Die Rückkehr der 8-Bitter

Nischensysteme sind z.Zt. voll in Mode. Wir haben uns im Internet einmal umgeschaut, was abseits vom Atari Coldfire Project auf uns zukommt.

"Warum ein neuer Atari, wenn es doch alles für den PC gibt?" ist eine der Fragen, die ACP-Kritiker immer wieder stellen. Schon die Idee eines Coldfire-Clone gilt für einige als verrückt. Tatsächlich setzen aber die Heimcomputer der 80er und 90er zu einem Comeback an. Alle scheinen wieder da zu sein: Amiga, C64, ZX Spectrum, Sinclair QL oder Schneider CPC. Das die neuen Heimcomputer sich aber mit moderner Technik präsentieren, versteht sich von selbst. Zielgruppe sind zunächst die Heimcomputer-Fans, wobei kein Projekt ausschließt, das es über die angepeilte Zielgruppe hinaus Popularität erlangt. Einige der Projekte sind noch in Planung, während andere sogar schon käuflich zu erwerben sind.

Schneider CPC

Der vom - mittlerweile in finanzielle Schwierigkeiten geratenen - Rundfunkhersteller Schneider vertriebene CPC, war einer der erfolgreichsten C64-Konkurrenten. Eine Zeit lang wurde fast jedes Spiel auch für den CPC veröffentlicht. Der britische Humor zeigte sich jedoch bei der Hardware: der zweite Joystick-Anschluß war nur am (Amstrad) Joystick, die 3" Disketten wurden vorher nur von Exoten verwendet (Einstein Tatung) und der Monitor mußte natürlich auch von Amstrad sein...
Der CPCng setzt hingegen ganz auf Standards. Wie auch diverse andere Clones, werden billige PC-Standardteile verwendet: PC-Netzteil, -Keyboard, -Maus, SDRAM, IDE-Festplatte und ein VGA-Anschluß. Im Inneren sorgt eine FPGA für die Speicherverwaltung, CPC-Kompatibilität und einiges mehr. Grafik und Sound sollen dem heutigen Standard entsprechen und damit das ganze auch ausgenutzt wird, entwickeln CPC-Fans bereits ein neues Betriebssystem und Basic.
Neu ist auch die CPU: eine eZ80. Der Hersteller Zilog machte mit dem Z80 auch lange nach dem Ende der 8-Bit-Heimcomputer noch gute Geschäfte. Die eZ80 ist nun ein verbesserter Nachfolger, mit integrierter TCP/IP-Unterstützung und einer Taktfrequenz von 50 MHz.
Wer es bis zum Erscheinen der Hardware nicht abwarten kann, lädt sich eine erste Version eines CPCng-Emulators herunter.

ZX Spectrum

Der Clone des Spectrums ist bereits fertig und heißt Sprinter. Der Sprinter wurde - wie auch einige andere Spectrum-Clones - in Rußland entwickelt. Der Grund dafür liegt noch in den Zeiten des kalten Krieges. Eigenständige Computer gab es in den Ostblock-Staaten zwar auch, aber vielfach wurden Rechner aus dem Westen nachgebaut - teilweise konnten sie sogar mehr als die Originale. Besonders beliebt waren die Rechner der Firma Sinclair, denn sie hatten keine aufwendigen Spezialchips, sondern arbeiteten mit Standard-Bauteilen.
Ein besonders fleißiger Clone-Produzent ist Peters Plus Ltd. Angefangen mit dem MC64 (Clone mit 64 KB RAM) im Jahr 1993 folgte der "Sprinter".
Der Sprinter 96 verfügt über eine Z84C15 CPU, die mit 21 MHz getaktet wird. Um Abwärtskompatibel zu bleiben, läßt sich diese auf 3.5 MHz runtertakten. 4MB RAM gehören zur Grundausstattung. Als Diskettenformat wird 3.5" oder 5.25" verwendet und der Einbau einer Festplatte ist möglich. Dem Yamaha-Soundchip (der auch im ST zu finden ist) steht ein COVOX-Soundchip zur seite. Die Farbpalette sind 16,7 Mio. Farben, 16 davon können bei einer Auflösung von 640*256 dargestellt werden.
Der Sprinter verfügt über verschiedene Modi, die auch einige andere Clones mit einschließen.
Der Preis ist relativ moderat: 165 US-$ möchte Peters Plus für den Sprinter im Minitower haben. Das Handbuch ist in englischer Sprache.

Commodore 64

Lange Zeit Clone-los blieb der erfolgreichste Heimcomputer aller Zeiten. Der erste Anlauf eines Clones ist aber zugleich auch einer der beeindruckendsten. Der Name des Clones ist zudem eine nette Anspielung auf den seit langer Zeit überfälligen neuen Amiga: CommodoreOne.
Der CommodoreOne wurde von Jeri Elsworth bereits funktionsfähig und obwohl sie keine Original-Teile des C64 verwendet hat, soll die Maschine kompatibel zum C64 bleiben.
Als CPU findet ein 65c816 mit 20 MHz Verwendung. Dieser Prozessor wurde bereits im Apple IIGS und in Beschleunigerkarten für den C64 und Atari XL verwendet. Da C64-Software bei 20 MHz viel zu schnell wäre, kann die Geschwindigkeit reduziert werden.
Modern ist die Grafik. Dem "SuperVIC" steht ein Videospeicher von 16 MB zur Verfügung. Die maximale Auflösung beträgt 12801024, 256 Farben sind darstellbar. Die Hardware unterstützt das Bewegen von Grafiken, Overscan, Split-Screen und diverse Video-Effekte, die z.B. mit dem Amiga möglich sind. Die 8 Sprites können jetzt bis zu 256256 Pixel groß sein.
Musiker können sich über ein Update des SID-Chips freuen. Da das Original nur noch schwer zu bekommen ist, befindet sich im CommodoreOne eine Weiterentwicklung, die den klassischen SID nachahmt. Der Monster SID verfügt über 16 Kanäle in Stereo. Samples werden in 8-Bit-Qualität wiedergegeben, was gegenüber den 4-Bit in vielen C64-Spielen schon eine Verbesserung darstellt.
Standardmäßig soll der C=1 u.a. mit 32 MB RAM, IDE-Interface, PS/2-Maus und -Keyboard, zwei Joystickports ausgestattet werden. Der angestrebte Preis sind 200 US-$ für das Motherboard. Der C=1 wird in Europa von "individual Computers" vertrieben werden.

Sinclair QL

Auch der QL wird mit Clones bedacht. Schon lange existieren Nachbauten und Beschleunigerkarten, es gab sogar Pläne, den Milan II als preiswerten QL-Clone zu benutzen.
Der Q40/60 ist einem Milan nicht ganz unähnlich. Die Grafikkarte unterstützt 65000 Farben bei 1024512, aber auch die Original-QL-Auflösungen (512256, 256*256). Erweitert werden kann der Q40/60 aber nur mit ISA-Karten. Alte QL-Peripherie wie die berühmt-berüchtigten "Microdrives" werden nicht unterstützt.
Drei verschiedene Betriebssysteme können benutzt werden: SMSQ/E, QDOS Classic und 68k Linux.
Obwohl sich gerade der Q60 auch als Atari-Clone anbieten würde, sind es doch die Details, wie fehlende PCI-Steckplätze, die den Rechner im Vergleich zum Milan etwas unmodern erscheinen lassen. Es ist gar nicht so unrealistisch, das beim Erscheinen des Coldfire-Ataris die QL-Anhänger "ihre" Betriebssysteme portieren, um einen Coldfire-QL zu bekommen.

Fazit

Der Computermarkt wird durch die neuen Clones ein Stück interessanter. Auch wenn der Massenmarkt wohl verwehrt bleibt, könnte sich doch eine Fangemeinde entwickeln, die "etwas andere" Computer zu schätzen wissen. Zukünftige musizierende Besitzer eines Coldfire-Ataris mit einem Hang zur SID-Musik werden sich zudem freuen, 16-stimmige SID-Musik vom C=1 in ihre Stücke einzubinden.

http://www.petersplus.com/
http://www.jschoenfeld.de/
http://www.commodoreone.com/
http://www.cpcng.de
http://www.q40.de


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 07 / 2002, Seite 34

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