Editorial: Mehr Kommerz auf dem ATARI-Markt?

Monat für Monat fällt uns auf, dass es nicht gerade leichter wird, Software gewerblich tätiger Anbieter vorzustellen. Schaut man aber genauer hin, bedeutet dies nicht gleichzeitig, dass weniger Software produziert wird.

Aus einem mir noch nicht ganz erklärlichen Grunde tendieren viele Programmierer mehr und mehr dahin, die mühevoll erstellte Software eigenständig in Form von PD- oder Shareware-Software zu vertreiben. Das ist durchaus nachvollziehbar, bedenkt man, dass der Erlös ansonsten geteilt werden müßte (Vertrieb, Programmierer), und die heute auf dem ATARI-Markt zu erwartenden Verkaufszahlen sicherlich auch nicht mehr mit denen der 80er Jahre zu vergleichen sind.

Aber ist das tatsächlich stets der richtige Weg?

Im Dialog mit den Lesern erfährt man, dass diese eine nicht zu unterschätzende Hemmschwelle besitzen, wenn es darum geht, Software bei Privatanbietern zu bestellen. Grund dafür ist, dass sie nicht sicher sind, wie zuverlässig die vertreibende Person ist, wieviel Support sie geben wird usw. Hat ein Kunde etwas bei einem Versandhaus geordert und dabei schlechte Erfahrungen gemacht, ist die Konsequenz, dass er den Lieferanten wechselt. Macht der Käufer aber eine schlechte Erfahrung mit einem PD- oder Shareware-Autor, werden unweigerlich (und verständlicherweise) alle Privatanbieter über einen Kamm geschoren.

Davon einmal abgesehen, haben viele Softwarehäuser auch heute noch große Kundenstämme, die regelmäßig mit Infos und Angeboten versorgt werden, so dass ich mir sicher bin, dass das eine oder andere Produkt kommerziell vertrieben einen größeren Anwenderkreis finden würde.

Wir selbst haben entsprechende Erfahrungen machen können und von der kommerzialisierten Version eines Produktes schon nach acht Wochen rund zehnmal mehr verkaufen können, als der Autor zuvor selbst abzusetzen vermochte. Das steigert beim Entwickler die Motivation zur Weiter- und Neuentwicklung. Endkunden sehen, dass der Markt in Bewegung ist, und schließlich bleibt "unter dem Strich" für beide Seiten etwas übrig.

Sollten Sie also auch ein Programm geschrieben haben, von dem Sie glauben, dass es für eine kleinere oder größere Anzahl an ATARI-Anwendern interessant sein könnte, scheuen Sie sich doch bitte nicht, einfach mal au das eine oder andere Softwarehaus zuzugehen und zu fragen, ob Interesse daran besteht, das Produkt einer breiten Masse zugänglich zu machen.

In diesem Sinne wünsche ich allen unseren Lesern ein frohes und geruhsames Weihnachtsfest und einen guten Start in das Jahr 1998.

Ihr Ali Goukassian


Red.
Aus: ST-Computer 01 / 1998, Seite 3

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