Electronic Plastic - Game & Watch auf dem Atari

So manch einer denkt, das die Geschichte der tragbaren Spiele erst mit dem GameBoy bzw. Lynx begann. Dabei wurde schon Anfang der 80er von Nintendo die sogenannte Game & Watch-Reihe ins Leben gerufen. Diese LCD-Spiele verfügen über eine Uhr (daher "Watch") und je ein fest eingebautes Spiel. Das Display ist dem normaler Digital-Uhren sehr ähnlich. Jede Bewegungsphase der Spielfigur und Objekte ist auf dem Display fest vorgesehen. Das bedeutet zwangsläufig eine Einschränkung des Spielprinzips, denn Animation ist nicht vorhanden. Das Spielprinzip beschränkt sich daher meistens auf das Auffangen bestimmter Gegenstände. Ebenso ist durch dieses Prinzip auch nur ein fest eingebautes Spiel möglich, das dann in verschiedenen Schwierigkeitsstufen gespielt werden kann.

LCD-Spiele haben natürlich auch eine Reihe von Vorteilen. Sie sind sehr günstig in der Herstellung und verbrauchen nur sehr wenig Batterien. Die Figuren auf dem Spielfeld sind durch das Funktionsprinzip bedingt nicht "verpixelt", was für einige Lizenz-Spiele von großer Bedeutung war.

Die Nintendo-Reihe schlug ein wie eine Bombe. Während Nintendo bei der Einführung 1980 noch auf unbekannte Spielenamen setzte, kamen ab 1981 Lizenz-Titel wie "Snoopy Tennis", "Popeye" oder "Donkey Kong" hinzu. Auch die Ausmaße veränderten sich: Widescreen-, Hochkant- und Multiscreen-Spiele folgten. Die Konkurrenz reagierte und so gab es die seltsamsten LCD-Spiele mit teilweise sehr ausgefallenem Design - technisch blieb außer der Verwendung von Sprachausgabe alles beim alten.

Mit dem GameBoy hatte dann zumindest die Vielfalt an LCD-Spielen ein Ende. Es gab (und gibt) noch einige LCD-Spiele z.B. von Tiger, die es im Design jedoch nicht mit ihren Urahnen aufnehmen können.

Immer noch begehrt

Die klassischen Game & Watch-Spiele erzielen mittlerweile hohe Sammlerpreise. Preise von 100 Euro gelten mittlerweile als Mindestanlage.

Bei der Firma Bandai geht die Begeisterung für ihre alten Spiele sogar soweit, das "Bandai Football" wieder verkauft wird - im klassischen Design und immer noch mit LED-Technik.

Game & Watch auf dem Atari

Jedes Game & Watch-Spiel muß nachprogrammiert werden, da die Spiele keine ROMs benutzen. Da jedes Objekt einen festbestimmten Platz hat und Spielprinzip sowie Grafik und Sound sehr einfach gehalten sind, stellt dies für Programmierer keine große Schwierigkeit dar. Dafür reicht sogar die niedrige ST-Auflösung.

Während Game & Watch-Simulatoren bisher hauptsächlich auf Windows-Systemen ihr Unwesen trieben, hat sich die Gruppe Atari.Games entschlossen, diese Lücke auf dem ST zu schliessen. Auch das neue Spiel der Reservoir Gods, Double Juggle, basiert auf einem LCD-Spiel.

Popeye

Am bekanntesten von den bisherigen Spielen dürfte wohl "Popeye" sein. In "Popeye" muß der Seemann Spinat-Dosen, Ananas-Früchte und Flaschen auffangen, die die "liebreizende" Olivia Öl ihm zuwirft. Sein Erzrivale, der Schläger Bruno, macht diese Aufgabe etwas schwerer, indem er regelmäßig nach unten haut. Wird Popeye von Brunos Faust getroffen oder er verpaßt einen Gegenstand, geht ein Leben verloren. Hektik kommt später auf, wenn statt einem Gegenstand bis zu drei gleichzeitig auf Popeye zukommen. Sind drei Leben aufgebraucht, ist das Spiel verloren.

So einfach sich das Spiel anhört, so schwer wird es nach kurzer Zeit. Wenn die Gegenstände nur so herunterpurzeln, während Bruno von links und rechts schlägt, sind schnelle Reaktionen gefordert. Völlig sicher ist Popeye nur in der Mitte.

Da Popeye nur in der niedrigen ST-Auflösung läuft, gibt es leichte Grafikeinbußen. Das Gehäuse sowie alle Grafiken wurden eingescannt, bzw. einem anderen Game & Watch Simulator entnommen. Durch die Reduzierung der Farben wirkt die Grafik im Vergleich zum Windows-Pendant etwas verwaschen und trist. Die Auflösung ist allerdings gleich - auch der Windows-Simulator nutzt nur 320*200 Bildpunkte.

Spielerisch scheint es größere Unterschiede zu geben, zumindest wirkt das "Easy"-Spiel auf dem ST schneller und schwerer als auf der Windows-Version. Da weder zu Popeye noch zu den anderen G&W-Spielen das Original vorliegt, kann nicht festgestellt werden, welcher Simulator richtig liegt.

Fire

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Auch Fire gehört zur Kategorie "Hektisch & Spaßig". Feuer ist in einem Haus ausgebrochen und zwei unerschrockene Feuerwehrmänner sehen nur eine Möglichkeit für die Bewohner des Hauses: sie spannen ein Sprungtuch auf. Die Bewohner brauchen keine besondere Motivation zu springen, beim aufkommen auf dem Tuch wird allerdings ein Albtraum war, der so nur in Slapstick-Filmen vorkommt: das Sprungtuch erweist sich als Trampolin. Zweimal wird jeder Bewohner in die Luft geschleudert, ehe er sicher in den Krankenwagen geladen wird. Je länger das Spiel dauert, desto mehr Bewohner befinden sich gleichzeitig auf dem Display.

Die Grafiken von Fire sind etwas klarer als die von Popeye. Zwar sind die Richtungsbuttons diesmal nicht animiert, aber trotzdem hinterläßt das Spiel einen besseren Eindruck.

Ball

Nintendos erstes Game & Watch-Spiel darf natürlich auch nicht fehlen. Da das Spielprinzip durch die Technik schon weitgehend vorgegeben war, griff man zu einer ziemlich naheliegenden Sportart: dem Jonglieren.

Mit links/rechts wird die Position der Arme verändert, wobei sich die Arme nicht unabhängig voneinander steuern lassen. Ziel ist es, die Bälle im Spiel zu halten, was insofern etwas schwer fällt als beim echten Jonglieren, da die Flugbahn nicht wirklich vorhersehbar ist. Im laufe des Spiels erhöht sich die Anzahl der Bälle und die Geschwindigkeit.

Während von Atari.Games wieder eine gute Simulation stammt, kommt von den Reservoir Gods eine interessante Neuinterpretation. Double Juggle wird genauso wie Balls gespielt, aber alle Grafiken wurden neu gezeichnet. Im Hintergrund wird auf Wunsch SID-Musik abgespielt. Die Highscore-Liste wird abgespeichert.

Parachute

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Das vierte G&W-Spiel ist ein relativ bekanntes. Mit einem Boot müssen Fallschirmspringer aufgefangen werden. Dazu steuert man ein kleines Boot nach links oder rechts. Unter dem Boot ziehen Haie ihre Runden die zwar nicht dem Boot, aber dafür den Fallschirmspringern gefährlich werden können.

Atari.Games

Für alle Atari.Games-Spiele gilt, das sie in Form einer .ST-Datei für Emulatoren vertrieben werden. Ob Game & Watch auf einem ST-Emulator Sinn macht, sei dahingestellt, denn zumindest für Windows-PCs gibt es bereits fast alle G&W-Spiele.

Beim Test zeigten sich zudem Inkompatibilitäten mit TOS 2.06.

Fazit

Die G&W-Spiele sind sicher eine Bereicherung, aber die technische Seite stellt ein Ärgernis dar. Spiele wie "Ball" wären ohne großen Aufwand auch in einem GEM-Fenster denkbar. Auflösungsunabhängige Programmierung sollte doch gerade bei Spielen, die nicht auf Geschwindigkeit angewiesen sind, eine Selbstverständlichkeit sein. Da es sich aber jeweils um die ersten Programmversionen handelt, könnte in diesem Punkt noch Nachbesserung erfolgen.

Atari.Games: http://atari.games.free.fr/atarist/_my_games/

Reservoir Gods: http://rg.atari.org/

Game & Watch-Seiten:


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 06 / 2002, Seite 24

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