Atari-Multimedia: MPlayer 2.94

Multimedia-Player auch für die kleinen Ataris: Vor einigen Ausgaben konnten wir mit dem "Aniplayer" ein komfortables Abspielprogramm für Sound- und Videodateien vorstellen. Mit dem MPlayer liegt nun ein weiterer "Multimedia-Player" für den Atari vor.

Kurz bevor das Internet zum neuen Hauptverkaufsargument des Computermarktes wurde, war der Begriff "Multimedia" in aller Munde. Kaum eine Fach- und Tageszeitung, die dieses Wort nicht mit einer Bedeutung erfüllen wollte und es dabei zumeist doch nicht in den Griff bekommen hat. Waren zu dieser Zeit Sound-, Animations- oder gar Videodateien so groß, dass schon kleinste "Hörproben" oder "Filmfetzen" ganze CDs füllten, so sind diese im Zeitalter des Internets zwecks erträglicher übertragungszeiten merklich "zusammengeschrumpft". Die allgemein verbreitete Meinung, dass man zum Abspielen einen heutigen Windows-PC benötigen würde, ist jedoch gleich falsch geblieben. Auch der Atari verfügt selbstverständlich über genügend Leistung, um Videofiles inklusive Sound darzustellen. Wer dies nicht glauben will, sollte sich den MPlayer von Guillaume Tello genauer ansehen.

Das Programmkonzept

MPlayer ist ein Programm zum Abspielen und Erzeugen von Animationen. Die Anzahl der erzeugten Formate ist erstaunlich hoch und zumindest im Atari-Bereich unübertroffen. Verwendet man das Programm als reinen Player, werden folgende Dateien unterstützt:

... und einige andere Formate, die weniger bekannt sind. Besonders die Fähigkeit, QuickTime-, AVI- sowie MPEG-Files abspielen zu können, macht den MPlayer zu einer idealen Ergänzung z.B. beim "Surfen" im Internet, da die hier häufig anzutreffenden Formate in vielen Fällen unterstützt werden.

Das Programm kann allerdings noch mehr. Im Gegensatz zum Aniplayer beherrscht es nicht nur das reine Abspielen bzw. schnelle Darstellen von Videos und Animationen, sondern kann diese auch aus einer Serie von Einzelbildern erzeugen. Auch in diesem Fall kann auf eine Vielzahl von Formaten sowohl bei der Auswahl von Quellbildern als auch bei der zu erzeugenden Datei zurückgegriffen werden: QuickTime-Movies sind aus TGA2 oder IMG-Dateien zusammenzusetzen. Optional können Sounds im AVR-, WAV- oder QT-Format eingebunden werden. Ebenso können AVI-Movies sowie GIF- oder FLM-Animationen erzeugt werden.

Hardwarevoraussetzungen

MPlayer liegt in zwei verschiedenen Versionen vor, von denen eine speziell für den STE geschrieben wurde und die andere für leistungsstärkere Maschinen wie den TT, Falcon oder Hades optimiert wurde. Auch der Betrieb mit MagiCMac ist möglich. Die für den TT gebräuchlichen Grafikkarten werden ebenso unterstützt wie diverse Hardwarebeschleuniger für den Falcon. Sogar ein virtueller Speicher wie Outside wird akzeptiert. Zum Abspielen der Sounds sollte man allerdings schon über einen Rechner mit DMASound verfügen.

Die Praxis

MPlayer ist nicht unbedingt ein Programm für "Bildschirm-ästheten". Nach Auswahl einer Animation in einem der aufgeführten Formate öffnet sich eine Infobox, die über die geladene Datei informiert und abhängig vom Format noch einige Zusatzeinstellungen (wie z. B. Synchronisation des Sounds) zulässt. Auch ein Endlos-Abpielen kann hier eingestellt werde. Nach Anwahl des "Go! "-Buttons wird die Animation auf einem eigenen Schirm abgespielt. Die Geschwindigkeit hängt natürlich sehr von der Leistungsfähigkeit der zugrundeliegenden Hardware ab. Wurde die Animation bzw. die Videodatei einmalig abgespielt, erscheint am Ende eine weitere Infobox, die über die Anzahl der Frames sowie die benötigte Spielzeit Auskunft gibt. Verlässt man diesen Dialog, kann das nächste File ausgewählt werden. Eine Endlos-Animation oder ein längeres Video kann auch durch Betätigen der "Control"-Taste unterbrochen werden, was außerdem die nachfolgende Infobox unterdrückt. Sofern der Dateityp dieses zulässt, sind Animationen mit den Cursortasten zu beschleunigen, indem man gezielt von Frame zu Frame "springt".

Im Zeitalter moderner Multitasking-Betriebssysteme fällt der Umstand, dass alle im Programm verwendeten Dialogboxen nicht in eigenen Fenstern untergebracht sind, sondern stets den gesamten Rechner blockieren, etwas unschön auf und gibt MPlayer daher äußerlich einen etwas "antiquierten Touch". Aufgrund der aktuellen Leistungen und der regelmäßigen Programmpflege trifft dies aber objektiv betrachtet keinesfalls zu. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass das Programm im Gegensatz zum moderner wirkenden Aniplayer Videos sowieso nur auf einem eigenen Bildschirm und nicht in einem GEM-Fenster auf dem Desktop abspielen kann, kann man vielleicht auch mit den nicht-modalen Dialogen "leben".

Während das Abspielen von Video- und Animationsdateien noch relativ selbsterklärend vor sich geht, muss man sich beim Erstellen eigener Frame-Abfolgen schon etwas tiefer in das Programm einarbeiten. Hierzu muss nämlich ein eigenes "Batch-File" erstellt werden, das eine Abfolge von Variablenbestimmungen und Pfadangaben zu den zu verwendenden Einzelbildern und Sounds enthält. Wählt man nun aus dem MPlayer eine solche Deklarationsdatei statt einer fertigen Animation aus und hält die "Alt"-Taste bei der Auswahl des "Go!"-Buttons gedrückt, erzeugt der MPlayer eine Movie-Datei. Der zu erzeugende Filetyp hängt dabei vom Format der einzulesenden Bilder ab:

Will man in QuickTime- oder AVI-Animationen Sound einbinden, muss dieses in der entsprechenden Batchdatei deklariert werden. Verwendet werden können Klangdateien im WAV- und AVR-Format, jeweils in 8- oder 16-Bit-Qualität.
Interessant ist auch die Möglichkeit, MPlayer von einem anderen Programm (z.B. von CAB aus) aus aufzurufen. MPlayer kann dazu in ein TTP oder ACC umbenannt werden und Parameter von anderen Applikationen empfangen.

Einfacher wäre es allerdings für viele User, wenn man z.B. CAB eine vorkonfigurierte Version des MPlayers beilegen würde, um hier Komplikationen vorzubeugen.

Wünsche für die Zukunft

Der MPlayer kann bereits eine Vielzahl von Animations- und Videoformaten verarbeiten und diese auch flüssig abspielen. Wie bei jedem Programm bleiben aber natürlich einige "Wunsch-Formate" offen, auf die ich in diesem Zusammenhang schon deshalb hinweisen möchte, da sie sich im Internet immer weiter verbreiten und da ich deren Fehlen bereits beim Freeware-Programm Aniplayer angemerkt habe. In erster Linie fällt da sicher der MPEG-3-Standard auf, der noch bessere Kompressionsraten als seine Vorgänger bietet. Zweitens fehlt auf dem Atari nach wie vor ein eigenständiger Player für das fast schon als neuer Standard anzusehende Real-Audio- bzw. Real-Video-Format. Genau wie im Aniplayer-Bereich sollte aber bemerkt werden, dass für eine Anpassung an die Real-Formate kostenpflichtige Lizenzen erworben werden müßten, was man wohl einem Shareware Autor nicht wirklich zumuten kann.

Obwohl der MPlayer sicherlich einen anderen Ansatz als der Aniplayer verfolgt, wäre eine "Auffrischung" der Oberfläche doch zu erhoffen. Würden alle Dialoge einfach in eigene Fenster "wandern", wäre die Hauptarbeit hier schon erledigt.

Fazit

Auf den ersten Blick weiß der direkte "Konkurrent" Aniplayer natürlich mehr anzusprechen. Allerdings ist MPlayer auch nicht nur ein reines Abspielprogramm für verschiedene Formate, sondern ein echtes Arbeitswerkzeug, um eigene Animationen zu erstellen und diese durch die Deklaration eines Batchfiles auch sehr genau zu steuern und sogar mit Sound zu unterlegen. Insofern kann man MPlayer sogar als einfaches, aber effektives Multimedia-Tool z. B. zum Entwurf kleinerer Slideshows betrachten. Die Möglichkeit, MPlayer von anderen Programmen aus "fernzusteuern", erweitert den Anwendungsbereich nochmals.

Wer also einen reinen Video- und Soundplayer sucht, findet im Aniplayer die elegantere Lösung - wer allerdings mit diesen Formaten auch arbeiten will und nicht nur passiver Zuschauer bleiben möchte, sollte sich MPlayer einmal genauer ansehen.

Preis:
Das Programm ist Shareware und kostet DM 15,
Bezugsquelle:
Guillaume Tello
240 rue Estienvrin
F-49260 Montreuil Bellay
Eine Demoversion des MPlayers (auch der STE-Version) sowie einige Testanimationen sind zu finden unter:
https://gtello.pagesperso-orange.fr/


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 10 / 1998, Seite 22

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