Im Eiltempo voran - papyrus 5

Schon wenige Monate nach dem Erscheinen der Version 4 von papyrus bescherte uns die Firma R.O.M. logicware aus Berlin wieder ein Update mit vielen Neuerungen.

Die Geschichte der ATARI-Textverarbeitungen ist schon ein wenig seltsam. Auf diesem Rechnersystem entstanden zunächst mehrere gute Textverarbeitungen, zu denen Programme wie "papyrus", "Script", "That's Write", "Signum!" und "Tempus Word" gehören.

Diese Programme boten sich über viele Jahre hinweg ein echtes Kopf-anKopf-Rennen und konnten so schnell ihre eigene Fangemeinde finden.

Im Laufe des Zurechtschrumpfens des ATARI-Marktes schien die Klientel für viele der Softwarehäuser zu klein zu werden, so dass man sich nicht mehr so sehr um die Softwarepflege kümmerte - von Signum einmal abgesehen. So kam es, wie es kommen musste: Die ATARI-Programme fingen an, dem Stand der Dinge hinterherzuhinken.

Auch papyrus gehörte bis vor nicht all zu langer Zeit zu den Kandidaten, die ihre Fans und Anwender viele, viele Monate in Stich ließen. Heute hat sich das Blatt gewendet.

"Wir mussten uns der Marktsituation anpassen und ein Projekt bevorzugen, das in unseren Augen längerfristig eine größere Zukunftschance besaß. So schrieben wir papyrus in die systemübergreifende Programmiersprache C um, damit wir eine OS/2- Version realisieren konnten. Dies bot uns zweierlei Vorteile: die Sicherheit, auf einem zukunftsträchtigen Markt präsent zu sein und die Möglichkeit, eine Parallelentwicklung auf dem ATARI garantieren zu können", sagte Ulli Ramps, Geschäftsführer von R.O.M. logicware, im Sommer 1996.

Im Frühjahr 1996 erschien dann endlich die Version 4 von papyrus, über die wir bereits ausführlich berichteten. Wenige Monate später folgte dann auch der Markteintritt von papyrus mit der OS/2-Version, die der ATARI-Version in einigen Punkten durchaus überlegen war.

So warteten wir gespannt, ob R.O.M. logicware die ATARI-Anwender - wie in den Werbesprüchen versprochen auch weiterhin unterstützen würde. Und siehe da -schon im Winter 1996 erschien die top-aktuelle Version 5 der ATARI- Textverarbeitung papyrus.

Bedienung

papyrus präsentiert sich im gewohnten Design: schlicht und übersichtlich. Wir haben das Update auf unseren Rechnern installiert, um herauszufinden, was sich denn geändert hat.

Verbesserter RTF-Umgang

Einer der wichtigsten Punkte, zumindest aus unserer Sicht, ist die Fehlerbereinigung beim Im- und Export von RTF-Dateien.
Hierbei handelt es sich um das Richt-Text-Format, das auf nahezu allen Rechnersystemen und in sehr vielen Textverarbeitungen beheimatet ist. Es ist so ausführlich dokumentiert, dass alle wichtigen Informationen über verwendete Tabulatoren, Schriftart, Schriftgröße, Zeilenabstand, Bildintegration usw. beim Abspeichern gesichert werden. In der Version 4 von papyrus kam es teilweise noch zu Fehlern z.B. beim Portieren eines ATARI-Textfiles auf Microsoft Winword 7.0. Bei unseren neuen Tests war dies nicht mehr der Fall.

Kontextmenüs

Ein weiterer wichtiger Punkt, der den Anwendern z.B. von Winword 7.0 bekannt sein wird, ist der Aufruf von Kontextmenüs durch das Betätigen der rechten Maustaste.

Ein Klick auf ein markiertes Objekt (z.B. markierter Block, Bild) bewirkt, dass direkt neben diesem Objekt ein Popup-Menü erscheint, das die wichtigsten Funktionen wie Ausschneiden oder Kopieren beinhaltet. Das erspart lange Mauswege in die Menüleiste (siehe Bild 1).

Weiterhin können markierte Objekte direkt verschoben werden. In Bild 2 und 3 können Sie sehen, dass wir einen bestimmten Block markiert und diesen einfach per gedrückter Maustaste an eine andere Stelle verschoben haben. Auch diese Funktion erleichtert das Arbeiten ungemein, da zeitraubende Kopieraktionen erspart bleiben.

Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass papyrus selbst entscheiden kann, welche Mausaktion gerade sinnvoll bzw. gewünscht ist und dies durch verschiedene Mauscursorformen darstellt. Der Hersteller bezeichnet dies als "sehr gut greifende intelligente Heuristik".

Im Klartext bedeutet dies, dass die Optik des Mauszeigers verdeutlicht, ob an der Position der Maus z.B. ein Bild proportional, nur in der Breite oder auch nur in der Länge verändert wird.

Auch der kommende Punkt ist, das erwähne ich immer wieder, den Anwendern der großen Brüder eventuell bekannt: Das automatische Absatz-Einrücken, das insbesondere bei der Erstellung von Listen, Aufzählungen interessant ist.

Diese Funktion bedeutet, dass die Software erkennt, wenn Sie eine Liste anlegen, die einzelnen Punkte optisch voneinander trennen und ggf. auch an eine bestimmte Stelle einrücken möchten. Nach Verlassen der ersten Listen-Zeile durch "Return" rückt papyrus den Cursor automatisch an die richtige Stelle und setzt eine Markierung, die frei vom Anwender gewählt werden kann (2.B. Bindestrich, Kasten usw.). Diese Funktion kann selbstverständlich auch deaktiviert werden. Eine letzte, besondere Arbeitserleichterung, die mir während des Tests auffiel, ist das Durchblättern verschiedener, übereinander liegender Objekte mittels der TAB-Taste. Dies ist dann sinnvoll, wenn Raster- und Textrahmen übereinander liegen. Das umständliche Suchen einer Rahmenecke, die nicht von anderen Rahmen berührt wird, damit man den entsprechenden Rahmen markieren kann, entfällt nun. Per Tastendruck selektiert der Anwender das eine oder das andere Objekt, um es anschließend weiterzubearbeiten.

Layout und mehr ...

Auch in puncto Layout und insbesondere bei den speziellen GOLD-Funktionen, die papyrus zur DTP-Software avancieren, wurden nochmals Erweiterungen bzw. Optimierungen vorgenommen.

So können Textobjekte nun im freien Winkel gedreht werden. Außerdem stehen dem Anwender, wie von der DTP-Software Calamus bekannt, magnetische Hilfslinien zur Verfügung. Diese Linien können an eine bestimmte Stelle horizontal oder vertikal gesetzt werden, ohne dass sie auf dem Ausdruck erscheinen. Sie dienen der Orientierung und sind immer dann sinnvoll, wenn Sie bestimmte Objekte z.B. auf einer immer gleichbleibenden Höhe positionieren möchten. dass die Linien magnetisiert werden können, bedeutet lediglich, dass papyrus bei leichten Abweichungen von der Hilfslinie erkennt, dass das Objekt ursprünglich direkt an der Linie beginnen sollte und setzt es dann eben dort hin.

Texte, Linien und Füllmuster können mittels einer Checkbox nun getrennt voneinander mit verschiedenen Farben versehen werden. Außerdem wurde das Lineal um die Funktionen Fett, Kursiv ... erweitert und TABs können ab sofort per Mausklick in ein Lineal besetzt werden.

Fazit

Der Versionssprung von 4 auf 5 ist durchaus berechtigt, denn wie von R.O.M. logicware versprochen, wurden viele Funktionen der OS/2-Versionen auf die ATARI-Version adoptiert. Und eben darin ist auch die Stärke von papyrus zu sehen. Das Programm unterliegt auf dem PC-Markte ganz anderen Konkurrenzbedingungen als auf dem ATARI-Markt. Neue Ideen müssen schnell reifen und umgesetzt werden, damit die Software aktuell bleibt und nicht in der Versenkung verschwindet. So können wir ATARI-Anwender uns glücklich schätzen, dass unser Programm mit nur wenigen Wochen Verspätung der Qualität des Weltstandards angepasst wurde. Das Arbeiten mit Papyrus macht nun noch mehr Spaß und die neidischen Blicke zu den Konkurrenzsystemen werden immer seltener. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Verbesserung des RTF-EXund Importes. Nun ist es kein Problem mehr, wenn Ihnen beispielsweise am Arbeitsplatz Winword oder ähnliche Software zur Verfügung steht und Sie noch ein wenig Tipp-Arbeit mit nach Hause nehmen wollen. Auch Studenten dürfte diese Entwicklung sehr entgegenkommen, zumal an einigen Universitäten tatsächlich Winword- Formate vorausgesetzt werden.

Die für diese Version bereits angekündigte Anbindung der "echten" Winword 2-, 6- und 7-Formate wurden bis Redaktionsschluss leider noch nicht realisiert, doch wir sind guter Dinge, dass dies schon bald nachgeholt wird, so dass der Datenkompatibilität nichts mehr im Weg stehen wird. Leider waren sowohl zeitlicher als auch räumlicher Rahmen zu sehr begrenzt, als dass man alle Neuerungen hätte auflisten können.
So verfügt papyrus 5 nun standardmäßig über die zusätzlichen Wörterbücher für British Englisch, American English, Französisch, Spanisch, Italienisch, Holländisch usw., zudem wurden Tabellenkalkulationen beschleunigt, die Menüstruktur nochmals überarbeitet und einiges mehr.
Bleibt zu erwähnen, dass papyrus auch in dieser Version mit der Minimalinstallation schon auf ATARI-Rechnern mit 1 MB RAM-Speicher läuft, wenngleich ein größerer Speicher mehr Spielraum für Extras wie eben die Textkorrektur lässt.

Bezugsquelle:

R.O.M. logicware
Raschdorffstr. 99
Berlin

Red.



Aus: ST-Computer 02 / 1997, Seite 36

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite