PixArt 4.52: Spitzengrafik für alle!

PixArt hat sich über die Jahre einen guten Ruf als hervorragendes Grafikprogramm auf dem Atari erarbeiten können. Nun steht dieses Programm allen Atari-Anwendern in der aktuellen Version 4.52 als Freeware bereit.

Pünktlich zum Start unserer neuen Homepage können wir Ihnen das ehemals kommerzielle Programm PixArt in der aktuellen Version zum Download anbieten. Auch auf unserer aktuellen stCD findet sich das Programm. Da viele Anwender PixArt nun wahrscheinlich zum ersten Mal nutzen werden, haben wir uns entschlossen dieses außergewöhnliche Programm nochmals für Sie unter die Lupe zu nehmen.

Der Atari eignete sich aufgrund seiner guten grafischen Fähigkeiten schon seit jeher für grafische Arbeiten. Und so dauerte es nach Erscheinen der ersten STs auch nicht sonderlich lange, bis die ersten Malprogramme durch ihre Fähigkeiten zu glänzen wussten. Waren in den 80er und frühen 90er Jahren noch mehrere Grafikprogramme am Start, so schrumpfte dieses Angebot in der zweiten Hälfte der 90er zunehmend. Mittlerweile kann man die erhältlichen Programme an einer Hand abzählen, wobei sich Papillon und Smurf einen festen Platz in der Anwendergunst erkämpft haben. Immer weiter verbreiten konnte sich in den letzten Monaten aber auch der französische Newcomer Vision.

Auf eine lange Geschichte kann auch PixArt aus dem Hause Crazy Bits zurück schauen. Zunächst als reines Malprogramm gestartet, erhielt es mit der Version 4 zusätzliche Bildbearbeitungsfunktionen. Die aktuelle 4.52 stammt aus dem Jahre 1997 und kann durch Masken- und komplexe Blockfunktionen glänzen, sodass es auch heute noch professionell einsetzbar ist.

Wie so viele andere Programme wird PixArt trotz aller Gerüchte um eine fast fertige Version 5 nicht mehr weiter entwickelt. Dies ist zwar schade, hat aber für Atari-Anwender den positiven Nebeneffekt, dass sich PixArt entschlossen hat, das Programm auf der Homepage der st-computer zum freien Download anzubieten.

Grundsätzliches

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei PixArt in erster Linie um ein pixelorientiertes Zeichenprogramm. Es enthält jedoch auch viele EBV-Funktionen und bietet sich auch für diesen Bereich an. Bearbeiten lassen sich Bilder abhängig von der gewählten Grafiktiefe mit bis zu 16.7 Millionen Farben. Obwohl PixArt mittlerweile einige Jahre auf dem Buckel hat, kommt es in einer topmodernen GEM-Oberfläche daher. Das bedeutet, dass auch alle Dialoge in Fenster verpackt sind.

Handbuch

Da PixArt nicht mehr kommerziell vertrieben wird, steht natürlich auch kein gedrucktes Handbuch mehr zur Verfügung. Das Handbuch wird jedoch komplett als ST-Guide-File mitgeliefert. Sogar auf eine Sprechblasenhilfe im BubbleGEM-Format muss der von heutigen Standards verwöhnte Anwender nicht verzichten.

Leider sind nicht alle aktuellen Funktionen im Online-Handbuch festgehalten, das nicht ganz auf dem neuesten Stand der Version 4.52 zu sein scheint. Glücklicherweise trifft diese Aussage aber nicht auf die Sprechblasenhilfe zu.

Systemvoraussetzungen

PixArt ist ein Programm für ambitionierte Anwender. Trotzdem ist es - ganz so wie vom Atari gewohnt - äußerst genügsam in seinen Systemanforderungen. Benötigt wird ein TOS-Rechner mit mindestens 2 MB RAM, wobei bei der Bearbeitung größerer Grafiken heutzutage natürlich 4 oder mehr MBytes RAM zu empfehlen sind.

PixArt läuft unter Single-TOS genauso wie unter den heutigen Multitasking-Betriebssystemen N.AES und MagiC. Wir testeten das Programm wie gewohnt sowohl auf einem Falcon 030 und einem Mega STE auf originaler Atari-Hardware wie auch auf einem Milan 040. Wahre Geschwindigkeitsrekorde konnte das Programm auch auf einem Power Macintosh unter MagiC Mac 6.15 aufstellen.

Interessant für Bildschirmkünstler ist sicherlich ausserdem, dass PixArt die Verwendung von Wacom-Zeichentabletts vorsieht. Da diese heute zumeist mit einer USB-Schnittstelle ausgeliefert werden, muss der Atari-Anwender jedoch auf den Gebrauchtmarkt ausweichen.

Installation

Nach dem Entpacken kann PixArt an einen beliebigen Platz auf der Festplatte kopiert und direkt gestartet werden. Das Installationsprogramm muss nicht mehr aufgerufen werden, da die freigegebene Version von PixArt nicht mehr registriert werden muss. Sie können also direkt loslegen.

Erster Überblick

PixArt bietet für die Arbeit an einer Grafik die verschiedensten Zeichenwerkzeuge bzw. -module an. Verwaltet werden diese Werkzeuge je nach Themengebiet in eigenen GEM-Fenstern. Insgesamt bietet PixArt sieben dieser Modulfenster. Im ersten und zweiten Modulfenster finden Sie die Zeichenpfade und Objekte zum Arbeiten mit bestimmten Zeichenformen. Im dritten Modulfenster verstecken sich Zeichenwerkzeuge wie Stift, Pinsel, Sprühdose und die Zeichenmedien. Das vierte Modulfenster ist für die Blockoperationen zuständig, während man im fünften Modul die Spezialfunktionen findet, in denen die Einstellungen zu den Zeichenfunktionen wie Füllmuster oder Linienstile und der Farbpalette und dem ausgewählt werden. EBV-Funktionen verstecken sich in den verbleibenden beiden Modulfenstern für Masken und Filter.

Die Aufteilung aller Funktionen in einzelne Fenster hat sicher den Vorteil, dass der Anwender seine Oberfläche individuell gestalten kann und jeweils nur die Funktionen in eben den Werkzeugkästen darstellen muss, die er aktuell wirklich benötigt. Andererseits ist die Verteilung der Funktionen auf die Modulfenster natürlich besonders für den Neueinsteiger auf den ersten Blick etwas unübersichtlich. Mit der Zeit ist hier aber schnelle Gewöhnung möglich, und Sie werden das Konzept wertschätzen.

Eine große Hilfe ist die bereits erwähnte Sprechblasenhilfe. Wenn bei gedrückter rechter Maustaste bzw. unter MagiCMac bei gleichzeitig gehaltener [alt]-Taste auf eines der anfangs etwas verwirrend vielen Piktogramme geklickt wird, erscheint ein kleiner Hilfetext im Cartoon-Stil. Übrigens werden sich Calamus-Anwender schnell zurecht finden, da einige Icons direkt aus dem Layout-Profi entlehnt sind.

«Die vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten, die umfangreichen Zeichenwerkzeuge und die Maskenfunktionen machen PixArt zu einer Perle, die ähnlich wie Calamus und Papyrus den Verbleib auf der Atari-Plattform allein durch ihre Existenz rechtfertigen und auch gestandene EBV-Profis auf Mac und PC zu überzeugen vermögen.»

Farbverwaltungssystem

Es ist sicher interessant an dieser Stelle noch einmal auf das System der Verwaltung von Farben innerhalb von PixArt gesondert einzugehen. Die Anzahl der auf dem aktuellen Bildschirm zur Verfügung stehenden Farben ist dabei wie erwähnt von entscheidender Bedeutung. Die geladenen Bilder werden nämlich innerhalb von PixArt immer in der Farbtiefe verwaltet, wie es die gewählte Grafiktiefe vorschreibt. Dies bedeutet in der Praxis, dass ein Bild, das ursprünglich in 16 Farben erstellt wurde, von PixArt in einer Palette von 16.7 Millionen Farben verwaltet wird, wenn Sie diese Auflösung auf Ihrem System eingestellt haben. Speichern Sie das Bild nun, wird es als True-Colour-Grafik gespeichert. Umgekehrt wird ein True-Colour-Bild mit nur 16 Farben verwaltet, wenn Sie es in einer entsprechenden Auflösung z.B. in den Falcon laden.

PixArt treibt's bunt: die Farbauswahl.

Zeichenkonzepte

Um PixArt richtig zu verstehen, ist außerdem eine eingehende Beschäftigung mit dem verwendeten Zeichenkonzept notwendig. PixArt unterscheidet zwischen Zeichenpfaden, gefüllten Objekten, Werkzeugen und Medien. Für den Anwender bedeutet dies, dass er in der Regel vor dem Zeichnen einen Pfad (z.B. Freihand), das gewünschte Werkzeug (also z.B. einen Stift oder die Kreide) und das zugrunde liegende Medium (z.B. Farbe) festlegen muss. Ist eines der dabei aufzurufenden Icons mit einer kleinen Ecke eingetragen, können noch zusätzliche Einstellungen vorgenommen werden.

Der Vorteil dieser auf den ersten Blick etwas umständlich erscheinenden Methode liegt auf der Hand: durch die entstehenden Kombinationsmöglichkeiten wird eine hohe Flexibilität beim gewünschten Ergebnis erreicht. PixArt dürfte mit den hier entstehenden Möglichkeiten auch systemübergreifend nahezu konkurrenzlos dastehen.

Objekte haben bei der Auswahl hingegen die Funktion eines Stempels. Dadurch entstehen weitere Möglichkeiten.

Bilderzeugung

PixArt beschränkt seinen Anwender bei der Erzeugung eines neuen Bildes nicht auf die Angabe von Pixelgrößen. Für den professionellen Einsatz weiß das Programm durch die Angabe der DPI-Zahl zu überzeugen. Zusätzlich stehen die verschiedensten Standardformate (auch DIN-Werte) in einem praktischen Aufklapp-Menü bereit.

Sehr wichtig für die Arbeit in einer Grafik ist auch die Undo-Funktion. Leider bietet PixArt nur ein einfaches Undo. Bei Speichermangel kann die Undo-Funktion auch ausgeschaltet werden, ein virtueller Speicher wird nicht unterstützt.

Bilder laden und speichern

Beim Laden von Grafiken wird derselbe Dialog verwendet wie bei der Erstellung von Bildern, nur dass nun natürlich die im Bild vorhandenen Werte übernommen werden. Besonderes Augenmerk legten die Entwickler auf die vorhandenen Rasterverfahren. Je nach Datei stehen hier bis zu 19 (!) verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl - ein wahrhaft einmaliger Wert. Die zu ladenden Formate immerhin 16 an der Zahl) entnehmen Sie bitte der entsprechenden Infobox.

Ebenso flexibel ist PixArt beim Export einer Datei. In einem Popup-Menü können abhängig von der Farbtiefe des Bildes bis zu 13 verschiedene Speicherformate festgelegt werden, wobei der passende Extender vom Programm selbst hinzugefügt wird. Unterstützt werden auch hier so wichtige Formate wie IMG, TIFF, PCX und JPEG (dieses Format ist nicht im Handbuch erwähnt).

Scannen

PixArt unterstützt auch das Scannen von Bildern, wobei allerdings vernünftigerweise keine eigenen Routinen geliefert werden. Vielmehr greift das Programm auf einen installierten GDPS-Treiber zurück.

Drucken

Äußerst professionell ist auch die Druckfunktion gestaltet. PixArt bietet hier eine eigene Dialogbox, die keinerlei Wünsche offen lässt. Über Popup-Menüs sind hier Ausrichtugen, Rasterverfahren (auch hier 19 an der Zahl) und Treiber auswählbar. PixArt bietet einige eigene Treiber, unterstützt aber auch das GDOS-System. Der integrierte Zoom lässt Vergrößerungen bis DIN A 0 zu.

Ebenso vorbildlich sind die Druckparameter gelungen. Innerhalb einer Gradationskurve kann der Anwender Werte für Helligkeit und Kontrast bestimmen. Dieses Verfahren arbeitet bei Farbdruckern für jeden einzelnen Farbauszug (CMYK). Auch das Rasterverfahren kann hier genau optimiert werden. Wer also optimale Ausdrucke erzielen will, ist bei PixArt an der richtigen Adresse und kann auf Wunsch stundenlang experimentieren und optimieren.

Hinzu kommt außerdem eine nach den Farbmodellen CMYK und RGB. Die gebotenen Möglichkeiten sind also nur als spektakulär zu bezeichnen und spiegeln den professionellen Ansatz des Programms beeindruckend wider.

Abgerundet wird die Druckfunktion mit einer auf heutigen Systemen pfeilschnell arbeitenden Vorschau-Funktion, die natürlich alle getätigten Voreinstellungen berücksichtigt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass PixArt in Sachen Druckereinstellungen höchstens von Calamus das Wasser gereicht werden kann.

Zeichenfunktionen

PixArt bietet eine beeindruckende Vielzahl von Zeichenfunktionen. Dazu gehören Stifte, Pinsel, Tupfer, Kreiden und Sprühdosen. Aber auch ungewöhnliche Tools wie z.B. eine Rasierklinge und ein Kopierstift gehören dazu. Ergänzt wird das Angebot durch partiell ersetzbare Aufheller, Abdunkler, Grauzeichner und Aufheller.

Alle Funktionen können abhängig von Masken arbeiten. Für nahezu alle Tools stehen zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten bereit, die die Fähigkeiten stark erweitern.

Die Version 4.52 von PixArt liefert - leider im Online-Guide nicht erwähnte- Maskenfunktionen.

Zeichenpfade

Ein Zeichenpfad legt fest, auf welchem Weg ein Werkzeug geführt werden soll. PixArt bietet 10 verschiedene Pfade an, wobei auch hier bei den meisten zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten existieren. Angeboten wird auch das Zeichnen anhand einer Bezierkurve.

Blockfunktionen

Nicht minder beeindruckend sind die Blockfunktionen von PixArt, die das Programm schon fast allein zur komplexen EBV mutieren lassen. Enthalten sind hier Crundfunktionen wie das Spiegeln, Drehen und Verzerren von Blöcken. Aber auch das Verändern eines Blocks durch ein Gitter ist möglich. Blöcke lassen sich außerdem transparent und deckend verbinden.

Masken

Eine der letzten Errungenschaften von PixArt war die Einarbeitung von Maskenfunktionen. Leider sind diese in der ST-Guide-Dokumentation nicht beschrieben. PixArt verwaltet Masken in einem eigenen Modulfenster. Die gebotenen Funktionen lassen kaum Wünsche offen.

Filter

PixArt definiert sich in erster Linie als Malprogramm, weshalb die Anzahl der vorhandenen Filter eher klein ist. Geboten werden aber Grundfunktionen wie das Aufhellen und Abdunkeln einer Grafik. Aber auch Funktionen wie das Grauzeichnen und Einfärben werden geboten. Gerade im Webdesign unverzichtbar ist auch der Weichzeichner.

Texte

PixArt liefert einen eigenen einfachen Editor zur Eingabe von Texten. Unterstützt werden alle unter GDOS installierten Zeichensätze. Schmerzlich vermisst werden muss allerdings eine Antialias-Funktion.

Optionen

Nahezu unendlich sind dagegen die Voreinstellungsmöglichkeiten von PixArt. Diese reichen von den einfachen Systemeinstellungen über genaue Einstellungen des Dateiformats bis hin zur individuellen Tastaturbelegung.

Fazit

PixArt gehört zu den Programmen, die innerhalb einer Vorstellung oder eines Testberichts nie ausführlich genug gewürdigt werden können, denn auf alle zur Verfügung stehenden Funktionen einzugehen ist nahezu unmöglich, wenn man nicht gleich ein Buch verfassen will. Das Programm ist auch heute noch atemberaubend und zumindest auf dem Atari konkurrenzlos. Es eignet sich für die professionelle Grafikbearbeitung ebenso wie für den Einsteiger, der nur mal eben ein Bild zeichnen möchte und das Programm Stück für Stück erkunden möchte. Die vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten, die umfangreichen Zeichenwerkzeuge und die Maskenfunktionen machen PixArt zu einer Perle, die ähnlich wie Calamus und Papyrus den Verbleib auf der Atari-Plattform allein durch ihre Existenz rechtfertigen und auch gestandene EBV-Profis auf Mac und PC zu überzeugen vermögen.

Die einzigen Minuspunkte sind der nicht vollständige Online-Guide, die fehlende Kantenglättung und die zu vermissende Möglichkeit des Speicherns von TIFF-Crafiken im CMYK-Format, was für den professionellen Publishing-Bereich nahezu unerlässlich ist.

Trotzdem gehört PixArt auf jedes Atari-System. Es vermag sein Alter perfekt zu verbergen und als Freeware sicherlich endgültig zum Standard auf dem Atari mutieren. Auch systemübergreifend ist mir ein Freeware-Tool bekannt, das sich mit PixArt messen könnte. Der ehemalige Verkaufspreis von ca. DM 300.- war mehr als angemessen, als Freeware sollte es kein Atari-Anwender verpassen.

pixart.de
st-computer.net


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 07 / 2001, Seite 44

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