen. Seit einiger Zeit kursiert allerdings ein neues Schlagwort in der Szene: „Phase-Change-Verfahren“ nennt es sich und soll die optischen Massenspeicher revolutionieren.

Toray, eine japanische Firma, die eigentlich eher aus dem Chemiebereich kommt, kündigte vor ca. einem Jahr das erste Gerät, den Phasewriter, an. Vor wenigen Wochen trafen die ersten Seriengeräte bei uns ein, so daß wir sie Ihnen vorstellen können. Zeitgleich haben die Hersteller der magnetooptischen Laufwerke reagiert und deren Preise gesenkt. Grund genug, beide Technologien vergleichend zu betrachten. Zunächst aber ein paar rudimentäre Erklärungen: Magnetooptische Speichermedien werden rein optisch, also durch einen Laserstrahl - ähnlich dem eines CD-ROM-Laufwerkes - gelesen.

Beschrieben werden sie hingegen durch eine Kombination aus Laserlicht und Magnetfeld. Der Laserstrahl erhitzt die informationstragende Schicht kurzzeitig, und ein relativ starkes Magnetfeld sorgt dafür, daß die erhitzte Schicht ihre optischen Eigenschaften (Reflexion) an bestimmten Stellen ändert. Dadurch werden die Informationen optisch „verewigt“. Magnetooptische Laufwerke benötigen aus diesem Grund zwei Durchgänge, um Informationen zu schreiben: einen Löschvorgang, der das Medium in seinen Ausgangszustand zurückversetzt, und den eigentlichen Schreibvorgang. Zusammen mit einem Verify-Durchgang muß der Schreib-/Lesekopf also bei jedem Schreibvorgang dreimal positioniert werden (die Informationsspuren sind in der Form einer Spirale auf dem Medium aufgebracht, was eine generelle Neupositionierung nach einem Zugriff erfordert). Das kostet wertvolle Zeit und geht zu Lasten der Übertragungsraten.

Das Phase-Change-Verfahren geht einen etwas anderen Weg. Hierbei ist ein Magnetfeld beim Schreibvorgang nicht notwendig. Die informationstragende Schicht des Speichermediums kann ihre optischen Eigenschaften direkt durch Einwirkung eines Laserstrahls ändern. Ein Schreibzugriff ist somit in einem Durchgang (plus Verify) erledigt. Zudem sind die Schreib-/Leseköpfe wegen der fehlenden Magneteinheit von geringerer Masse, so daß die Zugriffszeiten deutlich verringert werden konnten. Genauere Infos über das technische Verfahren können sie auch dem Kasten „Phase-Change kontra magnetooptisch“ entnehmen.

## Phase-Change contra magnetooptisch

Das Phase-Change-Verfahren hat im Vergleich zur magnetooptischen Technologie den Vorteil, daß es einen Schreibzugriff in einem einzigen Vorgang durchführen kann, während magnetooptische Laufwerke zunächst den Bereich löschen müssen und erst nach einer Neupositionierung des Kopfes schreiben können.

Links: Phase-Change-Verfahren: die Daten werden rein optisch gelesen und geschrieben. Rechts: Magnetooptisches Verfahren: die Daten werden mittels einer Kombination aus Laseroptik und Magnetfeld geschrieben.
Der Phasewriter Dual läßt sich sowohl als wiederbeschreibbarer Massenspeicher (650 MB) als auch als CD-ROM-Drive einsetzen.

Doppelt einsetzbar

Toray hat die Ähnlichkeit der Phase-Change-Technik mit dem üblichen optischen Leseverfahren von CD-ROMs ausgenutzt und ein Laufwerk entwickelt, das sowohl als wiederbeschreibbarer Massenspeicher mit Wechselmedien als auch als 4fach-Speed-CD-ROM fungieren kann. Dies ist bislang einmalig in der Geschichte der optischen Massenspeicher.

Für unseren Test stellte uns die Firma Eventus, die die Toray-Laufwerke in Deutschland vertreibt, freundlicherweise zwei verschiedene Phasechange-Laufwerke zur Verfügung. Der Phasewriter Max ist ein reiner Schreib-/Lesespeicher für Wechselmedien mit einer Kapazität von insgesamt 1.5 GB. Die Medien lassen sich beideitig verwenden, so daß der Anwender auf eine Kapazität von ca. 750 MB pro Seite zurückgreifen kann. Das Medium braucht eigentlich nicht von Hand gewendet zu werden. Im Gerät befindet sich also eine doppelte Abtasteinheit, um beide Seiten gleichzeitig bearbeiten zu können. Leider muß die Umschaltung zwischen den Seite explizit per Software-Befehl erfolgen, was einen speziellen Treiber voraussetzt, der für ATARI-Computer leider nicht existiert. Durch eine automatische Datenkompression, die allerdings auch nicht für TOS-Systeme erhältlich ist, soll ein Vielfaches an Daten auf einem Medium Platz finden können.

Der Phasewriter Max ist auf hohe Kapazität hin optimiert und verzichtet auf eine Kompatibilität zu CD-ROMs. Daher wird er sicherlich eine Insellösung bleiben. Dennoch ist er interessant, wenn es darum geht, große Datenbestände dauerhaft-Toray gibt die Haltbarkeitsdauer der PD-Medien mit bis zu 30 Jahren an - und sicher zu archivieren. Das Laufwerk wird in einem Tower-ähnlichen Gehäuse ausgeliefert und erhält Anschluß über eine 50polige SCSI-Buche im High-Density-Format. Diese Buchsen sind im Massenmarkt noch relativ selten anzutreffen, bieten aber eine gute Kontaktsicherheit bei vergleichsweise geringen Abmessungen. Mit durchschnittlich 45ms Zugriffszeit rückt der Phasewriter Max in die Nähe älterer Festplattenlaufwerke, was für einen optischen Massenspeicher eher ungewöhnlich ist. Die Zugriffe machen sich allerdings durch ein deutlich vernehmbares Pfeifen und Singen bemerkbar. Vom Dauereinsatz direkt am Arbeitsplatz sollte man daher absehen und das Gerät eher unter dem Tisch plazieren, was die Tower-Bauform schon weitsichtig unterstützt.

## How Fast: Das Massenspeicher-Testprogramm
Der Phasewriter Max im File-Benchmark
Der Phasewriter Dual ist sogar etwas schneller als sein großer Bruder.

Der Phasewriter Max besitzt eine sogenannte HDD-Emulation, was nichts anderes bedeutet, als daß er sich im System wie eine normale SCSI-Festplatte verhält und somit von jeder bekannten Formatier- und Partitionier-Software unterstützt wird, im Lieferumfang befindet sich lediglich Software für Macs und PCs. Wir konnten allerdings das 1.5 GB fassende 5"-Medium problemlos mit einem TT und der Treiber-Software HDDRIVER von Uwe Seimet in Betrieb nehmen. Die Testergebnisse entnehmen Sie bitte den Grafiken.

CD-ROM inklusive

Kommen wir nun aber zu dem weitaus interessanteren Gerät, dem Phasewriter Dual. Das Laufwerk macht - von außen betrachtet - den Eindruck eines ganz normalen CD-ROM-Drives - selbst ein Lautstärkeregler und ein Kopfhörerausgang für die Benutzung von Audio-CDs sind vorhanden. Lediglich eine kleine LED mit der Aufschrift PD/CD läßt darauf schließen, daß im Innern das oben schon erwähnte Zwitterlaufwerk arbeitet. Damit läßt sich der Phasewriter Dual sowohl als wiederbeschreibbarer Massenspeicher (650 MB) als auch als CD-ROM-Drive einsetzen.

Massenspeicher-Betriebsart

Wir haben uns zunächst um den Einsatz als herkömmlicher Wechselmedien-Massenspeicher gekümmert. Auch hier verrichtet der HDDRIVER seinen Dienst ordnungsgemäß und bereitet das 650 MB fassende, einseitige und nicht wendbare Medium brav für den Betrieb am ATARI vor. Das Medium ist nicht kompatibel zum Phasewriter Max, da schon seine äußeren Abmessungen um einige Millimeter abweichen. Es hat exakt die Maße einer CD, ist aber mit einem Kunststoffgehäuse zum Schutz ummantelt. Zur Aufnahme der Medien fährt eine Schublade aus dem Laufwerk heraus. Die Kassette wird einfach auf den Schlitten gelegt und per Knopfdruck eingezogen. Der Phasewriter erkennt danach selbsttätig, ob ein PD-Medium oder eine CD-ROM (ohne Caddy) eingelegt wurde und verhält sich dementsprechend gegenüber dem angeschlossenen System. Durch eine Zweifarb-LED wird die Betriebsart dem Benutzer auch optisch kundgetan.

Die Geschwindigkeit des Phasewriters ist erstaunlich und in der Klasse der optischen Massenspeicher bislang unerreicht. Die Benchmarks sprechen eine deutliche Sprache. Wir konnten das Gerät sogar erfolgreich als direkte Datenquelle für einen Doublespeed-CD-Rekorder verwenden, welche bekanntlich kontinuierlich mit einem Datenstrom beschickt werden müssen. Um Mißverständnisse zu vermeiden: der Phasewriter Dual kann keine CD-Rs beschreiben. Das wäre dann doch etwas zuviel des Guten.

Wie sich herausstellte, ist der praktische Betrieb des Phasewriter Dual so einfach wie der Umgang mit CD-ROMs. Genau mit diesen wollen wir uns im folgenden befassen.

CD-ROM-Betriebsart

Das Besondere am Phasewriter Dual ist, daß er, wie bereits erwähnt, auch ganz normale CDs abspielen kann. Er verhält sich dabei genauso wie ein herkömmliches CD-ROM-Laufwerk mit vierfacher Geschwindigkeit. Die im Test verwendeten CD-Tools von Hard&Soft konnten das Laufwerk sofort und problemlos erkennen und für CD-Betrieb installieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß eine CD-ROM während der Installation und jeder Boot-Phase eingelegt ist. Andernfalls meldet MetaDOS einen Fehler. Die Geschwindigkeit bei CD-ROMs hält, was die Angabe „4fach-Speed“ verspricht.

Fazit

Die neue Technologie setzt die Meßlatte für optische Wechselmedien ein gehöriges Stück weiter nach oben. Zwar erreichen die Phasewriter noch nicht die Performance, wie sie der Anwender von rein magnetischen Wechselmedien, wie z.B. SyQuest oder Iomega, gewöhnt ist, übertreffen aber die bislang gängigen magnetooptischen Laufwerke deutlich. Zwar erscheint uns der Phasewriter Max deutlich überteuert, sein kleiner Bruder, der Phasewriter Dual, hat jedoch das Zeug dazu, einen neuen Quasistandard bei Wechselmedien zu setzen.

CM

Phasewriter Max

Positiv:

Negativ:

Phasewriter Dual

Positiv:

Negativ:

-

Preise:

Phasewriter Max extern im Gehäuse: ca. 6150,- DM
1.5-GB-Medium: ca. 240,- DM

Phasewriter Dual intern: ca. 1100,- DM
Phasewriter Dual extern im Gehäuse: ca. 1500,- DM
650-MB-Medium; 650-MB-Medien: ca. 100,- DM
5er-Pack (5 Stück): ca. 480,- DM

Bezugsquelle:

Phasewriter Max/Dual
Eventus GmbH
Marie-Curie-Ring 38
63477 Maintal



Aus: ST-Computer 03 / 1996, Seite 38

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