Der Streit ist noch nicht entschieden: Eine Frage des Taktes?

Heute möchte Ich mich gerne dem Thema der Taktgeschwin-digkeit eines Computers widmen. Die Wintel-Welt hat es in den vergangenen Jahren erreicht, dem Kunden zu suggerieren, daß die Taktfrequenz eines Computers entscheidend für dessen Geschwindigkeit ist.

Daß dem aber nicht so ist, sollte versierten Anwendern seit langem klar sein.

Dieser Artikel soll nicht die These vertreten, ein 8-MHz-ATARI sei schneller als ein Intel Pentium mit 200 MHz, aber verdeutlichen, daß man beim Vergleich von Rechnersystemen nicht mit zweierlei Maßen messen sollte.

Was bedeutet diese MHz-Angabe bei den Rechnersystemen überhaupt?

Die Angaben, die Sie bei der Bewerbung verschiedener Computersysteme lesen, beziehen sich auf die Taktfrequenz, mit der das Herz des Computers, die CPU, Arbeitsvorgänge abarbeitet. Bei einem Rechner mit 200 MHz bedeutet dies, daß er 200 Millionen Taktzyklen innerhalb einer Sekunde abarbeitet.

Doch wird hieraus die Endgeschwindigkeit eines Systems ermittelt? Bei weitem nicht, denn viele weitere Elemente sind ausschlaggebend für das Tempo, mit dem ein in sich geschlossenes System arbeitet.

Der Boardtakt

Was von vielen PC-Herstellern gerne verschwiegen wird, ist die immense Relevanz des Boardtaktes. Schließlich müssen die von der CPU versendeten Daten an die entsprechenden Komponenten des Computers weitergegeben werden.

Herkömmliche PCs werden derzeit mit einem Boardtakt von 66 MHz ausgeliefert. Aus diesem Grunde kann es zu Engpässen bei dem Transfer von Daten kommen. Daher besitzen die PCs heute einen Cache-Speicher, der den Datenüberfluß Zwischenspeichern und in einem freien Moment wieder weitergeben kann. Dadurch werden einige der Engpässe überwunden. ATARI-ST-Rechner, die mit 8 MHz ausgestattet sind, haben auch einen Boardtakt von 8 MHz. Der Falcon hat dementsprechend 16 MHz CPU- und Boardtakt.

Wie entscheidend der Boardtakt für die Gesamtperformance eines Computers ist, erkennt man daran, daß effektive Falcon-Beschleuniger auch die Erhöhung des Boardtaktes auf bis zu 20 MHz ermöglichen, um eine größtmögliche Steigerung zu erreichen.

Die Komponenten

Auch die Geschwindigkeit, mit der auf die Zusatzkomponenten wie z.B. die Grafikkarte usw. zugegriffen wird, ist ausschlaggebend für die Gesamtgeschwindigkeit eines Rechners.

Bei linearem Zugriff auf den PCI-Bus kann dieser mittels eines „Waitstaits" (hier wird ein Taktzyklus jeweils ausgesetzt) mit 33 MHz, also der halben Boardgeschwindigkeit, zugegriffen werden. Bei einem nichtlinearen Zugriff, bei dem sowohl Daten an den PCI-Bus übergeben als auch von PCI-Bus empfangen werden, reduziert sich die Taktfrequenz für jede Arbeitsrichtung auf nur noch 16 MHz.

Schließlich wird auf den ISA-Bus mit 7 Waitstates zugegriffen, so daß dieser nur noch über eine Taktfrequenz von 8 MHz erreicht wird. Zugegeben ist dies bei den ISA-Anwendungen in der Regel nicht schlimm, da diese nicht so datenintensiv sind wie z.B. das Übertragen von Daten oder Grafiken (SCSI-Karte, Grafikkarte).

Was lernen wir daraus?

Es wäre vollkommen falsch zu glauben, daß ein P 166 genau 20.7 mal schneller als ein ATARI ST sei. Es müßte also stets ein Wert ermittelt werden, der sich aus dem CPU-, dem Board- und dem Komponententakt ergibt. Allerdings würde das Ergebnis bei weitem nicht so beeindruckend aussehen wie die propagierte CPU-Taktgeschwindigkeit.

Es gibt einige Zeitgenossen, die der Meinung sind, es sei falsch zu behaupten, der Hades 040 z.B. habe eine Taktgeschwindigkeit von 64 MHz, da dieser Takt nicht auf dem Board vorläge.

Die diesbezüglich entstandenen Differenzen und Unsicherheiten beruhen darauf, daß Motorola für seine Prozessoren der 680x0-Serie eine interne und eine externe Taktfrequenz angibt. Die interne entspricht hierbei der reinen Rechengeschwindigkeit des Hauptprozessors und die externe der des Boardtaktes.

Da hat es Intel bezüglich des Marketings aber deutlich geschickter angestellt.

Dennoch bleibt festzuhalten, daß HADES & Co. mit 50, 64 oder der 68060er mit 120 MHz getaktet sind. Letztere Fassung kann es aufgrund des effektiven Chipdesigns und des super schlanken TOS-Betriebssystems problemlos mit einem Pentium 200-Rechner aufnehmen - zumindest, wenn es um das reine Arbeitsgefühl und die reine Arbeitsflüssigkeit geht.

Bei intensiven Rechenoperationen wie z.B. dem Raytracen eines Bildes muß man den modernen Intel-Chips allerdings die höhere Leistungzugestehen. Die genauen Werte müssen in der Praxis auf die Weise errechnet werden, daß man den jeweiligen Computern gleichwertige Aufgaben aufträgt wie z.B. das Suchen und Ersetzen eines bestimmten Wortes in einer 100 KB großen Datei...

In einer der kommenden Ausgaben werden wir solche Messungen mit Hades, Milan und PC-Systemen vornehmen, um endlich exakte Vergleichsmöglichkeiten zu besitzen.


Helge Bollinger
Aus: ST-Computer 12 / 1997, Seite 32

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