ATARI feiert den 25. Geburtstag

Wer hätte das gedacht? Die uns allen so bekannte Firma ATARI hat in diesem Herbst abseits von jeglichem Werbetrubel ihren 25. Geburtstag gefeiert.

ATARI-Headquarters in Sunnyvale/Californien (von 1984 bis 1996)

Vor vielen Jahren wäre dieser Anlaß sicherlich auch anders zelebriert worden. Seinerzeit war der Name ATARI fast ebenso bekannt wie der Name Coca-Cola.

Blicken wir ein wenig auf die Geschichte dieser charismatischen Firma zurück:

Uns allen ist die Firma ATARI speziell durch ihre Home- und Personalcomputer, aber in den USA und anderswo insbesondere durch die VCS-Spielekonsolen bekannt geworden. Anfang der Achtziger Jahre vermochten diese nämlich erstmals, echtes Spielhallen-Feeling in die heimischen Wohnzimmer zu verlegen.

Die Entstehung von ATARI ist ebenso kurios wie die gesamte Firmengeschichte. Vor 25 Jahren entwickelte der damals noch junge Nolan Bushnell das erste Automatenspiel namens Pong. Jeder von Ihnen wird dieses Spiel kennen. Es geht darum, mit zwei kleinen Balken, die sich am linken und rechten Bildschirmrand befinden, einen Ball hin- und her zu schubsen, bis er bei einem der Spieler durch die Abwehr hindurch kommt.

Für dieses Spiel konstruierte er einen Standautomaten mit Geldeinwurf. Ein Freund und Besitzer einer "Spielhölle" mit Flippern usw. erklärte sich trotz aller Skepsis bereit, den Automaten aufzustellen.

Schon kurze Zeit darauf (es sollen nur Stunden gewesen sein) musste der Freund Nolan anrufen: Er solle den komischen Automaten abholen, denn Kunden hätten sich beschwert, dass dieser nicht mehr funktionieren würde.
Gesagt, getan! In seiner Werkstatt angekommen, untersuchte Nolan den Apparat, um herauszufinden, wo denn der Fehler stecke und kam dem Problem auch auf die Schliche: Tatsächlich war der Pong-Automat so sehr mit Geld überfüllt, dass er den Dienst verweigerte.

Urvater der Firma ATARI: Nolan Bushnell. Er erfand Pong und gründete 1972 das Unternehmen.

So entstand ATARI. Nolan wählte diesen zielstrebigen und aggressiven Namen (ich greife Dich an) als Firmennamen für sein junges Unternehmen und begann einen weltweiten Siegesfeldzug mit einer Reihe von Spielautomaten.

Was viele sicher nicht wissen, ist, dass ATARI im Laufe der vergangenen 25 Jahre viel Einfluß auf die Industrie genommen hat. Apple-Computer z.B. wurde von Menschen mitgegründet, die Angestellte von ATARI waren, und man sagt auch, dass die erste Apple-Hardware mit Bauteilen und Werkzeugen der damals schon relativ großen Firma ATARI erstellt wurde.

Doch noch viele weitere Firmen sind gewissermaßen aus ATARI hervorgegangen. So z.B. der weltweit bekannte Spielehersteller "Activision" oder die Firma "SC&T", die für diverse Konsolenhersteller Joysticks und Joypads produziert. Beide wurden ebenfalls von ehemaligen ATARI-Mitarbeitern gegründet.

Pong: die erste Heim-Spielekonsole.

Zumindest für die Angestellten von ATARI ist der Name ihres Arbeitgebers stets vorteilhaft gewesen, denn viele von ihnen sitzen heute in relativ hohen Positionen u.a. bei 3Com, Aver- Media, Creative Labs, Electronic Arts, Intel, JTS, Midway, Sega, Sony, Sun Microsystems, U.S. Robotics usw. also sozusagen bei nahezu jeder in Silicon Valley ansässigen Mikroelektronik- Firma.

Aber auch auf dem Spielemarkt konnte sich ATARI sein Denkmal mit legendären und unvergessenen Titeln sichern. Neben dem bereits erwähnten Pong stammen auch Klassiker wie Breakout, Super Breakout, Video Olympics, Slot-Racer usw. aus der Feder von ATARI-Programmierern.

Schon 1976 verkaufte Nolan Bushnell die Firma ATARI an Warner Communications für 28 Mio. US$, was seinerzeit für einen einzelnen Entwickler sicherlich unglaublich viel gewesen sein wird. Bis dahin konnten über 150.000 Exemplare der Heim-Version von Pong abgesetzt werden. Bedenkt man, dass damals kaum ein Mensch von Telespielen oder dergleichen gehört hatte, war dies ein großer Erfolg, der zum Grundstein in der Geschichte des Videospieles werden sollte.

Der Megaseller ATARI VCS 2600

Nach insgesamt rund 10 erfolgreichen Jahren drohte der Firma ATARI aber das Aus, denn die finanziellen Mittel schwanden dahin, und aus einem gesunden, jungen amerikanischen Unternehmen wurde eine marode Firma. Zu diesem Zeitpunkt kam Jack Tramiel, Ex-Commodore-Chef und Gründer, ins Spiel. Am Montag, dem 2. Juli 1984, erwarb Tramiel Technology Ltd. für rund 240 Mio. US$ die Firma ATARI von Warner Communications. Bedingung: eine mittelfristige Begleichung des Ablösebetrages und das Aufrechterhalten des Firmeninteresses am Videospiele- und Computermarkt mit mindestens 32% des Firmenvolumens.

Die Familie Tramiel: Gary, Sam, Jack und Leonard (v.l.n.r) zeigen sich zufrieden über die Erfolge von ATARI.

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Firma ATARI erstmals gesplittet, so dass es fortan die Computer- und die Coin-up-Schiene gab. Beide konnten über viele Jahre hinweg erfolgreich wirtschaften. Selbst innerhalb der Achtziger Jahre gelang es ATARI, mehr als 3 Millionen ST-Rechner an den Mann zu bringen - eine für diese Zeit nahezu bahnbrechende Anzahl.

Die Firma ATARI wurde am 27. Juni 1972 in den USA als Gewerbe angemeldet, im Sommer 1996 erlebte sie jedoch eine einschneidende Veränderung: ATARI wurde mit dem Festplattenhersteller Jugi Tandon Storage verschmolzen.

Am Dienstag, dem 30. Juli 1996 wurde eine Aktionärsversammlung in einer Anwaltskanzlei in Kalifornien einberufen. Dort entschieden sich dann über 95% der Aktieninhaber für die Fusionierung mit JTS. Jack Tramiel selbst, seit Anfang der Achtziger Jahre Chef von ATARI, hat sich in seiner Funktion dahingehend zurückgezogen, dass er nur noch eine beratende Rolle übernahm und die ehemaligen ATARI-Mitarbeiter unter seine Fittiche nahm.

Eines der Zweigunternehmen, ATARI-Games, existiert nach wie vor, allerdings unter der Federführung von Williams als Hersteller von Automatenspielen, und stattet insbesondere in den USA, Canada usw. viele Spielhallen mit teilweise atemberaubenden Spielen aus. Hierzu gehören Autorennen ebenso wie eine super 3D-Eishockey-Variante usw.

Die Tramiels selbst dürften heute reiche Menschen sein.

Red.

(Bilder von atari-computer.de)


Red.
Aus: ST-Computer 01 / 1998, Seite 10

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