Interview mit Eclipse Software

Iron Soldier 1 gehört zu den bestverkauften Jaguar-Spielen weltweit, und das nicht ohne Grund. Bei Erscheinen dieses Titels handelte es sich um die erstklassige Umsetzung eines Mech-Spiel, das seine Mitstreiter auf anderen Konsolen weit in den Schatten stellte.

Nun wird in wenigen Wochen der Nachfolger Iron Soldier II auf CD-ROM veröffentlicht und wir haben die Gelegenheit genutzt, mit Miste Rosocha von der Firma "Eclipse Software Design" ein wenig zu plaudern. Hierbei haben wir nicht nur Fragen zum neuen Spiel gestellt, sondern auch Wissenswertes über die Zusammenarbeit mit ATARI sowie einen kleinen Blick hinter die Kulissen erhalten.

Red. Hallo Marc, zunächst einmal herzlichen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mit uns dieses Interview zu führen, die Jaguar-Fans werden es dir sicher danken. Wie bist du seinerzeit überhaupt an ATARI geraten und wie entstand die Zusammenarbeit in Bezug auf Jaguar Games?

Marc: Ich hatte ja schon vorher einige Produkte für die ST Serie gemacht und war natürlich auch immer an neuen ATARI Maschinen interessiert. ATARI selbst war nach Erscheinen des STs zunächst nicht sonderlich aktiv auf dem Spielesektor, speziell in Deutschland wurde der ST fast nur mit einem Monochrommonitor verkauft und hatte großen Erfolg als Rechner für "seriöse" Anwendungen. Sie schienen das Videospiele-Image in dieser Hinsicht sogar eher als lästig zu betrachten. Dies änderte sich grundlegend mit Erscheinen des Falcons. Plötzlich war man an guten Beziehungen zu Spieleherstellenn Interessiert Nach ersten Kontakten zu ATARI-Deutschland wurde ich im Juni 1992 zu einer Entwicklungskonferenz nach London eingeladen, wo ich dann auch mit John Skruch, dem zuständigen Direktor der US Zentrale in Sunnyvale, zusammentraf. Danach bekamen wir sehr schnell einen der ersten Falcon Prototypen, der seinerzeit noch Sparrow hieß, und wir hackten in aller Eile ein 3-D-Demo zusammen, das dann auf der ATARI-Messe 92 In Düsseldorf präsentiert wurde und auch auf den Titelbild des ersten Falcon Prospekts zu sehen war. Wir planten ein 3 D Weltraum-Spiel für den Falcon von dem wir ein erstes Demo auf der CeBit 93 am ATARI Stand zeigten. Etwa zu dieser Zeit bekamen wir auch den ersten Jaguar Prototypen, für den wir zunächst die auf dem Falcon angefangene 3-D-Engine umschrieben. Bei ATARI wurde die Jaguar Technologie immer mehr zum Mittelpunkt des Interesses und man ließ mich wissen, dass man in Zukunft alle Energie auf die Vermarktung des Jaguars konzentrieren und uns gerne als Entwickler dafür gewinnen würde.

Red. Ich kann mich gut an das von euch erstellte und von ATARI auf einer riesiger Leinwand vorgestellte Demo erinnern... Durftest du damals frei entscheiden, was für ein Spiel du in Angriff nimmst, hast du mehrere Vorschläge unterbreitet oder wurde all dies von ATARI vorgegeben?

Marc: Wir haben zunächst ein eigenes Konzept erarbeitet, konnten uns darauf aber mit ATARI nicht einigen. Die Beweggründe hierfür sind mir bis heute unverständlich. Rückblickend gesehene wäre dieses Spiel mit Sicherheit wesentlich geeigneter gewesen, als erstes Spiel die Fähigkeiten des Jaguars zu präsentieren, als es Cybermorph war. Ich war wegen dieser Sache ziemlich verärgert und auch kurz davor, die Zusammenarbeit mit ATARI zu beenden, noch bevor sie richtig angefangen hatte. Da ich aber schon sehr viel Energie und Zeit in dieses Projekt investiert hatte, habe ich es auf einen weiteren Versuch ankommen lassen. Ich bat also darum, mir einen Vorschlag zu machen, um dann endlich loslegen zu können. Dieser Vorschlag kam dann auch in Form eines Skripts von Sean Patten, der als Producer bei ATARI-USA beschäftigt war. Dieses Skript bildete die Grundlage für das Iron Soldier Konzept, das daraus dann in enger Zusammenarbeit entwickelt wurde. Nach fast einem Jahr Vorbereitungszeit, mehreren Flügen nach Kalifornien und lästigem Papierkrieg konnte dann endlich Ende 1993 die Arbeit am eigentlichen Produkt beginnen. Wenn man bei ATARI etwas mehr Weitsicht an den Tag gelegt hätte, wären wir zu diesem Zeitpunkt wohl schon mit einem Jaguar Spiel fertig gewesen.

Red. Deprimierend zu sehen, wieviel Bürokratie wieder einmal dazu geführt hat, dass die Entstehung eines Produktes um viele Monate verschoben wurde... Wer war denn damals dein direkter Gesprächspartner und welchen Eindruck haben die ATARI-Angestellen so auf dich gemacht.

Marc: Was das Produktdesign angeht, so habe ich sehr effektiv mit Sean Paffen bis zu seiner Entlassung Ende 1995 zusammengearbeitet. Er war der zuständige Associate Producer für meine Produkte. Ansonsten habe ich im Laufe der Zeit mit nahezu jedem wichtigen Mitarbeiter zu tun gehabt, entscheidende Fragen wurden mit John Skruch, Sam Tramiel und später Ted Hoff besprochen.

Red. Wie lange hat es dann gedauert, bis du dich in die Hardware eingefuchst hattest? Ich meine, seinerzeit gab ATARI vor, alle nur erdenklichen Programmierersupports in die Hardware integriert zu haben, doch soweit ich weiß, hat sich dies nach einiger Zeit als falsch erwiesen, oder?

Marc: Ich kann mich nicht erinnern, dass ATARI diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte. Es wurden allerdings von schlecht informierten Kreisen immer wieder die merkwürdigsten Gerüchte in die Welt gesetzt, die dann teilweise später ATARI angelastet wurden. ATARI hat eigentlich von Anfang an betont, dass der Jaguar über kein richtiges Betriebssystem verfügt und somit dem Programmierer die direkte Kommunikation mit der Hardware ermöglicht wird. Diese direkte Kontrolle der Hardware in Verbindung mit einer auf Assembler Programmierung ausgelegten Multiprozessor-Architektur macht die Programmierung des Jaguars zweifellos zu einer komplizierten Angelegenheit, aber schließlich ist die Maschine auch für entsprechend erfahrene Entwickler konzipiert worden. Ich habe die Hardware von Anfang an sehr gerne programmiert, da ich ohnehin nie ein großer Anhänger von Betriebssystemen und Hochsprachen bei Computerspielen war, da sie die technischen Möglichkeiten eines Systems nur künstlich einschränken. Mit den RISC Prozessoren und seinem 68000 ist der Jaguar sehr elegant in Maschinensprache zu programmieren, was man zum Beispiel von Systemen mit Intel Prozessor absolut nicht behaupten kann. Dementsprechend kurz ist auch die Einarbeitungsphase ausgefallen, das einzige Problem war die extreme Hitzeentwicklung der ersten Prototypen, was zwar die Heizkosten verringerte, aber auch zu ständigen Zwangspausen geführt hat. Aber wir hatten ja genügend Zeit, da es, wie schon erwähnt, fast ein Jahr dauerte, bis wir uns endlich soweit mit ATARI einig waren, dass wir mit der Produktentwicklung auf vollen Touren beginnen konnten.

Red. Iron -Soldier 1 ist auf dem Jaguar schon ein sogenannter Megaseller gewesen. Kannst du uns und unseren Lesern schildern, in welchen Punkten sich IS 2 von IS 1 unterscheiden wird?

Marc: Iron Soldier 2 basiert auf dem bewährten Gamedesign von IS1, ist aber in fast jedem Bereich weiterentwickelt und verbessert worden. Ich kann hier eigentlich nur die wichtigsten Punkte aufzählen.

Red. Das klingt unheimlich vielversprechend. Einige Jaguar-Fans haben das Spiel sicherlich auch schon auf der ATARI Messe in Neuss gesehen. Wenn wir den Lesern doch nur ein Sound- oder Filmbeispiel bieten könnten ... Wie lange hat es gedauert, bis IS II fertiggestellt werden konnte und vor allem: wann ist das Spiel tatsächlich fertig gewesen?

Marc: Die Entwicklungszeit betrug etwa 12 Monate. Das Spiel war Anfang 1996 soweit fertig, dass die endgültige Testphase hätte beginnen können. Genau zu dieser Zeit fanden aber bei ATARI größere Entlassungen statt und es zeichnete sich ab, dass man sich angesichts der immer stärkeren Übermacht von finanziell weit überlegenen japanischen Konzernen wie Sony und Nintendo in diesem Markt nicht mehr als aktiver Publisher betätigen würde. Dies und die angestrebte Fusion mit dem Harddisk-Hersteller JTS brachte ein ziemliches Durcheinander mit sich und wir stellten die Entwicklung an diesem Punkt ein, um uns nach anderen Plattformen umzusehen. Nachdem ich mit ATARI zu einer Einigung über die Weiterentwicklung des Iron Soldier Konzeptes auf anderen Systemen gekommen war, kam dann im Herbst 1996 Telegames auf mich zu und interessierte sich für die Lizensierung der Jaguar Version. Das Problem war nun, dass Michael Bittner, der als Programmierer an der Entwicklung beteiligt war, nicht mehr zur Verfügung stand und das Spiel eben noch einer ausführlichen Testphase unterzogen und schließlich gemastert werden musste. Da niemand, außer Michael und mir selbst, die Sourcecodes, die ja immerhin aus mehreren Megabyte von hochkomplizierten RISC- und 68000-Assemblermodulen bestehen, verstehen kann, lag die ganze Arbeit jetzt ausschließlich bei mir. Nachdem ich mich fast 3 Monate mit erneuter Einarbeitung, Testspielen, Fehlerkorrekturen und dem Mastervorgang beschäftigen durfte, war ich dann endlich Ende 1996 in der Lage, ATARI eine Master CD zur Authorisation vorzulegen.

Red. Ich hoffe für dich, dass sich all die zusätzliche Arbeit für die rentieren wird! Es hat doch einige Probleme mit ATARI gegeben, denn das Spiel hätte doch viel früher released werden können. Kannst du dich dazu äußern, welche Probleme es gab?

Marc: Ich möchte dazu nicht viel sagen. Es hat natürlich mit den gerade erwähnten Veränderungen bei ATARI Anfang 1996 und den damit verbundenen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der beiderseitigen Erfüllung von Verträgen zu tun. Wir haben das dann bei meinem USA-Aufenthalt anlässlich der E3 Messe in Los Angeles geklärt, was dazu führte, dass wir jetzt an Weiterentwicklungen von Iron Soldier 2 für PC, Mac, Sony Playstation und Sega Saturn arbeiten.

Red. Hast Du jemals etwas vom Jaguar II gehört oder sogar gesehen? Uns haben immer nur beeindruckende Zahlen, Fakten und elegante Entwürfe erreicht. Ist diese Hardware jemals fertiggestellt worden?

Marc: Ich habe sämtliche Informationen darüber, darf aber leider nichts sagen.

Red. Nun ja, vielleicht darf ich dazu sagen, was Anfang 1996 durch die Netze ging: Er ist mit etwas Glück viel schneller als der Jaguar I, schneller als die Playstation und soll zudem auch noch abwärtskompatibel sein. Wie gesagt, das alles ohne Gewähr. Vielen Dank für das Interview. Ich bin mir sicher, dass sich viele CD-ROM Laufwerkbesitzer für dein neuestes Werk interessieren. Wir werden zu gegebener Zeit einen ausführlichen Testbericht präsentieren.



Aus: ST-Computer 03 / 1997, Seite 57

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