Texel (Teil 1)

Texel2 lässt sich sachlich bzw. emotional folgendermaßen beschreiben: Es schließt eine Lücke. ATARI-Software "vom Feinsten".

Neben einer Einführung, basierend im ersten Teil auf dem Handbuch und im zweiten Teil auf der Erprobung in der Praxis, finden Sie zusätzlich eingestreut einige auch anderweitig nützliche Tipps.

Historie

ATARI-Textverarbeitungen auf dem neuesten Stand der Technik, die den Vergleich mit anderen Plattformen standhalten oder sogar wegweisend sind, gab und es gibt es seit Anfang. Nicht so bei den Tabellenkalkulationen (Spreadsheets). Dort blieb die Entwicklung jahrelang stehen, bis Texel kam. Aber vergessen Sie die alte Texel1-Demo. Texel2 ist nicht Texel1, das bereits früher besprochen wurde und noch erheblich zu wünschen übrig ließ. Daher ist es sinnvoll, diese neueste Version komplett, aber wegen der Funktionsvielfalt unmöglich vollständig, vorzustellen.

Was bekomme ich für 99 DM?

Normalerweise nicht viel. Schauen Sie sich mal die Preise für ein lumpiges Spiel auf einer anderen Plattform an! Aber im Ernst: Das Programm wird auf einer HD-Disk (wahlweise zwei DD-Disks) zusammen mit externen Hilfsprogrammen gepackt ausgeliefert und über ein Installationsprogramm m dorthin entpackt, wohin Sie wollen. Eine vorherige Sicherheitskopie der Originaldisk wird ausdrücklich empfohlen. Somit Alternative für Profis: alles schnell auf die Festplatte und von dort installieren.

Das Handbuch informiert auf ca. 70 Seiten umfassend über Bedienung und Funktionen, sachgerecht und, wo es nicht stört, humorvoll aufgelockert. Auch ein detailliertes Anwendungsbeispiel zum Selbsterstellen einer Tabelle fehlt nicht. Die Neuerungen ab Version 1.6 (zuletzt z.B. Import im EXCEL-Format- dann steht wohl auch Export kurz bevor) sind in einem Beiheft zusammen mit den neuesten Eigenschaften anderer Produkte von ASH und des OLGA-Verfahrens (s.u.) aufgeführt. Mängel konnten auch bei intensivem Handbuchstudiu m nicht entdeckt werden. Ein solches ist jedem Anwender, der die letzten Feinheiten ausreizen möchte, nicht nur bei dieser Software wärmstens zu empfehlen, da Redundanzen, insbesondere pädagogisch sinnvolle Wiederholungen, den Rahmen eines Handbuchs sprengen würden. Einziger kleiner Zusatzwunsch: ein Querverweis im Abschnitt "Bearbeiten" auf das äußerst bequeme und vorher beschriebene "Drag und Drop" zum Kopieren und Verschieben von Zellenbereichen, die durch Anklicken oder über ein aufgezogenes "Gummiband" markiert wurden. Drag und Drop kennt selbst der ATARI-Anfänger bereits vom Datei-Kopieren auf dem Desktop, allerdings nicht unter diesem Namen.

Mindestkonfiguration

Laut Handbuch läuft Texel auf allen bekannten Systemen, mit Grafikkarten und auch mit alternativen (Multitasking-) Betriebssystemen, z.B. MagiC und Multi TOS. (Hinweis für absolute Experten der Vollständigkeit wegen: Vermutlich einzige Ausnahme ist LINUX als plattformübergreifendes Betriebssystem mit anderer Softwarebasis.) Mindestvoraussetzung sind ein TOS ab 1.04, 1 1/2 MB an freiem Kernspeicher und eine Bildschirmauflösung ab 640x400 Punkten (d.h. ab ST hoch). Auf der Festplatte belegt das Programm ca. 2 1/2 MB. Wenn Sie keine Festplatte (warum nicht?) aber 4 M B Kernspeicher besitzen, müßte es eigentlich auch mit der automatisch und unsichtbar gepackt speichernden Ramdisk MAXIDISK (PD) funktionieren (am besten deren Version 2.2, bei Version 1 gab es anfangs auch für 4 MB ungeeignete Varianten, jedoch ist jene mit 8106 KB o.k.). Prinzip: MAXIDISK speichert auf 2 MB im allg. mindestens 3 MB. Sie müssen dann natürlich nach jedem Ausschalten neu installieren. Aber welch paradiesische Stille! In welchen PD-Serien oder auf welchen CD-ROMs Sie MAXIDISK finden, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen (das 30000zeilige CD-ROMInhaltsverzeichnis auf PD-Disk 151 enthält zu MAXIDISK bzw. MAXID-22 rund 20 Fundstellen!).

Wie Sie günstig an mehr Speicher kommen, wissen Sie ja wohl! Bei (Mega-) STE einfach einstecken! Vorgänger-STs: professionelle Erweiterung,

Basteltips, Inserate studieren oder eigenes Suchinserat in der STC/AI(°Suche ST/E ab 2 M B oder Tausch (...ST mit ...MB) gegen Wertausgleich. Biete ... DM bzw. ... DM. Tel. xyz").

Im zweiten Teil werde ich verraten, ob und wieweit man die "Mindestvoraussetzungen" doch noch vermindern kann, z.B. dass es auch mit Wohnzimmer-TV oder einem altem Farbmonitor nicht hoffnungslos ist.

Hilfe, ich weiß nicht weiter!

Angehende Expertinnen und Experten sind nicht unbedingt auf das Handbuch angewiesen! Die Hilfefunktionen sind als Sprechblasenhilfe zur Funktion der Bedienungssymbole über BubbleGEM und als kontextsensitive Onlinehilfe über das Hypertextprogramm ST GUIDE verwirklicht (beide werden mitgeliefert!). Mit anderen Worten: Klickt man kurz auf ein Symbol, so wird in einer Sprechblase dessen Wirkung beschrieben. Drückt man bei irgendeinem vorselektierten Menüpunkt (erscheint invertiert) die Help Taste, so erscheint die Hilfedatei genau mit dem passenden Hilfstext Man kann sich dann bei Bedarf auf die bei Hypertexten übliche Art durch einfaches Klicken kreuz und quer weiterbewegen (zu unter- oder übergeordneten oder verwandten Begriffen, vorwärts, rückwärts, ins Inhaltsverzeichnis usw.).

Drucken

Das Verwenden guter externer Hilfs-Programme - warum soll man das Rad nochmals erfinden - erlaubt es Programmierern, alle Kraft in die eigentliche Weiterentwicklung zu stecken. Dieses Prinzip wurde auch beim Druckverfahren eingehalten. Daher brauchen Sie ein GDOS, wenn Sie andere Schriften verwenden und sich auch nicht auf die Hardcopy-Funktion (Alternative + Help) oder auf das Abschreiben der Ergebnisse beschränken wollen. Moderne und qualitativ hochwertige Druckmöglichkeiten mit skalierbaren Schriften (auch Vektorfonts genannt, sie sind durch Berechnung und Glättung in beliebiger Punktgröße, kursiv, fett usw. darstellbar) und echten Komfort erreichen Sie nur mit einem der späten Nachfahren von GDOS. Zu nennen sind z.B. NVDI (sinnigerweise vom gleichen Softwarehaus vertrieben, ob weiterhin als günstiges Kombi-Angebot weiß ich nicht) oder SpeedoGDOS. Mit neuestem NVDI wird sogar Farbdruck unterstützt. übrigens können natürlich auch andere Ausgabegeräte, wie z.B. Fax, angesprochen werden. NVDI ersetzt, wie wohl inzwischen alle wissen, das GEM und beschleunigt den Bildaufbau über zehnfach. Neuere Versionen erlauben beide üblichen Vektorschrift-Typen, nämlich TrueType (TTF) und Speedo. Für die Verwendung der teuren Postscript Type 1 Schriften von Bitstream ist zu NVDI ein Zusatz erhältlich.

Modernste und schnellste Arbeitsverfahren

Für Aktionen stehen die bereits erwähnten Symbole, die Menüs und auch Tastaturkürzel zur Verfügung. Dabei gibt es bis zu drei alternative Varianten gleichzeitig, wobei man sich auch nicht gescheut hat, Bedienungsweisen anderer Plattformen parallel anzubieten. Auch nützlich, falls Sie am Arbeitsplatz "fremdgehen" (müssen). Sie finden modernste Gestaltungselemente bis hin zum sog. Iconify, d.h. Verkleinern von Tabellen bis auf Symbolgröße und Wiederaktivieren durch Doppelklick. Natürlich ist auch das OLGA-Prinzip (Objekt Linking for ATARI GEM) implementiert, es entspricht OLE bzw. OPENDOC auf anderen Plattformen, scheint aber noch weiter entwickelt zu sein. Dies kann nur mit einem Multitasking-Betriebssystem funktionieren, hier mit MagiC. Es geht dabei um Objekte "verbinden" und "einbetten", nicht in zwei Sätzen zu beschreiben. Die Fähigkeiten eines Programmes werden durch die eines anderen ohne viel Bedienaufwand ergänzt. Durch einen Doppelklick auf ein Objekt wird z.B. automatisch das Partnerprogramm für eine Aktualisierung aufgerufen.

Die Entwicklung ist bei OLGA inzwischen so weit fortgeschritten, dass das Partnerprogramm unmittelbar auf einem in Texel geöffneten Texel-Blatt arbeiten kann und somit indirekt Texel z.B. um grafische Fähigkeiten bereichert, die Tabellenkalkulationen sonst nirgends besitzen.

Es gibt eine globale MenüLeiste für allgemein gültige Eigenschaften, Funktionen und Einstellungen. Zusätzlich besitzt jede Tabelle usw. einen eigenen mehrzeiligen Menü- und Symbolbereich mit den nur für sie geltenden "individuellen" Möglichkeiten.

Datenaustausch

über ein Dutzend Importund Exportformate, auch aktuelle bis hin zu TEX, UDO und HTML4, ermöglichen den Datenaustausch mit Tabellenkalkulationen und Datenbanken auch auf anderen Plattformen. Einige davon (DIF, CSV und, bisher nur als Importformat, EXCEL2 bis 4, s.o.) transportieren nicht nur Daten, sondern auch Berechnungsformeln. Auch wenn gewisse Firmen häufig neue Formate "kreieren", man gönnt sich ja sonst nix, ist dies kein Problem, da Texel laufend weiterentwickelt wird und Programme normalerweise Vorgängerformate lesen und schreiben können. Falls nicht, ertönt nämlich üblicherweise ein Aufschrei der Empörung.

Ältere Im- und Exportformate (wie RTF bei Textverarbeitungen) haben übrigens einen Vorteil: Makroviren können nicht übertragen werden, die einzigen bisher bekannten plattformübergreifende Viren. Ihren Arbeitgeber wird es gegebenenfalls freuen, wenn Sie Disks, Dokumente und Tabellen von zu Hause 100%ig sicher virenfrei auf Ihren Arbeitsplatzrechner übertragen können.

Funktionsumfang

Texel2 verfügt neben allen Grundrechenarten und Logikfunktionen über eine umfangreiche Sammlung statistischer, trigonometrischer und finanzmathematischer Funktionen (verschiedenartige Mittelwerte, Standardabweichung bis hin zu einigen geläufigen statistischen Verteilungstypen bzw. Tangens, Cotangens usw. bzw. Zinseszins und derartiges). Insgesamt gibt es rund 100 verschiedene Funktionen. Verschiedene Datumsund Währungsformate (bis hin zum Euro) und Umwandlungen sind vorgesehen. Grafische Präsentationsmöglichkeiten wie Balken- und Tortendiagramme sind im Zusammenspiel mit ARTWORX möglich.

Wenn man etwas rückgängig machen möchte, gibt es UNDO-Funktionen, die notfalls zurück bis zum Wiederherstellen der zuletzt gespeicherten Variante reichen.

An Besonderheiten ist ein 3stufiges Sortierverfahren zu erwähnen. Auch an individuelle Konfigurationen für den Multiuserbetrieb (mehrere Nutzer mit unterschiedliche Grundeinstellungen) wurde gedacht.

Wenn Sie eine Eigenschaft in dieser Besprechung vermissen, dann mit hoher Wahrscheinlichkeit deswegen, weil niemand 70 Seiten Handbuch auf ein paar Seiten erschöpfend zusammenfassen kann.

Fazit

Mit Texel2 hat der ATARI endlich auch im Bereich der Tabellenkalkulationen den Anschluß an die "übrige Welt" erreicht, wenn nicht sogar mal wieder einen kleinen Schritt voraus. Aber von ressourcenfressender und eher bedienungsunfreundlicher Featuritis und hohem Preisniveau bleiben wir glücklicherweise weiterhin verschont.


Hans Paulsen
Aus: ST-Computer 03 / 1998, Seite 32

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