Galaxy VME

Grafikkarte für den Atari Mega STE und TT gibt es anscheinend nur noch auf dem Gebrauchtmarkt -oder in Neuseeland. David M. Acklam schaute sich die Galaxy VME einmal sehr genau an.

Foto einer laufenden Anwendung auf der Galaxy VME. Leider arbeitete kein Screenshot-Programm auf der Grafikkarte, sodass wir auf traditionelle Fotografien zurück greifen mussten.

Herr der Formate

Wie viele andere Atari-Enthusiasten habe auch ich mehr als nur einen Atari-Computer in meiner Sammlung. Seit ich in den 80er Jahren mit der Anwendung von Atari-Computern begonnen habe, kamen und gingen immer wieder Rechner in und aus meiner Sammlung, und noch heute laufen davon viele oder fristen ihr Rentendsein in meinem Keller. Meine 8-Bit-Zeit endete dabei erst im Jahre 1990, als ich endlich meinen ersten ST kaufte, einen gebrauchten Mega ST mit dem dazu gehörigen Laserdrucker SLM 804. Über die Jahre tauschte ich die Maschine gegen einen Mega STE, kaufte einen Falcon und einen Portfolio dazu und gabelte auch einen gebrauchten 1040 ST auf. Dann investierte ich in einen Hades, sodass mein restliches Equipment in der Abstellkammer verschwand.

Während ich nahezu alles aus dem Hades herausholte, bot sich mir die Gelegenheit, günstig einen Atari TT zu erstehen. Eine lokale Firma namens Datastitch benutzte Atari-Computer zur Steuerung von Stick-Maschinen. Als Atari seine Computerlinie für die Entwicklung des Jaguar aufgab, wechselte Datastitch zum PC und verkaufte alle seine Atari-Systeme zum sehr günstigen Preis. Ich ergatterte einen Atari TT mit 4 MBytes ST-RAM, einen 20 MBytes großen Festplatte und einer etwas mysteriösen Grafikkarte. Das ganze System kostete mich gerade einmal 200 US-Dollar. Ich investierte noch einmal etwas Geld, um das Motherboard von seinen Modifizierungen zu erlösen und einen Ajax-Chip für HD-Diskettenlaufwerke einsetzen zu lassen. Da aber der Hades mein Hauptrechner blieb, wanderte auch der Atari TT in die Abstellkammer zu all den anderen Schätzen.

Im Laufe des darauf folgenden Jahres erlitt mein Hades jedoch ein schweres Hardware-Problem, das mich zwang, das Gerät zurück an Medusa Computer in die Schweiz zu senden. Da ich aber einen guten Arbeitsrechner brauchte und nicht wusste, wann mein Hades aus Europa wieder zurück kommen würde, kramte ich meinen Falcon und den TT aus der Abstellkammer. Der Falcon war für Grafikarbeiten und der TT für schnelle Arbeiten eingeplant. Mit der Zeit benutze ich aber eher den TT und schaute mich um, um das Gerät zu erweitern. Ich kaufte 4 MBytes TT-RAM und eine 2.1 GBytes große externe SCSI-Festplatte. Außerdem ergänzte ich den TT um ein CD-ROM und einen CD-Writer.

Schließlich stand eine Erweiterung der Grafik an. Die eingebaute Grafikkarte benutzte ich nie, da sie nur 16 Farben darstellen konnte. Ich hoffte, irgendwo noch einen Crazy Dots oder Nova-Karte erstehen zu können. Beide werden jedoch längst nicht mehr produziert und sind auf dem Gebrauchtmarkt nur schwer zu bekommen. Im Internet stieß ich jedoch auf die erfreuliche Nachricht, dass Mario Becrofft aus Neuseeland eine neue Grafikkarte für VME-Rechner entwickelte. Zurzeit arbeitet er immer noch an der Karte, die auch ein Ethernet-Interface enthält. Es war mir aber möglich, eine Betaversion der Galaxy ohne Ethernet-Unterstützung zu ergattern, die mich US-Dollar 380.- kostete. Zwar ist die Lösung noch nicht perfekt, aber schon jetzt liefert sie eine hohe Auflösung für Ataris mit VME-Interface, also den TT und den Mega STE.

Spezifikationen

Die Galaxy VME unterstützt Farbtiefen von bis zu 16 Bit, was 65.536 Farben entspricht. Auch der Falcon kann diese Farbanzahl darstellen. Die Auflösung reicht bis 1280 x 1024 Bildpunkten bei einer Wiederholfrequenz von 76 Hz und einem Pixelclock von bis zu 1 30 MHz. Auf der Karte sind 4 MBytes Videospeicher enthalten, dieser ist jedoch auf bis zu 16 MBytes erweiterbar. Ebenfalls ist ein Hochgeschwind ig keits-2D-Grafikbeschleuniger auf der Karte vorhanden, der den Bildschirmaufbau stark beschleunigen soll. In der jetzigen Version wird allerdings noch nicht allzu viel Nutzen davon gemacht. Als Treibersystem wird ein speziell angepasstes fVDI-System benutzt, das selbstverständlich beiliegt.

Ich nutze die Galaxy zurzeit in meinem TT an einem nur 14 Zoll großen NEC MultiSync C400-Monitor. Die höchste Auflösung beträgt hier nur 800 x 608 Bildpunkte, ich kann die Karte also nicht vollständig ausnutzen. Die Galaxy unterstützt außerdem monochrome Auflösungen.

Installation

Die Installation der Galaxy-Karte war sehr einfach. Zuerst muss das Blech entfernt werden, das die zusätzlichen seriellen Schnittstellen des TT beherbergt. Da ich keine von beiden je benutzt habe, entschied ich mich kurzerhand dafür, die Modem-Ports zu entfernen und auch nicht mehr am Motherboard anzuschließen. Dann muss die Galaxy in den nun freien Schacht geschoben werden, bis sie sicher in der VME-Verbindung des TT bzw. STE sitzt.

Nun muss die Treibersoftware installiert werden, damit der Atari die Karte erkennt. Die Dateien "VCONF.PRG", "VSET.PRG" und "FVDI.PRG" werden im Auto-Ordner installiert. Wichtig ist dabei, dass die VSET-und VCONF-Dateien möglichst weit vorn gestartet werden, auf jeden Fall vor dem VDI. Dann werden die Zusatzdateien auf das Wurzelverzeichnis des Bootlaufwerks kopiert.

Nach dem Anschluss des Monitors und einem nicht erfolgreichen Bootversuch (der Desktop erschien nicht), musste noch etwas am installierten NVDI verändert werden. Dies geschieht auf Treiberebene. Die Dateien "NVDIDRV1.SYS" bis "NVDIDRVH.SYS" müssen umbenannt werden, damit sie nicht starten (zum Beispiel in NVDIDRV1.SYX"). Zum Schluss wird noch die Datei "VMOD.TXT" modifiziert, damit die Darstellung auf 800 x 600 Bildpunkte fest gelegt wird. Nach einigen Versuche holte ich dann auch die gewünschte 800 x 608 Pixel auf den Bildschirm.

Zum Einbau in den Computer müssen die zusätzlichen seriellen Schnittstellen des Atari TT bzw. Mega STE entfernt werden. Dann wird die Karte in den VME-Schacht gesteckt. Eine Schnittstellen-Abdeckung gibt es leider nicht, sodass der Rechner zum Teil offen bleiben muss.

Kompatibilität

Eines der wichtigsten Kriterien bei neuer Hardware ist sicher immer die Kompatibilität mit existierender Software. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass die allermeisten Programme, die ich verwende, ohne Probleme auf der Beta-Version der Galaxy laufen. Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Ich verwende zum Beispiel ein Programm namens "The Recipe". Beim Starten stürzt das komplette System ab. Starbase hat wiederum Probleme mit der gewählten Bildschirmauflösung.

Eine Liste der bisher entdeckten Probleme und einige Lösungen habe ich in einem Extrakasten aufgeführt. Es handelt sich bei der Liste allerdings um Problembeschreibungen, die ich so an den Entwickler gesendet habe. Einige Probleme könnten in späteren Versionen der Karte durchaus bereits vollständig gelöst sein.

Probleme hatte ich darüber hinaus mit den Programmen ImagewCopy, Speed Of Light, Flash 2, Diamond Edge und LDW Power. Mario Becroft hat sich dieser Probleme angenommen, aber noch keine Lösung parat. Ansonsten habe ich nicht sonderlich viele Probleme feststellen können. Die restlichen sind rudimentär und hängen wahrscheinlich mit der gewählten Farbtiefe zusammen. Auffällig ist nämlich, dass einige Programme, die unter 256 Farben auf meinem Hades keine Probleme machten, auf der Grafikkarte nicht mehr liefen. Bisher bietet die Galaxy keine Farbtiefe von 8 Bit, weshalb ich nicht testen konnte, ob die Probleme dann bereinigt sind. So funktioniert Starbase auf dem Hades unter 256 Farben zum Beispiel problemlos.

Gegenwärtiger Status

Ich kontaktierte den neuseeländischen Entwickler, um zu erfahren, wie der gegenwärtige Status der Entwicklung der Galaxy ist und wie es mit der Bereinigung der erwähnten Probleme aussah. Mario Becroft geht jedoch wie nahezu jeder verbliebene Atari-Entwickler einem regulären Beruf nach, der ihm nur wenig Zeit lässt, die Grafikkarte weiterzuentwickeln. Er bestätigte allerdings, dass bisher noch einige Fehler mit Programmen auftreten könnten, die er im Laufe der Zeit versuchen wird zu bereinigen. Außerdem sei die Galaxy aufgrund der genannten Probleme derzeit noch nicht im freien Handel erhältlich, da sie einfach noch nicht produktionsreif wäre. Wenn Anwender die Karte allerdings direkt bei ihm mit einem klaren Verständnis bestellen würden, dass das Produkt noch nicht komplett fertig ist und einige bekannte Fehler enthielte, würde er Exemplare verkaufen. Wie schnell die Probleme angegangen würden, hängt natürlich auch mit dem Interesse der verbliebenen TT- und Mega STE-Besitzer zusammen.

Persönliches erstes Fazit

Die Galaxy VME arbeitet schon in ihrem gegenwärtigen Status sehr gut in meinem Atari TT. Zurück bleiben allerdings eine Hand voll Wünsche und Probleme, die mich dazu zwingen, einige Programme weiterhin auf meinem Hades, Falcon oder Mega STE zu betreiben.

Screenshots

Die Bilder zeigen die Darstellung auf meinem Atari TT mit der Galaxy VME in einer Farbtiefe von 16 Bit. Leider scheint kein Screenshot-Programm mit der Galaxy zusammenzuarbeiten, weshalb ich auf Fotografien vom Monitor angewiesen bin - besser als nichts eben...

Preis: US-Dollar 380.-
Mario Becroft, PO Box 332, Kumeu, Auckland
1250, NewZealand
http://gem.win.co.nz/mb/atarihw/galaxy.html

Die Galaxy im Detail

[1] Jumper zur Festlegung der Mapping-Adresse des Grafikspeichers und der I/O-Register
[2] Sockel für Erweiterungen
[3] VME-Bus-Controller mit Interface zur Programmierung des FPGA
[4] Videospeicher, es kann SDRAM von 4 bis 16 MBytes verwendet werden. Die mögliche Geschwindigkeit beträgt 100 MHz.
[5] FPGA, der wichtigste Teil der Karte. Der Chip ist komplett per Software zu programmieren, sodass zukünftige Erweiterungen (höhere Auflösungen etc.) einfach realisiert werden können. Die System-Clock ist bis 150 MHz vorgesehen, die Farbtiefe reicht von 1 Bit (monochrom) bis 16 Bit (65.536 Farben). Außerdem sind ein programmierbarer Hochgeschwindigkeits-Blitter, ein SDRAM-Controller, ein 100 MHz schneller RISC-Prozessor und ein 10 MBit schneller Ethernet-Controller enthalten.
[6] Netzversorgung
[7] PPL-Clock-Synthesizer
[8] Buffer für Video-Sync-Signale
[9] 10-Bit-RGB-Video-DAC
[10] Crystal Oszillator
[11] Verbindung zum VGA-Port und einige Filter
[12] Ethernet-Schnittstelle
[13] VGA-Schnittstelle

Übersetzung aus der myatari. Original-Artikel: www.myatari.net/issues/nov2002/galaxy.htm


David M. Acklam
Aus: ST-Computer 12 / 2002, Seite 50

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