Skyhammer (Jaguar): Neues Futter für die Raubkatze

Nach langen und mageren Jahren für Fans der amerikanischen Jaguar-64-Bit-Videokonsole kommen nun von Songbird Productions (www.songbird-productions.com) nach Protector drei weitere Spiele in Modulform nach Deutschland. Wie bei dem Defender2000-Clone sicherte sich Songbird die Rechte an bereits fast vollständig entwickelten, aber zu Atari-Zeiten – als die Tramiels noch das Ruder in der Hand hielten – unveröffentlichten Spielen, die nun das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Es handelt sich dabei um:

In diesem Monat wird das letztgenannte Weltraum-Action-Spektakel rezensiert.

Lieferumfang

Wie bereits von Protector gewohnt, wird das Spiel in einer dem Jaguar-Standard entsprechenden Farbverpackung ohne Inlay geliefert. Leider verzichtete der Hersteller auch darauf, ein Overlay beizulegen, sodass der Käufer gezwungen ist, sich bei Tony Price (http://home.earthlink.net/~mfmurdock/jaguar/jaguar.htm) ein farbiges Overlay zusätzlich zuzulegen. Da von der Zehnertastatur des Joypads doch reichlich Gebrauch gemacht wird, wiegt der Verzicht auf das Overlay hier doppelt schwer.

Darüber hinaus bietet das Spiel eine ausschließlich englische Schwarzweiß-Spielanleitung und einen farbigen Modulaufkleber. Es hebt sich damit wohltuend von den von Telegames zuletzt veröffentlichten Jaguarspielen mit ihrem langweiligen Schwarz/Rot-Einheitsaufkleber ab.

Am wichtigsten dürfte jedoch der Umstand sein, dass es sich bei diesem Modul um eines der wenigen 4MB-Module handelt (die meisten Jaguarmodule kommen mit 2MB aus). Kann zwar durch die Veröffentlichung des Spiels auf Modul nicht auf die Datenfülle einer CD zurückgegriffen werden, so reicht die Kapazität des Moduls doch für recht anständige Sound- und Grafikeffekte aus. Diesen für Modulverhältnisse üppigen Speicherausbau merkt man dem Game an vielen Stellen positiv an.

Weiterhin erfreulich ist wie bei Protector der Umstand zu vermerken, dass Songbird die Möglichkeit unterstützt, Spielstände auf dem Modul abzuspeichern. So ist man im Missionsmodus nicht gezwungen, immer wieder von vorn zu beginnen.

Die Hintergrundstory

In der Mitte des 21. Jahrhunderts kämpfen drei riesige Megakonzerne – Cytox, Grubertech und CFC – um die Vorherrschaft auf den Straßen der größten Städte der Welt. Der Spieler sieht sich in die Rolle eines Angestellten von Cytox versetzt, der als Pilot der hochentwickelten Kampfflugmaschine "Skyhammer" seinem Arbeitgeber zum alleinigen Sieg verhelfen soll.

Optionen

Leider lässt sich Skyhammer nur im Ein-Spieler-Modus betreiben. Hier kann der Spieler jedoch sowohl die Schwierigkeitsstufen (Easy, Medium oder Hard) als auch den Spielmodus selbst einstellen. Es kann zwischen einer kampf- bzw. einer missionsorientierten Spielversion ausgewählt werden. Eignet sich die Actionvariante gut für ein Spielchen zwischendurch und kommt sie als gelungene Abwechslung zu "Crown of Creation" auf dem Falcon daher, bietet erst die auftragsgebundene Spielfassung langanhaltenden Spielspaß.

Das Spiel

Das Geschehen beginnt in einer 3D-Ansicht der Stadt "Jericho", die aus dem Film "Blade Runner" entstammen könnte. Geht es in der Actionversion nur darum, dort so viele Gegner wie möglich zu eliminieren, müssen in der Missionsversion bestimmte, nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Aufträge erfüllt werden. Hierzu findet vor Beginn jedes Spiels ein Briefing statt, in dem der Spieler alles notwendige für seine Aufgabe erfährt, z.B. dass bestimmte Firmenangestellte aus dem Labyrinth gerettet oder Datenkapseln gefunden werden müssen.

Daran anschließend fliegt der Skyhammer-Pilot mit seinem Gefährt durch das 3D-Labyrinth. Hierbei gibt es keine Wegbeschränkung, der Skyhammer kann sich also im 360-Grad-Radius frei bewegen (von Hindernissen wie Häusern o.ä. einmal abgesehen). Für Abkürzungen kann sogar über die Häuser hinweggeflogen werden.

Schön ist auch, dass Handlungsabläufe nicht linear sind, denn die feindlichen Raumschiffe oder Kanonen sind immer wieder an unterschiedlichen Positionen postiert. Die Gegner verfügen auch über ein gewisses Maß an künstlicher Intelligenz, sodass ihre Aktionen nicht wie z.B. bei "Raiden" nach immer dem gleichen Bewegungsabläufen funktionieren.

Gegner, die sich dem Skyhammer in den Weg stellen oder zufällig seine Bahn kreuzen, werden nach Möglichkeit eliminiert, denn dafür gibt es Geld, dass an bestimmten Basisstationen gegen Zusatzbewaffnung, Munition oder Benzin eingetauscht werden kann. Sind mehrere Missionen eines Levels geschafft, findet die Aktion in einer der beiden weiteren Städte (San Diablo bzw. Troy) statt.

Grafik, Sound und Steuerung

Bereits das kurze Intro stimmt auf das eigentliche Spiel hervorragend ein. In düster-futuristischer Atmosphäre gehalten, erläutert es – unterstützt von Morphingeffekten und einem ansprechenden Musikstück – die Hintergrundstory des Spiels. Die sehr guten, teils gerenderten, teils gezeichneten Grafiken tragen dabei dazu bei, dass sich sofort eine gewisse Spannung einstellt, die den Spieler in seinen Bann schlägt.

Das Spiel selbst findet in der Ich-Perspektive statt. Es ähnelt dabei dem vom ATARI XL bzw. C64 bekannten Spiel "Rescue on Fractalus". Der Spieler sieht aus dem Inneren seines Raumschiffs auf das Spielgeschehen und kann dabei gleichzeitig einen (nicht abschaltbaren) Blick auf das eigene Cockpit werfen. Von den dort sichtbaren Armaturen liest der Spieler wichtige Informationen (u.a über Flughöhe, Treibstoff, Schildstärke) ab. Auch eine kleine, permanent aktualisierte Karte der direkten Umgebung liegt hier vor. Eine große Gesamtübersichtskarte kann darüber hinaus jederzeit durch die Taste "5" auf dem Joypad zusätzlich aufgerufen werden.

Die Außenansicht besitzt hingegen eine gewisse Übereinstimmung mit der des Jaguarspiels "Hoverstrike" bekannten Grafik. Im Hintergrund liegende Teile der 3D-Sicht erscheinen im Dunklen verborgen, während sich im Vordergrund ein 3D-Labyrinth auftürmt. Wände und Boden sind dabei komplett mit Texturen überzogen. Gleiches gilt für die Raumschiffe bzw. Kanonen der Gegner. In der Stadt befinden sich noch kleine Leuchtreklamen und ähnliche Gimmicks, sodass die Grafik nicht zu schnell langweilig wird.

Die Soundeffekte können insgesamt als für das Spiel angemessen bezeichnet werden. Explosionen, kleinere Ansagen oder Schussgeräusche klingen realistisch und unaufdringlich. Das abschaltbare Musikstück ist wie so oft Geschmacksache, fügt sich aber gut in die Spielatmosphäre ein.

Fazit

Gemessen am technischen Standard heutiger Konsolengenerationen kann der Jaguar und damit auch die für ihn veröffentlichten Spiele insbesondere grafisch nicht mehr mithalten. Skyhammer ist jedoch der Beweis, dass auch programmtechnisch aufwändige 3D-Spiele auf Ataris 64-Bit-Konsole einen guten Eindruck hinterlassen können. Obwohl das Spiel eine andere Richtung verfolgt, ist es hier qualitativ in einem Atemzug mit solchen Klassikern wie "Alien versus Predator" oder "Iron Soldier II" zu nennen. Kein Wunder, zeichnen die Entwickler von AvP (die britische Softwareschmiede Rebellion http://www.rebellion.co.uk) auch für dieses Spiel verantwortlich. Dieser Umstand, ergänzt mit der hohen Langzeitmotivation durch das gelungene Gameplay, sowie die Tatsache, dass Skyhammer exklusiv für den Atari Jaguar herausgegeben wird, lassen eine uneingeschränkte Empfehlung für dieses Spiel aussprechen. Allen Jaguarfans, die der hohe Preis (DM 199.--) aufgrund des momentan ungünstigen Dollarkurses nicht schrecken kann, sei zum Kauf des Shooters geraten. Jeder Jaguar-Enthusiast, der sich als solcher bezeichnen möchte, sollte dieses Spiel in seiner Sammlung haben.


Frank Szymanski
Aus: ST-Computer 09 / 2000, Seite 58

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